mächtigem Wogenschlag deren Fundamente umtost, während tödt- liche Starre und Oede aus den nackten Felswänden blickt.
Das Terrain an der südlichsten Spitze sowie der westliche Ab- hang des Berges verlaufen jedoch allmälig, und wenn man, westlich steuernd, die Punta Europa, welche auf hohem Thurme eine der schönsten Seeleuchten trägt, passirt hat und in die mächtige Bai von Gibraltar einfährt, bietet sich, wie im Gegensatze zur Starrheit der östlichen Wand, das anmuthige Bild der stets belebten Rhede und der malerisch an die sanfte Wand des Berges gelehnten Stadt dar.
Die Bai von Gibraltar, nach dem an ihrer Westseite liegen- den spanischen Städtchen Algeciras Bahia de Algeciras genannt, ist von fast unübersehbarer Ausdehnung, denn sie misst 8 Seemeilen von Ost nach West und 11 von Nord nach Süd. Grosse Tiefe, unguter Ankergrund lassen es kaum zu, die Bai als eine besonders gesicherte zu bezeichnen, und nur der Umstand, dass der 41/2 km lange Felsen von Gibraltar wie ein schützender Arm ihren östlichen Abschluss bildet und die Macht der vorherrschend östlichen Stürme, insbeson- dere aber die des hohen Seeganges bricht, sichert der Rhede von Gibraltar den Vorzug vor allen anderen Punkten der Bai.
An die Südspitze des Berges, nächst dem Leuchtthurme, lehnen sich gewaltige moderne fortificatorische Bauten an, die auch längs des ganzen Westsaumes weiter geführt sind und in den grandiosen in Felsen ausgehauenen hochsituirten Gallerien an der Nordseite einen Ab- schluss finden. Das englische Gebiet reicht noch auf den flachen Grund nördlich des Felsens etwa 800 m hinaus. Von da an beginnt der 600 m breite neutrale Grund, der Gibraltar vom spanischen Ge- biete trennt.
Ein niedriger Erdwall, "la Linea", der quer über die Landzunge läuft, bildet im Norden die Grenze des "neutralen Bodens".
Ein unbedeutendes, durch einen langen Molo geschütztes Re- gierungsarsenal mit Anlagen für militär-maritime Zwecke, und höher hinauf prächtige Regierungsgebäude für militärische und humanitäre Dienste nehmen den südlichen Theil der Uferlände in Anspruch, während die Stadt mehr an dem nördlichen sich entwickelt hat.
Gibraltar, unter 36° 7' nördl. B. und 5° 21' westl. L. v. Gr. (Arsenals-Molo), geniesst nicht das Glück, einen eigentlichen Hafen zu besitzen, und es ist fast zu wundern, wie der nicht unbedeutende Geschäftsverkehr auf der Rhede bewältigt werden kann, da gar keine Einrichtungen bestehen, die denselben erleichtern können.
Ueberdies ist dieser Verkehr dem strengen Festungsreglement
Das Mittelmeerbecken.
mächtigem Wogenschlag deren Fundamente umtost, während tödt- liche Starre und Oede aus den nackten Felswänden blickt.
Das Terrain an der südlichsten Spitze sowie der westliche Ab- hang des Berges verlaufen jedoch allmälig, und wenn man, westlich steuernd, die Punta Europa, welche auf hohem Thurme eine der schönsten Seeleuchten trägt, passirt hat und in die mächtige Bai von Gibraltar einfährt, bietet sich, wie im Gegensatze zur Starrheit der östlichen Wand, das anmuthige Bild der stets belebten Rhede und der malerisch an die sanfte Wand des Berges gelehnten Stadt dar.
Die Bai von Gibraltar, nach dem an ihrer Westseite liegen- den spanischen Städtchen Algeciras Bahia de Algeciras genannt, ist von fast unübersehbarer Ausdehnung, denn sie misst 8 Seemeilen von Ost nach West und 11 von Nord nach Süd. Grosse Tiefe, unguter Ankergrund lassen es kaum zu, die Bai als eine besonders gesicherte zu bezeichnen, und nur der Umstand, dass der 4½ km lange Felsen von Gibraltar wie ein schützender Arm ihren östlichen Abschluss bildet und die Macht der vorherrschend östlichen Stürme, insbeson- dere aber die des hohen Seeganges bricht, sichert der Rhede von Gibraltar den Vorzug vor allen anderen Punkten der Bai.
