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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Flusseisens.
dienenden Gussformen pflegen offen zu sein --, wird durch das heftig
einstürzende Metall Luft mit in die Gussform gerissen, welche ebenso
wie die sich entwickelnden Gase in dem Metalle zurückbleiben und
hier Blasenbildung verursachen kann. Auch dieser Uebelstand wird
vermieden, wenn man das Metall von unten her durch einen seitlichen
Kanal zuströmen lässt, dessen Querschnitt so eng bemessen ist, dass
er während des Giessens bis nahe zum Rande mit Metall gefüllt bleibt,
eine Bedingung, deren Erfüllung auch in Rücksicht auf die zuerst
erwähnte Aufgabe des steigenden Gusses nothwendig ist.

Endlich aber kommt in Betracht, dass jene aufsteigende Bewegung
des Metalles das Entweichen der schon entwickelten, aber an der ge-
bildeten Kruste haftenden Gasbläschen befördern muss. Auch in einem
Wasserglase werden die an den Wänden haftenden Bläschen zum Auf-
steigen gebracht, wenn das Wasser bewegt wird; und eine Bewegung
nach oben muss natürlich in dieser Beziehung am vortheilhaftesten
wirken.

In der Eisengiesserei wie bei der Herstellung von Formguss aus
Flusseisen wird der Guss von unten zur Erhöhung der Dichtigkeit
nicht selten angewendet; weniger häufig findet er Benutzung beim Gusse
einfacher prismatischer Blöcke für die weitere Verarbeitung. Die Ein-
richtung der Gussformen wird dadurch umständlicher (vergl. unten:
Gussformen), und das Metall, welches den Zuleitungskanal ausfüllt,
kann nicht anders als durch erneutes Schmelzen zu gute gemacht
werden. Dadurch entstehen Mehrkosten, die in diesem Falle nicht
immer mit dem erzielten Nutzen im Einklange stehen.

6. Erstarrenlassen des gegossenen Metalles unter hohem
Drucke
. Die Entwickelung der in einer Flüssigkeit gelösten Gase
wird, wie allgemein bekannt ist, gehindert, wenn die Flüssigkeit einem
entsprechend hohen Drucke ausgesetzt ist; und die etwa bereits ent-
wickelten Gase werden auf einen um so kleineren Raum zusammen-
gedrängt werden, die Gasblasen im Innern werden also um so un-
bedeutender ausfallen, unter je stärkerem Drucke das Metall erstarrt.

Wiederholt hat man versucht, diese Wirkung eines auf dem
Metalle lastenden Druckes zur Erzielung dichter Flusseisenblöcke nutz-
bar zu machen. Die angewendeten Mittel zur Erzeugung dieses Druckes
aber sind ziemlich verschiedenartig.

Ein sehr einfaches und häufig angewendetes Mittel, um ein allzu
starkes Steigen des in eine oben offene eiserne Gussform eingegossenen
Flusseisens zu vermeiden, besteht darin, dass man die Gussform nicht
ganz bis zum Rande mit dem flüssigen Metalle anfüllt, sondern einen
Raum von 6--10 cm Höhe frei lässt, alsdann trockenen Sand, gepul-
verten Lehm oder Masse auf die Oberfläche des noch flüssigen Eisens
schüttet, so dass die Schüttung bis etwas über den Rand der Guss-
form hinaus ragt, einen eisernen Deckel darauf legt und mit Keilen
festzieht. Fig. 238 zeigt diese Einrichtung. Die schmiedeeisernen
Bügel, durch welche der Keil hindurchgesteckt wird, sind in die Guss-
form eingegossen. Die Einrichtung ermöglicht zwar nur die Erzielung
eines beschränkten Druckes, besitzt aber den Vortheil grosser Einfach-
heit. Ist die Gasentwickelung sehr heftig, so kommt es vor, dass

Die Darstellung des Flusseisens.
dienenden Gussformen pflegen offen zu sein —, wird durch das heftig
einstürzende Metall Luft mit in die Gussform gerissen, welche ebenso
wie die sich entwickelnden Gase in dem Metalle zurückbleiben und
hier Blasenbildung verursachen kann. Auch dieser Uebelstand wird
vermieden, wenn man das Metall von unten her durch einen seitlichen
Kanal zuströmen lässt, dessen Querschnitt so eng bemessen ist, dass
er während des Giessens bis nahe zum Rande mit Metall gefüllt bleibt,
eine Bedingung, deren Erfüllung auch in Rücksicht auf die zuerst
erwähnte Aufgabe des steigenden Gusses nothwendig ist.

Endlich aber kommt in Betracht, dass jene aufsteigende Bewegung
des Metalles das Entweichen der schon entwickelten, aber an der ge-
bildeten Kruste haftenden Gasbläschen befördern muss. Auch in einem
Wasserglase werden die an den Wänden haftenden Bläschen zum Auf-
steigen gebracht, wenn das Wasser bewegt wird; und eine Bewegung
nach oben muss natürlich in dieser Beziehung am vortheilhaftesten
wirken.

In der Eisengiesserei wie bei der Herstellung von Formguss aus
Flusseisen wird der Guss von unten zur Erhöhung der Dichtigkeit
nicht selten angewendet; weniger häufig findet er Benutzung beim Gusse
einfacher prismatischer Blöcke für die weitere Verarbeitung. Die Ein-
richtung der Gussformen wird dadurch umständlicher (vergl. unten:
Gussformen), und das Metall, welches den Zuleitungskanal ausfüllt,
kann nicht anders als durch erneutes Schmelzen zu gute gemacht
werden. Dadurch entstehen Mehrkosten, die in diesem Falle nicht
immer mit dem erzielten Nutzen im Einklange stehen.

