Gehen wir nun weiter nach Süden. Die berühmten Ausgangs- punkte des alten phönikischen Welthandels Saida (Sidon) und Sur (Tyrus) werden heute nicht einmal von einer Postdampferlinie ange- laufen. Der grösste Theil des Hafenbeckens von Saida ist so seicht, dass die Kinder darin herumwaten. Die alten Molos sind zerstört und die wenigen kleinen Schiffe, die sie benützen können, finden keinen Schutz mehr gegen die Westwinde.
Sur ist ein dürftiges Städtchen von 6000 Einwohnern, seinen einstigen alten Hafen bedeckt üppiges Gartenland, eine Oase in der sandigen Umgebung.
Viel wichtiger sind Akka (Akre), der beste natürliche Hafen Palästinas, und Haiffa als Ausfuhrplätze für Weizen und Dari (Werth 1888 12 Millionen Francs). In Haiffa besteht seit 1869 eine Colonie des deutschen Tempelvereines, sie ist zugleich eine Musteranstalt für den Ackerbau, der in diesen Gegenden sehr primitiv betrieben wird.
Jenseits des steilen Caps Carmel folgt die geradlinige, langge- streckte, hafenlose, jetzt verödete Küste Palästinas und des Philister- landes, deren einziger Hafenplatz Jaffa (Joppe) der Hafen von Jeru- salem ist. Ungeheuere, grösstentheils über Wasser reichende Felsklippen umkränzen das Bassin des Hafens, an dessen schmaler Einfahrt die Matrosen alle Kräfte anstrengen müssen, um durch dieselbe ihr Boot in das ruhige Binnenwasser zu lenken. Grössere Fahrzeuge können sich diesem sogenannten Hafen von Jaffa nicht nähern, sie müssen weit draussen auf der Rhede bleiben; selbst Dampfer sind bei stürmischer See nicht im Stande, die Ausladung in die Lichterschiffe zu vollziehen, sie müssen weiter zum nächsten Hafen. Und ein so elender Hafenplatz bildet den Eingang zu den heiligen Stätten Palä- stinas, welche jährlich 80.000 Pilger besuchen. Die Trace der 1869 vollendeten Strasse nach Jerusalem war schlecht gewählt, erst 1887 wurde der Weg wesentlich verbessert. Das Fahrgeld auf dieser 67 km langen Strecke beträgt für die Person 7 Francs. Die Errichtung einer Eisenbahn wurde schon wiederholt geplant. Auch hier ist eine blü- hende Colonie des Tempelvereines, eine jüdische Ackerbauschule
Das Mittelmeerbecken.
Arbeiten zur Verbesserung des Hafens, auf den man grosse Hoffnungen setzt, wurden im Frühjahre 1889 vergeben.
Die telegraphische Verbindung ist durch eine Küstenlinie nach Norden und Süden hergestellt.
Gehen wir nun weiter nach Süden. Die berühmten Ausgangs- punkte des alten phönikischen Welthandels Saida (Sidon) und Sur (Tyrus) werden heute nicht einmal von einer Postdampferlinie ange- laufen. Der grösste Theil des Hafenbeckens von Saida ist so seicht, dass die Kinder darin herumwaten. Die alten Molos sind zerstört und die wenigen kleinen Schiffe, die sie benützen können, finden keinen Schutz mehr gegen die Westwinde.
Sur ist ein dürftiges Städtchen von 6000 Einwohnern, seinen einstigen alten Hafen bedeckt üppiges Gartenland, eine Oase in der sandigen Umgebung.
Viel wichtiger sind Akka (Akre), der beste natürliche Hafen Palästinas, und Haiffa als Ausfuhrplätze für Weizen und Dari (Werth 1888 12 Millionen Francs). In Haiffa besteht seit 1869 eine Colonie des deutschen Tempelvereines, sie ist zugleich eine Musteranstalt für den Ackerbau, der in diesen Gegenden sehr primitiv betrieben wird.
