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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Beirut.

Zu gleicher Zeit aber erklang im lichtvollen Wunderbau des salomonischen
Tempels zu Jerusalem der feierliche Choral zur Weihe Jehovah's, des Einen wahren
Gottes der Liebe und Barmherzigkeit! Von Tyrus entstammte die schöne Prin-
zessin Dido, die geniale und vielbesungene Gründerin Karthagos. Da wälzte im
VI. Jahrhundert v. Chr. Nabukadnezar, der babylonische König, seine enormen
Heeresmassen nach Israel, Juda, Phönikien und Jerusalem, Sidon, Tyrus, letzteres
nach 13jähriger Belagerung, verfallen insgesammt der Zerstörung. Mit den
Residenzen theilten Tripolis, Berytos (das heutige Beirut) und andere blühende
Städte das gleiche Schicksal.

Aus der Verwüstung erstehen neue Wohnsitze, aber auch diese werden
zwei Jahrhunderte später durch den Perserkönig Artaxerxes III. und durch
Alexander den Grossen vernichtet.

Sidon (Saida) spielte noch während der Kreuzzüge eine Rolle, allein heute
erinnert nichts mehr an den unvergleichlichen Glanz seiner Vergangenheit.

Tyrus, das heutige Sur, war aber für ewige Zeiten untergegangen, wie
Babylon und Ninive, deren gigantische Ruinenfelder das Geheimniss der Vergan-
genheit hüten. So fielen auch Baalbeck (Heliopolis) auf der Wasserscheide zwischen
Orontes und Leontes und sein weltberühmter Sonnentempel in Schutt und Asche,
um nie mehr aufzuerstehen.

Der Vernichtung einer ganzen Culturwelt folgten neue Schöpfungen, die
unter der Gunst der Lage und des natürlichen Bodenreichthums erblühten.
Seleukos Nikator war 300 v. Chr. der Begründer des prächtigen Antiochia im
Orontesthale, der Hauptstadt Syriens und des grossen Reiches der Seleukiden.
Fünfzehn Jahrhunderte lang behauptete die mächtige Residenz Ruhm und Glanz,
besonders zur römischen Kaiserzeit, in welcher Antiochia zu einer Bevölkerungs-
zahl von 500.000 Einwohnern anwuchs. Berühmt durch die Pflege antiker theolo-
gischer Wissenschaften, war die Stadt auch Sitz mehrerer Kirchenversammlungen.

Auch diese Stätte des Reichthums und der Kunst versank unter dem An-
sturm der Feinde. Die Perser (541 n. Chr.), die Saracenen, die Kreuzfahrer (1098),
dann neuerdings die Saracenen (1269), welche auch ganz Palästina unterjochten,
hatten den Untergang Antiochias besiegelt, und die Osmanen, die im XVI. Jahr-
hundert hier zur Herrschaft gelangten, hatten der Vernichtung nicht vorgebeugt.

Das heutige Antakijeh, eine Stadt von etwa 20.000 Einwohnern, inmitten
eines riesigen Ruinenfeldes, zeigt uns den Ort, wo einst die herrliche Königin des
Ostens, Antiochia Epidaphnes, sich erhob.

Aus der ältesten Zeit vererbte sich der schon zu Salomon's Regierung ge-
nannte Name Damaskus unverändert auf die Gegenwart. Die in einem fruchtbaren
Thale glücklich gelegene Stadt erhob sich stets verjüngt aus hundert Stürmen
zu einer höheren Blüthe und mit Recht ist sie von den Morgenländern als die
"paradiesduftige", als das "Muttermal an der Wange der Welt" und als das
schönste der irdischen Paradiese gelobt. Dagegen bedeckt die Stätte der in völlig
mythischem Ruf bekannten Palmenstadt Tadmor (Palmyra) seit mehr als einem
Jahrtausend ein weites Trümmerfeld, das neuerer Zeit die Aufmerksamkeit der
Archäologen auf sich gelenkt hat.

Unter der türkischen Herrschaft lebten an Stelle der zu Grunde
gegangenen Emporien andere Städte auf, die, wenngleich sie den
Glanz und die Grösse der ersteren zu erreichen nicht im Stande waren,

Beirut.

