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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Tunis.
vielbesuchten Ausflugsort der Bevölkerung von Tunis. La Manuba ist
die erste Station der Eisenbahn nach Algier. Tunis zählt ungefähr
150.000 Einwohner, von welchen etwa 35.000 Juden sind und 30.000
den verschiedenen europäischen Nationen, hauptsächlich den Italienern,
Maltesern, Griechen und Franzosen, angehören. Das Gros der Bevölkerung
bilden Araber, Mauren, Berber und Neger.

Die französische Verwaltung des Landes hat sich bisher mit
anerkennenswerther Energie der Hebung der vielfach verwahrlosten
Verhältnisse angenommen und kann bereits auf schöne Erfolge hin-
weisen. So hat sich seit 1883 bis 1889 die Zahl der französischen
Schulen in Tunis von 27 auf 67 gehoben, und weisen die Register
des Jahres 1889 9494 Schüler europäischer und 1765 solche tunesischer
Abkunft (gegenüber von 150 Tunesen im Jahre 1883) aus. Die Alliance
Israelite unterhält eine französische Schule mit 1200 Schülern, von
welchen 800 armen Familien angehörende auch Kost und Kleidung
erhalten.

Seit der Schutzherrschaft Frankreichs bietet die Stadt Tunis in
jeder Beziehung das Bild des Fortschrittes; die Entstehung eines
neuen europäischen Viertels, die Ausbesserung der Strassen, die Ein-
führung von Tramway-Linien durch eine belgische Gesellschaft, die
Erbauu[n]g von Localbahnen sind Beweise dafür.

Gegenwärtig ist das Project, einen Schiffahrtscanal von Goletta
nach Tunis und einen geschützten Hafen bei Goletta herzustellen, in
Ausführung begriffen. Die Arbeiten wurden der Societe des Batignolles
übertragen und sollen im Jahre 1892 beendigt sein. Durch den Bahira-
See führt zwar bereits ein Canal von 8 km Länge, der aber versandet
ist und an einzelnen Strecken kaum 2 m Wasser Tiefe hat. Nach
Herstellung der Arbeiten werden die Seedampfer unmittelbar am Quai
von Tunis anlegen können.

Der Bahira-See ist ein seichtes Haff, das bei Goletta mit
dem Meere in Verbindung steht. Er ist der Tummelplatz grosser
Schaaren von Wasservögeln, namentlich Pelikanen, Schwänen und
herrlichen Flamingos. Auf der Insel Schickli erhebt sich die von
Karl V. erbaute Burg, allwo noch eine mit Blei ausgegossene Cysterne
zu sehen ist.

Ueber Goletta (französisch La Goulette), dessen Leuchtfeuer unter
36° 48' nördl. Breite und 10° 18' öst. Länge v. Gr. liegt, ist nur wenig
zu sagen. Das Städtchen zählt kaum 3500 Einwohner und ist seiner
gemässigten Sommertemperatur und prächtigen Seebäder wegen von
den Tunesen gerne besucht. Ein schöner Kranz von Villen ist am

Tunis.
vielbesuchten Ausflugsort der Bevölkerung von Tunis. La Manuba ist
die erste Station der Eisenbahn nach Algier. Tunis zählt ungefähr
150.000 Einwohner, von welchen etwa 35.000 Juden sind und 30.000
den verschiedenen europäischen Nationen, hauptsächlich den Italienern,
Maltesern, Griechen und Franzosen, angehören. Das Gros der Bevölkerung
bilden Araber, Mauren, Berber und Neger.

Die französische Verwaltung des Landes hat sich bisher mit
anerkennenswerther Energie der Hebung der vielfach verwahrlosten
Verhältnisse angenommen und kann bereits auf schöne Erfolge hin-
weisen. So hat sich seit 1883 bis 1889 die Zahl der französischen
Schulen in Tunis von 27 auf 67 gehoben, und weisen die Register
des Jahres 1889 9494 Schüler europäischer und 1765 solche tunesischer
Abkunft (gegenüber von 150 Tunesen im Jahre 1883) aus. Die Alliance
Israélite unterhält eine französische Schule mit 1200 Schülern, von
welchen 800 armen Familien angehörende auch Kost und Kleidung
erhalten.

Seit der Schutzherrschaft Frankreichs bietet die Stadt Tunis in
jeder Beziehung das Bild des Fortschrittes; die Entstehung eines
neuen europäischen Viertels, die Ausbesserung der Strassen, die Ein-
führung von Tramway-Linien durch eine belgische Gesellschaft, die
Erbauu[n]g von Localbahnen sind Beweise dafür.

