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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Schweisseisens.
Feuers ist hoch; dieser Umstand sowie das tropfenweise Schmelzen
befördern die Abscheidung der Schlacke und die Entstehung eines
Eisens von gleichmässiger Beschaffenheit.

Das Frischfeuereisen zeichnet sich aus diesem Grunde gegenüber
anderen Sorten Schweisseisen, insbesondere dem durch den später zu
besprechenden Puddelprocess dargestellten Eisen durch Zähigkeit und
Dehnbarkeit aus. Dieser Umstand liefert die Erklärung dafür, dass der
Frischfeuerbetrieb bis heutigen Tages -- wenn auch nicht in grosser
Ausdehnung -- noch in einzelnen Gegenden aufrecht erhalten wird,
wo im Uebrigen nicht die mindeste Veranlassung dafür vorliegen
würde. Im Erzgebirge (Erlahammer bei Schwarzenberg) betreibt man
Frischfeuer, um aus dem erfolgenden Eisen die feinen Schwarzbleche
darzustellen, deren die Erzgebirgische Blechwaarenindustrie zur An-
fertigung mannigfacher Gebrauchsgegenstände bedarf; zu ähnlichen
Zwecken vermuthlich wird noch auf einigen Werken Oberschlesiens
der Frischfeuerbetrieb aufrecht erhalten; selbst in England, dem Lande
der Steinkohlen und der Massenproduction, sollen noch Frischfeuer
im Betriebe sein, deren Eisen das Material für die Weissblechanfer-
tigung bildet; denn bekanntlich müssen an das nur im kalten Zustande
verarbeitbare Weissblech die höchsten Ansprüche hinsichtlich der Dehn-
barkeit gestellt werden.

Diesem unleugbaren Vorzuge des Frischfeuerbetriebes steht der
Nachtheil gegenüber, dass der Process weniger gut als der Puddel-
process geeignet ist, Phosphor aus dem Roheisen zur Abscheidung zu
bringen. Die stattfindende Berührung mit den glühenden Holzkohlen,
die weniger ausgedehnte Berührung mit der Schlacke und die ver-
hältnissmässig hohe Temperatur machen diesen Umstand erklärlich.
Allerdings geht ein Theil des Phosphorgehaltes auch bei dem Herd-
frischprocess aus dem Roheisen in die Schlacke; aber die Menge des-
selben ist durchschnittlich geringer, und aus phosphorhaltigem Roh-
eisen erfolgt leichter als bei dem Puddelprocesse kaltbrüchiges Eisen.
Soll also der erwähnte Vortheil der Schlackenreinheit des Herdfrisch-
eisens nicht durch den grösseren Nachtheil des Kaltbruches aufgehoben
werden, sollen die Eigenschaften des Eisens auch mit seinen verhält-
nissmässig hohen Erzeugungskosten im Einklange stehen, so ist die
Benutzung reiner, phosphorfreier Roheisensorten zum Verfrischen
erforderlich.

Alle diese Verhältnisse zusammen bilden die Begründung dafür,
dass der Herdfrischprocess trotz seiner beschränkten Leistungsfähigkeit
auch in der Jetztzeit noch eine verhältnissmässig wichtige Rolle in
solchen Ländern zu spielen vermag, wo phosphorfreie Erze das Material
der Roheisendarstellung bilden, mineralische Brennstoffe selten und
kostspielig, Holzkohlen dagegen in reichlichen oder doch ausreichenden
Mengen zu beschaffen sind. Hierher gehört vor allen anderen Ländern
Schweden, dessen Herdfrischeisen sich Weltruf erwarb; auch die öster-
reichischen Alpenländer halten den Frischfeuerbetrieb, wenn auch gegen
früher im beschränkten Maasse, aufrecht und erzeugen neben gewöhn-
lichem Schmiedeeisen einen auch im Auslande geschätzten Stahl; ver-
schiedene waldreiche Gegenden Russlands gehören hierher; u. a. m.

Die Darstellung des Schweisseisens.
Feuers ist hoch; dieser Umstand sowie das tropfenweise Schmelzen
befördern die Abscheidung der Schlacke und die Entstehung eines
Eisens von gleichmässiger Beschaffenheit.

Das Frischfeuereisen zeichnet sich aus diesem Grunde gegenüber
anderen Sorten Schweisseisen, insbesondere dem durch den später zu
besprechenden Puddelprocess dargestellten Eisen durch Zähigkeit und
Dehnbarkeit aus. Dieser Umstand liefert die Erklärung dafür, dass der
Frischfeuerbetrieb bis heutigen Tages — wenn auch nicht in grosser
Ausdehnung — noch in einzelnen Gegenden aufrecht erhalten wird,
wo im Uebrigen nicht die mindeste Veranlassung dafür vorliegen
würde. Im Erzgebirge (Erlahammer bei Schwarzenberg) betreibt man
Frischfeuer, um aus dem erfolgenden Eisen die feinen Schwarzbleche
darzustellen, deren die Erzgebirgische Blechwaarenindustrie zur An-
fertigung mannigfacher Gebrauchsgegenstände bedarf; zu ähnlichen
Zwecken vermuthlich wird noch auf einigen Werken Oberschlesiens
der Frischfeuerbetrieb aufrecht erhalten; selbst in England, dem Lande
der Steinkohlen und der Massenproduction, sollen noch Frischfeuer
im Betriebe sein, deren Eisen das Material für die Weissblechanfer-
tigung bildet; denn bekanntlich müssen an das nur im kalten Zustande
verarbeitbare Weissblech die höchsten Ansprüche hinsichtlich der Dehn-
barkeit gestellt werden.

Diesem unleugbaren Vorzuge des Frischfeuerbetriebes steht der
Nachtheil gegenüber, dass der Process weniger gut als der Puddel-
process geeignet ist, Phosphor aus dem Roheisen zur Abscheidung zu
bringen. Die stattfindende Berührung mit den glühenden Holzkohlen,
die weniger ausgedehnte Berührung mit der Schlacke und die ver-
hältnissmässig hohe Temperatur machen diesen Umstand erklärlich.
Allerdings geht ein Theil des Phosphorgehaltes auch bei dem Herd-
frischprocess aus dem Roheisen in die Schlacke; aber die Menge des-
selben ist durchschnittlich geringer, und aus phosphorhaltigem Roh-
eisen erfolgt leichter als bei dem Puddelprocesse kaltbrüchiges Eisen.
Soll also der erwähnte Vortheil der Schlackenreinheit des Herdfrisch-
eisens nicht durch den grösseren Nachtheil des Kaltbruches aufgehoben
werden, sollen die Eigenschaften des Eisens auch mit seinen verhält-
nissmässig hohen Erzeugungskosten im Einklange stehen, so ist die
Benutzung reiner, phosphorfreier Roheisensorten zum Verfrischen
erforderlich.

Alle diese Verhältnisse zusammen bilden die Begründung dafür,
dass der Herdfrischprocess trotz seiner beschränkten Leistungsfähigkeit
auch in der Jetztzeit noch eine verhältnissmässig wichtige Rolle in
solchen Ländern zu spielen vermag, wo phosphorfreie Erze das Material
der Roheisendarstellung bilden, mineralische Brennstoffe selten und
kostspielig, Holzkohlen dagegen in reichlichen oder doch ausreichenden
Mengen zu beschaffen sind. Hierher gehört vor allen anderen Ländern
Schweden, dessen Herdfrischeisen sich Weltruf erwarb; auch die öster-
reichischen Alpenländer halten den Frischfeuerbetrieb, wenn auch gegen
früher im beschränkten Maasse, aufrecht und erzeugen neben gewöhn-
lichem Schmiedeeisen einen auch im Auslande geschätzten Stahl; ver-
schiedene waldreiche Gegenden Russlands gehören hierher; u. a. m.

