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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.
dass Bilbao inmitten der fleissigen baskischen Bevölkerung liegt, wie
denn überhaupt der Nordspanier, ähnlich wie der Norditaliener,
an Energie und Arbeitskraft seinen südlichen Compatrioten weitaus
überragt.

Im Nordwesten in Galicien wohnen die ernsten Gallegos, die
wir in ganz Spanien als Lastträger, Dienstmänner, Wasserträger un-
ermüdlich thätig finden. Sie suchen zu ersparen, was nothwendig
ist, um sich in ihrer Heimat ein kleines Stück Land zu kaufen und
dann in verhältnissmässiger Ruhe die Früchte der schweren Arbeit
zu geniessen.

Fleissig sind auch die Bewohner von Asturien und der Provinz
Santander, aber allen voran gehen die Basken, in deren Lande Bilbao
liegt. Ihre schlanken, wohlproportionirten grossen Gestalten bekunden
in ihren Gesichtszügen die zähe Willenskraft, die Verschmitztheit und
Schlauheit, welche sie befähigt hat, selbst mit den Catalonen in der
Pflege des Handels und der Industrie mit dem besten Erfolge zu
wetteifern. Ihrer Arbeitslust und Energie verdanken sie auch das An-
sehen, das sie im Auslande, besonders in Argentinien geniessen, wo-
hin sie, unzufrieden mit der Regierung Spaniens, zahlreich ausge-
wandert sind. Ihre dortigen Landsleute gehören zu den einflussreichsten
und am meisten begüterten der spanischen Colonie.

Die Basken sind seit urdenklichen Zeiten befähigte Arbeiter in
Eisen, denn ihr Land ist ein Eisenland, und seine unerschöpflichen
Schätze werden nirgends stärker ausgebeutet als bei Bilbao.

Der Schiffsverkehr Bilbaos ist daher grösser als der irgend
eines spanischen Hafens, ganze Flotten sind dem Transporte des
Eisens gewidmet.

Mit Vollendung des neuen Hafens wird Bilbao auf der ganzen
Strecke von Cherbourg bis Vigo an der Nordwestspitze Spaniens der
einzige Zufluchtshafen sein, der diesen Namen wirklich verdient. Dann
ist die Möglichkeit gegeben, dass Bilbao an Stelle von Santander
ein wichtiger Einfuhrhafen Spaniens, der Ausgangspunkt der trans-
atlantischen Dampfer werde. Jetzt aber ist Bilbaos gesammter Ver-
kehr vollständig abhängig von der Gewinnung des Eisens.

Anfangs der Siebzigerjahre lenkte der grosse Eisenbedarf in England die
Aufmerksamkeit der Eisenwerksbesitzer auf die Production des Auslandes hin, um
den bedeutenden Engagements nachkommen zu können. Da war es denn, dass
Krupp in Essen, John Brown, die Dowlais Iron Co., Messrs. Bolkow & Vanghan,
die Societe Montataire und andere englische und französische Firmen, auf die
reichen Erzlager von Sommorostro aufmerksam geworden, in Gemeinschaft mit der
Firma Ibarra in Bilbao und anderen localen Firmen daselbst eine Reihe von

Der atlantische Ocean.
dass Bilbao inmitten der fleissigen baskischen Bevölkerung liegt, wie
denn überhaupt der Nordspanier, ähnlich wie der Norditaliener,
an Energie und Arbeitskraft seinen südlichen Compatrioten weitaus
überragt.

Im Nordwesten in Galicien wohnen die ernsten Gallegos, die
wir in ganz Spanien als Lastträger, Dienstmänner, Wasserträger un-
ermüdlich thätig finden. Sie suchen zu ersparen, was nothwendig
ist, um sich in ihrer Heimat ein kleines Stück Land zu kaufen und
dann in verhältnissmässiger Ruhe die Früchte der schweren Arbeit
zu geniessen.

Fleissig sind auch die Bewohner von Asturien und der Provinz
Santander, aber allen voran gehen die Basken, in deren Lande Bilbao
liegt. Ihre schlanken, wohlproportionirten grossen Gestalten bekunden
in ihren Gesichtszügen die zähe Willenskraft, die Verschmitztheit und
Schlauheit, welche sie befähigt hat, selbst mit den Catalonen in der
Pflege des Handels und der Industrie mit dem besten Erfolge zu
wetteifern. Ihrer Arbeitslust und Energie verdanken sie auch das An-
sehen, das sie im Auslande, besonders in Argentinien geniessen, wo-
hin sie, unzufrieden mit der Regierung Spaniens, zahlreich ausge-
wandert sind. Ihre dortigen Landsleute gehören zu den einflussreichsten
und am meisten begüterten der spanischen Colonie.

