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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Philadelphia.
die Hauptstadt von Pennsylvanien; dieses Vorrecht musste sie aber später
der Stadt Harrisburg einräumen. Dessen ungeachtet blieb erstere die be-
deutendste Stadt dieses Landes, die zweitgrösste der Vereinigten
Staaten und an Flächenausdehnung sogar die grösste der Union. Die
Tracirung der Stadt erstreckt sich nämlich über den ganzen Bezirk
(County) von Philadelphia und weist eine Längsausdehnung (Nord-
Süd) von mehr als 40 km bei einer Breite (Ost-West) von 9--15 km aus;
jetzt ist bereits der grösste Theil dieser ungeheueren Fläche ausgebaut.
Die Ost-West laufenden Strassen führen vom Ufer des Delaware nach
jenem des Schuylkill und setzen sich theilweise noch jenseits
desselben in West-Philadelphia fort. Zwei herrliche Brücken, welche
aus dem centralen Theile über den klaren und tiefen Schuylkill
führen, verbinden die zwei Stadttheile. Als Basis für die Nord und
Süd laufenden Strassen ist Front-Street, nahe an den Borden des
Delaware, anzusehen. Von dieser werden die Strassen gegen Westen
mit fortlaufenden Nummern gezählt. Die grosse Ausdehnung nach
Nord und Süd machte eine Theilung der Stadt in zwei Gebiete der
besseren Orientirung halber nöthig. Die Grundlinie dieser Theilung
ist Marketstreet, welche schnurgerade Ost-West sich vom Ufer des
Delaware und über die Brücke nach West-Philadelphia fortsetzt. Alle
ihr parallel laufenden Strassen tragen ausnahmslos Namen.

Wie ein Stern, der seine Strahlen nach allen Richtungen sendet,
steht im Centrum der Stadt, dort wo sich die Marketstreet mit der
Broadstreet senkrecht kreuzt, jener Complex von Prachtgebäuden,
welche den Namen The New Public buildings (City-Hall) führen.
Alle Staats- und Stadtämter sind darin untergebracht und über der
gegen Broadstreet gewendeten Facade ragt ein 163 m hoher Thurm,
der höchste Steinbau der Welt, in die Lüfte; er bildet ein gross-
artiges Monument zu Ehren des Gründers der Stadt. Die Statue Penn's
blickt von der Thurmspitze herab auf das Gebiet seines einstigen
Wirkens. Diesen Platz wies die Pietät der Bewohner dem Denkmale
an, weil das herrliche Bauwerk jenen Platz einnehmen musste, der
Penn's Namen trug und durch Penn's Standbild geziert war. An den
prachtvollen marmorreichen Facaden der Public buildings wogt un-
aufhörlich die Menschenmenge vorüber, denn die elegante Welt der
Broadstreet und die geschäftlich eilende der Marketstreet. der Haupt-
ader des geschäftlichen Verkehres, begegnen sich dort. Der luxuriöse
Riesenbau der Public-buildings verschlang eine Bausumme von 15 Mil-
lionen Dollars. Seine isolirte Lage mit vier freien Fronten sichert dem
prunkvollen Rathhause einen besonders vornehmen Rang unter all

Philadelphia.
die Hauptstadt von Pennsylvanien; dieses Vorrecht musste sie aber später
der Stadt Harrisburg einräumen. Dessen ungeachtet blieb erstere die be-
deutendste Stadt dieses Landes, die zweitgrösste der Vereinigten
Staaten und an Flächenausdehnung sogar die grösste der Union. Die
Tracirung der Stadt erstreckt sich nämlich über den ganzen Bezirk
(County) von Philadelphia und weist eine Längsausdehnung (Nord-
Süd) von mehr als 40 km bei einer Breite (Ost-West) von 9—15 km aus;
jetzt ist bereits der grösste Theil dieser ungeheueren Fläche ausgebaut.
Die Ost-West laufenden Strassen führen vom Ufer des Delaware nach
jenem des Schuylkill und setzen sich theilweise noch jenseits
desselben in West-Philadelphia fort. Zwei herrliche Brücken, welche
aus dem centralen Theile über den klaren und tiefen Schuylkill
führen, verbinden die zwei Stadttheile. Als Basis für die Nord und
Süd laufenden Strassen ist Front-Street, nahe an den Borden des
Delaware, anzusehen. Von dieser werden die Strassen gegen Westen
mit fortlaufenden Nummern gezählt. Die grosse Ausdehnung nach
Nord und Süd machte eine Theilung der Stadt in zwei Gebiete der
besseren Orientirung halber nöthig. Die Grundlinie dieser Theilung
ist Marketstreet, welche schnurgerade Ost-West sich vom Ufer des
Delaware und über die Brücke nach West-Philadelphia fortsetzt. Alle
ihr parallel laufenden Strassen tragen ausnahmslos Namen.