Zu gleicher Zeit aber erklang im lichtvollen Wunderbau des salomonischen
Tempels zu Jerusalem der feierliche Choral zur Weihe Jehovah’s, des Einen wahren
Gottes der Liebe und Barmherzigkeit! Von Tyrus entstammte die schöne Prin-
zessin Dido, die geniale und vielbesungene Gründerin Karthagos. Da wälzte im
VI. Jahrhundert v. Chr. Nabukadnezar, der babylonische König, seine enormen
Heeresmassen nach Israel, Juda, Phönikien und Jerusalem, Sidon, Tyrus, letzteres
nach 13jähriger Belagerung, verfallen insgesammt der Zerstörung. Mit den
Residenzen theilten Tripolis, Berytos (das heutige Beirut) und andere blühende
Städte das gleiche Schicksal.

Aus der Verwüstung erstehen neue Wohnsitze, aber auch diese werden
zwei Jahrhunderte später durch den Perserkönig Artaxerxes III. und durch
Alexander den Grossen vernichtet.

Sidon (Saïda) spielte noch während der Kreuzzüge eine Rolle, allein heute
erinnert nichts mehr an den unvergleichlichen Glanz seiner Vergangenheit.

Tyrus, das heutige Sur, war aber für ewige Zeiten untergegangen, wie
Babylon und Ninive, deren gigantische Ruinenfelder das Geheimniss der Vergan-
genheit hüten. So fielen auch Baalbeck (Heliopolis) auf der Wasserscheide zwischen
Orontes und Leontes und sein weltberühmter Sonnentempel in Schutt und Asche,
um nie mehr aufzuerstehen.

Der Vernichtung einer ganzen Culturwelt folgten neue Schöpfungen, die
unter der Gunst der Lage und des natürlichen Bodenreichthums erblühten.
Seleukos Nikator war 300 v. Chr. der Begründer des prächtigen Antiochia im
Orontesthale, der Hauptstadt Syriens und des grossen Reiches der Seleukiden.
Fünfzehn Jahrhunderte lang behauptete die mächtige Residenz Ruhm und Glanz,
besonders zur römischen Kaiserzeit, in welcher Antiochia zu einer Bevölkerungs-
zahl von 500.000 Einwohnern anwuchs. Berühmt durch die Pflege antiker theolo-
gischer Wissenschaften, war die Stadt auch Sitz mehrerer Kirchenversammlungen.

Auch diese Stätte des Reichthums und der Kunst versank unter dem An-
sturm der Feinde. Die Perser (541 n. Chr.), die Saracenen, die Kreuzfahrer (1098),
dann neuerdings die Saracenen (1269), welche auch ganz Palästina unterjochten,
hatten den Untergang Antiochias besiegelt, und die Osmanen, die im XVI. Jahr-
hundert hier zur Herrschaft gelangten, hatten der Vernichtung nicht vorgebeugt.

Das heutige Antakijeh, eine Stadt von etwa 20.000 Einwohnern, inmitten
eines riesigen Ruinenfeldes, zeigt uns den Ort, wo einst die herrliche Königin des
Ostens, Antiochia Epidaphnes, sich erhob.

Aus der ältesten Zeit vererbte sich der schon zu Salomon’s Regierung ge-
nannte Name Damaskus unverändert auf die Gegenwart. Die in einem fruchtbaren
Thale glücklich gelegene Stadt erhob sich stets verjüngt aus hundert Stürmen
zu einer höheren Blüthe und mit Recht ist sie von den Morgenländern als die
„paradiesduftige“, als das „Muttermal an der Wange der Welt“ und als das
schönste der irdischen Paradiese gelobt. Dagegen bedeckt die Stätte der in völlig
mythischem Ruf bekannten Palmenstadt Tadmor (Palmyra) seit mehr als einem
Jahrtausend ein weites Trümmerfeld, das neuerer Zeit die Aufmerksamkeit der
Archäologen auf sich gelenkt hat.

