sassen, die innere Ausstattung derselben äusserst primitiver Art war und Oefen zu den unbekannten Gegenständen gehörten, so wurden doch diese Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten gänzlich geändert. Fast jede Strasse weist nunmehr schöne Häuserfronten mit drei bis vier Stockwerken auf und an der Aussenseite, noch mehr aber bei den Treppenanlagen und zum Belegen der Höfe finden wir bei den Häusern der Reichen eine reichliche Verwendung von Marmor. Elegante Ein- richtungsstücke werden aus Europa bezogen, die Zimmer tapezirt und parquettirt, sowie mit Oefen versehen. Letztere erweisen sich bei dem sehr feuchten und oft wechselnden Klima von Buenos-Aires als ganz besonders vortheilhaft. Gegenwärtig ist Buenos-Aires in Bezug auf modernen grossstädtischen Glanz die erste unter den Städten Süd- amerikas, der Luxus und Comfort, der ganze Styl des Lebens erinnern an die blühenden Handelsstädte der Nordküste des mittelländi- schen Meeres.
Von den granitgepflasterten Strassen führen 30 vom Flusse aus gegen Westen und 25 in nordsüdlicher Richtung. In den nur 10 bis 12 m breiten Strassen entsteht infolge äusserst lebhaften Menschen- und Wagenverkehrs oftmals ein grösseres Gedränge; der Umstand, dass die Trottoirs, auf welchen sich zur Vermeidung der kothigen und holprigen Fahrstrassen alle Fussgänger bewegen, bis zu 2 m höher liegen als die Strasse selbst, macht das Gedränge noch unangenehmer.
Diese Enge der Strassen beeinträchtigt die Wirkung der in den- selben liegenden monumentalen Gebäude; nur vom Strome aus, an dessen Ufer ein grosser Theil der hervorragenderen Bauten vereinigt ist, wird ein umfassenderer Ueberblick möglich. In der Mitte der Ufer- front liegt der Centralbahnhof, der in zierlichem Villenstyl erbaut und mit reichem Schnitzwerk und Holzgiebeln verziert, von der sonst üblichen Bauart der Bahnhöfe stark abweicht. Das überaus belebte Bild, das der sehr rege Verkehr vor dem Portale des Bahnhofes bietet, wiederholt sich unweit desselben bei dem Zollhause, einem mächtigen Bau, zwischen dessen langgestreckten Seitenflügeln sich ein halbrund gegen den Strom vorspringender Mittelbau erhebt. In der nächsten Nähe des Zollhauses zieht sich längs des Quais eine hübsche Park- anlage hin, welche durch ein künstlerisch ausgeführtes Monument ge- ziert ist, das -- bezeichnend für die Stellung und Grösse der italieni- schen Colonie in Argentina -- von einem italienischen Bildhauer (Monteverde) aus italienischem Marmor gemeisselt, dem ausdauernden Vorkämpfer für Italiens Einheit, Giuseppe Mazzini, errichtet wurde.
Mehr landeinwärts liegen der Victoria- und der 25. de Mayo-
Buenos-Aires.
sassen, die innere Ausstattung derselben äusserst primitiver Art war und Oefen zu den unbekannten Gegenständen gehörten, so wurden doch diese Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten gänzlich geändert. Fast jede Strasse weist nunmehr schöne Häuserfronten mit drei bis vier Stockwerken auf und an der Aussenseite, noch mehr aber bei den Treppenanlagen und zum Belegen der Höfe finden wir bei den Häusern der Reichen eine reichliche Verwendung von Marmor. Elegante Ein- richtungsstücke werden aus Europa bezogen, die Zimmer tapezirt und parquettirt, sowie mit Oefen versehen. Letztere erweisen sich bei dem sehr feuchten und oft wechselnden Klima von Buenos-Aires als ganz besonders vortheilhaft. Gegenwärtig ist Buenos-Aires in Bezug auf modernen grossstädtischen Glanz die erste unter den Städten Süd- amerikas, der Luxus und Comfort, der ganze Styl des Lebens erinnern an die blühenden Handelsstädte der Nordküste des mittelländi- schen Meeres.
Von den granitgepflasterten Strassen führen 30 vom Flusse aus gegen Westen und 25 in nordsüdlicher Richtung. In den nur 10 bis 12 m breiten Strassen entsteht infolge äusserst lebhaften Menschen- und Wagenverkehrs oftmals ein grösseres Gedränge; der Umstand, dass die Trottoirs, auf welchen sich zur Vermeidung der kothigen und holprigen Fahrstrassen alle Fussgänger bewegen, bis zu 2 m höher liegen als die Strasse selbst, macht das Gedränge noch unangenehmer.