Wie ein Stern, der seine Strahlen nach allen Richtungen sendet,
steht im Centrum der Stadt, dort wo sich die Marketstreet mit der
Broadstreet senkrecht kreuzt, jener Complex von Prachtgebäuden,
welche den Namen The New Public buildings (City-Hall) führen.
Alle Staats- und Stadtämter sind darin untergebracht und über der
gegen Broadstreet gewendeten Façade ragt ein 163 m hoher Thurm,
der höchste Steinbau der Welt, in die Lüfte; er bildet ein gross-
artiges Monument zu Ehren des Gründers der Stadt. Die Statue Penn’s
blickt von der Thurmspitze herab auf das Gebiet seines einstigen
Wirkens. Diesen Platz wies die Pietät der Bewohner dem Denkmale
an, weil das herrliche Bauwerk jenen Platz einnehmen musste, der
Penn’s Namen trug und durch Penn’s Standbild geziert war. An den
prachtvollen marmorreichen Façaden der Public buildings wogt un-
aufhörlich die Menschenmenge vorüber, denn die elegante Welt der
Broadstreet und die geschäftlich eilende der Marketstreet. der Haupt-
ader des geschäftlichen Verkehres, begegnen sich dort. Der luxuriöse
Riesenbau der Public-buildings verschlang eine Bausumme von 15 Mil-
lionen Dollars. Seine isolirte Lage mit vier freien Fronten sichert dem
prunkvollen Rathhause einen besonders vornehmen Rang unter all

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[95/0111] Philadelphia. die Hauptstadt von Pennsylvanien; dieses Vorrecht musste sie aber später der Stadt Harrisburg einräumen. Dessen ungeachtet blieb erstere die be- deutendste Stadt dieses Landes, die zweitgrösste der Vereinigten Staaten und an Flächenausdehnung sogar die grösste der Union. Die Tracirung der Stadt erstreckt sich nämlich über den ganzen Bezirk (County) von Philadelphia und weist eine Längsausdehnung (Nord- Süd) von mehr als 40 km bei einer Breite (Ost-West) von 9—15 km aus; jetzt ist bereits der grösste Theil dieser ungeheueren Fläche ausgebaut. Die Ost-West laufenden Strassen führen vom Ufer des Delaware nach jenem des Schuylkill und setzen sich theilweise noch jenseits desselben in West-Philadelphia fort. Zwei herrliche Brücken, welche aus dem centralen Theile über den klaren und tiefen Schuylkill führen, verbinden die zwei Stadttheile. Als Basis für die Nord und Süd laufenden Strassen ist Front-Street, nahe an den Borden des Delaware, anzusehen. Von dieser werden die Strassen gegen Westen mit fortlaufenden Nummern gezählt. Die grosse Ausdehnung nach Nord und Süd machte eine Theilung der Stadt in zwei Gebiete der besseren Orientirung halber nöthig. Die Grundlinie dieser Theilung ist Marketstreet, welche schnurgerade Ost-West sich vom Ufer des Delaware und über die Brücke nach West-Philadelphia fortsetzt. Alle ihr parallel laufenden Strassen tragen ausnahmslos Namen. Wie ein Stern, der seine Strahlen nach allen Richtungen sendet, steht im Centrum der Stadt, dort wo sich die Marketstreet mit der Broadstreet senkrecht kreuzt, jener Complex von Prachtgebäuden, welche den Namen The New Public buildings (City-Hall) führen. Alle Staats- und Stadtämter sind darin untergebracht und über der gegen Broadstreet gewendeten Façade ragt ein 163 m hoher Thurm, der höchste Steinbau der Welt, in die Lüfte; er bildet ein gross- artiges Monument zu Ehren des Gründers der Stadt. Die Statue Penn’s blickt von der Thurmspitze herab auf das Gebiet seines einstigen Wirkens. Diesen Platz wies die Pietät der Bewohner dem Denkmale an, weil das herrliche Bauwerk jenen Platz einnehmen musste, der Penn’s Namen trug und durch Penn’s Standbild geziert war. An den prachtvollen marmorreichen Façaden der Public buildings wogt un- aufhörlich die Menschenmenge vorüber, denn die elegante Welt der Broadstreet und die geschäftlich eilende der Marketstreet. der Haupt- ader des geschäftlichen Verkehres, begegnen sich dort. Der luxuriöse Riesenbau der Public-buildings verschlang eine Bausumme von 15 Mil- lionen Dollars. Seine isolirte Lage mit vier freien Fronten sichert dem prunkvollen Rathhause einen besonders vornehmen Rang unter all

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/111>, abgerufen am 06.05.2024.