Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
Palermo.

Die Via Vittorio Emanuele erhält durch den schönen Corso
Calatafini eine Fortsetzung gegen die Südseite der Stadt; hieran
schliesst sich die Strasse nach dem schöngelegenen Monreale, einer
Stadt von 16.500 Einwohnern, dessen alte Kathedrale, wegen ihres
Reichthums an Kunstwerken, worunter die Mosaiken zu den umfang-
reichsten in Sicilien zählen, berühmt ist.

Die zweite Querstrasse Macqueda führt in nordwestlicher Rich-
tung in die schnurgerade Via della Liberta, die ein wahres Paradies
von Gärten, Villeggiaturen und prunkvollen Anlagen durchschneidet;
dort wogt das fesselnde Treiben der eleganten Welt, wie des lebens-
frohen Volkes.

Eine wahre Perle muss die wunderbare Promenade längs der
Marina am Meeresstrande genannt werden. Die breiten schattigen
Alleen derselben führen in den Park la Flora oder Villa Giulia, der
zu den schönsten und lieblichsten öffentlichen Gärten Italiens zählt
und im Jahre 1777 angelegt wurde. An die Flora grenzt der reiche
botanische Garten, der ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt
gerechnet werden darf.

Palermo ist der Sitz eines Erzbischofs, des Generals-Commandos
des 12. Armeecorps und des höchsten Gerichtshofes der Insel. Die
Universität ist eine der bedeutendsten Italiens. Hier befinden sich
ferner eine Handelskammer, eine königliche Ingenieurschule und die
höhere Schule für den Schwefelbergbau.

Reich an Kunstschätzen jeder Art, von welchen viele kostbare
im Museo nazionale bewahrt werden, trägt die von dem Zauber er-
lauchter Erinnerungen umgebene Stadt die stolzen Attribute histori-
scher Grösse, hoher cultureller, aber auch grosser commercieller Be-
deutung an sich.

Der überwiegend grösste Theil des Seeverkehrs vollzieht sich
in dem nördlich der Stadt angelegten neuen Hafen, kurzweg Porto
genannt, dessen für die grössten Schiffe ausreichende Wassertiefe durch
kostspielige Baggerungen erzielt wurde. Dort mündet die Stadtbahn,
welche, ausserhalb des Weichbildes von Palermo geführt, gleichzeitig
dem Personen- und Frachtenverkehr dient und die Verbindung der
Bahnen nach Ost und West herstellt. Der alte Hafen von Palermo,
die sogenannte Cola, dient der geringen Wassertiefe und des be-
schränkten Raumes wegen nur den kleineren Schiffen.

Die wirtschaftliche Lage Siciliens ist seit 1886 keine glückliche.
Vor dieser Zeit erfreute sich die Insel lange Zeit hindurch einer
regelmässigen Handelsbewegung; ruhig und stetig stützte sich der

Palermo.

Die Via Vittorio Emanuele erhält durch den schönen Corso
Calatafini eine Fortsetzung gegen die Südseite der Stadt; hieran
schliesst sich die Strasse nach dem schöngelegenen Monreale, einer
Stadt von 16.500 Einwohnern, dessen alte Kathedrale, wegen ihres
Reichthums an Kunstwerken, worunter die Mosaiken zu den umfang-
reichsten in Sicilien zählen, berühmt ist.

Die zweite Querstrasse Macqueda führt in nordwestlicher Rich-
tung in die schnurgerade Via della Libertà, die ein wahres Paradies
von Gärten, Villeggiaturen und prunkvollen Anlagen durchschneidet;
dort wogt das fesselnde Treiben der eleganten Welt, wie des lebens-
frohen Volkes.

Eine wahre Perle muss die wunderbare Promenade längs der
Marina am Meeresstrande genannt werden. Die breiten schattigen
Alleen derselben führen in den Park la Flora oder Villa Giulia, der
zu den schönsten und lieblichsten öffentlichen Gärten Italiens zählt
und im Jahre 1777 angelegt wurde. An die Flora grenzt der reiche
botanische Garten, der ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt
gerechnet werden darf.

