Sie wird unterstützt durch eine zweite Bahnlinie, die westlich von ihr von Nimes an der Küstenbahn über die Cevennen und durch das Thal des Allier (Clermont) nach Paris zieht. Eine dritte, heute noch weniger wichtige Linie geht von Marseille direct nach Norden, über Grenoble und Chambery nach Genf, sie ist die Concurrenzlinie der künftigen Simplonbahn.
Aus diesen Verkehrslinien ergibt sich das Handelsgebiet des heutigen Marseille nach der Landseite hin. Mit Ausnahme des Ver- kehres nach den Ebenen Oberitaliens, der ihm durch Genua entzogen wurde, und den östlichen Alpenländern, welche Triest und Venedig be- herrschen, ist es noch derselbe, wie in den Zeiten des Alterthumes. Nach der Seeseite hin sind der Mittelmeerhandel und der Verkehr mit den französischen Colonien besonders hervorzuheben; die Aus- führung der von Marseille ausgehenden Seelinien wird diese Richtung des Verkehres genauer feststellen.
Heute aber ist Marseille nicht nur der grösste Hafenplatz Frank- reichs und einer der ersten von Europa, sondern auch eine grosse Fabriksstadt. Die Fabriksthätigkeit entwickelt sich wohl nicht in demselben Tempo wie der Handel, sie ist sogar seit Jahren fast stabil, aber ein grosser Theil des Handels beruht eben auf dieser ganz be- deutenden Industrie, welche 97 Seifenfabriken, 43 Oelfabriken, 77 Kunst- mühlen, 94 Pastefabriken, 52 Möbelfabriken, 16 Etablissements für den Schiffbau, das grosse Eisenwerk bei St. Louis, die Maschinenwerk- stätten der Mittelmeerbahn, eine grosse Tabakfabrik, zwei Zuckerraffi- nerien, Spritfabriken, chemische Fabriken, Seilereien, Lederfabriken umfasst.
Marseille und Havre sind Frankreichs wichtigste Einfuhrhäfen für Ge- treide. Für diesen Artikel ist Marseille einer der ersten Handelsplätze Europas, ein bedeutendes Centrum der Mühlenindustrie, und die Ernteberichte des dortigen Hauses Estienne, welche Ende August erscheinen und die ganze Welt umfassen sind äusserst werthvoll für den Statistiker.
Den Umfang des Getreideverkehrs zeigt die folgende Tabelle:
[Tabelle]
Ueber die Marseiller Bahnhöfe wurden 1888 5,362.700 q, 1887 3,505.130 q Getreide befördert.
51*
Marseille.
Sie wird unterstützt durch eine zweite Bahnlinie, die westlich von ihr von Nimes an der Küstenbahn über die Cevennen und durch das Thal des Allier (Clermont) nach Paris zieht. Eine dritte, heute noch weniger wichtige Linie geht von Marseille direct nach Norden, über Grenoble und Chambéry nach Genf, sie ist die Concurrenzlinie der künftigen Simplonbahn.
Aus diesen Verkehrslinien ergibt sich das Handelsgebiet des heutigen Marseille nach der Landseite hin. Mit Ausnahme des Ver- kehres nach den Ebenen Oberitaliens, der ihm durch Genua entzogen wurde, und den östlichen Alpenländern, welche Triest und Venedig be- herrschen, ist es noch derselbe, wie in den Zeiten des Alterthumes. Nach der Seeseite hin sind der Mittelmeerhandel und der Verkehr mit den französischen Colonien besonders hervorzuheben; die Aus- führung der von Marseille ausgehenden Seelinien wird diese Richtung des Verkehres genauer feststellen.