An die Südspitze des Berges, nächst dem Leuchtthurme, lehnen sich gewaltige moderne fortificatorische Bauten an, die auch längs des ganzen Westsaumes weiter geführt sind und in den grandiosen in Felsen ausgehauenen hochsituirten Gallerien an der Nordseite einen Ab- schluss finden. Das englische Gebiet reicht noch auf den flachen Grund nördlich des Felsens etwa 800 m hinaus. Von da an beginnt der 600 m breite neutrale Grund, der Gibraltar vom spanischen Ge- biete trennt.
Ein niedriger Erdwall, „la Linea“, der quer über die Landzunge läuft, bildet im Norden die Grenze des „neutralen Bodens“.
Ein unbedeutendes, durch einen langen Molo geschütztes Re- gierungsarsenal mit Anlagen für militär-maritime Zwecke, und höher hinauf prächtige Regierungsgebäude für militärische und humanitäre Dienste nehmen den südlichen Theil der Uferlände in Anspruch, während die Stadt mehr an dem nördlichen sich entwickelt hat.
Gibraltar, unter 36° 7′ nördl. B. und 5° 21′ westl. L. v. Gr. (Arsenals-Molo), geniesst nicht das Glück, einen eigentlichen Hafen zu besitzen, und es ist fast zu wundern, wie der nicht unbedeutende Geschäftsverkehr auf der Rhede bewältigt werden kann, da gar keine Einrichtungen bestehen, die denselben erleichtern können.
Ueberdies ist dieser Verkehr dem strengen Festungsreglement
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Das Mittelmeerbecken.
mächtigem Wogenschlag deren Fundamente umtost, während tödt-
liche Starre und Oede aus den nackten Felswänden blickt.
Das Terrain an der südlichsten Spitze sowie der westliche Ab-
hang des Berges verlaufen jedoch allmälig, und wenn man, westlich
steuernd, die Punta Europa, welche auf hohem Thurme eine der
schönsten Seeleuchten trägt, passirt hat und in die mächtige Bai
von Gibraltar einfährt, bietet sich, wie im Gegensatze zur Starrheit
der östlichen Wand, das anmuthige Bild der stets belebten Rhede und
der malerisch an die sanfte Wand des Berges gelehnten Stadt dar.
Die Bai von Gibraltar, nach dem an ihrer Westseite liegen-
den spanischen Städtchen Algeciras Bahia de Algeciras genannt, ist
von fast unübersehbarer Ausdehnung, denn sie misst 8 Seemeilen von
Ost nach West und 11 von Nord nach Süd. Grosse Tiefe, unguter
Ankergrund lassen es kaum zu, die Bai als eine besonders gesicherte
zu bezeichnen, und nur der Umstand, dass der 4½ km lange Felsen
von Gibraltar wie ein schützender Arm ihren östlichen Abschluss
bildet und die Macht der vorherrschend östlichen Stürme, insbeson-
dere aber die des hohen Seeganges bricht, sichert der Rhede von
Gibraltar den Vorzug vor allen anderen Punkten der Bai.
An die Südspitze des Berges, nächst dem Leuchtthurme, lehnen
sich gewaltige moderne fortificatorische Bauten an, die auch längs des
ganzen Westsaumes weiter geführt sind und in den grandiosen in Felsen
ausgehauenen hochsituirten Gallerien an der Nordseite einen Ab-
schluss finden. Das englische Gebiet reicht noch auf den flachen
Grund nördlich des Felsens etwa 800 m hinaus. Von da an beginnt
der 600 m breite neutrale Grund, der Gibraltar vom spanischen Ge-
biete trennt.
Ein niedriger Erdwall, „la Linea“, der quer über die Landzunge
läuft, bildet im Norden die Grenze des „neutralen Bodens“.
Ein unbedeutendes, durch einen langen Molo geschütztes Re-
gierungsarsenal mit Anlagen für militär-maritime Zwecke, und höher
hinauf prächtige Regierungsgebäude für militärische und humanitäre
Dienste nehmen den südlichen Theil der Uferlände in Anspruch,
während die Stadt mehr an dem nördlichen sich entwickelt hat.
Gibraltar, unter 36° 7′ nördl. B. und 5° 21′ westl. L. v. Gr.
(Arsenals-Molo), geniesst nicht das Glück, einen eigentlichen Hafen zu
besitzen, und es ist fast zu wundern, wie der nicht unbedeutende
Geschäftsverkehr auf der Rhede bewältigt werden kann, da gar
keine Einrichtungen bestehen, die denselben erleichtern können.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/504>, abgerufen am 22.11.2024.
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