Platz, die von kunstvollen Renaissancebauten, zumeist öffentlichen Ge- bäuden, gebildet werden, welche ihrer schönen Durchführung wegen jeder europäischen Grossstadt zur Zierde gereichen würden. Es sind dies der Regierungspalast, das Repräsentantenhaus, das Rathhaus, die grosse Oper (das schönste der acht Theater der Stadt), sowie der in seiner Form der Pariser Madeleine-Kirche ähnliche Dom, welcher einen von zwölf korinthischen Säulen gebildeten breiten Porticus besitzt. Diese Gebäude geben in ihrer Vereinigung einen prächtigen Stadt- theil, dessen Gesammteindruck durch das auf dem Victoriaplatze be- findliche, zur Erinnerung an den Unabhängigkeitskrieg errichtete Mo- nument noch gehoben wird.
An diesen Stadttheil schliessen sich mehrere langgestreckte Strassen, welche aus zahlreichen aufeinanderfolgenden Waarenhäusern und Magazinen bestehen und das eigentliche Centrum der umfang- reichen Handelsthätigkeit von Buenos-Aires bilden. Der englische Grundsatz "time is money" prägt dem Verkehre in diesen Strassen seinen Stempel auf, wie auch der nüchterne Zweck der Häuser in ihrem einfachen Aeusseren und den tiefen, mit Waarengütern ange- füllten Hofräumen zu erkennen ist.
Die Hauptstrasse der Stadt, Calle Rivadavia, nach dem einstigen Führer der Unitarier und ersten Präsidenten der argentinischen Con- föderation benannt, geht vom Stromufer zwischen dem Zollhause und dem Centralbahnhofe aus und theilt mit ostwestlichem Zuge die Stadt in zwei Hälften. Die Calle Florida, eine zum Stromufer parallele Strasse in der nördlichen Stadthälfte, die gleichlaufende Calle San Martin und die beide genannten Strassen kreuzende Calle Victoria bilden den fashionablen Theil der Stadt. Speciell in der Calle Florida findet sich Alles zusammen, was Buenos-Aires an Vornehmheit und Reichthum be- sitzt; sie ist der bevorzugte Punkt, in welchem die Miethzinse eine schwin- delnde Höhe erreichen. Hier befinden sich die elegantesten Mode- und Galanteriegeschäfte, Juweliere, luxuriöse Restaurants und noch luxuriö- sere Conditoreien, letztere das Rendezvous der vornehmen Damen der Stadt. Die Calle Florida ist der Corso der eleganten Welt, deren Equipagen den Fahrweg beleben, und deren Frauenschönheiten, Toiletten und Juwelen die Pracht des Bildes ergänzen.
Die Calle San Martin macht sich durch eine Reihe der schönsten Profanbauten bemerkbar, sie ist Sitz der Geldaristokratie und Bank- viertel, welches durch die Provinzial-, National- und Hypothekenbank, die London and River Plate, Carabassa, Italienische und Englische Bank, sowie endlich auch durch das Börsengebäude gebildet wird.
Die atlantische Küste von Amerika.
Platz, die von kunstvollen Renaissancebauten, zumeist öffentlichen Ge- bäuden, gebildet werden, welche ihrer schönen Durchführung wegen jeder europäischen Grossstadt zur Zierde gereichen würden. Es sind dies der Regierungspalast, das Repräsentantenhaus, das Rathhaus, die grosse Oper (das schönste der acht Theater der Stadt), sowie der in seiner Form der Pariser Madeleine-Kirche ähnliche Dom, welcher einen von zwölf korinthischen Säulen gebildeten breiten Porticus besitzt. Diese Gebäude geben in ihrer Vereinigung einen prächtigen Stadt- theil, dessen Gesammteindruck durch das auf dem Victoriaplatze be- findliche, zur Erinnerung an den Unabhängigkeitskrieg errichtete Mo- nument noch gehoben wird.
An diesen Stadttheil schliessen sich mehrere langgestreckte Strassen, welche aus zahlreichen aufeinanderfolgenden Waarenhäusern und Magazinen bestehen und das eigentliche Centrum der umfang- reichen Handelsthätigkeit von Buenos-Aires bilden. Der englische Grundsatz „time is money“ prägt dem Verkehre in diesen Strassen seinen Stempel auf, wie auch der nüchterne Zweck der Häuser in ihrem einfachen Aeusseren und den tiefen, mit Waarengütern ange- füllten Hofräumen zu erkennen ist.