Diese Enge der Strassen beeinträchtigt die Wirkung der in den- selben liegenden monumentalen Gebäude; nur vom Strome aus, an dessen Ufer ein grosser Theil der hervorragenderen Bauten vereinigt ist, wird ein umfassenderer Ueberblick möglich. In der Mitte der Ufer- front liegt der Centralbahnhof, der in zierlichem Villenstyl erbaut und mit reichem Schnitzwerk und Holzgiebeln verziert, von der sonst üblichen Bauart der Bahnhöfe stark abweicht. Das überaus belebte Bild, das der sehr rege Verkehr vor dem Portale des Bahnhofes bietet, wiederholt sich unweit desselben bei dem Zollhause, einem mächtigen Bau, zwischen dessen langgestreckten Seitenflügeln sich ein halbrund gegen den Strom vorspringender Mittelbau erhebt. In der nächsten Nähe des Zollhauses zieht sich längs des Quais eine hübsche Park- anlage hin, welche durch ein künstlerisch ausgeführtes Monument ge- ziert ist, das — bezeichnend für die Stellung und Grösse der italieni- schen Colonie in Argentina — von einem italienischen Bildhauer (Monteverde) aus italienischem Marmor gemeisselt, dem ausdauernden Vorkämpfer für Italiens Einheit, Giuseppe Mazzini, errichtet wurde.
Mehr landeinwärts liegen der Victoria- und der 25. de Mayo-
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Buenos-Aires.
sassen, die innere Ausstattung derselben äusserst primitiver Art war
und Oefen zu den unbekannten Gegenständen gehörten, so wurden
doch diese Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten gänzlich geändert.
Fast jede Strasse weist nunmehr schöne Häuserfronten mit drei bis
vier Stockwerken auf und an der Aussenseite, noch mehr aber bei den
Treppenanlagen und zum Belegen der Höfe finden wir bei den Häusern
der Reichen eine reichliche Verwendung von Marmor. Elegante Ein-
richtungsstücke werden aus Europa bezogen, die Zimmer tapezirt und
parquettirt, sowie mit Oefen versehen. Letztere erweisen sich bei dem
sehr feuchten und oft wechselnden Klima von Buenos-Aires als ganz
besonders vortheilhaft. Gegenwärtig ist Buenos-Aires in Bezug auf
modernen grossstädtischen Glanz die erste unter den Städten Süd-
amerikas, der Luxus und Comfort, der ganze Styl des Lebens erinnern
an die blühenden Handelsstädte der Nordküste des mittelländi-
schen Meeres.
Von den granitgepflasterten Strassen führen 30 vom Flusse aus
gegen Westen und 25 in nordsüdlicher Richtung. In den nur 10 bis
12 m breiten Strassen entsteht infolge äusserst lebhaften Menschen-
und Wagenverkehrs oftmals ein grösseres Gedränge; der Umstand,
dass die Trottoirs, auf welchen sich zur Vermeidung der kothigen und
holprigen Fahrstrassen alle Fussgänger bewegen, bis zu 2 m höher
liegen als die Strasse selbst, macht das Gedränge noch unangenehmer.
Diese Enge der Strassen beeinträchtigt die Wirkung der in den-
selben liegenden monumentalen Gebäude; nur vom Strome aus, an
dessen Ufer ein grosser Theil der hervorragenderen Bauten vereinigt
ist, wird ein umfassenderer Ueberblick möglich. In der Mitte der Ufer-
front liegt der Centralbahnhof, der in zierlichem Villenstyl erbaut und
mit reichem Schnitzwerk und Holzgiebeln verziert, von der sonst
üblichen Bauart der Bahnhöfe stark abweicht. Das überaus belebte Bild,
das der sehr rege Verkehr vor dem Portale des Bahnhofes bietet,
wiederholt sich unweit desselben bei dem Zollhause, einem mächtigen
Bau, zwischen dessen langgestreckten Seitenflügeln sich ein halbrund
gegen den Strom vorspringender Mittelbau erhebt. In der nächsten
Nähe des Zollhauses zieht sich längs des Quais eine hübsche Park-
anlage hin, welche durch ein künstlerisch ausgeführtes Monument ge-
ziert ist, das — bezeichnend für die Stellung und Grösse der italieni-
schen Colonie in Argentina — von einem italienischen Bildhauer
(Monteverde) aus italienischem Marmor gemeisselt, dem ausdauernden
Vorkämpfer für Italiens Einheit, Giuseppe Mazzini, errichtet wurde.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/303>, abgerufen am 24.11.2024.
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