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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
Einfachheit, der Genügsamkeit mit Maiskuchen (tortillas) und Bohnen
oder Linsen entfernt, ja zeitweise geradezu unerschwinglich. Selbst
die überreichen Producte des Landes und der Umgebung sind infolge
des Umstandes, dass sie den Arbeiter und Händler reich entlohnen
müssen, und weil das Klima der Conservirung der Artikel so nach-
theilig ist, nur zu enormen Preisen erhältlich, und überdies belasten
die bedeutenden Eingangszölle jedes Einkommen ganz unverhältniss-
mässig.

Vera-Cruz ist, wie schon erwähnt, der einzige bedeutende Hafen-
platz an der ganzen Ostküste der mexikanischen Republik. Es genoss
seit der Gründung der ersten Niederlassungen durch die Spanier bis
1884 trotz seiner wenig sicheren Lage fast das ausschliessliche
Monopol des Gütertransportes von Europa nach dem Innern Mexicos.
Denn von hier ist der Weg nach der Hauptstadt Mexico, dem wich-
tigsten Gebiete des Consumes, kürzer als von irgend einem anderen
Hafenorte der Ostküste aus, die überdies alle gar nur mehr oder
weniger einfache Stapelplätze am freien Strande sind, dem die
grösseren Dampfschiffe sich nicht nähern dürfen.

Nur Tampico könnte leicht eine Ausnahme von dieser Regel
machen.

Ganz bedeutend hob sich die Macht von Vera-Cruz, als 1871
endlich die 424 km lange Hauptlinie Vera-Cruz--Mexico der mexi-
canischen Eisenbahngesellschaft vollendet war, deren Bau man von
Vera-Cruz aus schon im Jahre 1842 begonnen hatte. Von Jahr zu
Jahr steigerte sich nun der Verkehr und erreichte seinen höchsten
Stand, als seit 1880 die Banquiers Bostons den Bau grosser Eisenbahn-
linien von der Nordgrenze und von der Hauptstadt Mexico aus in
Angriff nahmen, um die Nachbarrepublik zunächst wirthschaftlich an
die Union zu fesseln und dieses Absatzgebiet durch die Bahnverbin-
dungen den europäischen Industriestaaten zu entreissen. Dass diese
mit amerikanischem Gelde gebaute Bahn auch von grosser politischer
Bedeutung ist, liegt wohl auf der Hand.

Die Eröffnung der mexicanischen Centraleisenbahn im März
1884, welche in El Paso del Norte an das System der südlichen
Pacificbahn der Union anschliesst und bis zur Stadt Mexico eine
Länge von 1970 km besitzt, wurde von vielen als der Anfang des
Niederganges von Vera-Cruz angesehen. Es bestand ja jetzt eine
zweite Bahnverbindung nach den dichter bevölkerten Theilen von
Mexico, die zu beiden Seiten des 20° nördl. Br. sich ausdehnen.

Auch bot die in amerikanischen Händen befindliche Bahnver-

Die atlantische Küste von Amerika.
Einfachheit, der Genügsamkeit mit Maiskuchen (tortillas) und Bohnen
oder Linsen entfernt, ja zeitweise geradezu unerschwinglich. Selbst
die überreichen Producte des Landes und der Umgebung sind infolge
des Umstandes, dass sie den Arbeiter und Händler reich entlohnen
müssen, und weil das Klima der Conservirung der Artikel so nach-
theilig ist, nur zu enormen Preisen erhältlich, und überdies belasten
die bedeutenden Eingangszölle jedes Einkommen ganz unverhältniss-
mässig.

Vera-Cruz ist, wie schon erwähnt, der einzige bedeutende Hafen-
platz an der ganzen Ostküste der mexikanischen Republik. Es genoss
seit der Gründung der ersten Niederlassungen durch die Spanier bis
1884 trotz seiner wenig sicheren Lage fast das ausschliessliche
Monopol des Gütertransportes von Europa nach dem Innern Mexicos.
Denn von hier ist der Weg nach der Hauptstadt Mexico, dem wich-
tigsten Gebiete des Consumes, kürzer als von irgend einem anderen
Hafenorte der Ostküste aus, die überdies alle gar nur mehr oder
weniger einfache Stapelplätze am freien Strande sind, dem die
grösseren Dampfschiffe sich nicht nähern dürfen.

Nur Tampico könnte leicht eine Ausnahme von dieser Regel
machen.