Jenseits des steilen Caps Carmel folgt die geradlinige, langge- streckte, hafenlose, jetzt verödete Küste Palästinas und des Philister- landes, deren einziger Hafenplatz Jaffa (Joppe) der Hafen von Jeru- salem ist. Ungeheuere, grösstentheils über Wasser reichende Felsklippen umkränzen das Bassin des Hafens, an dessen schmaler Einfahrt die Matrosen alle Kräfte anstrengen müssen, um durch dieselbe ihr Boot in das ruhige Binnenwasser zu lenken. Grössere Fahrzeuge können sich diesem sogenannten Hafen von Jaffa nicht nähern, sie müssen weit draussen auf der Rhede bleiben; selbst Dampfer sind bei stürmischer See nicht im Stande, die Ausladung in die Lichterschiffe zu vollziehen, sie müssen weiter zum nächsten Hafen. Und ein so elender Hafenplatz bildet den Eingang zu den heiligen Stätten Palä- stinas, welche jährlich 80.000 Pilger besuchen. Die Trace der 1869 vollendeten Strasse nach Jerusalem war schlecht gewählt, erst 1887 wurde der Weg wesentlich verbessert. Das Fahrgeld auf dieser 67 km langen Strecke beträgt für die Person 7 Francs. Die Errichtung einer Eisenbahn wurde schon wiederholt geplant. Auch hier ist eine blü- hende Colonie des Tempelvereines, eine jüdische Ackerbauschule
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Das Mittelmeerbecken.
Arbeiten zur Verbesserung des Hafens, auf den man grosse Hoffnungen
setzt, wurden im Frühjahre 1889 vergeben.
Die telegraphische Verbindung ist durch eine Küstenlinie nach Norden und
Süden hergestellt.
Consulate haben hier: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutsches Reich
(G.-C.), Frankreich (G.-C.), Griechenland (G.-C.), Grossbritannien (G.-C.), Italien
(G.-C.), Niederlande, Oesterreich-Ungarn (G.-C.), Persien, Portugal, Rumänien,
Russland, Schweden, Norwegen, Spanien, Vereinigte Staaten.
Gehen wir nun weiter nach Süden. Die berühmten Ausgangs-
punkte des alten phönikischen Welthandels Saida (Sidon) und Sur
(Tyrus) werden heute nicht einmal von einer Postdampferlinie ange-
laufen. Der grösste Theil des Hafenbeckens von Saida ist so seicht,
dass die Kinder darin herumwaten. Die alten Molos sind zerstört und
die wenigen kleinen Schiffe, die sie benützen können, finden keinen
Schutz mehr gegen die Westwinde.
Sur ist ein dürftiges Städtchen von 6000 Einwohnern, seinen
einstigen alten Hafen bedeckt üppiges Gartenland, eine Oase in der
sandigen Umgebung.
Viel wichtiger sind Akka (Akre), der beste natürliche Hafen
Palästinas, und Haiffa als Ausfuhrplätze für Weizen und Dari (Werth
1888 12 Millionen Francs). In Haiffa besteht seit 1869 eine Colonie
des deutschen Tempelvereines, sie ist zugleich eine Musteranstalt für
den Ackerbau, der in diesen Gegenden sehr primitiv betrieben wird.
Jenseits des steilen Caps Carmel folgt die geradlinige, langge-
streckte, hafenlose, jetzt verödete Küste Palästinas und des Philister-
landes, deren einziger Hafenplatz Jaffa (Joppe) der Hafen von Jeru-
salem ist. Ungeheuere, grösstentheils über Wasser reichende Felsklippen
umkränzen das Bassin des Hafens, an dessen schmaler Einfahrt die
Matrosen alle Kräfte anstrengen müssen, um durch dieselbe ihr
Boot in das ruhige Binnenwasser zu lenken. Grössere Fahrzeuge
können sich diesem sogenannten Hafen von Jaffa nicht nähern, sie
müssen weit draussen auf der Rhede bleiben; selbst Dampfer sind bei
stürmischer See nicht im Stande, die Ausladung in die Lichterschiffe
zu vollziehen, sie müssen weiter zum nächsten Hafen. Und ein so
elender Hafenplatz bildet den Eingang zu den heiligen Stätten Palä-
stinas, welche jährlich 80.000 Pilger besuchen. Die Trace der 1869
vollendeten Strasse nach Jerusalem war schlecht gewählt, erst 1887
wurde der Weg wesentlich verbessert. Das Fahrgeld auf dieser 67 km
langen Strecke beträgt für die Person 7 Francs. Die Errichtung einer
Eisenbahn wurde schon wiederholt geplant. Auch hier ist eine blü-
hende Colonie des Tempelvereines, eine jüdische Ackerbauschule
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/272>, abgerufen am 22.11.2024.
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