welche ihren Namen von einem assyrischen König erhalten haben soll. Erst im Jahre 64 v. Chr. kam sie unter römische Herrschaft, bald darauf erfolgte innerhalb ihrer Mauern die Bekehrung des Apostels Paulus. Zur grössten Blüthe gelangte die Stadt unter der Regierung Moawiah's, welcher Kunst und Wissenschaften lebhaft unterstützte und den Handel derart hob, dass durch ihn viel Reichthum in das Land gelangte. 1401 eroberte sie Timur Lenk, der grausame Mongolenfürst. und liess sie zum grössten Theile zerstören. Die Türken gewannen Damaskus im Jahre 1516 und behielten es bis auf die kurze Zeit von acht Jahren, während welcher Ibrahim Pascha es in seiner Ge- walt hatte.
"Um 7 Uhr nahmen wir das Diner in animirtester Stimmung ein. Consul Bertrand war auch eingeladen und erklärte uns alle landes- üblichen Gebräuche. Wir besichtigten die von Kaufleuten gebrachten Geräthschaften und wählten einige schöne Stücke."
"6. März. -- Der 6. März, ein Freitag, welcher von den Mohammedanern als ihr Sonntag gefeiert wird, brachte uns warmes Wetter; aber schwere Wolken, deren baldiger Ausbruch zu befürchten war, jagten, durch den seit den Morgenstunden herrschenden Wind getrieben, dahin. Dieser Umstand verhinderte die Muselmänner nicht, um allerwärts in bunten Gruppen durch die Strassen zu wandern oder vor ihren Häusern Platz zu nehmen, wozu die hin und wieder zum Vorschein kommenden Sonnenstrahlen einluden.
"Nach gemeinschaftlichem Frühstück wurde eine Fahrt durch die Vorstadt Sabahijeh zum arabischen Friedhof unternommen. Zwi- schen armseligen Häusern und einigen Gärten gelangten wir in das öde Gebiet der steil abfallenden Wüstengebirge. Lohnend für die Mühe des schlechten Weges ist der prachtvolle Blick auf die im Golde der Sonne glänzenden Zinnen und Kuppeln der unvergesslichen Stadt. Von dieser Anhöhe gesehen, begreift man, dass den Arabern Damaskus als das Paradies auf Erden dünkt. Einige bunt durch- einandergeworfene beturbante Grabsteine mit ihren Vergoldungen bil- den die Staffage. Zu unseren Füssen aber dehnt sich die Metropole innerasiatischen Lebens aus, deren Häusermeer schöne Moscheen, ele- gante Minarets, winkende Palmen zieren und deren orientalischer Charakter durch keine europäische Niederlassung gestört wird. Ein zarter grüner Schimmer umgibt die eminente Karawanenstadt; tausende von Aprikosen-, Mandel-, Pflaumen- und Kirschbäumen prangen im vollen Blüthenschmucke. Eine ungeheure Ebene, welche bis zu den Gestaden des Euphrat reicht, erstreckt sich jenseits der Stadt. Im
Das Mittelmeerbecken.
welche ihren Namen von einem assyrischen König erhalten haben soll. Erst im Jahre 64 v. Chr. kam sie unter römische Herrschaft, bald darauf erfolgte innerhalb ihrer Mauern die Bekehrung des Apostels Paulus. Zur grössten Blüthe gelangte die Stadt unter der Regierung Moawiah’s, welcher Kunst und Wissenschaften lebhaft unterstützte und den Handel derart hob, dass durch ihn viel Reichthum in das Land gelangte. 1401 eroberte sie Timur Lenk, der grausame Mongolenfürst. und liess sie zum grössten Theile zerstören. Die Türken gewannen Damaskus im Jahre 1516 und behielten es bis auf die kurze Zeit von acht Jahren, während welcher Ibrahim Pascha es in seiner Ge- walt hatte.
„Um 7 Uhr nahmen wir das Diner in animirtester Stimmung ein. Consul Bertrand war auch eingeladen und erklärte uns alle landes- üblichen Gebräuche. Wir besichtigten die von Kaufleuten gebrachten Geräthschaften und wählten einige schöne Stücke.“
„6. März. — Der 6. März, ein Freitag, welcher von den Mohammedanern als ihr Sonntag gefeiert wird, brachte uns warmes Wetter; aber schwere Wolken, deren baldiger Ausbruch zu befürchten war, jagten, durch den seit den Morgenstunden herrschenden Wind getrieben, dahin. Dieser Umstand verhinderte die Muselmänner nicht, um allerwärts in bunten Gruppen durch die Strassen zu wandern oder vor ihren Häusern Platz zu nehmen, wozu die hin und wieder zum Vorschein kommenden Sonnenstrahlen einluden.
