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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Newcastle.
dass sich namentlich um die bauliche Entwicklung Newcastles der
Ingenieur Richard Grainger grosse Verdienste erwarb, welcher von
den Dreissigerjahren an eine eifrige Bauthätigkeit als Unternehmer
entfaltete und durch seine Energie und unermüdliches Streben im
Interesse seiner Vaterstadt nicht wenig zu deren entsprechender Er-
weiterung beitrug. Von ihm wurden auch mehrere öffentliche Bau-
werke von Bedeutung zur Ausführung gebracht, so das Theatre Royal,
die öffentliche Bibliothek, das Gebäude der naturwissenschaftlichen
Gesellschaft, die Town Hall (Stadthaus), dann die Central-Eisenbahn-
station. Einen recht stattlichen Anblick gewähren ferner die durch viele
hübsche Privathäuser gezierte Gray-Street und die Grainger-Street, letz-
tere zur Erinnerung an den vielverdienten Baumeister so benannt. New-
castle besitzt auch eine Reihe von wohlthätigen Anstalten, namentlich auf
dem Gebiete des Krankenwesens, wie dort auch nicht minder wissenschaft-
liche Bestrebungen trotz der vorwiegend commerziellen und industriellen
Interessen platzgegriffen und zur Errichtung einiger bemerkenswerther
Institute geführt haben, von denen wir nur die Alterthumsgesellschaft
erwähnen, welcher die Stadt und Umgebung erwünschten Stoff zu
Forschungen darbietet.

Die Hauptlebensader der Stadt bildet jedoch ganz unstreitig der
Fluss; am Tyne, woselbst sich in ununterbrochener Reihe Anlagen
hinziehen, welche der Industrie und dem Verkehre dienen, pulsirt das
geschäftliche Leben des Platzes. Der Tyne, welcher durch den Zu-
sammenfluss des North-Tyne und des South-Tyne bei Hexham sich
bildet, hat lange Zeit durch seine natürliche Beschaffenheit der
Schiffahrt viel Schwierigkeiten geboten, bis man durch eine im gross-
artigen Style angelegte Regulirung desselben dieser Umstände Herr
wurde und den Fluss den Anforderungen des Verkehres vollkommen
dienstbar machte. Die Tyne-Regulirung zählt zu den bedeutendsten
Wasserbauten in England und wurde, wie es bei ähnlichen solchen
Arbeiten auch sonst in England beliebt ist, durch eine eigene mit
administrativen Rechten ausgestattete Commission (board) zu Wege
gebracht, der auch die Verwaltung des Hafens übertragen ist.

Eigentliche Hafenanlagen finden sich der felsigen Ufer wegen
verhältnissmässig wenige, und diese sind zusammengedrängt. Unterhalb
der über den Fluss führenden Brücken befindet sich der einzige Quai, über
den man verfügt. Er ist 1355 m lang und mit Krahnen, Eisenbahn-
geleisen und einigen Schuppen ausgestattet. Auch befindet sich nahe
demselben ein grosser Getreidespeicher. Der Transport des Getreides
geschieht mittelst zweier Elevatoren, so dass es über die Strasse und

Newcastle.
dass sich namentlich um die bauliche Entwicklung Newcastles der
Ingenieur Richard Grainger grosse Verdienste erwarb, welcher von
den Dreissigerjahren an eine eifrige Bauthätigkeit als Unternehmer
entfaltete und durch seine Energie und unermüdliches Streben im
Interesse seiner Vaterstadt nicht wenig zu deren entsprechender Er-
weiterung beitrug. Von ihm wurden auch mehrere öffentliche Bau-
werke von Bedeutung zur Ausführung gebracht, so das Theatre Royal,
die öffentliche Bibliothek, das Gebäude der naturwissenschaftlichen
Gesellschaft, die Town Hall (Stadthaus), dann die Central-Eisenbahn-
station. Einen recht stattlichen Anblick gewähren ferner die durch viele
hübsche Privathäuser gezierte Gray-Street und die Grainger-Street, letz-
tere zur Erinnerung an den vielverdienten Baumeister so benannt. New-
castle besitzt auch eine Reihe von wohlthätigen Anstalten, namentlich auf
dem Gebiete des Krankenwesens, wie dort auch nicht minder wissenschaft-
liche Bestrebungen trotz der vorwiegend commerziellen und industriellen
Interessen platzgegriffen und zur Errichtung einiger bemerkenswerther
Institute geführt haben, von denen wir nur die Alterthumsgesellschaft
erwähnen, welcher die Stadt und Umgebung erwünschten Stoff zu
Forschungen darbietet.