Heute aber ist Marseille nicht nur der grösste Hafenplatz Frank- reichs und einer der ersten von Europa, sondern auch eine grosse Fabriksstadt. Die Fabriksthätigkeit entwickelt sich wohl nicht in demselben Tempo wie der Handel, sie ist sogar seit Jahren fast stabil, aber ein grosser Theil des Handels beruht eben auf dieser ganz be- deutenden Industrie, welche 97 Seifenfabriken, 43 Oelfabriken, 77 Kunst- mühlen, 94 Pastefabriken, 52 Möbelfabriken, 16 Etablissements für den Schiffbau, das grosse Eisenwerk bei St. Louis, die Maschinenwerk- stätten der Mittelmeerbahn, eine grosse Tabakfabrik, zwei Zuckerraffi- nerien, Spritfabriken, chemische Fabriken, Seilereien, Lederfabriken umfasst.
Marseille und Hâvre sind Frankreichs wichtigste Einfuhrhäfen für Ge- treide. Für diesen Artikel ist Marseille einer der ersten Handelsplätze Europas, ein bedeutendes Centrum der Mühlenindustrie, und die Ernteberichte des dortigen Hauses Estienne, welche Ende August erscheinen und die ganze Welt umfassen sind äusserst werthvoll für den Statistiker.
Den Umfang des Getreideverkehrs zeigt die folgende Tabelle:
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Ueber die Marseiller Bahnhöfe wurden 1888 5,362.700 q, 1887 3,505.130 q Getreide befördert.
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Marseille.
Sie wird unterstützt durch eine zweite Bahnlinie, die westlich von
ihr von Nimes an der Küstenbahn über die Cevennen und durch das
Thal des Allier (Clermont) nach Paris zieht. Eine dritte, heute noch
weniger wichtige Linie geht von Marseille direct nach Norden, über
Grenoble und Chambéry nach Genf, sie ist die Concurrenzlinie der
künftigen Simplonbahn.
Aus diesen Verkehrslinien ergibt sich das Handelsgebiet des
heutigen Marseille nach der Landseite hin. Mit Ausnahme des Ver-
kehres nach den Ebenen Oberitaliens, der ihm durch Genua entzogen
wurde, und den östlichen Alpenländern, welche Triest und Venedig be-
herrschen, ist es noch derselbe, wie in den Zeiten des Alterthumes.
Nach der Seeseite hin sind der Mittelmeerhandel und der Verkehr
mit den französischen Colonien besonders hervorzuheben; die Aus-
führung der von Marseille ausgehenden Seelinien wird diese Richtung
des Verkehres genauer feststellen.
Heute aber ist Marseille nicht nur der grösste Hafenplatz Frank-
reichs und einer der ersten von Europa, sondern auch eine grosse
Fabriksstadt. Die Fabriksthätigkeit entwickelt sich wohl nicht in
demselben Tempo wie der Handel, sie ist sogar seit Jahren fast stabil,
aber ein grosser Theil des Handels beruht eben auf dieser ganz be-
deutenden Industrie, welche 97 Seifenfabriken, 43 Oelfabriken, 77 Kunst-
mühlen, 94 Pastefabriken, 52 Möbelfabriken, 16 Etablissements für den
Schiffbau, das grosse Eisenwerk bei St. Louis, die Maschinenwerk-
stätten der Mittelmeerbahn, eine grosse Tabakfabrik, zwei Zuckerraffi-
nerien, Spritfabriken, chemische Fabriken, Seilereien, Lederfabriken
umfasst.
Marseille und Hâvre sind Frankreichs wichtigste Einfuhrhäfen für Ge-
treide. Für diesen Artikel ist Marseille einer der ersten Handelsplätze Europas,
ein bedeutendes Centrum der Mühlenindustrie, und die Ernteberichte des dortigen
Hauses Estienne, welche Ende August erscheinen und die ganze Welt umfassen
sind äusserst werthvoll für den Statistiker.
Den Umfang des Getreideverkehrs zeigt die folgende Tabelle:
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Ueber die Marseiller Bahnhöfe wurden 1888 5,362.700 q, 1887 3,505.130 q
Getreide befördert.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/423>, abgerufen am 22.11.2024.
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