Ganz bedeutend hob sich die Macht von Vera-Cruz, als 1871
endlich die 424 km lange Hauptlinie Vera-Cruz—Mexico der mexi-
canischen Eisenbahngesellschaft vollendet war, deren Bau man von
Vera-Cruz aus schon im Jahre 1842 begonnen hatte. Von Jahr zu
Jahr steigerte sich nun der Verkehr und erreichte seinen höchsten
Stand, als seit 1880 die Banquiers Bostons den Bau grosser Eisenbahn-
linien von der Nordgrenze und von der Hauptstadt Mexico aus in
Angriff nahmen, um die Nachbarrepublik zunächst wirthschaftlich an
die Union zu fesseln und dieses Absatzgebiet durch die Bahnverbin-
dungen den europäischen Industriestaaten zu entreissen. Dass diese
mit amerikanischem Gelde gebaute Bahn auch von grosser politischer
Bedeutung ist, liegt wohl auf der Hand.

Die Eröffnung der mexicanischen Centraleisenbahn im März
1884, welche in El Paso del Norte an das System der südlichen
Pacificbahn der Union anschliesst und bis zur Stadt Mexico eine
Länge von 1970 km besitzt, wurde von vielen als der Anfang des
Niederganges von Vera-Cruz angesehen. Es bestand ja jetzt eine
zweite Bahnverbindung nach den dichter bevölkerten Theilen von
Mexico, die zu beiden Seiten des 20° nördl. Br. sich ausdehnen.

Auch bot die in amerikanischen Händen befindliche Bahnver-

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[164/0180] Die atlantische Küste von Amerika. Einfachheit, der Genügsamkeit mit Maiskuchen (tortillas) und Bohnen oder Linsen entfernt, ja zeitweise geradezu unerschwinglich. Selbst die überreichen Producte des Landes und der Umgebung sind infolge des Umstandes, dass sie den Arbeiter und Händler reich entlohnen müssen, und weil das Klima der Conservirung der Artikel so nach- theilig ist, nur zu enormen Preisen erhältlich, und überdies belasten die bedeutenden Eingangszölle jedes Einkommen ganz unverhältniss- mässig. Vera-Cruz ist, wie schon erwähnt, der einzige bedeutende Hafen- platz an der ganzen Ostküste der mexikanischen Republik. Es genoss seit der Gründung der ersten Niederlassungen durch die Spanier bis 1884 trotz seiner wenig sicheren Lage fast das ausschliessliche Monopol des Gütertransportes von Europa nach dem Innern Mexicos. Denn von hier ist der Weg nach der Hauptstadt Mexico, dem wich- tigsten Gebiete des Consumes, kürzer als von irgend einem anderen Hafenorte der Ostküste aus, die überdies alle gar nur mehr oder weniger einfache Stapelplätze am freien Strande sind, dem die grösseren Dampfschiffe sich nicht nähern dürfen. Nur Tampico könnte leicht eine Ausnahme von dieser Regel machen. Ganz bedeutend hob sich die Macht von Vera-Cruz, als 1871 endlich die 424 km lange Hauptlinie Vera-Cruz—Mexico der mexi- canischen Eisenbahngesellschaft vollendet war, deren Bau man von Vera-Cruz aus schon im Jahre 1842 begonnen hatte. Von Jahr zu Jahr steigerte sich nun der Verkehr und erreichte seinen höchsten Stand, als seit 1880 die Banquiers Bostons den Bau grosser Eisenbahn- linien von der Nordgrenze und von der Hauptstadt Mexico aus in Angriff nahmen, um die Nachbarrepublik zunächst wirthschaftlich an die Union zu fesseln und dieses Absatzgebiet durch die Bahnverbin- dungen den europäischen Industriestaaten zu entreissen. Dass diese mit amerikanischem Gelde gebaute Bahn auch von grosser politischer Bedeutung ist, liegt wohl auf der Hand. Die Eröffnung der mexicanischen Centraleisenbahn im März 1884, welche in El Paso del Norte an das System der südlichen Pacificbahn der Union anschliesst und bis zur Stadt Mexico eine Länge von 1970 km besitzt, wurde von vielen als der Anfang des Niederganges von Vera-Cruz angesehen. Es bestand ja jetzt eine zweite Bahnverbindung nach den dichter bevölkerten Theilen von Mexico, die zu beiden Seiten des 20° nördl. Br. sich ausdehnen. Auch bot die in amerikanischen Händen befindliche Bahnver-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/180>, abgerufen am 22.11.2024.