Diplomaten, berühmter Reisenden (Marco Polo!) und Männer der Wissenschaft.
Die Macht Venedigs konnte nur bei einem grossen Aufwande an Intelligenz emporblühen.
Die bezaubernde Eigenart der Stadt, die noch heute ihresgleichen sucht, liegt so recht in der historischen Entwicklung des Dogenreiches selbst. Während die Stürme der Völkerwanderung den Continent ver- heeren und das mächtige weströmische Reich vernichten, krystallisiren sich die Flüchtlinge der zerstörten Städte Patavium, Altinum, Aqui- leja u. a. auf den Lagunen zu einem Freistaat; wir finden die römische Gesellschaft mit ihren gewaltigen Traditionen in diesem Verbande. Den Lagunen haben die Colonisten zu danken, dass die Invasion der Gothen, die Eroberung Italiens durch die Longobarden und Griechen die Entwicklung ihres Staatswesens nicht zu stören vermochten und ihr meerumgebenes Gebiet in der Zeit der grössten Bedrängniss das einzige Asyl bildete, wo Friede, Sicherheit und Freiheit herrschten.
An der Wende zum VIII. Jahrhundert wird schon der erste Doge genannt.
Die staatliche Ordnung ist gesichert und ein neues Culturleben beginnt Glanz und Wärme auszustrahlen.
Aus Rialto, wohin 819 der Sitz der Regierung verlegt wurde, entsteht, die inneren Wirren besiegend, das aufstrebende Venedig. Die Heldenzeit der Kreuzzüge begünstigt den Aufschwung der Republik, die unter dem Dogen Enrico Dandolo (1192--1205) nach der Eroberung von Constantinopel und Theilung des byzantinischen Reiches einen reichen Länderzuwachs, darunter die Ostküste der Adria, die Insel Candia und anderen Besitz erhält.
Der fast zweihundertjährige erbitterte Kampf gegen die Schwester- republik Genua bildet eine blutige Episode in der Geschichte Venedigs.
Die Demüthigung der Rivalin (1380) ist das Werk der tapferen Flotte des Dogen Andrea Contarini.
Im XV. Jahrhundert feierte Venedig nicht nur unerwartete politische Triumphe, auch sein Handel blüht, und die Metropole wächst unter dem Betriebsfleisse von 200.000 Einwohnern zum Mittelpunkt des Welthandels auf.
Catarina Cornaro, die schöne Gemahlin des Königs Jakob von Cypern, die uns Meister Makart so blendend in Erinnerung brachte, darf hier genannt werden, denn durch ihre Verzichtleistung erwirbt Venedig die reiche Insel.
Das Mittelmeerbecken.
Diplomaten, berühmter Reisenden (Marco Polo!) und Männer der Wissenschaft.
Die Macht Venedigs konnte nur bei einem grossen Aufwande an Intelligenz emporblühen.
Die bezaubernde Eigenart der Stadt, die noch heute ihresgleichen sucht, liegt so recht in der historischen Entwicklung des Dogenreiches selbst. Während die Stürme der Völkerwanderung den Continent ver- heeren und das mächtige weströmische Reich vernichten, krystallisiren sich die Flüchtlinge der zerstörten Städte Patavium, Altinum, Aqui- leja u. a. auf den Lagunen zu einem Freistaat; wir finden die römische Gesellschaft mit ihren gewaltigen Traditionen in diesem Verbande. Den Lagunen haben die Colonisten zu danken, dass die Invasion der Gothen, die Eroberung Italiens durch die Longobarden und Griechen die Entwicklung ihres Staatswesens nicht zu stören vermochten und ihr meerumgebenes Gebiet in der Zeit der grössten Bedrängniss das einzige Asyl bildete, wo Friede, Sicherheit und Freiheit herrschten.
An der Wende zum VIII. Jahrhundert wird schon der erste Doge genannt.
Die staatliche Ordnung ist gesichert und ein neues Culturleben beginnt Glanz und Wärme auszustrahlen.
Aus Rialto, wohin 819 der Sitz der Regierung verlegt wurde, entsteht, die inneren Wirren besiegend, das aufstrebende Venedig. Die Heldenzeit der Kreuzzüge begünstigt den Aufschwung der Republik, die unter dem Dogen Enrico Dandolo (1192—1205) nach der Eroberung von Constantinopel und Theilung des byzantinischen Reiches einen reichen Länderzuwachs, darunter die Ostküste der Adria, die Insel Candia und anderen Besitz erhält.
Der fast zweihundertjährige erbitterte Kampf gegen die Schwester- republik Genua bildet eine blutige Episode in der Geschichte Venedigs.
Die Demüthigung der Rivalin (1380) ist das Werk der tapferen Flotte des Dogen Andrea Contarini.
Im XV. Jahrhundert feierte Venedig nicht nur unerwartete politische Triumphe, auch sein Handel blüht, und die Metropole wächst unter dem Betriebsfleisse von 200.000 Einwohnern zum Mittelpunkt des Welthandels auf.
