Gaben verliehen, welche geeignet wären, dieselbe zu einem Paradiese und zur unversiegbaren Quelle des Reichthums zu machen. Ihre Lage zunächst dem nordamerikanischen Continente sichert ihr den Absatz ihrer tropischen Producte vor allen anderen Concurrenten, ihre zahl- reichen vortrefflichen Häfen, von welchen Habana, Matauzas und Baracoa an der Nordküste, Batabano, Cienfuegos und Santiago an der Südküste vorzüglich zu erwähnen sind, erleichtern den Austausch ihrer Producte mit den Erzeugnissen der gewerbefleissigen kälteren Klimate.
Cuba wurde von Columbus am 28. October 1492 entdeckt und Juana be- nannt; später erhielt sie den Namen Ferdinandina, beide Namen mussten jedoch im Laufe der Zeit dem einheimischen wieder weichen.
Columbus hielt Cuba bis zu seinem Tode für einen östlichen Vorsprung des Festlandes; erst durch die im Jahre 1508 erfolgte Umschiffung Cubas durch Ocampo wurde der Inselcharakter des Landes festgestellt. 1511 wurde die Insel von Diego Velasquez bleibend besetzt und besiedelt; es erfolgten in rascher Folge die Gründung von Buracoa, Santiago, Trinidad und anderer Orte mehr, 1519 jene von Habana. Seither ist Cuba, ausgenommen eine kurze Unterbrechung im Jahre 1762, im spanischen Besitze verblieben.
Diese vielversprechende Entwicklung der Insel gerieth durch die bis zum Jahre 1560 erfolgte gänzliche Ausrottung der Indianer, deren Ersetzung durch Negersclaven nur allmälig den hiedurch bewirkten wirthschaftlichen Nachtheil ausgleichen konnte, durch die engherzige Colonialpolitik der damaligen Zeit, haupt- sächlich aber durch den Umstand ins Stocken, dass in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts der Strom der goldgierigen europäischen Einwanderer sich mehr den neu entdeckten Festlandsgebieten zuwendete.
Auch liessen die unaufhörlichen aufeinanderfolgenden Kriege des Mutter- landes mit Frankreich, England und Holland, deren Schauplatz sich stets über Westindien erstreckte, nicht minder die Brandschatzungen der Flibustier durch 11/2 Jahrhunderte Cuba nicht zur Ruhe kommen. Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts fand ein nennenswerther Aufschwung von Handel und Wandel statt. Anstoss hiezu gab die 1762 erfolgte Occupation von Habana und seiner Um- gebung durch die Engländer unter Lord Albemarle. Obwohl England schon nach zehn Monaten Habana gegen Florida eintauschte, war doch die kurze britische Herrschaft dauernd von den wohlthätigsten Folgen für die Insel.
Entgegen dem von den Engländern selbst in ihren Colonien damals noch befolgten Abschliessungssystem gaben sie sogleich Handel und Verkehr auf Ha- bana gänzlich frei und erweckten dadurch mit einem Schlage den Landbau und die industrielle Production aus ihrer bisherigen Lethargie. Spanien sah sich nach Wiederbesitzergreifung der Insel genöthigt, den geänderten Verhältnissen wenigstens zum Theile Rechnung zu tragen. Zunächst wurde (1765) der freie Verkehr Cubas mit Spanien gestattet, nach dem nordamerikanischen Freiheitskampfe wurden Ha- bana und Santiago dem Handel der fremden Nationen eröffnet, und 1790 wurde auch der Sclavenhandel freigegeben. Die französische Revolution, welche zahlreiche Flüchtlinge aus dem benachbarten Haiti und aus Frankreich nach Cuba brachte, wodurch der Insel intelligente und arbeitsfreudige Elemente zugeführt wurden, gab dem zunehmenden Aufschwunge der Colonie neue Impulse.
Die atlantische Küste von Amerika.
