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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Fig. 175 giebt ein Bild einer derartigen vollständigen Hammer-
hütte mit dem schon oben erwähnten 80 t Hammer zu Creusot, bis
jetzt dem grössten der Erde. 1) Derselbe steht in der Mitte der ganz
aus Eisen construirten Halle, deren Höhe bis zum Dachstuhlgebinde
17 m beträgt. Sein Gerüst A ist aus hohlen Gusseisenständern ge-
bildet, welche in Form eines A verschraubt und oben durch ein guss-
eisernes Querstück verbunden sind. Der Hammer ist einfach wirkend.
Der Durchmesser des Dampfcylinders beträgt 1.9 m, Durchmesser der
Kolbenstange 36 cm, also freier Cylinderquerschnitt unterhalb des
Kolbens 2.734 qm. Der grösste Kolbenhub ist 5 m; die Weite zwischen
den Füssen des Ständers 7.5 m. Die Steuerung geschieht durch Ventile
von Hand. Das Fundament ruht in 11 m Tiefe unter dem Boden auf
einem Felsen; auf diesem ist zunächst 4 m hohes Cementmauerwerk
hergestellt, dann folgt eine Eichenholzbettung von 1 m Höhe und auf
dieser ruht die 622 t schwere Chabotte, welche aus elf Theilen zusam-
mengesetzt ist. Auch bei diesem Hammer ist die Fundamentirung der
Chabotte vollständig unabhängig von der des Hammergerüstes, wie die
Abbildung erkennen lässt.

Vier Krahne C C -- zwei an jeder Seite des Hammers -- sind
zur Bedienung desselben bestimmt. Drei derselben besitzen eine Trag-
kraft von 100 t, der vierte eine solche von 160 t. Sie sind aus Eisen-
blech construirt, und jeder derselben ist mit einer am Ständer be-
festigten 60 pferdigen Dampfmaschine versehen. Der Halbmesser des
Auslegerkreises ist 9.35 m.

Jedem Krahne entspricht ein Glühofen D. Schienengleise ver-
binden die Hammerhütte mit der in der Nähe gelegenen Stahlhütte,
in welcher die Blöcke erzeugt werden.

e) Die Theorie des Schmiedens.

Wenn mit dem Hammer ein Schlag auf eine beliebige Stelle eines
durch Erhitzung erweichten Eisenstückes ausgeführt wird, so entsteht
an dieser Stelle ein Eindruck, d. h. eine Verdünnung des Querschnittes.
Je kleiner die Stelle war, auf welche die Schlagwirkung ausgeübt
wurde, desto tiefer muss bei übrigens gleicher mechanischer Wirkung
des Schlages der Eindruck, desto stärker die Querschnittsverdünnung
ausfallen.

Wenn es sich also nicht sowohl darum handelt, durch die Ham-
merschläge weitgehende Querschnittsveränderungen hervorzubringen als
vielmehr ein Auspressen von Schlacke aus weichem Schweisseisen,
eine Verdichtung blasigen Flusseisens herbeizuführen, so wird man
jeden einzelnen Schlag möglichst auf die ganze Oberfläche des auf dem
Ambos ruhenden Arbeitsstückes einwirken lassen, d. h. einen Hammer
mit breiter Bahn verwenden. Dass aber auch hierbei das Gewicht und
die Fallhöhe des Hammers mit der Dicke des zu bearbeitenden Eisen-
stückes im Einklange stehen müssen, wenn die Wirkung der Schläge

1) Nach v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im
Jahre 1878.
Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung.

Fig. 175 giebt ein Bild einer derartigen vollständigen Hammer-
hütte mit dem schon oben erwähnten 80 t Hammer zu Creusot, bis
jetzt dem grössten der Erde. 1) Derselbe steht in der Mitte der ganz
aus Eisen construirten Halle, deren Höhe bis zum Dachstuhlgebinde
17 m beträgt. Sein Gerüst A ist aus hohlen Gusseisenständern ge-
bildet, welche in Form eines A verschraubt und oben durch ein guss-
eisernes Querstück verbunden sind. Der Hammer ist einfach wirkend.
Der Durchmesser des Dampfcylinders beträgt 1.9 m, Durchmesser der
Kolbenstange 36 cm, also freier Cylinderquerschnitt unterhalb des
Kolbens 2.734 qm. Der grösste Kolbenhub ist 5 m; die Weite zwischen
den Füssen des Ständers 7.5 m. Die Steuerung geschieht durch Ventile
von Hand. Das Fundament ruht in 11 m Tiefe unter dem Boden auf
einem Felsen; auf diesem ist zunächst 4 m hohes Cementmauerwerk
hergestellt, dann folgt eine Eichenholzbettung von 1 m Höhe und auf
dieser ruht die 622 t schwere Chabotte, welche aus elf Theilen zusam-
mengesetzt ist. Auch bei diesem Hammer ist die Fundamentirung der
Chabotte vollständig unabhängig von der des Hammergerüstes, wie die
Abbildung erkennen lässt.

Vier Krahne C C — zwei an jeder Seite des Hammers — sind
zur Bedienung desselben bestimmt. Drei derselben besitzen eine Trag-
kraft von 100 t, der vierte eine solche von 160 t. Sie sind aus Eisen-
blech construirt, und jeder derselben ist mit einer am Ständer be-
festigten 60 pferdigen Dampfmaschine versehen. Der Halbmesser des
Auslegerkreises ist 9.35 m.