Catarina Cornaro, die schöne Gemahlin des Königs Jakob von Cypern, die uns Meister Makart so blendend in Erinnerung brachte, darf hier genannt werden, denn durch ihre Verzichtleistung erwirbt Venedig die reiche Insel.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0054"n="34"/><fwplace="top"type="header">Das Mittelmeerbecken.</fw><lb/>
Diplomaten, berühmter Reisenden (Marco Polo!) und Männer der<lb/>
Wissenschaft.</p><lb/><p>Die Macht Venedigs konnte nur bei einem grossen Aufwande an<lb/>
Intelligenz emporblühen.</p><lb/><p>Die bezaubernde Eigenart der Stadt, die noch heute ihresgleichen<lb/>
sucht, liegt so recht in der historischen Entwicklung des Dogenreiches<lb/>
selbst. Während die Stürme der Völkerwanderung den Continent ver-<lb/>
heeren und das mächtige weströmische Reich vernichten, krystallisiren<lb/>
sich die Flüchtlinge der zerstörten Städte Patavium, Altinum, Aqui-<lb/>
leja u. a. auf den Lagunen zu einem Freistaat; wir finden die römische<lb/>
Gesellschaft mit ihren gewaltigen Traditionen in diesem Verbande.<lb/>
Den Lagunen haben die Colonisten zu danken, dass die Invasion der<lb/>
Gothen, die Eroberung Italiens durch die Longobarden und Griechen<lb/>
die Entwicklung ihres Staatswesens nicht zu stören vermochten und<lb/>
ihr meerumgebenes Gebiet in der Zeit der grössten Bedrängniss das<lb/>
einzige Asyl bildete, wo Friede, Sicherheit und Freiheit herrschten.</p><lb/><p>An der Wende zum VIII. Jahrhundert wird schon der erste<lb/>
Doge genannt.</p><lb/><p>Die staatliche Ordnung ist gesichert und ein neues Culturleben<lb/>
beginnt Glanz und Wärme auszustrahlen.</p><lb/><p>Aus Rialto, wohin 819 der Sitz der Regierung verlegt wurde,<lb/>
entsteht, die inneren Wirren besiegend, das aufstrebende Venedig. Die<lb/>
Heldenzeit der Kreuzzüge begünstigt den Aufschwung der Republik,<lb/>
die unter dem Dogen Enrico Dandolo (1192—1205) nach der Eroberung<lb/>
von Constantinopel und Theilung des byzantinischen Reiches einen<lb/>
reichen Länderzuwachs, darunter die Ostküste der Adria, die Insel<lb/>
Candia und anderen Besitz erhält.</p><lb/><p>Der fast zweihundertjährige erbitterte Kampf gegen die Schwester-<lb/>
republik Genua bildet eine blutige Episode in der Geschichte Venedigs.</p><lb/><p>Die Demüthigung der Rivalin (1380) ist das Werk der tapferen<lb/>
Flotte des Dogen Andrea Contarini.</p><lb/><p>Im XV. Jahrhundert feierte Venedig nicht nur unerwartete<lb/>
politische Triumphe, auch sein Handel blüht, und die Metropole wächst<lb/>
unter dem Betriebsfleisse von 200.000 Einwohnern zum Mittelpunkt<lb/>
des Welthandels auf.</p><lb/><p>Catarina Cornaro, die schöne Gemahlin des Königs Jakob von<lb/>
Cypern, die uns Meister Makart so blendend in Erinnerung brachte,<lb/>
darf hier genannt werden, denn durch ihre Verzichtleistung erwirbt<lb/>
Venedig die reiche Insel.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[34/0054]
Das Mittelmeerbecken.
Diplomaten, berühmter Reisenden (Marco Polo!) und Männer der
Wissenschaft.
Die Macht Venedigs konnte nur bei einem grossen Aufwande an
Intelligenz emporblühen.
Die bezaubernde Eigenart der Stadt, die noch heute ihresgleichen
sucht, liegt so recht in der historischen Entwicklung des Dogenreiches
selbst. Während die Stürme der Völkerwanderung den Continent ver-
heeren und das mächtige weströmische Reich vernichten, krystallisiren
sich die Flüchtlinge der zerstörten Städte Patavium, Altinum, Aqui-
leja u. a. auf den Lagunen zu einem Freistaat; wir finden die römische
Gesellschaft mit ihren gewaltigen Traditionen in diesem Verbande.
Den Lagunen haben die Colonisten zu danken, dass die Invasion der
Gothen, die Eroberung Italiens durch die Longobarden und Griechen
die Entwicklung ihres Staatswesens nicht zu stören vermochten und
ihr meerumgebenes Gebiet in der Zeit der grössten Bedrängniss das
einzige Asyl bildete, wo Friede, Sicherheit und Freiheit herrschten.
An der Wende zum VIII. Jahrhundert wird schon der erste
Doge genannt.
Die staatliche Ordnung ist gesichert und ein neues Culturleben
beginnt Glanz und Wärme auszustrahlen.
Aus Rialto, wohin 819 der Sitz der Regierung verlegt wurde,
entsteht, die inneren Wirren besiegend, das aufstrebende Venedig. Die
Heldenzeit der Kreuzzüge begünstigt den Aufschwung der Republik,
die unter dem Dogen Enrico Dandolo (1192—1205) nach der Eroberung
von Constantinopel und Theilung des byzantinischen Reiches einen
reichen Länderzuwachs, darunter die Ostküste der Adria, die Insel
Candia und anderen Besitz erhält.
Der fast zweihundertjährige erbitterte Kampf gegen die Schwester-
republik Genua bildet eine blutige Episode in der Geschichte Venedigs.
Die Demüthigung der Rivalin (1380) ist das Werk der tapferen
Flotte des Dogen Andrea Contarini.
Im XV. Jahrhundert feierte Venedig nicht nur unerwartete
politische Triumphe, auch sein Handel blüht, und die Metropole wächst
unter dem Betriebsfleisse von 200.000 Einwohnern zum Mittelpunkt
des Welthandels auf.
Catarina Cornaro, die schöne Gemahlin des Königs Jakob von
Cypern, die uns Meister Makart so blendend in Erinnerung brachte,
darf hier genannt werden, denn durch ihre Verzichtleistung erwirbt
Venedig die reiche Insel.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/54>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.