Roheisendarstellung vorzugsweise auf diesen Bedingungen fusst, wäh- rend die Erze durch grosse Reinheit von Phosphor ausgezeichnet und gerade deshalb auch für Darstellung kohlenstoffreicherer Sorten schmied- baren Eisens vorzüglich geeignet sind, ist Schweden; es erklärt sich daher leicht, dass jene Methode vorzugsweise hier ausgebildet wurde und dass man sie aus diesem Grunde als den schwedischen Bessemer- process zu benennen pflegt.
Scheinbar am einfachsten, da die Rückkohlung wegfällt, ist doch dieser Process in seiner Durchführung der am wenigsten leichte. Es kommt hierbei in Betracht, dass einestheils inmitten der Kohlenstoff- verbrennung nunmehr der Zeitpunkt ermittelt werden muss, wo die Entkohlung ihr vorgeschriebenes Maass erreicht hat; anderntheils, dass jene Reinheit des fertigen Eisens von Silicium und Mangan überhaupt nur dann wohlthätig die Eigenschaften desselben zu beeinflussen ver- mag, wenn der Phosphorgehalt sehr niedrig ist, und also der Einfluss des letzteren auch bei dem nothwendigen höheren Kohlenstoffgehalte unbedeutend bleibt.
Gewöhnlich verwendet man für diesen schwedischen Process ein Roheisen mit 0.8--1.2 Proc. Silicium und 0.6--1 Proc. Mangan; die Ueber- hitzung des Roheisens im Schmelzofen hängt ab theils von dem ur- sprünglichen Siliciumgehalte, theils von dem Kohlenstoffgehalte, den das Enderzeugniss erhalten soll. Je siliciumreicher das Roheisen ist und je kohlenstoffreicher das fertige Eisen ausfallen soll, je vorzeitiger also das Blasen unterbrochen werden muss, desto weniger stark wird das Roh- eisen überhitzt; andererseits muss bei gleich starker Ueberhitzung das verwendete Roheisen begreiflicherweise um so siliciumreicher sein, je kohlenstoffärmer das fertige schmiedbare Eisen werden soll.
Der Verlauf des schwedischen Processes unterscheidet sich im Aeussern von dem des deutschen hauptsächlich durch den Wegfall der dritten Periode, wo die Flamme allmählich abstirbt. Im Anfange treten die Anzeichen der Kohlenstoffverbrennung -- weisse, leuchtende Flamme und heftiges Geräusch -- auch hier um so rascher ein, je heisser das Metall in die Birne eingelassen wurde; bald nachdem der Höhepunkt der Kochperiode überschritten ist, pflegt die Unterbrechung des Pro- cesses einzutreten.
Auch der schwedische Process ist, wie der englische, in seiner ursprünglichen reinen Form jetzt seltener geworden. Häufig findet man ein zwischen der deutschen und schwedischen Methode stehendes Ver- fahren derartig ausgebildet, dass man zwar nicht bis zum völligen Erlöschen der Flamme, also bis zur annähernd vollständigen Entkohlung bläst, doch aber, ehe das Metall ausgegossen wird, ihm einen mässigen Zusatz (1--2 Proc.) eines hochmanganhaltigen Eisenmangans giebt. Die Erfahrung lehrt und die Analyse bestätigt es, dass immerhin kleine Sauerstoffmengen auch schon neben mehreren Zehntel Procent Kohlenstoff im Eisen auftreten können, da die starke Verdünnung dieser Körper im Eisenbade eine sofortige Ausscheidung verhindert; mit der Abnahme des Kohlenstoffgehaltes nimmt der Sauerstoffgehalt zu. Durch Manganzusatz erhöht man die Menge der auf den gelösten Sauerstoff- gehalt einwirkenden Körper, seine Ausscheidung wird befördert und
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Der Bessemer- und der Thomasprocess.
Roheisendarstellung vorzugsweise auf diesen Bedingungen fusst, wäh- rend die Erze durch grosse Reinheit von Phosphor ausgezeichnet und gerade deshalb auch für Darstellung kohlenstoffreicherer Sorten schmied- baren Eisens vorzüglich geeignet sind, ist Schweden; es erklärt sich daher leicht, dass jene Methode vorzugsweise hier ausgebildet wurde und dass man sie aus diesem Grunde als den schwedischen Bessemer- process zu benennen pflegt.
Scheinbar am einfachsten, da die Rückkohlung wegfällt, ist doch dieser Process in seiner Durchführung der am wenigsten leichte. Es kommt hierbei in Betracht, dass einestheils inmitten der Kohlenstoff- verbrennung nunmehr der Zeitpunkt ermittelt werden muss, wo die Entkohlung ihr vorgeschriebenes Maass erreicht hat; anderntheils, dass jene Reinheit des fertigen Eisens von Silicium und Mangan überhaupt nur dann wohlthätig die Eigenschaften desselben zu beeinflussen ver- mag, wenn der Phosphorgehalt sehr niedrig ist, und also der Einfluss des letzteren auch bei dem nothwendigen höheren Kohlenstoffgehalte unbedeutend bleibt.
Gewöhnlich verwendet man für diesen schwedischen Process ein Roheisen mit 0.8—1.2 Proc. Silicium und 0.6—1 Proc. Mangan; die Ueber- hitzung des Roheisens im Schmelzofen hängt ab theils von dem ur- sprünglichen Siliciumgehalte, theils von dem Kohlenstoffgehalte, den das Enderzeugniss erhalten soll. Je siliciumreicher das Roheisen ist und je kohlenstoffreicher das fertige Eisen ausfallen soll, je vorzeitiger also das Blasen unterbrochen werden muss, desto weniger stark wird das Roh- eisen überhitzt; andererseits muss bei gleich starker Ueberhitzung das verwendete Roheisen begreiflicherweise um so siliciumreicher sein, je kohlenstoffärmer das fertige schmiedbare Eisen werden soll.
