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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
traten den Heimweg an. Dieser Tag endete so schön als er begonnen
hatte, mit einer Fülle herrlicher Eindrücke."

"7. März. -- Die Stunden bis zu dem Diner benützten die
Herren zu einem Jagdausfluge, bei welchem sie von dem Wetter sehr
begünstigt waren. Wir Damen und einige der Herren als Begleitung
setzten die Besichtigung der Stadt fort. Zuerst frühstückten wir ge-
meinsam, dann beschäftigte sich jeder auf seine Art. Die Corre-
spondenzen wurden erledigt, jedoch mit vielen Unterbrechungen und
Zerstreuungen. Wir wurden dann auf den Balcon gerufen, um die vor-
überziehenden zwei Beduinenstämme zu sehen, welche eigens aus ihrer
Heimat gekommen waren. Auf kleinen, mageren, aber schnellen Pfer-
den waren sie beritten und begannen nun eine ,Phantasia' aufzuführen,
welche allmälig einen leidenschaftlichen Charakter annahm. Während
sie gegen einander anrückten, stürzte plötzlich einer ihrer Anführer
und kurz darauf fiel ein Pistolenschuss. Dies genügte, um unter ihnen
einen lebhaften Streit anzufachen, welcher gewiss ernste Folgen nach
ich gezogen hätte, wenn nicht türkische Soldaten und Polizisten ein-
geschritten wären. Bei dergleichen Kampfspielen entwickeln Reiter
und Pferde eine bewunderungswürdige Geschicklichkeit. Im tollsten
Kampfe, von Zeit zu Zeit Schreie ausstossend, jagt einer von dem
anderen verfolgt über die unebene Fläche, durch kühne Manöver dem
nahenden Feinde ausweichend, ohne die Gangart des Pferdes zu
mässigen. Die Flinte von der Schulter reissend, um sie auf den Ver-
folgenden abzufeuern, aber von diesem eingeholt, wendet er sein Pferd
auf dem Fleck und greift nun seinerseits den Gegner an. Dann trennen
und ordnen sich die Reiter und von neuem beginnt das kühne Spiel.
Es war ein Vergnügen, die schönen Pferde zu beobachten, wie sie
schnaubend und mit weit geöffneten Nüstern dahinflogen. Die Klei-
dung dieser Beduinen besteht meistens in einem grauen, blauen oder
weissen Untergewande, das bis über die Knie reichend, in der Taille
durch einen Ledergurt gehalten wird und weite, lang herabhängende
Aermel hat. Bei dem Anführer ist dieses Gewand roth und weiss.
Darüber kommt eine Art Burnus, ,Abaje' genannt, welche aus wolle-
nem, meist weiss und braun gestreiftem Zeug gefertigt und mit Ka-
puze versehen ist. Auf dem Kopfe ist ein einfaches dunkelfärbiges,
gelbes oder braunes Tuch, ,Kuffieh', geworfen, welches mit einer dop-
pelten Schnur aus Kameelhaaren befestigt wird und die ernsten Ge-
sichter trefflich kleidet. Bewaffnet sind diese stets kampfbereiten Söhne
der Wüste mit einer langen Lanze, die sie mit ausserordentlicher Ge-
schicklichkeit, während sie im Galopp umhersausen, zu handhaben

Das Mittelmeerbecken.
traten den Heimweg an. Dieser Tag endete so schön als er begonnen
hatte, mit einer Fülle herrlicher Eindrücke.“