Die Hauptstrasse der Stadt, Calle Rivadavia, nach dem einstigen Führer der Unitarier und ersten Präsidenten der argentinischen Con- föderation benannt, geht vom Stromufer zwischen dem Zollhause und dem Centralbahnhofe aus und theilt mit ostwestlichem Zuge die Stadt in zwei Hälften. Die Calle Florida, eine zum Stromufer parallele Strasse in der nördlichen Stadthälfte, die gleichlaufende Calle San Martin und die beide genannten Strassen kreuzende Calle Victoria bilden den fashionablen Theil der Stadt. Speciell in der Calle Florida findet sich Alles zusammen, was Buenos-Aires an Vornehmheit und Reichthum be- sitzt; sie ist der bevorzugte Punkt, in welchem die Miethzinse eine schwin- delnde Höhe erreichen. Hier befinden sich die elegantesten Mode- und Galanteriegeschäfte, Juweliere, luxuriöse Restaurants und noch luxuriö- sere Conditoreien, letztere das Rendezvous der vornehmen Damen der Stadt. Die Calle Florida ist der Corso der eleganten Welt, deren Equipagen den Fahrweg beleben, und deren Frauenschönheiten, Toiletten und Juwelen die Pracht des Bildes ergänzen.
Die Calle San Martin macht sich durch eine Reihe der schönsten Profanbauten bemerkbar, sie ist Sitz der Geldaristokratie und Bank- viertel, welches durch die Provinzial-, National- und Hypothekenbank, die London and River Plate, Carabassa, Italienische und Englische Bank, sowie endlich auch durch das Börsengebäude gebildet wird.
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Die atlantische Küste von Amerika.
Platz, die von kunstvollen Renaissancebauten, zumeist öffentlichen Ge-
bäuden, gebildet werden, welche ihrer schönen Durchführung wegen
jeder europäischen Grossstadt zur Zierde gereichen würden. Es sind
dies der Regierungspalast, das Repräsentantenhaus, das Rathhaus, die
grosse Oper (das schönste der acht Theater der Stadt), sowie der in
seiner Form der Pariser Madeleine-Kirche ähnliche Dom, welcher einen
von zwölf korinthischen Säulen gebildeten breiten Porticus besitzt.
Diese Gebäude geben in ihrer Vereinigung einen prächtigen Stadt-
theil, dessen Gesammteindruck durch das auf dem Victoriaplatze be-
findliche, zur Erinnerung an den Unabhängigkeitskrieg errichtete Mo-
nument noch gehoben wird.
An diesen Stadttheil schliessen sich mehrere langgestreckte
Strassen, welche aus zahlreichen aufeinanderfolgenden Waarenhäusern
und Magazinen bestehen und das eigentliche Centrum der umfang-
reichen Handelsthätigkeit von Buenos-Aires bilden. Der englische
Grundsatz „time is money“ prägt dem Verkehre in diesen Strassen
seinen Stempel auf, wie auch der nüchterne Zweck der Häuser in
ihrem einfachen Aeusseren und den tiefen, mit Waarengütern ange-
füllten Hofräumen zu erkennen ist.
Die Hauptstrasse der Stadt, Calle Rivadavia, nach dem einstigen
Führer der Unitarier und ersten Präsidenten der argentinischen Con-
föderation benannt, geht vom Stromufer zwischen dem Zollhause und
dem Centralbahnhofe aus und theilt mit ostwestlichem Zuge die Stadt
in zwei Hälften. Die Calle Florida, eine zum Stromufer parallele Strasse
in der nördlichen Stadthälfte, die gleichlaufende Calle San Martin
und die beide genannten Strassen kreuzende Calle Victoria bilden den
fashionablen Theil der Stadt. Speciell in der Calle Florida findet sich
Alles zusammen, was Buenos-Aires an Vornehmheit und Reichthum be-
sitzt; sie ist der bevorzugte Punkt, in welchem die Miethzinse eine schwin-
delnde Höhe erreichen. Hier befinden sich die elegantesten Mode- und
Galanteriegeschäfte, Juweliere, luxuriöse Restaurants und noch luxuriö-
sere Conditoreien, letztere das Rendezvous der vornehmen Damen der
Stadt. Die Calle Florida ist der Corso der eleganten Welt, deren
Equipagen den Fahrweg beleben, und deren Frauenschönheiten,
Toiletten und Juwelen die Pracht des Bildes ergänzen.
Die Calle San Martin macht sich durch eine Reihe der schönsten
Profanbauten bemerkbar, sie ist Sitz der Geldaristokratie und Bank-
viertel, welches durch die Provinzial-, National- und Hypothekenbank,
die London and River Plate, Carabassa, Italienische und Englische
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/304>, abgerufen am 24.11.2024.
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