Die Hauptlebensader der Stadt bildet jedoch ganz unstreitig der
Fluss; am Tyne, woselbst sich in ununterbrochener Reihe Anlagen
hinziehen, welche der Industrie und dem Verkehre dienen, pulsirt das
geschäftliche Leben des Platzes. Der Tyne, welcher durch den Zu-
sammenfluss des North-Tyne und des South-Tyne bei Hexham sich
bildet, hat lange Zeit durch seine natürliche Beschaffenheit der
Schiffahrt viel Schwierigkeiten geboten, bis man durch eine im gross-
artigen Style angelegte Regulirung desselben dieser Umstände Herr
wurde und den Fluss den Anforderungen des Verkehres vollkommen
dienstbar machte. Die Tyne-Regulirung zählt zu den bedeutendsten
Wasserbauten in England und wurde, wie es bei ähnlichen solchen
Arbeiten auch sonst in England beliebt ist, durch eine eigene mit
administrativen Rechten ausgestattete Commission (board) zu Wege
gebracht, der auch die Verwaltung des Hafens übertragen ist.

Eigentliche Hafenanlagen finden sich der felsigen Ufer wegen
verhältnissmässig wenige, und diese sind zusammengedrängt. Unterhalb
der über den Fluss führenden Brücken befindet sich der einzige Quai, über
den man verfügt. Er ist 1355 m lang und mit Krahnen, Eisenbahn-
geleisen und einigen Schuppen ausgestattet. Auch befindet sich nahe
demselben ein grosser Getreidespeicher. Der Transport des Getreides
geschieht mittelst zweier Elevatoren, so dass es über die Strasse und

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[991/1011] Newcastle. dass sich namentlich um die bauliche Entwicklung Newcastles der Ingenieur Richard Grainger grosse Verdienste erwarb, welcher von den Dreissigerjahren an eine eifrige Bauthätigkeit als Unternehmer entfaltete und durch seine Energie und unermüdliches Streben im Interesse seiner Vaterstadt nicht wenig zu deren entsprechender Er- weiterung beitrug. Von ihm wurden auch mehrere öffentliche Bau- werke von Bedeutung zur Ausführung gebracht, so das Theatre Royal, die öffentliche Bibliothek, das Gebäude der naturwissenschaftlichen Gesellschaft, die Town Hall (Stadthaus), dann die Central-Eisenbahn- station. Einen recht stattlichen Anblick gewähren ferner die durch viele hübsche Privathäuser gezierte Gray-Street und die Grainger-Street, letz- tere zur Erinnerung an den vielverdienten Baumeister so benannt. New- castle besitzt auch eine Reihe von wohlthätigen Anstalten, namentlich auf dem Gebiete des Krankenwesens, wie dort auch nicht minder wissenschaft- liche Bestrebungen trotz der vorwiegend commerziellen und industriellen Interessen platzgegriffen und zur Errichtung einiger bemerkenswerther Institute geführt haben, von denen wir nur die Alterthumsgesellschaft erwähnen, welcher die Stadt und Umgebung erwünschten Stoff zu Forschungen darbietet. Die Hauptlebensader der Stadt bildet jedoch ganz unstreitig der Fluss; am Tyne, woselbst sich in ununterbrochener Reihe Anlagen hinziehen, welche der Industrie und dem Verkehre dienen, pulsirt das geschäftliche Leben des Platzes. Der Tyne, welcher durch den Zu- sammenfluss des North-Tyne und des South-Tyne bei Hexham sich bildet, hat lange Zeit durch seine natürliche Beschaffenheit der Schiffahrt viel Schwierigkeiten geboten, bis man durch eine im gross- artigen Style angelegte Regulirung desselben dieser Umstände Herr wurde und den Fluss den Anforderungen des Verkehres vollkommen dienstbar machte. Die Tyne-Regulirung zählt zu den bedeutendsten Wasserbauten in England und wurde, wie es bei ähnlichen solchen Arbeiten auch sonst in England beliebt ist, durch eine eigene mit administrativen Rechten ausgestattete Commission (board) zu Wege gebracht, der auch die Verwaltung des Hafens übertragen ist. Eigentliche Hafenanlagen finden sich der felsigen Ufer wegen verhältnissmässig wenige, und diese sind zusammengedrängt. Unterhalb der über den Fluss führenden Brücken befindet sich der einzige Quai, über den man verfügt. Er ist 1355 m lang und mit Krahnen, Eisenbahn- geleisen und einigen Schuppen ausgestattet. Auch befindet sich nahe demselben ein grosser Getreidespeicher. Der Transport des Getreides geschieht mittelst zweier Elevatoren, so dass es über die Strasse und

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 991. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1011>, abgerufen am 23.11.2024.