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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.

Ihre kaiserliche Hoheit widmet dem Städtchen folgende Zeilen:

"12. März. -- Während eine leichte Nebelmasse nach Osten zu
auf dem Wasser lag, neigte sich im Westen die Sonne in voller Pracht
ihrem Untergange zu, die kleinasiatische Küste in glühenden Duft
tauchend. Rhodus trat immer deutlicher aus den blauen Fluten empor,
auf dessen Rhede erst um 9 Uhr der Anker in die Tiefe sank. Leider
gestattete die vorgeschrittene Dunkelheit nicht mehr, die Stadt zu
sehen, aus welcher viele Lichter zu uns herüber leuchteten. Der
klaren Nacht aber hatten wir es zu verdanken, dass wir die Umrisse
der bergigen Ufer zu erkennen vermochten.

"13. März. -- Ueber den weiten azurnen Spiegel der ungetrübten
See weht ein angenehmer warmer Lufthauch, am Horizonte erheben
sich Asiens Gebirge vom Morgenduft übergossen. Im Golde der Sonne,
von alten ehrwürdigen Mauern umringt, von schönen Palmen beschattet,
die ihre graziösen Blätterwedel über dieselben wiegen, von schlanken
blinkenden Minarets, glänzenden Kuppeln und Zinnen überragt, von
blauen Wogen umspült, von vielen Windmühlen umgeben, die sich
auf schön gefärbtem Sandboden am Ufer erstrecken, zwischen blühen-
den Gärten und dunklen Cypressen dehnt sich auf der flachen Küste
die schöngeformte Häusergruppe der berühmten Rosenstadt aus. Dies
war das entzückende Bild, welches sich unseren Blicken darbot, als
wir am Morgen des 13. März voller Erwartung das Verdeck betraten.

"Zwei mächtige Thürme, der von San Elmo, von einem Leucht-
thurme gekrönt, und der von San Angelo, schliessen rechts und links
den Eingang des Hafens ab und sind in Verbindung mit den Stadt-
mauern. Hier erhob sich im Alterthume das eherne Standbild des
Kolosses von Rhodus, eines der sieben Weltwunder.

"Da in unserem Reiseprogramm die Aufenthaltszeit für Rhodus
karg bemessen war, fuhren wir früh ans Land, um die interessante
Stadt zu durchwandern. Wir verliessen unser Boot am Zollamt-Anlege-
platze, gingen den Quai entlang und wurden von zudringlichen Ver-
käufern, die uns ihre eigenthümlichen, kleinen, von Gefangenen an-
gefertigten Holzgegenstände anboten, verfolgt. Durch einen gothischen
Thorbogen betraten wir den alten Stadttheil und glaubten uns in das
Mittelalter versetzt, denn auf Schritt und Tritt finden wir die Spuren
jener glänzenden Zeit des eisernen Jahrhundertes und alles mahnt an
die Herrschaft, an die Macht und an die Kämpfe der Johanniter. Auf
einem offenen Platze befindet sich das Johanniter-Castell, welches wir
zuerst besichtigen. Das Eingangsthor ist reich verziert und soll aus
Cypressenholz geschnitzt sein. Man gelangt durch dasselbe in einen

Das Mittelmeerbecken.

Ihre kaiserliche Hoheit widmet dem Städtchen folgende Zeilen:

„12. März. — Während eine leichte Nebelmasse nach Osten zu
auf dem Wasser lag, neigte sich im Westen die Sonne in voller Pracht
ihrem Untergange zu, die kleinasiatische Küste in glühenden Duft
tauchend. Rhodus trat immer deutlicher aus den blauen Fluten empor,
auf dessen Rhede erst um 9 Uhr der Anker in die Tiefe sank. Leider
gestattete die vorgeschrittene Dunkelheit nicht mehr, die Stadt zu
sehen, aus welcher viele Lichter zu uns herüber leuchteten. Der
klaren Nacht aber hatten wir es zu verdanken, dass wir die Umrisse
der bergigen Ufer zu erkennen vermochten.

„13. März. — Ueber den weiten azurnen Spiegel der ungetrübten
See weht ein angenehmer warmer Lufthauch, am Horizonte erheben
sich Asiens Gebirge vom Morgenduft übergossen. Im Golde der Sonne,
von alten ehrwürdigen Mauern umringt, von schönen Palmen beschattet,
die ihre graziösen Blätterwedel über dieselben wiegen, von schlanken
blinkenden Minarets, glänzenden Kuppeln und Zinnen überragt, von
blauen Wogen umspült, von vielen Windmühlen umgeben, die sich
auf schön gefärbtem Sandboden am Ufer erstrecken, zwischen blühen-
den Gärten und dunklen Cypressen dehnt sich auf der flachen Küste
die schöngeformte Häusergruppe der berühmten Rosenstadt aus. Dies
war das entzückende Bild, welches sich unseren Blicken darbot, als
wir am Morgen des 13. März voller Erwartung das Verdeck betraten.

„Zwei mächtige Thürme, der von San Elmo, von einem Leucht-
thurme gekrönt, und der von San Angelo, schliessen rechts und links
den Eingang des Hafens ab und sind in Verbindung mit den Stadt-
mauern. Hier erhob sich im Alterthume das eherne Standbild des
Kolosses von Rhodus, eines der sieben Weltwunder.

„Da in unserem Reiseprogramm die Aufenthaltszeit für Rhodus
karg bemessen war, fuhren wir früh ans Land, um die interessante
Stadt zu durchwandern. Wir verliessen unser Boot am Zollamt-Anlege-
platze, gingen den Quai entlang und wurden von zudringlichen Ver-
käufern, die uns ihre eigenthümlichen, kleinen, von Gefangenen an-
gefertigten Holzgegenstände anboten, verfolgt. Durch einen gothischen
Thorbogen betraten wir den alten Stadttheil und glaubten uns in das
Mittelalter versetzt, denn auf Schritt und Tritt finden wir die Spuren
jener glänzenden Zeit des eisernen Jahrhundertes und alles mahnt an
die Herrschaft, an die Macht und an die Kämpfe der Johanniter. Auf
einem offenen Platze befindet sich das Johanniter-Castell, welches wir
zuerst besichtigen. Das Eingangsthor ist reich verziert und soll aus
Cypressenholz geschnitzt sein. Man gelangt durch dasselbe in einen

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[218/0238] Das Mittelmeerbecken. Ihre kaiserliche Hoheit widmet dem Städtchen folgende Zeilen: „12. März. — Während eine leichte Nebelmasse nach Osten zu auf dem Wasser lag, neigte sich im Westen die Sonne in voller Pracht ihrem Untergange zu, die kleinasiatische Küste in glühenden Duft tauchend. Rhodus trat immer deutlicher aus den blauen Fluten empor, auf dessen Rhede erst um 9 Uhr der Anker in die Tiefe sank. Leider gestattete die vorgeschrittene Dunkelheit nicht mehr, die Stadt zu sehen, aus welcher viele Lichter zu uns herüber leuchteten. Der klaren Nacht aber hatten wir es zu verdanken, dass wir die Umrisse der bergigen Ufer zu erkennen vermochten. „13. März. — Ueber den weiten azurnen Spiegel der ungetrübten See weht ein angenehmer warmer Lufthauch, am Horizonte erheben sich Asiens Gebirge vom Morgenduft übergossen. Im Golde der Sonne, von alten ehrwürdigen Mauern umringt, von schönen Palmen beschattet, die ihre graziösen Blätterwedel über dieselben wiegen, von schlanken blinkenden Minarets, glänzenden Kuppeln und Zinnen überragt, von blauen Wogen umspült, von vielen Windmühlen umgeben, die sich auf schön gefärbtem Sandboden am Ufer erstrecken, zwischen blühen- den Gärten und dunklen Cypressen dehnt sich auf der flachen Küste die schöngeformte Häusergruppe der berühmten Rosenstadt aus. Dies war das entzückende Bild, welches sich unseren Blicken darbot, als wir am Morgen des 13. März voller Erwartung das Verdeck betraten. „Zwei mächtige Thürme, der von San Elmo, von einem Leucht- thurme gekrönt, und der von San Angelo, schliessen rechts und links den Eingang des Hafens ab und sind in Verbindung mit den Stadt- mauern. Hier erhob sich im Alterthume das eherne Standbild des Kolosses von Rhodus, eines der sieben Weltwunder. „Da in unserem Reiseprogramm die Aufenthaltszeit für Rhodus karg bemessen war, fuhren wir früh ans Land, um die interessante Stadt zu durchwandern. Wir verliessen unser Boot am Zollamt-Anlege- platze, gingen den Quai entlang und wurden von zudringlichen Ver- käufern, die uns ihre eigenthümlichen, kleinen, von Gefangenen an- gefertigten Holzgegenstände anboten, verfolgt. Durch einen gothischen Thorbogen betraten wir den alten Stadttheil und glaubten uns in das Mittelalter versetzt, denn auf Schritt und Tritt finden wir die Spuren jener glänzenden Zeit des eisernen Jahrhundertes und alles mahnt an die Herrschaft, an die Macht und an die Kämpfe der Johanniter. Auf einem offenen Platze befindet sich das Johanniter-Castell, welches wir zuerst besichtigen. Das Eingangsthor ist reich verziert und soll aus Cypressenholz geschnitzt sein. Man gelangt durch dasselbe in einen

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/238>, abgerufen am 24.11.2024.