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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
Südarmeniens, der heute über Alexandrette geht, nach Mersina ab-
lenken.

Im Jahre 1888 wurden Producte der kilikischen Ebene im Werthe von
7 Millionen Francs (1887 von 10 Millionen Francs) über Mersina exportirt,
darunter 12.688 Ballen (Werth 1·2 Millionen Francs) Baumwolle, welche früher nur
über Smyrna ging, ferner Sesam, Weizen, Gerste, dann Schafwolle und Thierhäute.
Das Jahr 1888 war wegen der lange andauernden heissen Südwinde ein schlechtes
Erntejahr.

Die Einfuhr, welche zum grösseren Theile über Constantinopel, Smyrna,
Beirut und Alexandrien erfolgt, erreichte 1888 4·6 (1887 10) Millionen Francs;
Tabak, Zucker, Mehl sind die wichtigsten Posten. Der Schiffsverkehr betrug
775 Schiffe mit 349.625 Tonnen, davon 322 Dampfer mit 328.736 Tonnen.

Der Südküste Kleinasiens vorgelagert liegt die fruchtbare, durch
einen gewissen grandiosen Schwung ihrer Bergzüge ausgezeichnete
Insel Cypern (Kypros), einst von üppigster Vegetation bedeckt und
nach den Schilderungen der Alten in südlichen Zauber getaucht. Hier
in dem wunderbaren Paradiese, in der Nähe des Cap Paphos, soll
die schaumgeborene Venus dem Meere entstiegen sein; dort und zu
Amathos und Salamis auf Cypern war ihr ein besonders heiliger
Cult geweiht. In spätgriechischer Zeit wird die Insel wegen ihres
Metallreichthums (feines Kupfer) erwähnt, und als die Römer dort Fuss
gefasst, erstaunten sie über den Reichthum an Producten, welcher es
gestatte, Schiffe vom Kiel bis hinauf zu den Segeln aus eigenen Er-
zeugnissen zu bauen und auszurüsten.

Wie überall, wo Reichthümer zu holen, waren die Phönikier auch auf
Cypern die ersten Bewohner. Bald erschienen auch die Griechen. Um 700 v. Chr.
war die Insel den Assyriern tributpflichtig; um 550 fiel sie an Egypten, dann 333
an das Reich Alexander des Grossen und hierauf unter Ptolemäus, endlich 58
v. Chr. an Rom, und bei der Theilung des römischen Reiches an Byzanz. Zur
Selbständigkeit gelangt, wurde die Insel 1191 von Richard Löwenherz erobert und 1193
durch diesen dem Guido von Lusignau als Lehen verliehen. 1489 gelangte Cypern
als Vermächtniss der schönen Venetianerin Katharina Cornaro an die Republik
Venedig und 1571 pflanzten die Türken dort den Halbmond auf, nachdem sie den
Besitz der Insel durch schwere Opfer an Gut und Blut erkauft hatten.

Die denkwürdige Vertheidigung von Famagosta, die zu den heldenmüthigsten
aller Zeiten gerechnet werden darf, erwarb den Venetianern die schönsten Lor-
beeren. Die Belagerung des genannten Platzes begann am 24. Juli 1570 und
am 16. August 1571 fiel das letzte Bollwerk desselben in die Gewalt der Türken.
Das Belagerungsheer der letzteren zählte 94.000 Türken und über 100.000 Krieger
aus Caramanien, Syrien, Arabien und Egypten, welche der für Venedigs Ruhm
begeisterte Mariti mit dem Beinamen "Canaglia asiatica" belegte. Entsetzlich war
das Schicksal der Besiegten. Der tapfere Gouverneur Bragadino wurde von den
entmenschten Horden bei lebendigem Leibe geschunden, und die meisten der
8000 Einwohner und der im Ganzen 4000 Mann zählenden Besatzung verloren
das Leben. Wie bei grossen Ereignissen der Heldenmuth der Frauen zur höchsten

Das Mittelmeerbecken.
Südarmeniens, der heute über Alexandrette geht, nach Mersina ab-
lenken.

Im Jahre 1888 wurden Producte der kilikischen Ebene im Werthe von
7 Millionen Francs (1887 von 10 Millionen Francs) über Mersina exportirt,
darunter 12.688 Ballen (Werth 1·2 Millionen Francs) Baumwolle, welche früher nur
über Smyrna ging, ferner Sesam, Weizen, Gerste, dann Schafwolle und Thierhäute.
Das Jahr 1888 war wegen der lange andauernden heissen Südwinde ein schlechtes
Erntejahr.

Die Einfuhr, welche zum grösseren Theile über Constantinopel, Smyrna,
Beirut und Alexandrien erfolgt, erreichte 1888 4·6 (1887 10) Millionen Francs;
Tabak, Zucker, Mehl sind die wichtigsten Posten. Der Schiffsverkehr betrug
775 Schiffe mit 349.625 Tonnen, davon 322 Dampfer mit 328.736 Tonnen.

Der Südküste Kleinasiens vorgelagert liegt die fruchtbare, durch
einen gewissen grandiosen Schwung ihrer Bergzüge ausgezeichnete
Insel Cypern (Kypros), einst von üppigster Vegetation bedeckt und
nach den Schilderungen der Alten in südlichen Zauber getaucht. Hier
in dem wunderbaren Paradiese, in der Nähe des Cap Paphos, soll
die schaumgeborene Venus dem Meere entstiegen sein; dort und zu
Amathos und Salamis auf Cypern war ihr ein besonders heiliger
Cult geweiht. In spätgriechischer Zeit wird die Insel wegen ihres
Metallreichthums (feines Kupfer) erwähnt, und als die Römer dort Fuss
gefasst, erstaunten sie über den Reichthum an Producten, welcher es
gestatte, Schiffe vom Kiel bis hinauf zu den Segeln aus eigenen Er-
zeugnissen zu bauen und auszurüsten.

Wie überall, wo Reichthümer zu holen, waren die Phönikier auch auf
Cypern die ersten Bewohner. Bald erschienen auch die Griechen. Um 700 v. Chr.
war die Insel den Assyriern tributpflichtig; um 550 fiel sie an Egypten, dann 333
an das Reich Alexander des Grossen und hierauf unter Ptolemäus, endlich 58
v. Chr. an Rom, und bei der Theilung des römischen Reiches an Byzanz. Zur
Selbständigkeit gelangt, wurde die Insel 1191 von Richard Löwenherz erobert und 1193
durch diesen dem Guido von Lusignau als Lehen verliehen. 1489 gelangte Cypern
als Vermächtniss der schönen Venetianerin Katharina Cornaro an die Republik
Venedig und 1571 pflanzten die Türken dort den Halbmond auf, nachdem sie den
Besitz der Insel durch schwere Opfer an Gut und Blut erkauft hatten.

Die denkwürdige Vertheidigung von Famagosta, die zu den heldenmüthigsten
aller Zeiten gerechnet werden darf, erwarb den Venetianern die schönsten Lor-
beeren. Die Belagerung des genannten Platzes begann am 24. Juli 1570 und
am 16. August 1571 fiel das letzte Bollwerk desselben in die Gewalt der Türken.
Das Belagerungsheer der letzteren zählte 94.000 Türken und über 100.000 Krieger
aus Caramanien, Syrien, Arabien und Egypten, welche der für Venedigs Ruhm
begeisterte Mariti mit dem Beinamen „Canaglia asiatica“ belegte. Entsetzlich war
das Schicksal der Besiegten. Der tapfere Gouverneur Bragadino wurde von den
entmenschten Horden bei lebendigem Leibe geschunden, und die meisten der
8000 Einwohner und der im Ganzen 4000 Mann zählenden Besatzung verloren
das Leben. Wie bei grossen Ereignissen der Heldenmuth der Frauen zur höchsten

