Lübeck hat nach allen Plätzen der Ostsee von Hernösand und Kask süd- wärts regelmässige Dampfschiffsverbindungen.
Die Linie Lübeck-Kopenhagen (271 km) befördert vom 1. April bis 30. Sep- tember die Post; sie findet in Kopenhagen Anschluss durch Schiffe nach Göte- borg und Christiania.
Von Lübeck gehen Eisenbahnen nach Travemünde, Kiel, Hamburg, Büchen und Stettin.
Das wichtigste Geldinstitut ist die Reichsbankstelle, neben ihr bestehen zwei Banken und zwei grössere Sparcassen. Zu nennen sind überdies die Lübecker Feuerversicherungs-Gesellschaft und die Deutsche Lebensversicherungs-Gesellschaft.
In Lübeck haben Consulate: Chile, Dänemark, Italien, Niederlande, Oesterreich-Ungarn, Russland, Schweden und Norwegen, Venezuela.
Im Osten von Lübeck finden wir Rostock, die älteste Tochter des lübischen Rechtes, welche unter allen deutschen Hafenplätzen an der Ostsee die grösste Handelsmarine besitzt, so Anfang 1889 210 Seeschiffe mit 78.468 Reg.-Tons, davon waren aber nur 18 Dampfer mit 5947 Reg.-Tons.
Rostock, die bedeutendste Stadt Mecklenburgs, ist eine alte slavische An- siedlung, welche der Obotritenfürst Heinrich Borwin I. bereits 1218 mit dem Stadtrechte auszeichnete. Der Hansa bis zu deren Auflösung angehörend, kam die Stadt 1323 unter die Herrschaft Mecklenburgs.
Die etwa 40.000 Einwohner zählende Stadt liegt ungefähr 10 km vom Meere entfernt an der unteren Warnow, welche, durch Baggerungen auf 5 m Tiefe gebracht, kleineren Seeschiffen am Stadt- quai (der Strand) anzulegen gestattet.
Rostock besitzt mehrere bedeutende Denkmale mittelalterlicher Baukunst und bewahrte sich gleich wie Lübeck das Gepräge weit vergangener Zeiten. Das 1265 erbaute Rathhaus mit gothischer Facade; die aus dem Jahre 1398 in grossen Verhältnissen aufge- führte Marienkirche; die 1400 erbaute Petrikirche mit 132 m hohem Thurme; die Jakobikirche (XIV. Jahrhundert) und Nicolaikirche (XIII. Jahrhundert) sind die vornehmsten Erinnerungen an die rühm- liche Vergangenheit der Stadt.
Den Blücherplatz ziert ein schönes, 1818 von den mecklenbur- gischen Ständen errichtetes Blücher-Standbild. Der ruhmgekrönte Blücher war ein geborener Rostocker (1742).
Schöne Neubauten sind die 1867 bis 1870 entstandene neue Universität, an Stelle der alten 1419 gestifteten, deren Bibliothek 150.000 Bände zählt. Wie die meisten Städte Deutschlands, errichtete auch Rostock seinen im Kriege 1870/71 gefallenen Söhnen ein schönes Denkmal.
Die ehemaligen Befestigungen, welche die Stadt einengten, sind
Der atlantische Ocean
Lübeck hat nach allen Plätzen der Ostsee von Hernösand und Kask süd- wärts regelmässige Dampfschiffsverbindungen.
Die Linie Lübeck-Kopenhagen (271 km) befördert vom 1. April bis 30. Sep- tember die Post; sie findet in Kopenhagen Anschluss durch Schiffe nach Göte- borg und Christiania.
Von Lübeck gehen Eisenbahnen nach Travemünde, Kiel, Hamburg, Büchen und Stettin.
Das wichtigste Geldinstitut ist die Reichsbankstelle, neben ihr bestehen zwei Banken und zwei grössere Sparcassen. Zu nennen sind überdies die Lübecker Feuerversicherungs-Gesellschaft und die Deutsche Lebensversicherungs-Gesellschaft.
In Lübeck haben Consulate: Chile, Dänemark, Italien, Niederlande, Oesterreich-Ungarn, Russland, Schweden und Norwegen, Venezuela.
Im Osten von Lübeck finden wir Rostock, die älteste Tochter des lübischen Rechtes, welche unter allen deutschen Hafenplätzen an der Ostsee die grösste Handelsmarine besitzt, so Anfang 1889 210 Seeschiffe mit 78.468 Reg.-Tons, davon waren aber nur 18 Dampfer mit 5947 Reg.-Tons.