Palermo ist der Sitz eines Erzbischofs, des Generals-Commandos
des 12. Armeecorps und des höchsten Gerichtshofes der Insel. Die
Universität ist eine der bedeutendsten Italiens. Hier befinden sich
ferner eine Handelskammer, eine königliche Ingenieurschule und die
höhere Schule für den Schwefelbergbau.

Reich an Kunstschätzen jeder Art, von welchen viele kostbare
im Museo nazionale bewahrt werden, trägt die von dem Zauber er-
lauchter Erinnerungen umgebene Stadt die stolzen Attribute histori-
scher Grösse, hoher cultureller, aber auch grosser commercieller Be-
deutung an sich.

Der überwiegend grösste Theil des Seeverkehrs vollzieht sich
in dem nördlich der Stadt angelegten neuen Hafen, kurzweg Porto
genannt, dessen für die grössten Schiffe ausreichende Wassertiefe durch
kostspielige Baggerungen erzielt wurde. Dort mündet die Stadtbahn,
welche, ausserhalb des Weichbildes von Palermo geführt, gleichzeitig
dem Personen- und Frachtenverkehr dient und die Verbindung der
Bahnen nach Ost und West herstellt. Der alte Hafen von Palermo,
die sogenannte Cola, dient der geringen Wassertiefe und des be-
schränkten Raumes wegen nur den kleineren Schiffen.