Jedem Krahne entspricht ein Glühofen D. Schienengleise ver-
binden die Hammerhütte mit der in der Nähe gelegenen Stahlhütte,
in welcher die Blöcke erzeugt werden.

e) Die Theorie des Schmiedens.

Wenn mit dem Hammer ein Schlag auf eine beliebige Stelle eines
durch Erhitzung erweichten Eisenstückes ausgeführt wird, so entsteht
an dieser Stelle ein Eindruck, d. h. eine Verdünnung des Querschnittes.
Je kleiner die Stelle war, auf welche die Schlagwirkung ausgeübt
wurde, desto tiefer muss bei übrigens gleicher mechanischer Wirkung
des Schlages der Eindruck, desto stärker die Querschnittsverdünnung
ausfallen.

Wenn es sich also nicht sowohl darum handelt, durch die Ham-
merschläge weitgehende Querschnittsveränderungen hervorzubringen als
vielmehr ein Auspressen von Schlacke aus weichem Schweisseisen,
eine Verdichtung blasigen Flusseisens herbeizuführen, so wird man
jeden einzelnen Schlag möglichst auf die ganze Oberfläche des auf dem
Ambos ruhenden Arbeitsstückes einwirken lassen, d. h. einen Hammer
mit breiter Bahn verwenden. Dass aber auch hierbei das Gewicht und
die Fallhöhe des Hammers mit der Dicke des zu bearbeitenden Eisen-
stückes im Einklange stehen müssen, wenn die Wirkung der Schläge

1) Nach v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im
Jahre 1878.
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[692/0762] Die Maschinen für die Verdichtung und Formgebung. Fig. 175 giebt ein Bild einer derartigen vollständigen Hammer- hütte mit dem schon oben erwähnten 80 t Hammer zu Creusot, bis jetzt dem grössten der Erde. 1) Derselbe steht in der Mitte der ganz aus Eisen construirten Halle, deren Höhe bis zum Dachstuhlgebinde 17 m beträgt. Sein Gerüst A ist aus hohlen Gusseisenständern ge- bildet, welche in Form eines A verschraubt und oben durch ein guss- eisernes Querstück verbunden sind. Der Hammer ist einfach wirkend. Der Durchmesser des Dampfcylinders beträgt 1.9 m, Durchmesser der Kolbenstange 36 cm, also freier Cylinderquerschnitt unterhalb des Kolbens 2.734 qm. Der grösste Kolbenhub ist 5 m; die Weite zwischen den Füssen des Ständers 7.5 m. Die Steuerung geschieht durch Ventile von Hand. Das Fundament ruht in 11 m Tiefe unter dem Boden auf einem Felsen; auf diesem ist zunächst 4 m hohes Cementmauerwerk hergestellt, dann folgt eine Eichenholzbettung von 1 m Höhe und auf dieser ruht die 622 t schwere Chabotte, welche aus elf Theilen zusam- mengesetzt ist. Auch bei diesem Hammer ist die Fundamentirung der Chabotte vollständig unabhängig von der des Hammergerüstes, wie die Abbildung erkennen lässt. Vier Krahne C C — zwei an jeder Seite des Hammers — sind zur Bedienung desselben bestimmt. Drei derselben besitzen eine Trag- kraft von 100 t, der vierte eine solche von 160 t. Sie sind aus Eisen- blech construirt, und jeder derselben ist mit einer am Ständer be- festigten 60 pferdigen Dampfmaschine versehen. Der Halbmesser des Auslegerkreises ist 9.35 m. Jedem Krahne entspricht ein Glühofen D. Schienengleise ver- binden die Hammerhütte mit der in der Nähe gelegenen Stahlhütte, in welcher die Blöcke erzeugt werden. e) Die Theorie des Schmiedens. Wenn mit dem Hammer ein Schlag auf eine beliebige Stelle eines durch Erhitzung erweichten Eisenstückes ausgeführt wird, so entsteht an dieser Stelle ein Eindruck, d. h. eine Verdünnung des Querschnittes. Je kleiner die Stelle war, auf welche die Schlagwirkung ausgeübt wurde, desto tiefer muss bei übrigens gleicher mechanischer Wirkung des Schlages der Eindruck, desto stärker die Querschnittsverdünnung ausfallen. Wenn es sich also nicht sowohl darum handelt, durch die Ham- merschläge weitgehende Querschnittsveränderungen hervorzubringen als vielmehr ein Auspressen von Schlacke aus weichem Schweisseisen, eine Verdichtung blasigen Flusseisens herbeizuführen, so wird man jeden einzelnen Schlag möglichst auf die ganze Oberfläche des auf dem Ambos ruhenden Arbeitsstückes einwirken lassen, d. h. einen Hammer mit breiter Bahn verwenden. Dass aber auch hierbei das Gewicht und die Fallhöhe des Hammers mit der Dicke des zu bearbeitenden Eisen- stückes im Einklange stehen müssen, wenn die Wirkung der Schläge 1) Nach v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris im Jahre 1878.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/762>, abgerufen am 28.11.2024.