Rostock, die bedeutendste Stadt Mecklenburgs, ist eine alte slavische An- siedlung, welche der Obotritenfürst Heinrich Borwin I. bereits 1218 mit dem Stadtrechte auszeichnete. Der Hansa bis zu deren Auflösung angehörend, kam die Stadt 1323 unter die Herrschaft Mecklenburgs.
Die etwa 40.000 Einwohner zählende Stadt liegt ungefähr 10 km vom Meere entfernt an der unteren Warnow, welche, durch Baggerungen auf 5 m Tiefe gebracht, kleineren Seeschiffen am Stadt- quai (der Strand) anzulegen gestattet.
Rostock besitzt mehrere bedeutende Denkmale mittelalterlicher Baukunst und bewahrte sich gleich wie Lübeck das Gepräge weit vergangener Zeiten. Das 1265 erbaute Rathhaus mit gothischer Façade; die aus dem Jahre 1398 in grossen Verhältnissen aufge- führte Marienkirche; die 1400 erbaute Petrikirche mit 132 m hohem Thurme; die Jakobikirche (XIV. Jahrhundert) und Nicolaikirche (XIII. Jahrhundert) sind die vornehmsten Erinnerungen an die rühm- liche Vergangenheit der Stadt.
Den Blücherplatz ziert ein schönes, 1818 von den mecklenbur- gischen Ständen errichtetes Blücher-Standbild. Der ruhmgekrönte Blücher war ein geborener Rostocker (1742).
Schöne Neubauten sind die 1867 bis 1870 entstandene neue Universität, an Stelle der alten 1419 gestifteten, deren Bibliothek 150.000 Bände zählt. Wie die meisten Städte Deutschlands, errichtete auch Rostock seinen im Kriege 1870/71 gefallenen Söhnen ein schönes Denkmal.
Die ehemaligen Befestigungen, welche die Stadt einengten, sind
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0830"n="810"/><fwplace="top"type="header">Der atlantische Ocean</fw><lb/><p>Lübeck hat nach allen Plätzen der Ostsee von Hernösand und Kask süd-<lb/>
wärts regelmässige Dampfschiffsverbindungen.</p><lb/><p>Die Linie Lübeck-Kopenhagen (271 <hirendition="#i">km</hi>) befördert vom 1. April bis 30. Sep-<lb/>
tember die Post; sie findet in Kopenhagen Anschluss durch Schiffe nach Göte-<lb/>
borg und Christiania.</p><lb/><p>Von Lübeck gehen Eisenbahnen nach Travemünde, Kiel, Hamburg, Büchen<lb/>
und Stettin.</p><lb/><p>Das wichtigste Geldinstitut ist die Reichsbankstelle, neben ihr bestehen<lb/>
zwei Banken und zwei grössere Sparcassen. Zu nennen sind überdies die Lübecker<lb/>
Feuerversicherungs-Gesellschaft und die Deutsche Lebensversicherungs-Gesellschaft.</p><lb/><p>In Lübeck haben <hirendition="#g">Consulate</hi>: Chile, Dänemark, Italien, Niederlande,<lb/>
Oesterreich-Ungarn, Russland, Schweden und Norwegen, Venezuela.</p><lb/><p>Im Osten von Lübeck finden wir <hirendition="#g">Rostock</hi>, die älteste Tochter<lb/>
des lübischen Rechtes, welche unter allen deutschen Hafenplätzen<lb/>
an der Ostsee die grösste Handelsmarine besitzt, so Anfang 1889<lb/>
210 Seeschiffe mit 78.468 Reg.-Tons, davon waren aber nur 18<lb/>
Dampfer mit 5947 Reg.-Tons.</p><lb/><p>Rostock, die bedeutendste Stadt Mecklenburgs, ist eine alte slavische An-<lb/>
siedlung, welche der Obotritenfürst Heinrich Borwin I. bereits 1218 mit dem<lb/>
Stadtrechte auszeichnete. Der Hansa bis zu deren Auflösung angehörend, kam die<lb/>
Stadt 1323 unter die Herrschaft Mecklenburgs.</p><lb/><p>Die etwa 40.000 Einwohner zählende Stadt liegt ungefähr<lb/>
10 <hirendition="#i">km</hi> vom Meere entfernt an der unteren Warnow, welche, durch<lb/>
Baggerungen auf 5 <hirendition="#i">m</hi> Tiefe gebracht, kleineren Seeschiffen am Stadt-<lb/>
quai (der Strand) anzulegen gestattet.</p><lb/><p>Rostock besitzt mehrere bedeutende Denkmale mittelalterlicher<lb/>
Baukunst und bewahrte sich gleich wie Lübeck das Gepräge weit<lb/>
vergangener Zeiten. Das 1265 erbaute Rathhaus mit gothischer<lb/>