Die wirtschaftliche Lage Siciliens ist seit 1886 keine glückliche.
Vor dieser Zeit erfreute sich die Insel lange Zeit hindurch einer
regelmässigen Handelsbewegung; ruhig und stetig stützte sich der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0347" n="327"/>
          <fw place="top" type="header">Palermo.</fw><lb/>
          <p>Die Via Vittorio Emanuele erhält durch den schönen Corso<lb/>
Calatafini eine Fortsetzung gegen die Südseite der Stadt; hieran<lb/>
schliesst sich die Strasse nach dem schöngelegenen Monreale, einer<lb/>
Stadt von 16.500 Einwohnern, dessen alte Kathedrale, wegen ihres<lb/>
Reichthums an Kunstwerken, worunter die Mosaiken zu den umfang-<lb/>
reichsten in Sicilien zählen, berühmt ist.</p><lb/>
          <p>Die zweite Querstrasse Macqueda führt in nordwestlicher Rich-<lb/>
tung in die schnurgerade Via della Libertà, die ein wahres Paradies<lb/>
von Gärten, Villeggiaturen und prunkvollen Anlagen durchschneidet;<lb/>
dort wogt das fesselnde Treiben der eleganten Welt, wie des lebens-<lb/>
frohen Volkes.</p><lb/>
          <p>Eine wahre Perle muss die wunderbare Promenade längs der<lb/>
Marina am Meeresstrande genannt werden. Die breiten schattigen<lb/>
Alleen derselben führen in den Park la Flora oder Villa Giulia, der<lb/>
zu den schönsten und lieblichsten öffentlichen Gärten Italiens zählt<lb/>
und im Jahre 1777 angelegt wurde. An die Flora grenzt der reiche<lb/>
botanische Garten, der ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt<lb/>
gerechnet werden darf.</p><lb/>
          <p>Palermo ist der Sitz eines Erzbischofs, des Generals-Commandos<lb/>
des 12. Armeecorps und des höchsten Gerichtshofes der Insel. Die<lb/>
Universität ist eine der bedeutendsten Italiens. Hier befinden sich<lb/>
ferner eine Handelskammer, eine königliche Ingenieurschule und die<lb/>
höhere Schule für den Schwefelbergbau.</p><lb/>
          <p>Reich an Kunstschätzen jeder Art, von welchen viele kostbare<lb/>
im Museo nazionale bewahrt werden, trägt die von dem Zauber er-<lb/>
lauchter Erinnerungen umgebene Stadt die stolzen Attribute histori-<lb/>
scher Grösse, hoher cultureller, aber auch grosser commercieller Be-<lb/>
deutung an sich.</p><lb/>
          <p>Der überwiegend grösste Theil des Seeverkehrs vollzieht sich<lb/>
in dem nördlich der Stadt angelegten neuen Hafen, kurzweg Porto<lb/>
genannt, dessen für die grössten Schiffe ausreichende Wassertiefe durch<lb/>
kostspielige Baggerungen erzielt wurde. Dort mündet die Stadtbahn,<lb/>
welche, ausserhalb des Weichbildes von Palermo geführt, gleichzeitig<lb/>
dem Personen- und Frachtenverkehr dient und die Verbindung der<lb/>
Bahnen nach Ost und West herstellt. Der alte Hafen von Palermo,<lb/>
die sogenannte Cola, dient der geringen Wassertiefe und des be-<lb/>
schränkten Raumes wegen nur den kleineren Schiffen.</p><lb/>
          <p>Die wirtschaftliche Lage Siciliens ist seit 1886 keine glückliche.<lb/>
Vor dieser Zeit erfreute sich die Insel lange Zeit hindurch einer<lb/>
regelmässigen Handelsbewegung; ruhig und stetig stützte sich der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0347] Palermo. Die Via Vittorio Emanuele erhält durch den schönen Corso Calatafini eine Fortsetzung gegen die Südseite der Stadt; hieran schliesst sich die Strasse nach dem schöngelegenen Monreale, einer Stadt von 16.500 Einwohnern, dessen alte Kathedrale, wegen ihres Reichthums an Kunstwerken, worunter die Mosaiken zu den umfang- reichsten in Sicilien zählen, berühmt ist. Die zweite Querstrasse Macqueda führt in nordwestlicher Rich- tung in die schnurgerade Via della Libertà, die ein wahres Paradies von Gärten, Villeggiaturen und prunkvollen Anlagen durchschneidet; dort wogt das fesselnde Treiben der eleganten Welt, wie des lebens- frohen Volkes. Eine wahre Perle muss die wunderbare Promenade längs der Marina am Meeresstrande genannt werden. Die breiten schattigen Alleen derselben führen in den Park la Flora oder Villa Giulia, der zu den schönsten und lieblichsten öffentlichen Gärten Italiens zählt und im Jahre 1777 angelegt wurde. An die Flora grenzt der reiche botanische Garten, der ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gerechnet werden darf. Palermo ist der Sitz eines Erzbischofs, des Generals-Commandos des 12. Armeecorps und des höchsten Gerichtshofes der Insel. Die Universität ist eine der bedeutendsten Italiens. Hier befinden sich ferner eine Handelskammer, eine königliche Ingenieurschule und die höhere Schule für den Schwefelbergbau. Reich an Kunstschätzen jeder Art, von welchen viele kostbare im Museo nazionale bewahrt werden, trägt die von dem Zauber er- lauchter Erinnerungen umgebene Stadt die stolzen Attribute histori- scher Grösse, hoher cultureller, aber auch grosser commercieller Be- deutung an sich. Der überwiegend grösste Theil des Seeverkehrs vollzieht sich in dem nördlich der Stadt angelegten neuen Hafen, kurzweg Porto genannt, dessen für die grössten Schiffe ausreichende Wassertiefe durch kostspielige Baggerungen erzielt wurde. Dort mündet die Stadtbahn, welche, ausserhalb des Weichbildes von Palermo geführt, gleichzeitig dem Personen- und Frachtenverkehr dient und die Verbindung der Bahnen nach Ost und West herstellt. Der alte Hafen von Palermo, die sogenannte Cola, dient der geringen Wassertiefe und des be- schränkten Raumes wegen nur den kleineren Schiffen. Die wirtschaftliche Lage Siciliens ist seit 1886 keine glückliche. Vor dieser Zeit erfreute sich die Insel lange Zeit hindurch einer regelmässigen Handelsbewegung; ruhig und stetig stützte sich der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/347
Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/347>, abgerufen am 24.11.2024.