Unter der türkischen Herrschaft lebten an Stelle der zu Grunde
gegangenen Emporien andere Städte auf, die, wenngleich sie den
Glanz und die Grösse der ersteren zu erreichen nicht im Stande waren,

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[231/0251] Beirut. Zu gleicher Zeit aber erklang im lichtvollen Wunderbau des salomonischen Tempels zu Jerusalem der feierliche Choral zur Weihe Jehovah’s, des Einen wahren Gottes der Liebe und Barmherzigkeit! Von Tyrus entstammte die schöne Prin- zessin Dido, die geniale und vielbesungene Gründerin Karthagos. Da wälzte im VI. Jahrhundert v. Chr. Nabukadnezar, der babylonische König, seine enormen Heeresmassen nach Israel, Juda, Phönikien und Jerusalem, Sidon, Tyrus, letzteres nach 13jähriger Belagerung, verfallen insgesammt der Zerstörung. Mit den Residenzen theilten Tripolis, Berytos (das heutige Beirut) und andere blühende Städte das gleiche Schicksal. Aus der Verwüstung erstehen neue Wohnsitze, aber auch diese werden zwei Jahrhunderte später durch den Perserkönig Artaxerxes III. und durch Alexander den Grossen vernichtet. Sidon (Saïda) spielte noch während der Kreuzzüge eine Rolle, allein heute erinnert nichts mehr an den unvergleichlichen Glanz seiner Vergangenheit. Tyrus, das heutige Sur, war aber für ewige Zeiten untergegangen, wie Babylon und Ninive, deren gigantische Ruinenfelder das Geheimniss der Vergan- genheit hüten. So fielen auch Baalbeck (Heliopolis) auf der Wasserscheide zwischen Orontes und Leontes und sein weltberühmter Sonnentempel in Schutt und Asche, um nie mehr aufzuerstehen. Der Vernichtung einer ganzen Culturwelt folgten neue Schöpfungen, die unter der Gunst der Lage und des natürlichen Bodenreichthums erblühten. Seleukos Nikator war 300 v. Chr. der Begründer des prächtigen Antiochia im Orontesthale, der Hauptstadt Syriens und des grossen Reiches der Seleukiden. Fünfzehn Jahrhunderte lang behauptete die mächtige Residenz Ruhm und Glanz, besonders zur römischen Kaiserzeit, in welcher Antiochia zu einer Bevölkerungs- zahl von 500.000 Einwohnern anwuchs. Berühmt durch die Pflege antiker theolo- gischer Wissenschaften, war die Stadt auch Sitz mehrerer Kirchenversammlungen. Auch diese Stätte des Reichthums und der Kunst versank unter dem An- sturm der Feinde. Die Perser (541 n. Chr.), die Saracenen, die Kreuzfahrer (1098), dann neuerdings die Saracenen (1269), welche auch ganz Palästina unterjochten, hatten den Untergang Antiochias besiegelt, und die Osmanen, die im XVI. Jahr- hundert hier zur Herrschaft gelangten, hatten der Vernichtung nicht vorgebeugt. Das heutige Antakijeh, eine Stadt von etwa 20.000 Einwohnern, inmitten eines riesigen Ruinenfeldes, zeigt uns den Ort, wo einst die herrliche Königin des Ostens, Antiochia Epidaphnes, sich erhob. Aus der ältesten Zeit vererbte sich der schon zu Salomon’s Regierung ge- nannte Name Damaskus unverändert auf die Gegenwart. Die in einem fruchtbaren Thale glücklich gelegene Stadt erhob sich stets verjüngt aus hundert Stürmen zu einer höheren Blüthe und mit Recht ist sie von den Morgenländern als die „paradiesduftige“, als das „Muttermal an der Wange der Welt“ und als das schönste der irdischen Paradiese gelobt. Dagegen bedeckt die Stätte der in völlig mythischem Ruf bekannten Palmenstadt Tadmor (Palmyra) seit mehr als einem Jahrtausend ein weites Trümmerfeld, das neuerer Zeit die Aufmerksamkeit der Archäologen auf sich gelenkt hat. Unter der türkischen Herrschaft lebten an Stelle der zu Grunde gegangenen Emporien andere Städte auf, die, wenngleich sie den Glanz und die Grösse der ersteren zu erreichen nicht im Stande waren,

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/251>, abgerufen am 22.11.2024.