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[758/0830] Die Darstellung des Schweisseisens. Feuers ist hoch; dieser Umstand sowie das tropfenweise Schmelzen befördern die Abscheidung der Schlacke und die Entstehung eines Eisens von gleichmässiger Beschaffenheit. Das Frischfeuereisen zeichnet sich aus diesem Grunde gegenüber anderen Sorten Schweisseisen, insbesondere dem durch den später zu besprechenden Puddelprocess dargestellten Eisen durch Zähigkeit und Dehnbarkeit aus. Dieser Umstand liefert die Erklärung dafür, dass der Frischfeuerbetrieb bis heutigen Tages — wenn auch nicht in grosser Ausdehnung — noch in einzelnen Gegenden aufrecht erhalten wird, wo im Uebrigen nicht die mindeste Veranlassung dafür vorliegen würde. Im Erzgebirge (Erlahammer bei Schwarzenberg) betreibt man Frischfeuer, um aus dem erfolgenden Eisen die feinen Schwarzbleche darzustellen, deren die Erzgebirgische Blechwaarenindustrie zur An- fertigung mannigfacher Gebrauchsgegenstände bedarf; zu ähnlichen Zwecken vermuthlich wird noch auf einigen Werken Oberschlesiens der Frischfeuerbetrieb aufrecht erhalten; selbst in England, dem Lande der Steinkohlen und der Massenproduction, sollen noch Frischfeuer im Betriebe sein, deren Eisen das Material für die Weissblechanfer- tigung bildet; denn bekanntlich müssen an das nur im kalten Zustande verarbeitbare Weissblech die höchsten Ansprüche hinsichtlich der Dehn- barkeit gestellt werden. Diesem unleugbaren Vorzuge des Frischfeuerbetriebes steht der Nachtheil gegenüber, dass der Process weniger gut als der Puddel- process geeignet ist, Phosphor aus dem Roheisen zur Abscheidung zu bringen. Die stattfindende Berührung mit den glühenden Holzkohlen, die weniger ausgedehnte Berührung mit der Schlacke und die ver- hältnissmässig hohe Temperatur machen diesen Umstand erklärlich. Allerdings geht ein Theil des Phosphorgehaltes auch bei dem Herd- frischprocess aus dem Roheisen in die Schlacke; aber die Menge des- selben ist durchschnittlich geringer, und aus phosphorhaltigem Roh- eisen erfolgt leichter als bei dem Puddelprocesse kaltbrüchiges Eisen. Soll also der erwähnte Vortheil der Schlackenreinheit des Herdfrisch- eisens nicht durch den grösseren Nachtheil des Kaltbruches aufgehoben werden, sollen die Eigenschaften des Eisens auch mit seinen verhält- nissmässig hohen Erzeugungskosten im Einklange stehen, so ist die Benutzung reiner, phosphorfreier Roheisensorten zum Verfrischen erforderlich. Alle diese Verhältnisse zusammen bilden die Begründung dafür, dass der Herdfrischprocess trotz seiner beschränkten Leistungsfähigkeit auch in der Jetztzeit noch eine verhältnissmässig wichtige Rolle in solchen Ländern zu spielen vermag, wo phosphorfreie Erze das Material der Roheisendarstellung bilden, mineralische Brennstoffe selten und kostspielig, Holzkohlen dagegen in reichlichen oder doch ausreichenden Mengen zu beschaffen sind. Hierher gehört vor allen anderen Ländern Schweden, dessen Herdfrischeisen sich Weltruf erwarb; auch die öster- reichischen Alpenländer halten den Frischfeuerbetrieb, wenn auch gegen früher im beschränkten Maasse, aufrecht und erzeugen neben gewöhn- lichem Schmiedeeisen einen auch im Auslande geschätzten Stahl; ver- schiedene waldreiche Gegenden Russlands gehören hierher; u. a. m.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 758. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/830>, abgerufen am 02.06.2024.