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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
Gewürzen, namentlich der mit Pfeffer, die kürzeste Route über Egypten
auf. Erst als der Seeweg um Afrika gefunden war und die vier
portugiesischen Schiffe Vasco da Gama's am 20. Mai 1498 vor Calicut
ihre Anker auswarfen, brach die Schlusskatastrophe über Alexandria
herein.

In wenigen Jahren vernichteten die Portugiesen die Seeherrschaft
der Araber, welche den Handel Indiens mit Egypten vermittelt hatten,
Gewürze, Seide und Baumwolle gingen ums Cap der guten Hoffnung
nach Europa. Erst die Expedition Napoleon's nach Egypten am Ende
des vorigen Jahrhundertes rückte den uralten Handelsweg über
Egypten wieder in den Vordergrund. Die Herrscher Egyptens erkannten
allmälig die Stellung, welche ihrem Lande im Welthandel durch die
geographische Lage vorgeschrieben war, und die Erfindung der Dampf-
schiffahrt durch Foulton machte es möglich, durch das bei der Segel-
schiffahrt arg verrufene Rothe Meer ohne Aufenthalt zu fahren.

Dem Engländer Waghorn gebührt das Verdienst, einen regel-
mässigen Verkehr zwischen Indien und Europa über Egypten zuerst
wieder angeregt zu haben. Aber 1830 verhielt sich die Präsident-
schaft von Bombay noch ablehnend gegen das Project und erst im
Jahre 1838 kam es zu einer regelmässigen monatlichen Verbindung
mittelst Dampfern zwischen Bombay und Suez. Von hier ging die
Fahrt auf zweiräderigen Karren an den Nil; nur nach langjährigen
Bemühungen erhielt Waghorn die Geldmittel, welche ihn in den
Besitz eines Schleppdampfers brachten, und die regelmässigen Linien
der englischen Dampfer wurden endlich von Malta bis Alexandria
ausgedehnt. Erst das Jahr 1855 brachte den ganzen indischen Ueber-
landverkehr in die Hände der Peninsular and Oriental Company, im
Jänner 1856 wurde die Bahn von Alexandria bis Kairo (211 km) und
später die Linie von dort bis Suez eröffnet. Der Ueberlandverkehr liess
nun an Regelmässigkeit und Sicherheit nichts mehr zu wünschen
übrig, und Alexandria war für Briefe und für werthvolle Güter wieder
ein Hauptpunkt des Weltverkehrs, doch nur für kurze Zeit. Denn der
oben geschilderte Ausbau des Suez-Canals hat seit dem 1. März 1887
den internationalen Verkehr dauernd von Alexandria abgelenkt. Dieser
Canal macht Egypten zu einem Transitolande, welches am Transitohandel
keinen weiteren Antheil hat, als einen rein geographischen. Der Khalife
Al Mansur, der im VIII. Jahrhundert den Trajansgraben verschütten
liess, handelte mit Ueberlegung. Und was war jener Canal verglichen
mit dem des Lesseps, was der damalige Welthandel im Vergleiche zu
dem unserer Tage! Heute hat Alexandria nur Werth für den Handel

Das Mittelmeerbecken.
Gewürzen, namentlich der mit Pfeffer, die kürzeste Route über Egypten
auf. Erst als der Seeweg um Afrika gefunden war und die vier
portugiesischen Schiffe Vasco da Gama’s am 20. Mai 1498 vor Calicut
ihre Anker auswarfen, brach die Schlusskatastrophe über Alexandria
herein.

In wenigen Jahren vernichteten die Portugiesen die Seeherrschaft
der Araber, welche den Handel Indiens mit Egypten vermittelt hatten,
Gewürze, Seide und Baumwolle gingen ums Cap der guten Hoffnung
nach Europa. Erst die Expedition Napoleon’s nach Egypten am Ende
des vorigen Jahrhundertes rückte den uralten Handelsweg über
Egypten wieder in den Vordergrund. Die Herrscher Egyptens erkannten
allmälig die Stellung, welche ihrem Lande im Welthandel durch die
geographische Lage vorgeschrieben war, und die Erfindung der Dampf-
schiffahrt durch Foulton machte es möglich, durch das bei der Segel-
schiffahrt arg verrufene Rothe Meer ohne Aufenthalt zu fahren.