„7. März. — Die Stunden bis zu dem Diner benützten die
Herren zu einem Jagdausfluge, bei welchem sie von dem Wetter sehr
begünstigt waren. Wir Damen und einige der Herren als Begleitung
setzten die Besichtigung der Stadt fort. Zuerst frühstückten wir ge-
meinsam, dann beschäftigte sich jeder auf seine Art. Die Corre-
spondenzen wurden erledigt, jedoch mit vielen Unterbrechungen und
Zerstreuungen. Wir wurden dann auf den Balcon gerufen, um die vor-
überziehenden zwei Beduinenstämme zu sehen, welche eigens aus ihrer
Heimat gekommen waren. Auf kleinen, mageren, aber schnellen Pfer-
den waren sie beritten und begannen nun eine ‚Phantasia‘ aufzuführen,
welche allmälig einen leidenschaftlichen Charakter annahm. Während
sie gegen einander anrückten, stürzte plötzlich einer ihrer Anführer
und kurz darauf fiel ein Pistolenschuss. Dies genügte, um unter ihnen
einen lebhaften Streit anzufachen, welcher gewiss ernste Folgen nach
ich gezogen hätte, wenn nicht türkische Soldaten und Polizisten ein-
geschritten wären. Bei dergleichen Kampfspielen entwickeln Reiter
und Pferde eine bewunderungswürdige Geschicklichkeit. Im tollsten
Kampfe, von Zeit zu Zeit Schreie ausstossend, jagt einer von dem
anderen verfolgt über die unebene Fläche, durch kühne Manöver dem
nahenden Feinde ausweichend, ohne die Gangart des Pferdes zu
mässigen. Die Flinte von der Schulter reissend, um sie auf den Ver-
folgenden abzufeuern, aber von diesem eingeholt, wendet er sein Pferd
auf dem Fleck und greift nun seinerseits den Gegner an. Dann trennen
und ordnen sich die Reiter und von neuem beginnt das kühne Spiel.
Es war ein Vergnügen, die schönen Pferde zu beobachten, wie sie
schnaubend und mit weit geöffneten Nüstern dahinflogen. Die Klei-
dung dieser Beduinen besteht meistens in einem grauen, blauen oder
weissen Untergewande, das bis über die Knie reichend, in der Taille
durch einen Ledergurt gehalten wird und weite, lang herabhängende
Aermel hat. Bei dem Anführer ist dieses Gewand roth und weiss.
Darüber kommt eine Art Burnus, ‚Abâje‘ genannt, welche aus wolle-
nem, meist weiss und braun gestreiftem Zeug gefertigt und mit Ka-
puze versehen ist. Auf dem Kopfe ist ein einfaches dunkelfärbiges,
gelbes oder braunes Tuch, ‚Kuffieh‘, geworfen, welches mit einer dop-
pelten Schnur aus Kameelhaaren befestigt wird und die ernsten Ge-
sichter trefflich kleidet. Bewaffnet sind diese stets kampfbereiten Söhne
der Wüste mit einer langen Lanze, die sie mit ausserordentlicher Ge-
schicklichkeit, während sie im Galopp umhersausen, zu handhaben

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[244/0264] Das Mittelmeerbecken. traten den Heimweg an. Dieser Tag endete so schön als er begonnen hatte, mit einer Fülle herrlicher Eindrücke.“ „7. März. — Die Stunden bis zu dem Diner benützten die Herren zu einem Jagdausfluge, bei welchem sie von dem Wetter sehr begünstigt waren. Wir Damen und einige der Herren als Begleitung setzten die Besichtigung der Stadt fort. Zuerst frühstückten wir ge- meinsam, dann beschäftigte sich jeder auf seine Art. Die Corre- spondenzen wurden erledigt, jedoch mit vielen Unterbrechungen und Zerstreuungen. Wir wurden dann auf den Balcon gerufen, um die vor- überziehenden zwei Beduinenstämme zu sehen, welche eigens aus ihrer Heimat gekommen waren. Auf kleinen, mageren, aber schnellen Pfer- den waren sie beritten und begannen nun eine ‚Phantasia‘ aufzuführen, welche allmälig einen leidenschaftlichen Charakter annahm. Während sie gegen einander anrückten, stürzte plötzlich einer ihrer Anführer und kurz darauf fiel ein Pistolenschuss. Dies genügte, um unter ihnen einen lebhaften Streit anzufachen, welcher gewiss ernste Folgen nach ich gezogen hätte, wenn nicht türkische Soldaten und Polizisten ein- geschritten wären. Bei dergleichen Kampfspielen entwickeln Reiter und Pferde eine bewunderungswürdige Geschicklichkeit. Im tollsten Kampfe, von Zeit zu Zeit Schreie ausstossend, jagt einer von dem anderen verfolgt über die unebene Fläche, durch kühne Manöver dem nahenden Feinde ausweichend, ohne die Gangart des Pferdes zu mässigen. Die Flinte von der Schulter reissend, um sie auf den Ver- folgenden abzufeuern, aber von diesem eingeholt, wendet er sein Pferd auf dem Fleck und greift nun seinerseits den Gegner an. Dann trennen und ordnen sich die Reiter und von neuem beginnt das kühne Spiel. Es war ein Vergnügen, die schönen Pferde zu beobachten, wie sie schnaubend und mit weit geöffneten Nüstern dahinflogen. Die Klei- dung dieser Beduinen besteht meistens in einem grauen, blauen oder weissen Untergewande, das bis über die Knie reichend, in der Taille durch einen Ledergurt gehalten wird und weite, lang herabhängende Aermel hat. Bei dem Anführer ist dieses Gewand roth und weiss. Darüber kommt eine Art Burnus, ‚Abâje‘ genannt, welche aus wolle- nem, meist weiss und braun gestreiftem Zeug gefertigt und mit Ka- puze versehen ist. Auf dem Kopfe ist ein einfaches dunkelfärbiges, gelbes oder braunes Tuch, ‚Kuffieh‘, geworfen, welches mit einer dop- pelten Schnur aus Kameelhaaren befestigt wird und die ernsten Ge- sichter trefflich kleidet. Bewaffnet sind diese stets kampfbereiten Söhne der Wüste mit einer langen Lanze, die sie mit ausserordentlicher Ge- schicklichkeit, während sie im Galopp umhersausen, zu handhaben

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/264>, abgerufen am 22.11.2024.