Lehmann, Rudolf: Deutsche Poetik. München, 1908.ple_021.001 ple_021.004 ple_021.008 ple_021.035 1) ple_021.040 Ad. Hildebrand, Das Problem der Form. 3. Aufl. 1903. Heinr. Wölfflin, Die ple_021.041 klassische Kunst. Eine Einführung in die italienische Renaissance. München 1899. 2) ple_021.042
Leipzig 1901. ple_021.001 ple_021.004 ple_021.008 ple_021.035 1) ple_021.040 Ad. Hildebrand, Das Problem der Form. 3. Aufl. 1903. Heinr. Wölfflin, Die ple_021.041 klassische Kunst. Eine Einführung in die italienische Renaissance. München 1899. 2) ple_021.042
Leipzig 1901. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0035" n="21"/><lb n="ple_021.001"/> und so den heutigen Poeten mit den aus der Natur des Menschen <lb n="ple_021.002"/> fließenden Regeln und den in geschichtlicher Arbeit erworbenen Kunstgriffen <lb n="ple_021.003"/> bekannt macht“ (S. 475–478).</p> <p><lb n="ple_021.004"/> Man sieht, es ist eine umfassende Synthese beider Seiten der bisherigen <lb n="ple_021.005"/> Entwicklung der Poetik, die Dilthey anstrebt. Objektive und subjektive, <lb n="ple_021.006"/> geschichtliche und psychologische Auffassung will er gleichmäßig <lb n="ple_021.007"/> zu ihrem Rechte kommen lassen.</p> <p><lb n="ple_021.008"/> Der scharfsinnige Denker hat damit in allem Wesentlichen das wahre <lb n="ple_021.009"/> Verhältnis bezeichnet. Die Kunst und insbesondere die Poesie bedarf, wenn <lb n="ple_021.010"/> sie ihrem gesamten Wesen nach zu theoretischem Verständnis gebracht <lb n="ple_021.011"/> werden soll, einerseits der psychologischen Einsicht in die Bedingungen <lb n="ple_021.012"/> und Vorgänge des künstlerischen Schaffens, andrerseits einer Lehre vom <lb n="ple_021.013"/> Kunstwerk, wie es sich objektiv in den geschichtlich entstandenen Gebilden, <lb n="ple_021.014"/> Arten und Formen ausspricht. Die heutige Literaturwissenschaft neigt mit <lb n="ple_021.015"/> einer gewissen Einseitigkeit zur psychologischen Betrachtung und Behandlungsart, <lb n="ple_021.016"/> und die Poetik im Sinne einer objektiven Kunstlehre ist darüber <lb n="ple_021.017"/> in den Hintergrund getreten. Im Gegensatz dazu ist es belehrend zu sehen, <lb n="ple_021.018"/> wie gerade in der jüngsten Zeit auf dem Gebiet der bildenden Künste eine <lb n="ple_021.019"/> rein technische Betrachtungsart, die das psychologische Element mit bewußter <lb n="ple_021.020"/> Absicht ausschließt, ihre Rechte geltend macht: Hildebrands und <lb n="ple_021.021"/> Wölfflins Schriften<note xml:id="ple_021_1" place="foot" n="1)"><lb n="ple_021.040"/><hi rendition="#k">Ad. Hildebrand,</hi> Das Problem der Form. 3. Aufl. 1903. <hi rendition="#k">Heinr. Wölfflin,</hi> Die <lb n="ple_021.041"/> klassische Kunst. Eine Einführung in die italienische Renaissance. München 1899.</note> stehen im Mittelpunkt des ästhetischen Interesses, und <lb n="ple_021.022"/> auch Justis Michel Angelo<note xml:id="ple_021_2" place="foot" n="2)"><lb n="ple_021.042"/> Leipzig 1901.</note> bildet einen lehrreichen Beitrag zu einer induktiven <lb n="ple_021.023"/> Kunstlehre im engeren Sinne. Aber noch entschiedener ist das <lb n="ple_021.024"/> Bedürfnis nach einer solchen Betrachtungsart auf dem Gebiet der Dichtung <lb n="ple_021.025"/> fühlbar, weil ihr Gebiet umfassender und ihre Erscheinungen komplizierter <lb n="ple_021.026"/> sind als die der Plastik oder der Malerei. In der Tat ist es ja auch dieses <lb n="ple_021.027"/> Bedürfnis, das die systematische Poetik alten Stils befriedigen wollte, nur <lb n="ple_021.028"/> daß sie den doppelten Fehler beging, ihre Aufgaben mit der Feststellung <lb n="ple_021.029"/> äußerlich unterscheidbarer Arten und Formen der Poesie und der Regeln, <lb n="ple_021.030"/> die sich daraus ergaben, für gelöst zu halten, und diese äußerlichen Unterscheidungen <lb n="ple_021.031"/> deduktiv aus allgemeinen ästhetischen Begriffen ableiten zu <lb n="ple_021.032"/> wollen. Beide Fehler wird die neue Poetik meiden. Sie wird zu einem <lb n="ple_021.033"/> innerlichen Verständnis vorzudringen suchen und sie wird dieses Verständnis <lb n="ple_021.034"/> auf induktive Weise durch historische Betrachtung begründen.</p> <p><lb n="ple_021.035"/> Die Grenzen nun zwischen der Poetik als Kunstlehre in dem bezeichneten <lb n="ple_021.036"/> Sinne und der gesuchten Psychologie der dichterischen Einbildungskraft <lb n="ple_021.037"/> wird man noch etwas schärfer und tiefer zu ziehen haben, als es <lb n="ple_021.038"/> Dilthey getan hat. Denn tatsächlich handelt es sich nicht nur um eine <lb n="ple_021.039"/> Verschiedenheit der Methoden, sondern auch um einen deutlichen Unterschied </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0035]
ple_021.001
und so den heutigen Poeten mit den aus der Natur des Menschen ple_021.002
fließenden Regeln und den in geschichtlicher Arbeit erworbenen Kunstgriffen ple_021.003
bekannt macht“ (S. 475–478).