Façade; die aus dem Jahre 1398 in grossen Verhältnissen aufge-<lb/>
führte Marienkirche; die 1400 erbaute Petrikirche mit 132 <hirendition="#i">m</hi> hohem<lb/>
Thurme; die Jakobikirche (XIV. Jahrhundert) und Nicolaikirche<lb/>
(XIII. Jahrhundert) sind die vornehmsten Erinnerungen an die rühm-<lb/>
liche Vergangenheit der Stadt.</p><lb/><p>Den Blücherplatz ziert ein schönes, 1818 von den mecklenbur-<lb/>
gischen Ständen errichtetes Blücher-Standbild. Der ruhmgekrönte<lb/>
Blücher war ein geborener Rostocker (1742).</p><lb/><p>Schöne Neubauten sind die 1867 bis 1870 entstandene neue<lb/>
Universität, an Stelle der alten 1419 gestifteten, deren Bibliothek<lb/>
150.000 Bände zählt. Wie die meisten Städte Deutschlands, errichtete<lb/>
auch Rostock seinen im Kriege 1870/71 gefallenen Söhnen ein<lb/>
schönes Denkmal.</p><lb/><p>Die ehemaligen Befestigungen, welche die Stadt einengten, sind<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[810/0830]
Der atlantische Ocean
Lübeck hat nach allen Plätzen der Ostsee von Hernösand und Kask süd-
wärts regelmässige Dampfschiffsverbindungen.
Die Linie Lübeck-Kopenhagen (271 km) befördert vom 1. April bis 30. Sep-
tember die Post; sie findet in Kopenhagen Anschluss durch Schiffe nach Göte-
borg und Christiania.
Von Lübeck gehen Eisenbahnen nach Travemünde, Kiel, Hamburg, Büchen
und Stettin.
Das wichtigste Geldinstitut ist die Reichsbankstelle, neben ihr bestehen
zwei Banken und zwei grössere Sparcassen. Zu nennen sind überdies die Lübecker
Feuerversicherungs-Gesellschaft und die Deutsche Lebensversicherungs-Gesellschaft.
In Lübeck haben Consulate: Chile, Dänemark, Italien, Niederlande,
Oesterreich-Ungarn, Russland, Schweden und Norwegen, Venezuela.
Im Osten von Lübeck finden wir Rostock, die älteste Tochter
des lübischen Rechtes, welche unter allen deutschen Hafenplätzen
an der Ostsee die grösste Handelsmarine besitzt, so Anfang 1889
210 Seeschiffe mit 78.468 Reg.-Tons, davon waren aber nur 18
Dampfer mit 5947 Reg.-Tons.
Rostock, die bedeutendste Stadt Mecklenburgs, ist eine alte slavische An-
siedlung, welche der Obotritenfürst Heinrich Borwin I. bereits 1218 mit dem
Stadtrechte auszeichnete. Der Hansa bis zu deren Auflösung angehörend, kam die
Stadt 1323 unter die Herrschaft Mecklenburgs.
Die etwa 40.000 Einwohner zählende Stadt liegt ungefähr
10 km vom Meere entfernt an der unteren Warnow, welche, durch
Baggerungen auf 5 m Tiefe gebracht, kleineren Seeschiffen am Stadt-
quai (der Strand) anzulegen gestattet.
Rostock besitzt mehrere bedeutende Denkmale mittelalterlicher
Baukunst und bewahrte sich gleich wie Lübeck das Gepräge weit
vergangener Zeiten. Das 1265 erbaute Rathhaus mit gothischer
Façade; die aus dem Jahre 1398 in grossen Verhältnissen aufge-
führte Marienkirche; die 1400 erbaute Petrikirche mit 132 m hohem
Thurme; die Jakobikirche (XIV. Jahrhundert) und Nicolaikirche
(XIII. Jahrhundert) sind die vornehmsten Erinnerungen an die rühm-
liche Vergangenheit der Stadt.
Den Blücherplatz ziert ein schönes, 1818 von den mecklenbur-
gischen Ständen errichtetes Blücher-Standbild. Der ruhmgekrönte
Blücher war ein geborener Rostocker (1742).
Schöne Neubauten sind die 1867 bis 1870 entstandene neue
Universität, an Stelle der alten 1419 gestifteten, deren Bibliothek
150.000 Bände zählt. Wie die meisten Städte Deutschlands, errichtete
auch Rostock seinen im Kriege 1870/71 gefallenen Söhnen ein
schönes Denkmal.
Die ehemaligen Befestigungen, welche die Stadt einengten, sind
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 810. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/830>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.