Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite
Baltimore.

An den Ufern des durch seine wilden Wässer berüchtigten
Flüsschens "Jones Falls", welches noch jetzt Baltimore von Nord
nach Süd durchzieht und die Stadt in eine östliche und westliche
Hälfte theilt, entstand im Jahre 1682 das erste Haus; 44 Jahre später
folgte der Bau eines zweiten und im Jahre 1730 begann endlich die
Anlage einer Stadt, die aber erst im Jahre 1745 ihren jetzigen Namen,
zu Ehren des Gründers und einstigen Besitzers von Maryland, Lord
Baltimore, erhielt.

Das Städterecht wurde Baltimore im Jahre 1796 verliehen.

Wie alle Städte der Union, betheiligte sich auch Baltimore am
Unabhängigkeitskampfe, und fochten seine Bewohner rühmlichst unter
Washington. Im Kriege der Vereinigten Staaten gegen Grossbritan-
nien erfolgte 1814 ein Angriff der englischen Flotte auf das Fort
Mc Henry, der erfolgreich abgewehrt wurde.

Das Fort ward seither umgebaut und beherrscht heute noch
Stadt und Hafen.

Obwohl auf hügeligem Terrain und deshalb auch das Rom
Amerikas genannt, ist Baltimore eine sehr regelmässig angelegte Stadt.
Ihre Strassenzüge laufen in der grossen Mehrzahl Ost-West und Nord-
Süd, sich in rechten Winkeln kreuzend.

Nur einige, obzwar für sich wieder regelmässig angelegte Stadt-
theile sind in schräger Stellung zum grossen Häusermeere des Grund-
planes gebracht.

Baltimore-Street, die Hauptader, welche die Stadt von Ost gegen
West in der ganzen Ausdehnung durchzieht und sie in eine nördliche
und südliche Hälfte theilt, ist auch die Basis, von welcher aus die
Numerirung der Gebäude nach diesen beiden Richtungen erfolgt. Das
vielfach überbrückte Flüsschen Jones Falls theilt dagegen die Stadt
in eine Ost- und Westhälfte.

Baltimore-, Lexington-, Howard-, Eutaw- und Charles-Street sind
als Hauptstrassen des geschäftlichen Stadtverkehres die belebtesten
und bevorzugtesten, der nördliche Theil von Charles-Street, Vernon-
und Eutaw-Place auch die fashionabelsten Quartiere.

Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört vor Allem das
kolossale Monument, welches Baltimore dem Helden Washington, dem
Vater des Landes, geweiht hat. Es nimmt die Mitte von Mount
Vernon-Place ein und ist eine prachtvolle, das Standbild Washington's
tragende dorische Säule aus weissem Marmor, welche mit dem Sockel
55 m über die Basis und 85 m über den Wasserspiegel emporragt.

Von herrlichen Anpflanzungen und architektonisch schönen Ge-

Baltimore.

An den Ufern des durch seine wilden Wässer berüchtigten
Flüsschens „Jones Falls“, welches noch jetzt Baltimore von Nord
nach Süd durchzieht und die Stadt in eine östliche und westliche
Hälfte theilt, entstand im Jahre 1682 das erste Haus; 44 Jahre später
folgte der Bau eines zweiten und im Jahre 1730 begann endlich die
Anlage einer Stadt, die aber erst im Jahre 1745 ihren jetzigen Namen,
zu Ehren des Gründers und einstigen Besitzers von Maryland, Lord
Baltimore, erhielt.

Das Städterecht wurde Baltimore im Jahre 1796 verliehen.

Wie alle Städte der Union, betheiligte sich auch Baltimore am
Unabhängigkeitskampfe, und fochten seine Bewohner rühmlichst unter
Washington. Im Kriege der Vereinigten Staaten gegen Grossbritan-
nien erfolgte 1814 ein Angriff der englischen Flotte auf das Fort
Mc Henry, der erfolgreich abgewehrt wurde.

Das Fort ward seither umgebaut und beherrscht heute noch
Stadt und Hafen.