Gegenwärtig ist das Project, einen Schiffahrtscanal von Goletta
nach Tunis und einen geschützten Hafen bei Goletta herzustellen, in
Ausführung begriffen. Die Arbeiten wurden der Société des Batignolles
übertragen und sollen im Jahre 1892 beendigt sein. Durch den Bahira-
See führt zwar bereits ein Canal von 8 km Länge, der aber versandet
ist und an einzelnen Strecken kaum 2 m Wasser Tiefe hat. Nach
Herstellung der Arbeiten werden die Seedampfer unmittelbar am Quai
von Tunis anlegen können.

Der Bahira-See ist ein seichtes Haff, das bei Goletta mit
dem Meere in Verbindung steht. Er ist der Tummelplatz grosser
Schaaren von Wasservögeln, namentlich Pelikanen, Schwänen und
herrlichen Flamingos. Auf der Insel Schickli erhebt sich die von
Karl V. erbaute Burg, allwo noch eine mit Blei ausgegossene Cysterne
zu sehen ist.

Ueber Goletta (französisch La Goulette), dessen Leuchtfeuer unter
36° 48′ nördl. Breite und 10° 18′ öst. Länge v. Gr. liegt, ist nur wenig
zu sagen. Das Städtchen zählt kaum 3500 Einwohner und ist seiner
gemässigten Sommertemperatur und prächtigen Seebäder wegen von
den Tunesen gerne besucht. Ein schöner Kranz von Villen ist am

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[303/0323] Tunis. vielbesuchten Ausflugsort der Bevölkerung von Tunis. La Manuba ist die erste Station der Eisenbahn nach Algier. Tunis zählt ungefähr 150.000 Einwohner, von welchen etwa 35.000 Juden sind und 30.000 den verschiedenen europäischen Nationen, hauptsächlich den Italienern, Maltesern, Griechen und Franzosen, angehören. Das Gros der Bevölkerung bilden Araber, Mauren, Berber und Neger. Die französische Verwaltung des Landes hat sich bisher mit anerkennenswerther Energie der Hebung der vielfach verwahrlosten Verhältnisse angenommen und kann bereits auf schöne Erfolge hin- weisen. So hat sich seit 1883 bis 1889 die Zahl der französischen Schulen in Tunis von 27 auf 67 gehoben, und weisen die Register des Jahres 1889 9494 Schüler europäischer und 1765 solche tunesischer Abkunft (gegenüber von 150 Tunesen im Jahre 1883) aus. Die Alliance Israélite unterhält eine französische Schule mit 1200 Schülern, von welchen 800 armen Familien angehörende auch Kost und Kleidung erhalten. Seit der Schutzherrschaft Frankreichs bietet die Stadt Tunis in jeder Beziehung das Bild des Fortschrittes; die Entstehung eines neuen europäischen Viertels, die Ausbesserung der Strassen, die Ein- führung von Tramway-Linien durch eine belgische Gesellschaft, die Erbauung von Localbahnen sind Beweise dafür. Gegenwärtig ist das Project, einen Schiffahrtscanal von Goletta nach Tunis und einen geschützten Hafen bei Goletta herzustellen, in Ausführung begriffen. Die Arbeiten wurden der Société des Batignolles übertragen und sollen im Jahre 1892 beendigt sein. Durch den Bahira- See führt zwar bereits ein Canal von 8 km Länge, der aber versandet ist und an einzelnen Strecken kaum 2 m Wasser Tiefe hat. Nach Herstellung der Arbeiten werden die Seedampfer unmittelbar am Quai von Tunis anlegen können. Der Bahira-See ist ein seichtes Haff, das bei Goletta mit dem Meere in Verbindung steht. Er ist der Tummelplatz grosser Schaaren von Wasservögeln, namentlich Pelikanen, Schwänen und herrlichen Flamingos. Auf der Insel Schickli erhebt sich die von Karl V. erbaute Burg, allwo noch eine mit Blei ausgegossene Cysterne zu sehen ist. Ueber Goletta (französisch La Goulette), dessen Leuchtfeuer unter 36° 48′ nördl. Breite und 10° 18′ öst. Länge v. Gr. liegt, ist nur wenig zu sagen. Das Städtchen zählt kaum 3500 Einwohner und ist seiner gemässigten Sommertemperatur und prächtigen Seebäder wegen von den Tunesen gerne besucht. Ein schöner Kranz von Villen ist am

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/323>, abgerufen am 24.11.2024.