„Nach gemeinschaftlichem Frühstück wurde eine Fahrt durch die Vorstadt Sabahijeh zum arabischen Friedhof unternommen. Zwi- schen armseligen Häusern und einigen Gärten gelangten wir in das öde Gebiet der steil abfallenden Wüstengebirge. Lohnend für die Mühe des schlechten Weges ist der prachtvolle Blick auf die im Golde der Sonne glänzenden Zinnen und Kuppeln der unvergesslichen Stadt. Von dieser Anhöhe gesehen, begreift man, dass den Arabern Damaskus als das Paradies auf Erden dünkt. Einige bunt durch- einandergeworfene beturbante Grabsteine mit ihren Vergoldungen bil- den die Staffage. Zu unseren Füssen aber dehnt sich die Metropole innerasiatischen Lebens aus, deren Häusermeer schöne Moscheen, ele- gante Minarets, winkende Palmen zieren und deren orientalischer Charakter durch keine europäische Niederlassung gestört wird. Ein zarter grüner Schimmer umgibt die eminente Karawanenstadt; tausende von Aprikosen-, Mandel-, Pflaumen- und Kirschbäumen prangen im vollen Blüthenschmucke. Eine ungeheure Ebene, welche bis zu den Gestaden des Euphrat reicht, erstreckt sich jenseits der Stadt. Im
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Das Mittelmeerbecken.
welche ihren Namen von einem assyrischen König erhalten haben soll.
Erst im Jahre 64 v. Chr. kam sie unter römische Herrschaft, bald
darauf erfolgte innerhalb ihrer Mauern die Bekehrung des Apostels
Paulus. Zur grössten Blüthe gelangte die Stadt unter der Regierung
Moawiah’s, welcher Kunst und Wissenschaften lebhaft unterstützte und
den Handel derart hob, dass durch ihn viel Reichthum in das Land
gelangte. 1401 eroberte sie Timur Lenk, der grausame Mongolenfürst.
und liess sie zum grössten Theile zerstören. Die Türken gewannen
Damaskus im Jahre 1516 und behielten es bis auf die kurze Zeit
von acht Jahren, während welcher Ibrahim Pascha es in seiner Ge-
walt hatte.
„Um 7 Uhr nahmen wir das Diner in animirtester Stimmung ein.
Consul Bertrand war auch eingeladen und erklärte uns alle landes-
üblichen Gebräuche. Wir besichtigten die von Kaufleuten gebrachten
Geräthschaften und wählten einige schöne Stücke.“
„6. März. — Der 6. März, ein Freitag, welcher von den
Mohammedanern als ihr Sonntag gefeiert wird, brachte uns warmes
Wetter; aber schwere Wolken, deren baldiger Ausbruch zu befürchten
war, jagten, durch den seit den Morgenstunden herrschenden Wind
getrieben, dahin. Dieser Umstand verhinderte die Muselmänner nicht,
um allerwärts in bunten Gruppen durch die Strassen zu wandern oder
vor ihren Häusern Platz zu nehmen, wozu die hin und wieder zum
Vorschein kommenden Sonnenstrahlen einluden.
„Nach gemeinschaftlichem Frühstück wurde eine Fahrt durch
die Vorstadt Sabahijeh zum arabischen Friedhof unternommen. Zwi-
schen armseligen Häusern und einigen Gärten gelangten wir in das
öde Gebiet der steil abfallenden Wüstengebirge. Lohnend für die
Mühe des schlechten Weges ist der prachtvolle Blick auf die im
Golde der Sonne glänzenden Zinnen und Kuppeln der unvergesslichen
Stadt. Von dieser Anhöhe gesehen, begreift man, dass den Arabern
Damaskus als das Paradies auf Erden dünkt. Einige bunt durch-
einandergeworfene beturbante Grabsteine mit ihren Vergoldungen bil-
den die Staffage. Zu unseren Füssen aber dehnt sich die Metropole
innerasiatischen Lebens aus, deren Häusermeer schöne Moscheen, ele-
gante Minarets, winkende Palmen zieren und deren orientalischer
Charakter durch keine europäische Niederlassung gestört wird. Ein
zarter grüner Schimmer umgibt die eminente Karawanenstadt; tausende
von Aprikosen-, Mandel-, Pflaumen- und Kirschbäumen prangen im
vollen Blüthenschmucke. Eine ungeheure Ebene, welche bis zu den
Gestaden des Euphrat reicht, erstreckt sich jenseits der Stadt. Im
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/260>, abgerufen am 22.11.2024.
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