6. Erstarrenlassen des gegossenen Metalles unter hohem
Drucke
. Die Entwickelung der in einer Flüssigkeit gelösten Gase
wird, wie allgemein bekannt ist, gehindert, wenn die Flüssigkeit einem
entsprechend hohen Drucke ausgesetzt ist; und die etwa bereits ent-
wickelten Gase werden auf einen um so kleineren Raum zusammen-
gedrängt werden, die Gasblasen im Innern werden also um so un-
bedeutender ausfallen, unter je stärkerem Drucke das Metall erstarrt.

Wiederholt hat man versucht, diese Wirkung eines auf dem
Metalle lastenden Druckes zur Erzielung dichter Flusseisenblöcke nutz-
bar zu machen. Die angewendeten Mittel zur Erzeugung dieses Druckes
aber sind ziemlich verschiedenartig.

Ein sehr einfaches und häufig angewendetes Mittel, um ein allzu
starkes Steigen des in eine oben offene eiserne Gussform eingegossenen
Flusseisens zu vermeiden, besteht darin, dass man die Gussform nicht
ganz bis zum Rande mit dem flüssigen Metalle anfüllt, sondern einen
Raum von 6—10 cm Höhe frei lässt, alsdann trockenen Sand, gepul-
verten Lehm oder Masse auf die Oberfläche des noch flüssigen Eisens
schüttet, so dass die Schüttung bis etwas über den Rand der Guss-
form hinaus ragt, einen eisernen Deckel darauf legt und mit Keilen
festzieht. Fig. 238 zeigt diese Einrichtung. Die schmiedeeisernen
Bügel, durch welche der Keil hindurchgesteckt wird, sind in die Guss-
form eingegossen. Die Einrichtung ermöglicht zwar nur die Erzielung
eines beschränkten Druckes, besitzt aber den Vortheil grosser Einfach-
heit. Ist die Gasentwickelung sehr heftig, so kommt es vor, dass

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[820/0900] Die Darstellung des Flusseisens. dienenden Gussformen pflegen offen zu sein —, wird durch das heftig einstürzende Metall Luft mit in die Gussform gerissen, welche ebenso wie die sich entwickelnden Gase in dem Metalle zurückbleiben und hier Blasenbildung verursachen kann. Auch dieser Uebelstand wird vermieden, wenn man das Metall von unten her durch einen seitlichen Kanal zuströmen lässt, dessen Querschnitt so eng bemessen ist, dass er während des Giessens bis nahe zum Rande mit Metall gefüllt bleibt, eine Bedingung, deren Erfüllung auch in Rücksicht auf die zuerst erwähnte Aufgabe des steigenden Gusses nothwendig ist. Endlich aber kommt in Betracht, dass jene aufsteigende Bewegung des Metalles das Entweichen der schon entwickelten, aber an der ge- bildeten Kruste haftenden Gasbläschen befördern muss. Auch in einem Wasserglase werden die an den Wänden haftenden Bläschen zum Auf- steigen gebracht, wenn das Wasser bewegt wird; und eine Bewegung nach oben muss natürlich in dieser Beziehung am vortheilhaftesten wirken. In der Eisengiesserei wie bei der Herstellung von Formguss aus Flusseisen wird der Guss von unten zur Erhöhung der Dichtigkeit nicht selten angewendet; weniger häufig findet er Benutzung beim Gusse einfacher prismatischer Blöcke für die weitere Verarbeitung. Die Ein- richtung der Gussformen wird dadurch umständlicher (vergl. unten: Gussformen), und das Metall, welches den Zuleitungskanal ausfüllt, kann nicht anders als durch erneutes Schmelzen zu gute gemacht werden. Dadurch entstehen Mehrkosten, die in diesem Falle nicht immer mit dem erzielten Nutzen im Einklange stehen. 6. Erstarrenlassen des gegossenen Metalles unter hohem Drucke. Die Entwickelung der in einer Flüssigkeit gelösten Gase wird, wie allgemein bekannt ist, gehindert, wenn die Flüssigkeit einem entsprechend hohen Drucke ausgesetzt ist; und die etwa bereits ent- wickelten Gase werden auf einen um so kleineren Raum zusammen- gedrängt werden, die Gasblasen im Innern werden also um so un- bedeutender ausfallen, unter je stärkerem Drucke das Metall erstarrt. Wiederholt hat man versucht, diese Wirkung eines auf dem Metalle lastenden Druckes zur Erzielung dichter Flusseisenblöcke nutz- bar zu machen. Die angewendeten Mittel zur Erzeugung dieses Druckes aber sind ziemlich verschiedenartig. Ein sehr einfaches und häufig angewendetes Mittel, um ein allzu starkes Steigen des in eine oben offene eiserne Gussform eingegossenen Flusseisens zu vermeiden, besteht darin, dass man die Gussform nicht ganz bis zum Rande mit dem flüssigen Metalle anfüllt, sondern einen Raum von 6—10 cm Höhe frei lässt, alsdann trockenen Sand, gepul- verten Lehm oder Masse auf die Oberfläche des noch flüssigen Eisens schüttet, so dass die Schüttung bis etwas über den Rand der Guss- form hinaus ragt, einen eisernen Deckel darauf legt und mit Keilen festzieht. Fig. 238 zeigt diese Einrichtung. Die schmiedeeisernen Bügel, durch welche der Keil hindurchgesteckt wird, sind in die Guss- form eingegossen. Die Einrichtung ermöglicht zwar nur die Erzielung eines beschränkten Druckes, besitzt aber den Vortheil grosser Einfach- heit. Ist die Gasentwickelung sehr heftig, so kommt es vor, dass

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 820. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/900>, abgerufen am 02.06.2024.