Der Verlauf des schwedischen Processes unterscheidet sich im Aeussern von dem des deutschen hauptsächlich durch den Wegfall der dritten Periode, wo die Flamme allmählich abstirbt. Im Anfange treten die Anzeichen der Kohlenstoffverbrennung — weisse, leuchtende Flamme und heftiges Geräusch — auch hier um so rascher ein, je heisser das Metall in die Birne eingelassen wurde; bald nachdem der Höhepunkt der Kochperiode überschritten ist, pflegt die Unterbrechung des Pro- cesses einzutreten.
Auch der schwedische Process ist, wie der englische, in seiner ursprünglichen reinen Form jetzt seltener geworden. Häufig findet man ein zwischen der deutschen und schwedischen Methode stehendes Ver- fahren derartig ausgebildet, dass man zwar nicht bis zum völligen Erlöschen der Flamme, also bis zur annähernd vollständigen Entkohlung bläst, doch aber, ehe das Metall ausgegossen wird, ihm einen mässigen Zusatz (1—2 Proc.) eines hochmanganhaltigen Eisenmangans giebt. Die Erfahrung lehrt und die Analyse bestätigt es, dass immerhin kleine Sauerstoffmengen auch schon neben mehreren Zehntel Procent Kohlenstoff im Eisen auftreten können, da die starke Verdünnung dieser Körper im Eisenbade eine sofortige Ausscheidung verhindert; mit der Abnahme des Kohlenstoffgehaltes nimmt der Sauerstoffgehalt zu. Durch Manganzusatz erhöht man die Menge der auf den gelösten Sauerstoff- gehalt einwirkenden Körper, seine Ausscheidung wird befördert und
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Der Bessemer- und der Thomasprocess.
Roheisendarstellung vorzugsweise auf diesen Bedingungen fusst, wäh-
rend die Erze durch grosse Reinheit von Phosphor ausgezeichnet und
gerade deshalb auch für Darstellung kohlenstoffreicherer Sorten schmied-
baren Eisens vorzüglich geeignet sind, ist Schweden; es erklärt sich
daher leicht, dass jene Methode vorzugsweise hier ausgebildet wurde und
dass man sie aus diesem Grunde als den schwedischen Bessemer-
process zu benennen pflegt.
Scheinbar am einfachsten, da die Rückkohlung wegfällt, ist doch
dieser Process in seiner Durchführung der am wenigsten leichte. Es
kommt hierbei in Betracht, dass einestheils inmitten der Kohlenstoff-
verbrennung nunmehr der Zeitpunkt ermittelt werden muss, wo die
Entkohlung ihr vorgeschriebenes Maass erreicht hat; anderntheils, dass
jene Reinheit des fertigen Eisens von Silicium und Mangan überhaupt
nur dann wohlthätig die Eigenschaften desselben zu beeinflussen ver-
mag, wenn der Phosphorgehalt sehr niedrig ist, und also der Einfluss
des letzteren auch bei dem nothwendigen höheren Kohlenstoffgehalte
unbedeutend bleibt.
Gewöhnlich verwendet man für diesen schwedischen Process ein
Roheisen mit 0.8—1.2 Proc. Silicium und 0.6—1 Proc. Mangan; die Ueber-
hitzung des Roheisens im Schmelzofen hängt ab theils von dem ur-
sprünglichen Siliciumgehalte, theils von dem Kohlenstoffgehalte, den das
Enderzeugniss erhalten soll. Je siliciumreicher das Roheisen ist und je
kohlenstoffreicher das fertige Eisen ausfallen soll, je vorzeitiger also das
Blasen unterbrochen werden muss, desto weniger stark wird das Roh-
eisen überhitzt; andererseits muss bei gleich starker Ueberhitzung das
verwendete Roheisen begreiflicherweise um so siliciumreicher sein, je
kohlenstoffärmer das fertige schmiedbare Eisen werden soll.
Der Verlauf des schwedischen Processes unterscheidet sich im
Aeussern von dem des deutschen hauptsächlich durch den Wegfall der
dritten Periode, wo die Flamme allmählich abstirbt. Im Anfange treten
die Anzeichen der Kohlenstoffverbrennung — weisse, leuchtende Flamme
und heftiges Geräusch — auch hier um so rascher ein, je heisser das
Metall in die Birne eingelassen wurde; bald nachdem der Höhepunkt
der Kochperiode überschritten ist, pflegt die Unterbrechung des Pro-
cesses einzutreten.
Auch der schwedische Process ist, wie der englische, in seiner
ursprünglichen reinen Form jetzt seltener geworden. Häufig findet man
ein zwischen der deutschen und schwedischen Methode stehendes Ver-
fahren derartig ausgebildet, dass man zwar nicht bis zum völligen
Erlöschen der Flamme, also bis zur annähernd vollständigen Entkohlung
bläst, doch aber, ehe das Metall ausgegossen wird, ihm einen mässigen
Zusatz (1—2 Proc.) eines hochmanganhaltigen Eisenmangans giebt.
Die Erfahrung lehrt und die Analyse bestätigt es, dass immerhin
kleine Sauerstoffmengen auch schon neben mehreren Zehntel Procent
Kohlenstoff im Eisen auftreten können, da die starke Verdünnung dieser
Körper im Eisenbade eine sofortige Ausscheidung verhindert; mit der
Abnahme des Kohlenstoffgehaltes nimmt der Sauerstoffgehalt zu. Durch
Manganzusatz erhöht man die Menge der auf den gelösten Sauerstoff-
gehalt einwirkenden Körper, seine Ausscheidung wird befördert und
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 907. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/995>, abgerufen am 06.01.2025.
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