ple_021.004
Man sieht, es ist eine umfassende Synthese beider Seiten der bisherigen ple_021.005
Entwicklung der Poetik, die Dilthey anstrebt. Objektive und subjektive, ple_021.006
geschichtliche und psychologische Auffassung will er gleichmäßig ple_021.007
zu ihrem Rechte kommen lassen.
ple_021.008
Der scharfsinnige Denker hat damit in allem Wesentlichen das wahre ple_021.009
Verhältnis bezeichnet. Die Kunst und insbesondere die Poesie bedarf, wenn ple_021.010
sie ihrem gesamten Wesen nach zu theoretischem Verständnis gebracht ple_021.011
werden soll, einerseits der psychologischen Einsicht in die Bedingungen ple_021.012
und Vorgänge des künstlerischen Schaffens, andrerseits einer Lehre vom ple_021.013
Kunstwerk, wie es sich objektiv in den geschichtlich entstandenen Gebilden, ple_021.014
Arten und Formen ausspricht. Die heutige Literaturwissenschaft neigt mit ple_021.015
einer gewissen Einseitigkeit zur psychologischen Betrachtung und Behandlungsart, ple_021.016
und die Poetik im Sinne einer objektiven Kunstlehre ist darüber ple_021.017
in den Hintergrund getreten. Im Gegensatz dazu ist es belehrend zu sehen, ple_021.018
wie gerade in der jüngsten Zeit auf dem Gebiet der bildenden Künste eine ple_021.019
rein technische Betrachtungsart, die das psychologische Element mit bewußter ple_021.020
Absicht ausschließt, ihre Rechte geltend macht: Hildebrands und ple_021.021
Wölfflins Schriften 1) stehen im Mittelpunkt des ästhetischen Interesses, und ple_021.022
auch Justis Michel Angelo 2) bildet einen lehrreichen Beitrag zu einer induktiven ple_021.023
Kunstlehre im engeren Sinne. Aber noch entschiedener ist das ple_021.024
Bedürfnis nach einer solchen Betrachtungsart auf dem Gebiet der Dichtung ple_021.025
fühlbar, weil ihr Gebiet umfassender und ihre Erscheinungen komplizierter ple_021.026
sind als die der Plastik oder der Malerei. In der Tat ist es ja auch dieses ple_021.027
Bedürfnis, das die systematische Poetik alten Stils befriedigen wollte, nur ple_021.028
daß sie den doppelten Fehler beging, ihre Aufgaben mit der Feststellung ple_021.029
äußerlich unterscheidbarer Arten und Formen der Poesie und der Regeln, ple_021.030
die sich daraus ergaben, für gelöst zu halten, und diese äußerlichen Unterscheidungen ple_021.031
deduktiv aus allgemeinen ästhetischen Begriffen ableiten zu ple_021.032
wollen. Beide Fehler wird die neue Poetik meiden. Sie wird zu einem ple_021.033
innerlichen Verständnis vorzudringen suchen und sie wird dieses Verständnis ple_021.034
auf induktive Weise durch historische Betrachtung begründen.
ple_021.035
Die Grenzen nun zwischen der Poetik als Kunstlehre in dem bezeichneten ple_021.036
Sinne und der gesuchten Psychologie der dichterischen Einbildungskraft ple_021.037
wird man noch etwas schärfer und tiefer zu ziehen haben, als es ple_021.038
Dilthey getan hat. Denn tatsächlich handelt es sich nicht nur um eine ple_021.039
Verschiedenheit der Methoden, sondern auch um einen deutlichen Unterschied
1) ple_021.040
Ad. Hildebrand, Das Problem der Form. 3. Aufl. 1903. Heinr. Wölfflin, Die ple_021.041
klassische Kunst. Eine Einführung in die italienische Renaissance. München 1899.
2) ple_021.042
Leipzig 1901.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |