Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Puddeln in feststehenden Oefen.
dahin ausschliesslich verwendeten Holzkohlen zur Anwendung zu
bringen.

In dem älteren zur Darstellung schmiedbaren Eisens benutzten
Apparate, dem Frischfeuer, war eine Benutzung mineralischer, stets
schwefelhaltiger, Kohlen nicht möglich. Man musste einen Ofen con-
struiren, in welchem das zu verarbeitende Eisen nicht mit dem Brenn-
stoffe selbst in Berührung kam, sondern nur durch die entwickelte
Flamme erhitzt wurde, und man erlangte alsdann den andern, nicht
zu unterschätzenden Vortheil, dass man rohe, unverkohlte Brennstoffe
zur Verwendung bringen konnte. Auf den einzuschlagenden Weg
wies die Einrichtung der schon seit Jahrhunderten benutzten Flamm-
öfen zum Schmelzen anderer Metalle hin.

Durch diese Verhältnisse angeregt erfand der Engländer Henry
Cort
im Jahre 1784 das Flammofenfrischen oder, wie es in Rück-
sicht auf die Eigenthümlichkeiten des Arbeitsverfahrens häufiger ge-
nannt wird, das Puddeln. 1)

Der Cort'sche Flammofen genügte nun allerdings dem Zwecke,
die Verwendung von Steinkohlen an Stelle der Holzkohlen für die
Darstellung schmiedbaren Eisens zu ermöglichen; er war aber noch
weit davon entfernt, als eine Verbesserung des bisherigen Verfahrens
auch in anderer Beziehung zu erscheinen. Nach dem Muster aller
übrigen bis dahin benutzten Flammöfen besass der Cort'sche Ofen
einen Herd aus quarzreichem Materiale, auf welchem die Bildung einer
stark basischen, Eisenoxydreichen Schlacke unmöglich war. Die Schlacke
vermochte demnach auch nicht, eine starke Oxydationswirkung auf
den im Eisenbade befindlichen Kohlenstoff auszuüben, und die Ver-
brennung des letzteren musste vorwiegend durch unmittelbare Ein-
wirkung des Gasstromes erfolgen, während die von dem Eisen dem
Gasstrome dargebotene Oberfläche bedeutend geringer war als bei dem
tropfenweisen Niederschmelzen im Frischfeuer. Auch das schon von
Cort in Anwendung gebrachte unausgesetzte Rühren des Metallbades
mit eisernen Stangen vermochte diesen Uebelstand nur in beschränktem
Maasse abzumindern.

Die Zeitdauer der Umwandlung des Roheisens in schmiedbares
Eisen war aus diesen Gründen lang; in der längeren Zeit aber wurden
grössere Mengen Eisen oxydirt und Brennstoff verbraucht.

Wo also nicht durch einen gänzlichen Mangel an Holzkohlen eine
dringende Veranlassung zur Einführung des neuen Verfahrens gegeben
war, sah man noch davon ab und Cort starb im Jahre 1800, ohne
von seinem Patente besonderen Nutzen gehabt zu haben.

Einen entschiedenen Fortschritt machte das neue Verfahren erst,
als im Jahre 1818 Baldwin Rogers in Glamorganshire die Puddel-
öfen mit einer eisernen Herdeinfassung, insbesondere einem eisernen
Boden versah, und als dann einige Jahre später Joseph Hall, eben-
falls ein Engländer, den eisernen Herd mit eisenoxydreichen Materia-
lien ausfutterte. Nunmehr erst waren die Vorbedingungen gegeben,
damit die Entstehung einer eisenoxydreichen Schlacke befördert und

1) To puddle = umrühren.

Das Puddeln in feststehenden Oefen.
dahin ausschliesslich verwendeten Holzkohlen zur Anwendung zu
bringen.

In dem älteren zur Darstellung schmiedbaren Eisens benutzten
Apparate, dem Frischfeuer, war eine Benutzung mineralischer, stets
schwefelhaltiger, Kohlen nicht möglich. Man musste einen Ofen con-
struiren, in welchem das zu verarbeitende Eisen nicht mit dem Brenn-
stoffe selbst in Berührung kam, sondern nur durch die entwickelte
Flamme erhitzt wurde, und man erlangte alsdann den andern, nicht
zu unterschätzenden Vortheil, dass man rohe, unverkohlte Brennstoffe
zur Verwendung bringen konnte. Auf den einzuschlagenden Weg
wies die Einrichtung der schon seit Jahrhunderten benutzten Flamm-
öfen zum Schmelzen anderer Metalle hin.

Durch diese Verhältnisse angeregt erfand der Engländer Henry
Cort
im Jahre 1784 das Flammofenfrischen oder, wie es in Rück-
sicht auf die Eigenthümlichkeiten des Arbeitsverfahrens häufiger ge-
nannt wird, das Puddeln. 1)

Der Cort’sche Flammofen genügte nun allerdings dem Zwecke,
die Verwendung von Steinkohlen an Stelle der Holzkohlen für die
Darstellung schmiedbaren Eisens zu ermöglichen; er war aber noch
weit davon entfernt, als eine Verbesserung des bisherigen Verfahrens
auch in anderer Beziehung zu erscheinen. Nach dem Muster aller
übrigen bis dahin benutzten Flammöfen besass der Cort’sche Ofen
einen Herd aus quarzreichem Materiale, auf welchem die Bildung einer
stark basischen, Eisenoxydreichen Schlacke unmöglich war. Die Schlacke
vermochte demnach auch nicht, eine starke Oxydationswirkung auf
den im Eisenbade befindlichen Kohlenstoff auszuüben, und die Ver-
brennung des letzteren musste vorwiegend durch unmittelbare Ein-
wirkung des Gasstromes erfolgen, während die von dem Eisen dem
Gasstrome dargebotene Oberfläche bedeutend geringer war als bei dem
tropfenweisen Niederschmelzen im Frischfeuer. Auch das schon von
Cort in Anwendung gebrachte unausgesetzte Rühren des Metallbades
mit eisernen Stangen vermochte diesen Uebelstand nur in beschränktem
Maasse abzumindern.

Die Zeitdauer der Umwandlung des Roheisens in schmiedbares
Eisen war aus diesen Gründen lang; in der längeren Zeit aber wurden
grössere Mengen Eisen oxydirt und Brennstoff verbraucht.

Wo also nicht durch einen gänzlichen Mangel an Holzkohlen eine
dringende Veranlassung zur Einführung des neuen Verfahrens gegeben
war, sah man noch davon ab und Cort starb im Jahre 1800, ohne
von seinem Patente besonderen Nutzen gehabt zu haben.

Einen entschiedenen Fortschritt machte das neue Verfahren erst,
als im Jahre 1818 Baldwin Rogers in Glamorganshire die Puddel-
öfen mit einer eisernen Herdeinfassung, insbesondere einem eisernen
Boden versah, und als dann einige Jahre später Joseph Hall, eben-
falls ein Engländer, den eisernen Herd mit eisenoxydreichen Materia-
lien ausfutterte. Nunmehr erst waren die Vorbedingungen gegeben,
damit die Entstehung einer eisenoxydreichen Schlacke befördert und

1) To puddle = umrühren.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0843" n="771"/><fw place="top" type="header">Das Puddeln in feststehenden Oefen.</fw><lb/>
dahin ausschliesslich verwendeten Holzkohlen zur Anwendung zu<lb/>
bringen.</p><lb/>
              <p>In dem älteren zur Darstellung schmiedbaren Eisens benutzten<lb/>
Apparate, dem Frischfeuer, war eine Benutzung mineralischer, stets<lb/>
schwefelhaltiger, Kohlen nicht möglich. Man musste einen Ofen con-<lb/>
struiren, in welchem das zu verarbeitende Eisen nicht mit dem Brenn-<lb/>
stoffe selbst in Berührung kam, sondern nur durch die entwickelte<lb/>
Flamme erhitzt wurde, und man erlangte alsdann den andern, nicht<lb/>
zu unterschätzenden Vortheil, dass man rohe, unverkohlte Brennstoffe<lb/>
zur Verwendung bringen konnte. Auf den einzuschlagenden Weg<lb/>
wies die Einrichtung der schon seit Jahrhunderten benutzten Flamm-<lb/>
öfen zum Schmelzen anderer Metalle hin.</p><lb/>
              <p>Durch diese Verhältnisse angeregt erfand der Engländer <hi rendition="#g">Henry<lb/>
Cort</hi> im Jahre 1784 das <hi rendition="#g">Flammofenfrischen</hi> oder, wie es in Rück-<lb/>
sicht auf die Eigenthümlichkeiten des Arbeitsverfahrens häufiger ge-<lb/>
nannt wird, das <hi rendition="#g">Puddeln</hi>. <note place="foot" n="1)">To puddle = umrühren.</note></p><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#g">Cort</hi>&#x2019;sche Flammofen genügte nun allerdings dem Zwecke,<lb/>
die Verwendung von Steinkohlen an Stelle der Holzkohlen für die<lb/>
Darstellung schmiedbaren Eisens zu ermöglichen; er war aber noch<lb/>
weit davon entfernt, als eine Verbesserung des bisherigen Verfahrens<lb/>
auch in anderer Beziehung zu erscheinen. Nach dem Muster aller<lb/>
übrigen bis dahin benutzten Flammöfen besass der <hi rendition="#g">Cort</hi>&#x2019;sche Ofen<lb/>
einen Herd aus quarzreichem Materiale, auf welchem die Bildung einer<lb/>
stark basischen, Eisenoxydreichen Schlacke unmöglich war. Die Schlacke<lb/>
vermochte demnach auch nicht, eine starke Oxydationswirkung auf<lb/>
den im Eisenbade befindlichen Kohlenstoff auszuüben, und die Ver-<lb/>
brennung des letzteren musste vorwiegend durch unmittelbare Ein-<lb/>
wirkung des Gasstromes erfolgen, während die von dem Eisen dem<lb/>
Gasstrome dargebotene Oberfläche bedeutend geringer war als bei dem<lb/>
tropfenweisen Niederschmelzen im Frischfeuer. Auch das schon von<lb/><hi rendition="#g">Cort</hi> in Anwendung gebrachte unausgesetzte Rühren des Metallbades<lb/>
mit eisernen Stangen vermochte diesen Uebelstand nur in beschränktem<lb/>
Maasse abzumindern.</p><lb/>
              <p>Die Zeitdauer der Umwandlung des Roheisens in schmiedbares<lb/>
Eisen war aus diesen Gründen lang; in der längeren Zeit aber wurden<lb/>
grössere Mengen Eisen oxydirt und Brennstoff verbraucht.</p><lb/>
              <p>Wo also nicht durch einen gänzlichen Mangel an Holzkohlen eine<lb/>
dringende Veranlassung zur Einführung des neuen Verfahrens gegeben<lb/>
war, sah man noch davon ab und <hi rendition="#g">Cort</hi> starb im Jahre 1800, ohne<lb/>
von seinem Patente besonderen Nutzen gehabt zu haben.</p><lb/>
              <p>Einen entschiedenen Fortschritt machte das neue Verfahren erst,<lb/>
als im Jahre 1818 <hi rendition="#g">Baldwin Rogers</hi> in Glamorganshire die Puddel-<lb/>
öfen mit einer eisernen Herdeinfassung, insbesondere einem eisernen<lb/>