Dem Engländer Waghorn gebührt das Verdienst, einen regel-
mässigen Verkehr zwischen Indien und Europa über Egypten zuerst
wieder angeregt zu haben. Aber 1830 verhielt sich die Präsident-
schaft von Bombay noch ablehnend gegen das Project und erst im
Jahre 1838 kam es zu einer regelmässigen monatlichen Verbindung
mittelst Dampfern zwischen Bombay und Suez. Von hier ging die
Fahrt auf zweiräderigen Karren an den Nil; nur nach langjährigen
Bemühungen erhielt Waghorn die Geldmittel, welche ihn in den
Besitz eines Schleppdampfers brachten, und die regelmässigen Linien
der englischen Dampfer wurden endlich von Malta bis Alexandria
ausgedehnt. Erst das Jahr 1855 brachte den ganzen indischen Ueber-
landverkehr in die Hände der Peninsular and Oriental Company, im
Jänner 1856 wurde die Bahn von Alexandria bis Kairo (211 km) und
später die Linie von dort bis Suez eröffnet. Der Ueberlandverkehr liess
nun an Regelmässigkeit und Sicherheit nichts mehr zu wünschen
übrig, und Alexandria war für Briefe und für werthvolle Güter wieder
ein Hauptpunkt des Weltverkehrs, doch nur für kurze Zeit. Denn der
oben geschilderte Ausbau des Suez-Canals hat seit dem 1. März 1887
den internationalen Verkehr dauernd von Alexandria abgelenkt. Dieser
Canal macht Egypten zu einem Transitolande, welches am Transitohandel
keinen weiteren Antheil hat, als einen rein geographischen. Der Khalife
Al Mansur, der im VIII. Jahrhundert den Trajansgraben verschütten
liess, handelte mit Ueberlegung. Und was war jener Canal verglichen
mit dem des Lesseps, was der damalige Welthandel im Vergleiche zu
dem unserer Tage! Heute hat Alexandria nur Werth für den Handel

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[286/0306] Das Mittelmeerbecken. Gewürzen, namentlich der mit Pfeffer, die kürzeste Route über Egypten auf. Erst als der Seeweg um Afrika gefunden war und die vier portugiesischen Schiffe Vasco da Gama’s am 20. Mai 1498 vor Calicut ihre Anker auswarfen, brach die Schlusskatastrophe über Alexandria herein. In wenigen Jahren vernichteten die Portugiesen die Seeherrschaft der Araber, welche den Handel Indiens mit Egypten vermittelt hatten, Gewürze, Seide und Baumwolle gingen ums Cap der guten Hoffnung nach Europa. Erst die Expedition Napoleon’s nach Egypten am Ende des vorigen Jahrhundertes rückte den uralten Handelsweg über Egypten wieder in den Vordergrund. Die Herrscher Egyptens erkannten allmälig die Stellung, welche ihrem Lande im Welthandel durch die geographische Lage vorgeschrieben war, und die Erfindung der Dampf- schiffahrt durch Foulton machte es möglich, durch das bei der Segel- schiffahrt arg verrufene Rothe Meer ohne Aufenthalt zu fahren. Dem Engländer Waghorn gebührt das Verdienst, einen regel- mässigen Verkehr zwischen Indien und Europa über Egypten zuerst wieder angeregt zu haben. Aber 1830 verhielt sich die Präsident- schaft von Bombay noch ablehnend gegen das Project und erst im Jahre 1838 kam es zu einer regelmässigen monatlichen Verbindung mittelst Dampfern zwischen Bombay und Suez. Von hier ging die Fahrt auf zweiräderigen Karren an den Nil; nur nach langjährigen Bemühungen erhielt Waghorn die Geldmittel, welche ihn in den Besitz eines Schleppdampfers brachten, und die regelmässigen Linien der englischen Dampfer wurden endlich von Malta bis Alexandria ausgedehnt. Erst das Jahr 1855 brachte den ganzen indischen Ueber- landverkehr in die Hände der Peninsular and Oriental Company, im Jänner 1856 wurde die Bahn von Alexandria bis Kairo (211 km) und später die Linie von dort bis Suez eröffnet. Der Ueberlandverkehr liess nun an Regelmässigkeit und Sicherheit nichts mehr zu wünschen übrig, und Alexandria war für Briefe und für werthvolle Güter wieder ein Hauptpunkt des Weltverkehrs, doch nur für kurze Zeit. Denn der oben geschilderte Ausbau des Suez-Canals hat seit dem 1. März 1887 den internationalen Verkehr dauernd von Alexandria abgelenkt. Dieser Canal macht Egypten zu einem Transitolande, welches am Transitohandel keinen weiteren Antheil hat, als einen rein geographischen. Der Khalife Al Mansur, der im VIII. Jahrhundert den Trajansgraben verschütten liess, handelte mit Ueberlegung. Und was war jener Canal verglichen mit dem des Lesseps, was der damalige Welthandel im Vergleiche zu dem unserer Tage! Heute hat Alexandria nur Werth für den Handel

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/306>, abgerufen am 17.05.2024.