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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Giessvorrichtungen.
welchem sie aufgestellt werden; und der grössere Kreis bedeutet nicht
allein einen Mehrverbrauch an Grundfläche innerhalb des Giessraumes,
welcher für andere Zwecke verloren geht 1), sondern vertheuert auch
nicht unerheblich die Construction des Krahnes. Diese Uebelstände
steigern sich noch erheblich, wenn ein sehr rascher Betrieb stattfindet,
so dass schon eine zweite Reihe Gussformen aufgestellt sein muss, ehe
die zuvor gefüllten entleert und entfernt werden konnten, man also
den doppelten oder dreifachen Raum als im andern Falle verfügbar
haben muss.

Unter solchen Verhältnissen hat man bei neueren Anlagen mit
Vortheil das zweite System von Giesskrahnen zur Anwendung ge-
bracht: Rollkrahne, welche auf Schienen geradlinig fortbewegt werden
und solcherart eine beliebig lange Reihe von Gussformen zu bedienen
im Stande sind. Besonders zweckmässig sind solche Rollkrahne da, wo,
wie z. B. in Thomaswerken, eine grössere Zahl von Oefen (Birnen)
abwechselnd das flüssige Metall liefern, welches von der Giesspfanne
aufgenommen und durch den Krahn fortbewegt werden soll. Eine Auf-
stellung von mehr als zwei, höchstens drei solcher Apparate im Kreise
rings um einen Drehkrahn herum würde nicht möglich sein, ohne den
Raum für die Gussformen allzu sehr zu beengen; man würde also
unter solchen Umständen gezwungen sein, jene Apparate um mehrere
Drehkrahne zu gruppiren, während ein einziger Rollkrahn auch für ihre
Bedienung ausreicht, sofern sie in gerader Linie neben einander auf-
gestellt sind.

Einen solchen Rollkrahn, von der Märkischen Maschinenbauanstalt
in Wetter a. d. Ruhr für verschiedene deutsche Eisenwerke neuer-
dings gebaut (Hörder Eisenwerk, Peiner Walzwerk), zeigen die Ab-
bildungen Fig. 244 und 245 auf S. 828. 2)

Auf dem starken von sechs Stahlrädern getragenen Wagen be-
findet sich der hydraulische Cylinder b, dessen hohler Kolben auf dem
Wagen feststeht, während der Cylinder gehoben wird, sobald durch den
Kolben Wasser zugeleitet wird. Die Zuführung erfolgt vermittelst der
beiden Pumpen c c (Fig. 245), welche dasselbe aus dem unter dem
Wagen befindlichen Behälter d (Fig. 244) entnehmen und von der
mit den Pumpen gekuppelten, in Fig. 245 sichtbaren Zwillingsdampf-
maschine aus betrieben werden. Auch die Rohrleitung hierfür ist in
Fig. 245 sichtbar.

An dem hydraulischen Cylinder ist nun das Querhaupt oder der
Ausleger f befestigt, um mit diesem gehoben und gesenkt zu werden.
Dieser Ausleger ist ähnlich wie derjenige des vorigen Krahnes aus
schmiedeeisernen Trägern mit entsprechenden Verbindungsstücken con-
struirt und gestattet eine Drehung im Kreise um 180 Grad für den
Fall, dass, wie es häufig zweckmässig sein kann, die Gussformen an
der einen Seite des Wagens, die Oefen an der andern Seite sich
befinden. Das vordere Ende des Auslegers trägt die Giesspfanne, das

1) Man vergegenwärtige sich, dass die Fläche des Kreises im quadratischen
Verhältnisse mit seinem Halbmesser zunimmt.
2) Nach "Stahl und Eisen" 1882, S. 405.
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Die Giessvorrichtungen.
welchem sie aufgestellt werden; und der grössere Kreis bedeutet nicht
allein einen Mehrverbrauch an Grundfläche innerhalb des Giessraumes,
welcher für andere Zwecke verloren geht 1), sondern vertheuert auch
nicht unerheblich die Construction des Krahnes. Diese Uebelstände
steigern sich noch erheblich, wenn ein sehr rascher Betrieb stattfindet,
so dass schon eine zweite Reihe Gussformen aufgestellt sein muss, ehe
die zuvor gefüllten entleert und entfernt werden konnten, man also
den doppelten oder dreifachen Raum als im andern Falle verfügbar
haben muss.

Unter solchen Verhältnissen hat man bei neueren Anlagen mit
Vortheil das zweite System von Giesskrahnen zur Anwendung ge-
bracht: Rollkrahne, welche auf Schienen geradlinig fortbewegt werden
und solcherart eine beliebig lange Reihe von Gussformen zu bedienen
im Stande sind. Besonders zweckmässig sind solche Rollkrahne da, wo,
wie z. B. in Thomaswerken, eine grössere Zahl von Oefen (Birnen)
abwechselnd das flüssige Metall liefern, welches von der Giesspfanne
aufgenommen und durch den Krahn fortbewegt werden soll. Eine Auf-
stellung von mehr als zwei, höchstens drei solcher Apparate im Kreise
rings um einen Drehkrahn herum würde nicht möglich sein, ohne den
Raum für die Gussformen allzu sehr zu beengen; man würde also
unter solchen Umständen gezwungen sein, jene Apparate um mehrere
Drehkrahne zu gruppiren, während ein einziger Rollkrahn auch für ihre
Bedienung ausreicht, sofern sie in gerader Linie neben einander auf-
gestellt sind.

Einen solchen Rollkrahn, von der Märkischen Maschinenbauanstalt
in Wetter a. d. Ruhr für verschiedene deutsche Eisenwerke neuer-
dings gebaut (Hörder Eisenwerk, Peiner Walzwerk), zeigen die Ab-
bildungen Fig. 244 und 245 auf S. 828. 2)

Auf dem starken von sechs Stahlrädern getragenen Wagen be-
findet sich der hydraulische Cylinder b, dessen hohler Kolben auf dem
Wagen feststeht, während der Cylinder gehoben wird, sobald durch den
Kolben Wasser zugeleitet wird. Die Zuführung erfolgt vermittelst der
beiden Pumpen c c (Fig. 245), welche dasselbe aus dem unter dem
Wagen befindlichen Behälter d (Fig. 244) entnehmen und von der
mit den Pumpen gekuppelten, in Fig. 245 sichtbaren Zwillingsdampf-
maschine aus betrieben werden. Auch die Rohrleitung hierfür ist in
Fig. 245 sichtbar.

An dem hydraulischen Cylinder ist nun das Querhaupt oder der
Ausleger f befestigt, um mit diesem gehoben und gesenkt zu werden.
Dieser Ausleger ist ähnlich wie derjenige des vorigen Krahnes aus
schmiedeeisernen Trägern mit entsprechenden Verbindungsstücken con-
struirt und gestattet eine Drehung im Kreise um 180 Grad für den
Fall, dass, wie es häufig zweckmässig sein kann, die Gussformen an
der einen Seite des Wagens, die Oefen an der andern Seite sich
befinden. Das vordere Ende des Auslegers trägt die Giesspfanne, das

1) Man vergegenwärtige sich, dass die Fläche des Kreises im quadratischen
Verhältnisse mit seinem Halbmesser zunimmt.
2) Nach „Stahl und Eisen“ 1882, S. 405.
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[827/0907] Die Giessvorrichtungen. welchem sie aufgestellt werden; und der grössere Kreis bedeutet nicht allein einen Mehrverbrauch an Grundfläche innerhalb des Giessraumes, welcher für andere Zwecke verloren geht 1), sondern vertheuert auch nicht unerheblich die Construction des Krahnes. Diese Uebelstände steigern sich noch erheblich, wenn ein sehr rascher Betrieb stattfindet, so dass schon eine zweite Reihe Gussformen aufgestellt sein muss, ehe die zuvor gefüllten entleert und entfernt werden konnten, man also den doppelten oder dreifachen Raum als im andern Falle verfügbar haben muss. Unter solchen Verhältnissen hat man bei neueren Anlagen mit Vortheil das zweite System von Giesskrahnen zur Anwendung ge- bracht: Rollkrahne, welche auf Schienen geradlinig fortbewegt werden und solcherart eine beliebig lange Reihe von Gussformen zu bedienen im Stande sind. Besonders zweckmässig sind solche Rollkrahne da, wo, wie z. B. in Thomaswerken, eine grössere Zahl von Oefen (Birnen) abwechselnd das flüssige Metall liefern, welches von der Giesspfanne aufgenommen und durch den Krahn fortbewegt werden soll. Eine Auf- stellung von mehr als zwei, höchstens drei solcher Apparate im Kreise rings um einen Drehkrahn herum würde nicht möglich sein, ohne den Raum für die Gussformen allzu sehr zu beengen; man würde also unter solchen Umständen gezwungen sein, jene Apparate um mehrere Drehkrahne zu gruppiren, während ein einziger Rollkrahn auch für ihre Bedienung ausreicht, sofern sie in gerader Linie neben einander auf- gestellt sind. Einen solchen Rollkrahn, von der Märkischen Maschinenbauanstalt in Wetter a. d. Ruhr für verschiedene deutsche Eisenwerke neuer- dings gebaut (Hörder Eisenwerk, Peiner Walzwerk), zeigen die Ab- bildungen Fig. 244 und 245 auf S. 828. 2) Auf dem starken von sechs Stahlrädern getragenen Wagen be- findet sich der hydraulische Cylinder b, dessen hohler Kolben auf dem Wagen feststeht, während der Cylinder gehoben wird, sobald durch den Kolben Wasser zugeleitet wird. Die Zuführung erfolgt vermittelst der beiden Pumpen c c (Fig. 245), welche dasselbe aus dem unter dem Wagen befindlichen Behälter d (Fig. 244) entnehmen und von der mit den Pumpen gekuppelten, in Fig. 245 sichtbaren Zwillingsdampf- maschine aus betrieben werden. Auch die Rohrleitung hierfür ist in Fig. 245 sichtbar. An dem hydraulischen Cylinder ist nun das Querhaupt oder der Ausleger f befestigt, um mit diesem gehoben und gesenkt zu werden. Dieser Ausleger ist ähnlich wie derjenige des vorigen Krahnes aus schmiedeeisernen Trägern mit entsprechenden Verbindungsstücken con- struirt und gestattet eine Drehung im Kreise um 180 Grad für den Fall, dass, wie es häufig zweckmässig sein kann, die Gussformen an der einen Seite des Wagens, die Oefen an der andern Seite sich befinden. Das vordere Ende des Auslegers trägt die Giesspfanne, das 1) Man vergegenwärtige sich, dass die Fläche des Kreises im quadratischen Verhältnisse mit seinem Halbmesser zunimmt. 2) Nach „Stahl und Eisen“ 1882, S. 405. 53*

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 827. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/907>, abgerufen am 18.05.2024.