Obwohl auf hügeligem Terrain und deshalb auch das Rom
Amerikas genannt, ist Baltimore eine sehr regelmässig angelegte Stadt.
Ihre Strassenzüge laufen in der grossen Mehrzahl Ost-West und Nord-
Süd, sich in rechten Winkeln kreuzend.

Nur einige, obzwar für sich wieder regelmässig angelegte Stadt-
theile sind in schräger Stellung zum grossen Häusermeere des Grund-
planes gebracht.

Baltimore-Street, die Hauptader, welche die Stadt von Ost gegen
West in der ganzen Ausdehnung durchzieht und sie in eine nördliche
und südliche Hälfte theilt, ist auch die Basis, von welcher aus die
Numerirung der Gebäude nach diesen beiden Richtungen erfolgt. Das
vielfach überbrückte Flüsschen Jones Falls theilt dagegen die Stadt
in eine Ost- und Westhälfte.

Baltimore-, Lexington-, Howard-, Eutaw- und Charles-Street sind
als Hauptstrassen des geschäftlichen Stadtverkehres die belebtesten
und bevorzugtesten, der nördliche Theil von Charles-Street, Vernon-
und Eutaw-Place auch die fashionabelsten Quartiere.

Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört vor Allem das
kolossale Monument, welches Baltimore dem Helden Washington, dem
Vater des Landes, geweiht hat. Es nimmt die Mitte von Mount
Vernon-Place ein und ist eine prachtvolle, das Standbild Washington’s
tragende dorische Säule aus weissem Marmor, welche mit dem Sockel
55 m über die Basis und 85 m über den Wasserspiegel emporragt.