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[224/0244] Das Mittelmeerbecken. Südarmeniens, der heute über Alexandrette geht, nach Mersina ab- lenken. Im Jahre 1888 wurden Producte der kilikischen Ebene im Werthe von 7 Millionen Francs (1887 von 10 Millionen Francs) über Mersina exportirt, darunter 12.688 Ballen (Werth 1·2 Millionen Francs) Baumwolle, welche früher nur über Smyrna ging, ferner Sesam, Weizen, Gerste, dann Schafwolle und Thierhäute. Das Jahr 1888 war wegen der lange andauernden heissen Südwinde ein schlechtes Erntejahr. Die Einfuhr, welche zum grösseren Theile über Constantinopel, Smyrna, Beirut und Alexandrien erfolgt, erreichte 1888 4·6 (1887 10) Millionen Francs; Tabak, Zucker, Mehl sind die wichtigsten Posten. Der Schiffsverkehr betrug 775 Schiffe mit 349.625 Tonnen, davon 322 Dampfer mit 328.736 Tonnen. Der Südküste Kleinasiens vorgelagert liegt die fruchtbare, durch einen gewissen grandiosen Schwung ihrer Bergzüge ausgezeichnete Insel Cypern (Kypros), einst von üppigster Vegetation bedeckt und nach den Schilderungen der Alten in südlichen Zauber getaucht. Hier in dem wunderbaren Paradiese, in der Nähe des Cap Paphos, soll die schaumgeborene Venus dem Meere entstiegen sein; dort und zu Amathos und Salamis auf Cypern war ihr ein besonders heiliger Cult geweiht. In spätgriechischer Zeit wird die Insel wegen ihres Metallreichthums (feines Kupfer) erwähnt, und als die Römer dort Fuss gefasst, erstaunten sie über den Reichthum an Producten, welcher es gestatte, Schiffe vom Kiel bis hinauf zu den Segeln aus eigenen Er- zeugnissen zu bauen und auszurüsten. Wie überall, wo Reichthümer zu holen, waren die Phönikier auch auf Cypern die ersten Bewohner. Bald erschienen auch die Griechen. Um 700 v. Chr. war die Insel den Assyriern tributpflichtig; um 550 fiel sie an Egypten, dann 333 an das Reich Alexander des Grossen und hierauf unter Ptolemäus, endlich 58 v. Chr. an Rom, und bei der Theilung des römischen Reiches an Byzanz. Zur Selbständigkeit gelangt, wurde die Insel 1191 von Richard Löwenherz erobert und 1193 durch diesen dem Guido von Lusignau als Lehen verliehen. 1489 gelangte Cypern als Vermächtniss der schönen Venetianerin Katharina Cornaro an die Republik Venedig und 1571 pflanzten die Türken dort den Halbmond auf, nachdem sie den Besitz der Insel durch schwere Opfer an Gut und Blut erkauft hatten. Die denkwürdige Vertheidigung von Famagosta, die zu den heldenmüthigsten aller Zeiten gerechnet werden darf, erwarb den Venetianern die schönsten Lor- beeren. Die Belagerung des genannten Platzes begann am 24. Juli 1570 und am 16. August 1571 fiel das letzte Bollwerk desselben in die Gewalt der Türken. Das Belagerungsheer der letzteren zählte 94.000 Türken und über 100.000 Krieger aus Caramanien, Syrien, Arabien und Egypten, welche der für Venedigs Ruhm begeisterte Mariti mit dem Beinamen „Canaglia asiatica“ belegte. Entsetzlich war das Schicksal der Besiegten. Der tapfere Gouverneur Bragadino wurde von den entmenschten Horden bei lebendigem Leibe geschunden, und die meisten der 8000 Einwohner und der im Ganzen 4000 Mann zählenden Besatzung verloren das Leben. Wie bei grossen Ereignissen der Heldenmuth der Frauen zur höchsten

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/244>, abgerufen am 23.11.2024.