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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Vera-Cruz.

Die Grossartigkeit des Golfes von Mexico und sein wunderbarer
Einfluss auf die physiographischen Verhältnisse des nordatlantischen
Oceans stehen in directem Gegensatze zu dem Bilde seiner Küsten.
Während das majestätische Becken, welches zwischen den Halbinseln
von Florida und Yucatan sich erschliesst, als die Geburtsstätte des
Golfstromes bezeichnet wird, dessen Macht über den Ocean und weit
über Britanniens Gestade reicht, stehen dem Besucher der Küsten dieses
Golfes zumeist herbe Enttäuschungen bevor. Allerwärts herrscht Flach-
land vor, und insbesondere entbehren die Küsten Mexicos, Yucatan
inbegriffen, jedweden Reizes, wenngleich sie durchaus als tropische
Gegenden bezeichnet werden müssen. Der Golf, in welchem fast das
ganze Jahr hindurch der Passat mit unabänderlicher Gleichheit ein-
zieht und laue Fluten aus dem Caraibenmeere einströmen, wird zeit-
weise zu einem tückischen Meere, welches von den Seefahrenden
umsomehr gefürchtet ist, als dasselbe bei beschränkter Ausdehnung
nur wenige gesicherte Zufluchtsstätten bildet.

Natürliche gute Häfen gibt es insbesondere an den Gestaden
Mexicos gar nicht, und selbst Vera-Cruz, der einzige bedeutendere
Platz der Republik darf kaum Anspruch auf diesen Namen im eigent-
lichen Sinne des Wortes erheben. Wo immer das Land angelaufen
wird, treten die flachen Küsten erst auf wenige Seemeilen Entfernung
deutlich aus dem meist "mistigen" Hintergrunde hervor und lassen
kaum ihre zerklüfteten Formen und die unzähligen Korallenriffe er-
kennen, die sich fast vor allen Küstentheilen als Barrieren aufbauen.
Höchst selten sind von hoher See aus die imposanten Formen der
Hochlandgebirge wahrzunehmen, welche den dunklen Hintergrund der
Tierra caliente, dieses heissen gefürchteten Küstenstriches bilden. Meist
ist das Tagesgestirn schon unter den Horizont gesunken, wenn seine
erblassenden Strahlen über Dunst und Gewölke die Gestalt des Pic

Vera-Cruz.

Die Grossartigkeit des Golfes von Mexico und sein wunderbarer
Einfluss auf die physiographischen Verhältnisse des nordatlantischen
Oceans stehen in directem Gegensatze zu dem Bilde seiner Küsten.
Während das majestätische Becken, welches zwischen den Halbinseln
von Florida und Yucatan sich erschliesst, als die Geburtsstätte des
Golfstromes bezeichnet wird, dessen Macht über den Ocean und weit
über Britanniens Gestade reicht, stehen dem Besucher der Küsten dieses
Golfes zumeist herbe Enttäuschungen bevor. Allerwärts herrscht Flach-
land vor, und insbesondere entbehren die Küsten Mexicos, Yucatan
inbegriffen, jedweden Reizes, wenngleich sie durchaus als tropische
Gegenden bezeichnet werden müssen. Der Golf, in welchem fast das
ganze Jahr hindurch der Passat mit unabänderlicher Gleichheit ein-
zieht und laue Fluten aus dem Caraibenmeere einströmen, wird zeit-
weise zu einem tückischen Meere, welches von den Seefahrenden
umsomehr gefürchtet ist, als dasselbe bei beschränkter Ausdehnung
nur wenige gesicherte Zufluchtsstätten bildet.

Natürliche gute Häfen gibt es insbesondere an den Gestaden
Mexicos gar nicht, und selbst Vera-Cruz, der einzige bedeutendere
Platz der Republik darf kaum Anspruch auf diesen Namen im eigent-
lichen Sinne des Wortes erheben. Wo immer das Land angelaufen
wird, treten die flachen Küsten erst auf wenige Seemeilen Entfernung
deutlich aus dem meist „mistigen“ Hintergrunde hervor und lassen
kaum ihre zerklüfteten Formen und die unzähligen Korallenriffe er-
kennen, die sich fast vor allen Küstentheilen als Barrièren aufbauen.
Höchst selten sind von hoher See aus die imposanten Formen der
Hochlandgebirge wahrzunehmen, welche den dunklen Hintergrund der
Tierra caliente, dieses heissen gefürchteten Küstenstriches bilden. Meist
ist das Tagesgestirn schon unter den Horizont gesunken, wenn seine
erblassenden Strahlen über Dunst und Gewölke die Gestalt des Pic

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[[152]/0168] Vera-Cruz. Die Grossartigkeit des Golfes von Mexico und sein wunderbarer Einfluss auf die physiographischen Verhältnisse des nordatlantischen Oceans stehen in directem Gegensatze zu dem Bilde seiner Küsten. Während das majestätische Becken, welches zwischen den Halbinseln von Florida und Yucatan sich erschliesst, als die Geburtsstätte des Golfstromes bezeichnet wird, dessen Macht über den Ocean und weit über Britanniens Gestade reicht, stehen dem Besucher der Küsten dieses Golfes zumeist herbe Enttäuschungen bevor. Allerwärts herrscht Flach- land vor, und insbesondere entbehren die Küsten Mexicos, Yucatan inbegriffen, jedweden Reizes, wenngleich sie durchaus als tropische Gegenden bezeichnet werden müssen. Der Golf, in welchem fast das ganze Jahr hindurch der Passat mit unabänderlicher Gleichheit ein- zieht und laue Fluten aus dem Caraibenmeere einströmen, wird zeit- weise zu einem tückischen Meere, welches von den Seefahrenden umsomehr gefürchtet ist, als dasselbe bei beschränkter Ausdehnung nur wenige gesicherte Zufluchtsstätten bildet. Natürliche gute Häfen gibt es insbesondere an den Gestaden Mexicos gar nicht, und selbst Vera-Cruz, der einzige bedeutendere Platz der Republik darf kaum Anspruch auf diesen Namen im eigent- lichen Sinne des Wortes erheben. Wo immer das Land angelaufen wird, treten die flachen Küsten erst auf wenige Seemeilen Entfernung deutlich aus dem meist „mistigen“ Hintergrunde hervor und lassen kaum ihre zerklüfteten Formen und die unzähligen Korallenriffe er- kennen, die sich fast vor allen Küstentheilen als Barrièren aufbauen. Höchst selten sind von hoher See aus die imposanten Formen der Hochlandgebirge wahrzunehmen, welche den dunklen Hintergrund der Tierra caliente, dieses heissen gefürchteten Küstenstriches bilden. Meist ist das Tagesgestirn schon unter den Horizont gesunken, wenn seine erblassenden Strahlen über Dunst und Gewölke die Gestalt des Pic

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [152]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/168>, abgerufen am 25.11.2024.