Boden versah, und als dann einige Jahre später <hi rendition="#g">Joseph Hall</hi>, eben-<lb/>
falls ein Engländer, den eisernen Herd mit eisenoxydreichen Materia-<lb/>
lien ausfutterte. Nunmehr erst waren die Vorbedingungen gegeben,<lb/>
damit die Entstehung einer eisenoxydreichen Schlacke befördert und<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[771/0843] Das Puddeln in feststehenden Oefen. dahin ausschliesslich verwendeten Holzkohlen zur Anwendung zu bringen. In dem älteren zur Darstellung schmiedbaren Eisens benutzten Apparate, dem Frischfeuer, war eine Benutzung mineralischer, stets schwefelhaltiger, Kohlen nicht möglich. Man musste einen Ofen con- struiren, in welchem das zu verarbeitende Eisen nicht mit dem Brenn- stoffe selbst in Berührung kam, sondern nur durch die entwickelte Flamme erhitzt wurde, und man erlangte alsdann den andern, nicht zu unterschätzenden Vortheil, dass man rohe, unverkohlte Brennstoffe zur Verwendung bringen konnte. Auf den einzuschlagenden Weg wies die Einrichtung der schon seit Jahrhunderten benutzten Flamm- öfen zum Schmelzen anderer Metalle hin. Durch diese Verhältnisse angeregt erfand der Engländer Henry Cort im Jahre 1784 das Flammofenfrischen oder, wie es in Rück- sicht auf die Eigenthümlichkeiten des Arbeitsverfahrens häufiger ge- nannt wird, das Puddeln. 1) Der Cort’sche Flammofen genügte nun allerdings dem Zwecke, die Verwendung von Steinkohlen an Stelle der Holzkohlen für die Darstellung schmiedbaren Eisens zu ermöglichen; er war aber noch weit davon entfernt, als eine Verbesserung des bisherigen Verfahrens auch in anderer Beziehung zu erscheinen. Nach dem Muster aller übrigen bis dahin benutzten Flammöfen besass der Cort’sche Ofen einen Herd aus quarzreichem Materiale, auf welchem die Bildung einer stark basischen, Eisenoxydreichen Schlacke unmöglich war. Die Schlacke vermochte demnach auch nicht, eine starke Oxydationswirkung auf den im Eisenbade befindlichen Kohlenstoff auszuüben, und die Ver- brennung des letzteren musste vorwiegend durch unmittelbare Ein- wirkung des Gasstromes erfolgen, während die von dem Eisen dem Gasstrome dargebotene Oberfläche bedeutend geringer war als bei dem tropfenweisen Niederschmelzen im Frischfeuer. Auch das schon von Cort in Anwendung gebrachte unausgesetzte Rühren des Metallbades mit eisernen Stangen vermochte diesen Uebelstand nur in beschränktem Maasse abzumindern. Die Zeitdauer der Umwandlung des Roheisens in schmiedbares Eisen war aus diesen Gründen lang; in der längeren Zeit aber wurden grössere Mengen Eisen oxydirt und Brennstoff verbraucht. Wo also nicht durch einen gänzlichen Mangel an Holzkohlen eine dringende Veranlassung zur Einführung des neuen Verfahrens gegeben war, sah man noch davon ab und Cort starb im Jahre 1800, ohne von seinem Patente besonderen Nutzen gehabt zu haben. Einen entschiedenen Fortschritt machte das neue Verfahren erst, als im Jahre 1818 Baldwin Rogers in Glamorganshire die Puddel- öfen mit einer eisernen Herdeinfassung, insbesondere einem eisernen Boden versah, und als dann einige Jahre später Joseph Hall, eben- falls ein Engländer, den eisernen Herd mit eisenoxydreichen Materia- lien ausfutterte. Nunmehr erst waren die Vorbedingungen gegeben, damit die Entstehung einer eisenoxydreichen Schlacke befördert und 1) To puddle = umrühren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/843
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/843>, abgerufen am 05.12.2024.