Gaben verliehen, welche geeignet wären, dieselbe zu einem Paradiese und zur unversiegbaren Quelle des Reichthums zu machen. Ihre Lage zunächst dem nordamerikanischen Continente sichert ihr den Absatz ihrer tropischen Producte vor allen anderen Concurrenten, ihre zahl- reichen vortrefflichen Häfen, von welchen Habana, Matauzas und Baracoa an der Nordküste, Batabano, Cienfuegos und Santiago an der Südküste vorzüglich zu erwähnen sind, erleichtern den Austausch ihrer Producte mit den Erzeugnissen der gewerbefleissigen kälteren Klimate.
Cuba wurde von Columbus am 28. October 1492 entdeckt und Juana be- nannt; später erhielt sie den Namen Ferdinandina, beide Namen mussten jedoch im Laufe der Zeit dem einheimischen wieder weichen.
Columbus hielt Cuba bis zu seinem Tode für einen östlichen Vorsprung des Festlandes; erst durch die im Jahre 1508 erfolgte Umschiffung Cubas durch Ocampo wurde der Inselcharakter des Landes festgestellt. 1511 wurde die Insel von Diego Velasquez bleibend besetzt und besiedelt; es erfolgten in rascher Folge die Gründung von Buracoa, Santiago, Trinidad und anderer Orte mehr, 1519 jene von Habana. Seither ist Cuba, ausgenommen eine kurze Unterbrechung im Jahre 1762, im spanischen Besitze verblieben.
Diese vielversprechende Entwicklung der Insel gerieth durch die bis zum Jahre 1560 erfolgte gänzliche Ausrottung der Indianer, deren Ersetzung durch Negersclaven nur allmälig den hiedurch bewirkten wirthschaftlichen Nachtheil ausgleichen konnte, durch die engherzige Colonialpolitik der damaligen Zeit, haupt- sächlich aber durch den Umstand ins Stocken, dass in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts der Strom der goldgierigen europäischen Einwanderer sich mehr den neu entdeckten Festlandsgebieten zuwendete.
Auch liessen die unaufhörlichen aufeinanderfolgenden Kriege des Mutter- landes mit Frankreich, England und Holland, deren Schauplatz sich stets über Westindien erstreckte, nicht minder die Brandschatzungen der Flibustier durch 1½ Jahrhunderte Cuba nicht zur Ruhe kommen. Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts fand ein nennenswerther Aufschwung von Handel und Wandel statt. Anstoss hiezu gab die 1762 erfolgte Occupation von Habana und seiner Um- gebung durch die Engländer unter Lord Albemarle. Obwohl England schon nach zehn Monaten Habana gegen Florida eintauschte, war doch die kurze britische Herrschaft dauernd von den wohlthätigsten Folgen für die Insel.
Entgegen dem von den Engländern selbst in ihren Colonien damals noch befolgten Abschliessungssystem gaben sie sogleich Handel und Verkehr auf Ha- bana gänzlich frei und erweckten dadurch mit einem Schlage den Landbau und die industrielle Production aus ihrer bisherigen Lethargie. Spanien sah sich nach Wiederbesitzergreifung der Insel genöthigt, den geänderten Verhältnissen wenigstens zum Theile Rechnung zu tragen. Zunächst wurde (1765) der freie Verkehr Cubas mit Spanien gestattet, nach dem nordamerikanischen Freiheitskampfe wurden Ha- bana und Santiago dem Handel der fremden Nationen eröffnet, und 1790 wurde auch der Sclavenhandel freigegeben. Die französische Revolution, welche zahlreiche Flüchtlinge aus dem benachbarten Haïti und aus Frankreich nach Cuba brachte, wodurch der Insel intelligente und arbeitsfreudige Elemente zugeführt wurden, gab dem zunehmenden Aufschwunge der Colonie neue Impulse.
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Die atlantische Küste von Amerika.