Von herrlichen Anpflanzungen und architektonisch schönen Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0127" n="111"/>
          <fw place="top" type="header">Baltimore.</fw><lb/>
          <p>An den Ufern des durch seine wilden Wässer berüchtigten<lb/>
Flüsschens &#x201E;Jones Falls&#x201C;, welches noch jetzt Baltimore von Nord<lb/>
nach Süd durchzieht und die Stadt in eine östliche und westliche<lb/>
Hälfte theilt, entstand im Jahre 1682 das erste Haus; 44 Jahre später<lb/>
folgte der Bau eines zweiten und im Jahre 1730 begann endlich die<lb/>
Anlage einer Stadt, die aber erst im Jahre 1745 ihren jetzigen Namen,<lb/>
zu Ehren des Gründers und einstigen Besitzers von Maryland, Lord<lb/>
Baltimore, erhielt.</p><lb/>
          <p>Das Städterecht wurde Baltimore im Jahre 1796 verliehen.</p><lb/>
          <p>Wie alle Städte der Union, betheiligte sich auch Baltimore am<lb/>
Unabhängigkeitskampfe, und fochten seine Bewohner rühmlichst unter<lb/>
Washington. Im Kriege der Vereinigten Staaten gegen Grossbritan-<lb/>
nien erfolgte 1814 ein Angriff der englischen Flotte auf das Fort<lb/>
Mc Henry, der erfolgreich abgewehrt wurde.</p><lb/>
          <p>Das Fort ward seither umgebaut und beherrscht heute noch<lb/>
Stadt und Hafen.</p><lb/>
          <p>Obwohl auf hügeligem Terrain und deshalb auch das Rom<lb/>
Amerikas genannt, ist Baltimore eine sehr regelmässig angelegte Stadt.<lb/>
Ihre Strassenzüge laufen in der grossen Mehrzahl Ost-West und Nord-<lb/>
Süd, sich in rechten Winkeln kreuzend.</p><lb/>
          <p>Nur einige, obzwar für sich wieder regelmässig angelegte Stadt-<lb/>
theile sind in schräger Stellung zum grossen Häusermeere des Grund-<lb/>
planes gebracht.</p><lb/>
          <p>Baltimore-Street, die Hauptader, welche die Stadt von Ost gegen<lb/>
West in der ganzen Ausdehnung durchzieht und sie in eine nördliche<lb/>
und südliche Hälfte theilt, ist auch die Basis, von welcher aus die<lb/>
Numerirung der Gebäude nach diesen beiden Richtungen erfolgt. Das<lb/>
vielfach überbrückte Flüsschen Jones Falls theilt dagegen die Stadt<lb/>
in eine Ost- und Westhälfte.</p><lb/>
          <p>Baltimore-, Lexington-, Howard-, Eutaw- und Charles-Street sind<lb/>
als Hauptstrassen des geschäftlichen Stadtverkehres die belebtesten<lb/>
und bevorzugtesten, der nördliche Theil von Charles-Street, Vernon-<lb/>
und Eutaw-Place auch die fashionabelsten Quartiere.</p><lb/>
          <p>Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört vor Allem das<lb/>
kolossale Monument, welches Baltimore dem Helden Washington, dem<lb/>
Vater des Landes, geweiht hat. Es nimmt die Mitte von Mount<lb/>
Vernon-Place ein und ist eine prachtvolle, das Standbild Washington&#x2019;s<lb/>
tragende dorische Säule aus weissem Marmor, welche mit dem Sockel<lb/>
55 <hi rendition="#i">m</hi> über die Basis und 85 <hi rendition="#i">m</hi> über den Wasserspiegel emporragt.</p><lb/>
          <p>Von herrlichen Anpflanzungen und architektonisch schönen Ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0127] Baltimore. An den Ufern des durch seine wilden Wässer berüchtigten Flüsschens „Jones Falls“, welches noch jetzt Baltimore von Nord nach Süd durchzieht und die Stadt in eine östliche und westliche Hälfte theilt, entstand im Jahre 1682 das erste Haus; 44 Jahre später folgte der Bau eines zweiten und im Jahre 1730 begann endlich die Anlage einer Stadt, die aber erst im Jahre 1745 ihren jetzigen Namen, zu Ehren des Gründers und einstigen Besitzers von Maryland, Lord Baltimore, erhielt. Das Städterecht wurde Baltimore im Jahre 1796 verliehen. Wie alle Städte der Union, betheiligte sich auch Baltimore am Unabhängigkeitskampfe, und fochten seine Bewohner rühmlichst unter Washington. Im Kriege der Vereinigten Staaten gegen Grossbritan- nien erfolgte 1814 ein Angriff der englischen Flotte auf das Fort Mc Henry, der erfolgreich abgewehrt wurde. Das Fort ward seither umgebaut und beherrscht heute noch Stadt und Hafen. Obwohl auf hügeligem Terrain und deshalb auch das Rom Amerikas genannt, ist Baltimore eine sehr regelmässig angelegte Stadt. Ihre Strassenzüge laufen in der grossen Mehrzahl Ost-West und Nord- Süd, sich in rechten Winkeln kreuzend. Nur einige, obzwar für sich wieder regelmässig angelegte Stadt- theile sind in schräger Stellung zum grossen Häusermeere des Grund- planes gebracht. Baltimore-Street, die Hauptader, welche die Stadt von Ost gegen West in der ganzen Ausdehnung durchzieht und sie in eine nördliche und südliche Hälfte theilt, ist auch die Basis, von welcher aus die Numerirung der Gebäude nach diesen beiden Richtungen erfolgt. Das vielfach überbrückte Flüsschen Jones Falls theilt dagegen die Stadt in eine Ost- und Westhälfte. Baltimore-, Lexington-, Howard-, Eutaw- und Charles-Street sind als Hauptstrassen des geschäftlichen Stadtverkehres die belebtesten und bevorzugtesten, der nördliche Theil von Charles-Street, Vernon- und Eutaw-Place auch die fashionabelsten Quartiere. Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört vor Allem das kolossale Monument, welches Baltimore dem Helden Washington, dem Vater des Landes, geweiht hat. Es nimmt die Mitte von Mount Vernon-Place ein und ist eine prachtvolle, das Standbild Washington’s tragende dorische Säule aus weissem Marmor, welche mit dem Sockel 55 m über die Basis und 85 m über den Wasserspiegel emporragt. Von herrlichen Anpflanzungen und architektonisch schönen Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/127
Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/127>, abgerufen am 06.05.2024.