Die Basken sind seit urdenklichen Zeiten befähigte Arbeiter in
Eisen, denn ihr Land ist ein Eisenland, und seine unerschöpflichen
Schätze werden nirgends stärker ausgebeutet als bei Bilbao.

Der Schiffsverkehr Bilbaos ist daher grösser als der irgend
eines spanischen Hafens, ganze Flotten sind dem Transporte des
Eisens gewidmet.

Mit Vollendung des neuen Hafens wird Bilbao auf der ganzen
Strecke von Cherbourg bis Vigo an der Nordwestspitze Spaniens der
einzige Zufluchtshafen sein, der diesen Namen wirklich verdient. Dann
ist die Möglichkeit gegeben, dass Bilbao an Stelle von Santander
ein wichtiger Einfuhrhafen Spaniens, der Ausgangspunkt der trans-
atlantischen Dampfer werde. Jetzt aber ist Bilbaos gesammter Ver-
kehr vollständig abhängig von der Gewinnung des Eisens.

Anfangs der Siebzigerjahre lenkte der grosse Eisenbedarf in England die
Aufmerksamkeit der Eisenwerksbesitzer auf die Production des Auslandes hin, um
den bedeutenden Engagements nachkommen zu können. Da war es denn, dass
Krupp in Essen, John Brown, die Dowlais Iron Co., Messrs. Bolkow & Vanghan,
die Societé Montataire und andere englische und französische Firmen, auf die
reichen Erzlager von Sommorostro aufmerksam geworden, in Gemeinschaft mit der
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[564/0584] Der atlantische Ocean. dass Bilbao inmitten der fleissigen baskischen Bevölkerung liegt, wie denn überhaupt der Nordspanier, ähnlich wie der Norditaliener, an Energie und Arbeitskraft seinen südlichen Compatrioten weitaus überragt. Im Nordwesten in Galicien wohnen die ernsten Gallegos, die wir in ganz Spanien als Lastträger, Dienstmänner, Wasserträger un- ermüdlich thätig finden. Sie suchen zu ersparen, was nothwendig ist, um sich in ihrer Heimat ein kleines Stück Land zu kaufen und dann in verhältnissmässiger Ruhe die Früchte der schweren Arbeit zu geniessen. Fleissig sind auch die Bewohner von Asturien und der Provinz Santander, aber allen voran gehen die Basken, in deren Lande Bilbao liegt. Ihre schlanken, wohlproportionirten grossen Gestalten bekunden in ihren Gesichtszügen die zähe Willenskraft, die Verschmitztheit und Schlauheit, welche sie befähigt hat, selbst mit den Catalonen in der Pflege des Handels und der Industrie mit dem besten Erfolge zu wetteifern. Ihrer Arbeitslust und Energie verdanken sie auch das An- sehen, das sie im Auslande, besonders in Argentinien geniessen, wo- hin sie, unzufrieden mit der Regierung Spaniens, zahlreich ausge- wandert sind. Ihre dortigen Landsleute gehören zu den einflussreichsten und am meisten begüterten der spanischen Colonie. Die Basken sind seit urdenklichen Zeiten befähigte Arbeiter in Eisen, denn ihr Land ist ein Eisenland, und seine unerschöpflichen Schätze werden nirgends stärker ausgebeutet als bei Bilbao. Der Schiffsverkehr Bilbaos ist daher grösser als der irgend eines spanischen Hafens, ganze Flotten sind dem Transporte des Eisens gewidmet. Mit Vollendung des neuen Hafens wird Bilbao auf der ganzen Strecke von Cherbourg bis Vigo an der Nordwestspitze Spaniens der einzige Zufluchtshafen sein, der diesen Namen wirklich verdient. Dann ist die Möglichkeit gegeben, dass Bilbao an Stelle von Santander ein wichtiger Einfuhrhafen Spaniens, der Ausgangspunkt der trans- atlantischen Dampfer werde. Jetzt aber ist Bilbaos gesammter Ver- kehr vollständig abhängig von der Gewinnung des Eisens. Anfangs der Siebzigerjahre lenkte der grosse Eisenbedarf in England die Aufmerksamkeit der Eisenwerksbesitzer auf die Production des Auslandes hin, um den bedeutenden Engagements nachkommen zu können. Da war es denn, dass Krupp in Essen, John Brown, die Dowlais Iron Co., Messrs. Bolkow & Vanghan, die Societé Montataire und andere englische und französische Firmen, auf die reichen Erzlager von Sommorostro aufmerksam geworden, in Gemeinschaft mit der Firma Ibarra in Bilbao und anderen localen Firmen daselbst eine Reihe von

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/584>, abgerufen am 23.11.2024.