diejenigen Wasser hingekommen, welche vor- her in den Abgrund der Erden verborgen ge- wesen, nachdem aber der Erdboden zusam- mengesuncken, folglich kein vacuum mehr vor- handen, keinen Raum in centro terrae ha- ben finden können, gleichwohl müssen sie noth- wendig weggefallen seyn, denn wäre dieses nicht geschehen, so würden die aufgelösten erdigen Theile niemals haben zu Boden fal- len können, denn so lange fluida noch in ei- ner heftigen, und gleichen Bewegung sind, lassen sie die in ihnen schwimmenden Körper nicht fallen. Da wir aber sehen, daß sich die aufgelöste Erde schichtenweise gesetzt, so muß nothwendig die reissende und heftige Be- wegung derer Wasen abgenommen haben, und dieses darum, weil die Menge des Was- sers immer weniger geworden: Daß das Meer soll grösser geworden seyn, ist deswegen nicht wohl möglich, weil wir sonst die gantze Stellung des Erdbodens verrücken müsten, und sobald solche nicht ihre gehörige Balance behält, die ihr die Natur bey ihrer Entste- hung ertheilet, so würden alle andere Cörper die sich darauf und darinnen befinden, eine gantz andere Constitution bekommen müssen, als sie anfänglich gehabt. Daß aber neue Seen und Meere entstanden, stimmet mit der Erfahrung eben so wohl als mit der Mög- lichkeit überein. Jch glaube daher vielmehr, daß nach dieser so grossen Ueberschwemmung
des
C
diejenigen Waſſer hingekommen, welche vor- her in den Abgrund der Erden verborgen ge- weſen, nachdem aber der Erdboden zuſam- mengeſuncken, folglich kein vacuum mehr vor- handen, keinen Raum in centro terræ ha- ben finden koͤnnen, gleichwohl muͤſſen ſie noth- wendig weggefallen ſeyn, denn waͤre dieſes nicht geſchehen, ſo wuͤrden die aufgeloͤſten erdigen Theile niemals haben zu Boden fal- len koͤnnen, denn ſo lange fluida noch in ei- ner heftigen, und gleichen Bewegung ſind, laſſen ſie die in ihnen ſchwimmenden Koͤrper nicht fallen. Da wir aber ſehen, daß ſich die aufgeloͤſte Erde ſchichtenweiſe geſetzt, ſo muß nothwendig die reiſſende und heftige Be- wegung derer Waſen abgenommen haben, und dieſes darum, weil die Menge des Waſ- ſers immer weniger geworden: Daß das Meer ſoll groͤſſer geworden ſeyn, iſt deswegen nicht wohl moͤglich, weil wir ſonſt die gantze Stellung des Erdbodens verruͤcken muͤſten, und ſobald ſolche nicht ihre gehoͤrige Balance behaͤlt, die ihr die Natur bey ihrer Entſte- hung ertheilet, ſo wuͤrden alle andere Coͤrper die ſich darauf und darinnen befinden, eine gantz andere Conſtitution bekommen muͤſſen, als ſie anfaͤnglich gehabt. Daß aber neue Seen und Meere entſtanden, ſtimmet mit der Erfahrung eben ſo wohl als mit der Moͤg- lichkeit uͤberein. Jch glaube daher vielmehr, daß nach dieſer ſo groſſen Ueberſchwemmung
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[33/0111]
diejenigen Waſſer hingekommen, welche vor-
her in den Abgrund der Erden verborgen ge-
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mengeſuncken, folglich kein vacuum mehr vor-
handen, keinen Raum in centro terræ ha-
ben finden koͤnnen, gleichwohl muͤſſen ſie noth-
wendig weggefallen ſeyn, denn waͤre dieſes
nicht geſchehen, ſo wuͤrden die aufgeloͤſten
erdigen Theile niemals haben zu Boden fal-
len koͤnnen, denn ſo lange fluida noch in ei-
ner heftigen, und gleichen Bewegung ſind,
laſſen ſie die in ihnen ſchwimmenden Koͤrper
nicht fallen. Da wir aber ſehen, daß ſich
die aufgeloͤſte Erde ſchichtenweiſe geſetzt, ſo
muß nothwendig die reiſſende und heftige Be-
wegung derer Waſen abgenommen haben,
und dieſes darum, weil die Menge des Waſ-
ſers immer weniger geworden: Daß das
Meer ſoll groͤſſer geworden ſeyn, iſt deswegen
nicht wohl moͤglich, weil wir ſonſt die gantze
Stellung des Erdbodens verruͤcken muͤſten,
und ſobald ſolche nicht ihre gehoͤrige Balance
behaͤlt, die ihr die Natur bey ihrer Entſte-
hung ertheilet, ſo wuͤrden alle andere Coͤrper
die ſich darauf und darinnen befinden, eine
gantz andere Conſtitution bekommen muͤſſen,
als ſie anfaͤnglich gehabt. Daß aber neue
Seen und Meere entſtanden, ſtimmet mit
der Erfahrung eben ſo wohl als mit der Moͤg-
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Lehmann, Johann Gottlob: Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen. Berlin, 1756, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_versuch_1756/111>, abgerufen am 16.07.2024.
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