Gaben verliehen, welche geeignet wären, dieselbe zu einem Paradiese
und zur unversiegbaren Quelle des Reichthums zu machen. Ihre Lage
zunächst dem nordamerikanischen Continente sichert ihr den Absatz
ihrer tropischen Producte vor allen anderen Concurrenten, ihre zahl-
reichen vortrefflichen Häfen, von welchen Habana, Matauzas und
Baracoa an der Nordküste, Batabano, Cienfuegos und Santiago an der
Südküste vorzüglich zu erwähnen sind, erleichtern den Austausch ihrer
Producte mit den Erzeugnissen der gewerbefleissigen kälteren Klimate.
Cuba wurde von Columbus am 28. October 1492 entdeckt und Juana be-
nannt; später erhielt sie den Namen Ferdinandina, beide Namen mussten jedoch
im Laufe der Zeit dem einheimischen wieder weichen.
Columbus hielt Cuba bis zu seinem Tode für einen östlichen Vorsprung
des Festlandes; erst durch die im Jahre 1508 erfolgte Umschiffung Cubas durch
Ocampo wurde der Inselcharakter des Landes festgestellt. 1511 wurde die Insel
von Diego Velasquez bleibend besetzt und besiedelt; es erfolgten in rascher Folge
die Gründung von Buracoa, Santiago, Trinidad und anderer Orte mehr, 1519
jene von Habana. Seither ist Cuba, ausgenommen eine kurze Unterbrechung im
Jahre 1762, im spanischen Besitze verblieben.
Diese vielversprechende Entwicklung der Insel gerieth durch die bis zum
Jahre 1560 erfolgte gänzliche Ausrottung der Indianer, deren Ersetzung durch
Negersclaven nur allmälig den hiedurch bewirkten wirthschaftlichen Nachtheil
ausgleichen konnte, durch die engherzige Colonialpolitik der damaligen Zeit, haupt-
sächlich aber durch den Umstand ins Stocken, dass in der zweiten Hälfte des
XVI. Jahrhunderts der Strom der goldgierigen europäischen Einwanderer sich
mehr den neu entdeckten Festlandsgebieten zuwendete.
Auch liessen die unaufhörlichen aufeinanderfolgenden Kriege des Mutter-
landes mit Frankreich, England und Holland, deren Schauplatz sich stets über
Westindien erstreckte, nicht minder die Brandschatzungen der Flibustier durch
1½ Jahrhunderte Cuba nicht zur Ruhe kommen. Erst in der zweiten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts fand ein nennenswerther Aufschwung von Handel und Wandel
statt. Anstoss hiezu gab die 1762 erfolgte Occupation von Habana und seiner Um-
gebung durch die Engländer unter Lord Albemarle. Obwohl England schon nach
zehn Monaten Habana gegen Florida eintauschte, war doch die kurze britische
Herrschaft dauernd von den wohlthätigsten Folgen für die Insel.
Entgegen dem von den Engländern selbst in ihren Colonien damals noch
befolgten Abschliessungssystem gaben sie sogleich Handel und Verkehr auf Ha-
bana gänzlich frei und erweckten dadurch mit einem Schlage den Landbau und
die industrielle Production aus ihrer bisherigen Lethargie. Spanien sah sich nach
Wiederbesitzergreifung der Insel genöthigt, den geänderten Verhältnissen wenigstens
zum Theile Rechnung zu tragen. Zunächst wurde (1765) der freie Verkehr Cubas
mit Spanien gestattet, nach dem nordamerikanischen Freiheitskampfe wurden Ha-
bana und Santiago dem Handel der fremden Nationen eröffnet, und 1790 wurde
auch der Sclavenhandel freigegeben. Die französische Revolution, welche zahlreiche
Flüchtlinge aus dem benachbarten Haïti und aus Frankreich nach Cuba brachte,
wodurch der Insel intelligente und arbeitsfreudige Elemente zugeführt wurden,
gab dem zunehmenden Aufschwunge der Colonie neue Impulse.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/192>, abgerufen am 28.11.2024.
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