desselben besitzt das ansehnliche Gewicht von 622 t (vergl. unten die Abbildung desselben in Fig. 175 auf S. 693). Lange Zeit hindurch war ein schon in früheren Jahrzehnten von Fr. Krupp in Essen gebauter Hammer von 50 t bei 3 m Hubhöhe der grösste der Erde.
Schon James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, nahm im Jahre 1784 ein Patent auf die Construction eines Dampfhammers; aber er erlebte nicht die Ausführung seiner Idee. Das Bedürfniss für die Benutzung derselben lag noch nicht vor. Der Bedarf an schmiedbarem Eisen überhaupt war nicht bedeutend; Schmiedestücke von grösseren Abmessungen, wie sie der Maschinenbau der Jetztzeit verlangt, waren nicht erforderlich. Die schon seit lange benutzten Wasserhämmer ge- nügten vollkommen allen Ansprüchen der damaligen Zeit, waren billiger in der Anlage und erforderten nicht den Brennstoffaufwand zur Er- zeugung des Dampfes.
Erst sechzig Jahre später, im Jahre 1842, wurden ziemlich gleich- zeitig auf zwei weit von einander entlegenen Eisenwerken, dem Eisen- werke Creusot in Frankreich und der Königin-Marienhütte in Sachsen, die ersten beiden Dampfhämmer gebaut, beide nach einer Construction des Ingenieur Nasmyth zu Patricoft bei Manchester.
Inzwischen aber hatte die Lage der Eisenindustrie sich wesentlich geändert. Der Bedarf an schmiedbarem Eisen war seit Einführung der Eisenbahnen ausserordentlich gestiegen, die Eisenwerke waren mächtig vergrössert worden, und eben infolge dieser Vergrösserungen war die Dampfkraft mehr und mehr an die Stelle der früher ausschliesslich benutzten Wasserkraft für den Betrieb der erforderlichen Maschinen getreten; der mehr und mehr aufblühende Maschinenbau aber stellte auch hinsichtlich der Grösse der aus den Eisenwerken hervorgehenden Schmiedestücke Ansprüche, die nur durch kräftiger wirkende Hämmer als bisher erfüllt werden konnten. So dehnte sich die Anwendung der Dampfhämmer rasch aus, und jedes neue Jahrzehnt brachte Verbesse- rungen in der Einrichtung derselben.
Bei den verschiedenen Dampfhämmern erfolgt das Niederfallen des Bäres entweder lediglich infolge der Schwere, nachdem man dem unter dem Kolben befindlichen, zum Anheben benutzten Dampfe Auslass ins Freie verschafft hat, und solche Hämmer heissen einfachwirkende; oder man lässt, nachdem umgesteuert wurde, auch frischen Dampf über den Kolben treten, um das Niederfallen zu beschleunigen, die Schlag- wirkung zu verstärken, die Hubzeit abzukürzen, und nennt die Häm- mer der letzteren Art doppeltwirkende oder Hämmer mit Unter- und Oberdampf. Je grösser nun bei einem doppeltwirkenden Hammer die freie Cylinderfläche oberhalb des Dampfkolbens ist, desto grösser wird die Beschleunigung beim Niedergange sein, desto geringer kann also für eine geforderte theoretische Schlagwirkung das Gewicht des Bäres und die Hubhöhe ausfallen; je geringer aber die Hubhöhe und je grösser die Beschleunigung des Hammerbäres ist, desto zahl-
Dampfhämmer.
desselben besitzt das ansehnliche Gewicht von 622 t (vergl. unten die Abbildung desselben in Fig. 175 auf S. 693). Lange Zeit hindurch war ein schon in früheren Jahrzehnten von Fr. Krupp in Essen gebauter Hammer von 50 t bei 3 m Hubhöhe der grösste der Erde.
Schon James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, nahm im Jahre 1784 ein Patent auf die Construction eines Dampfhammers; aber er erlebte nicht die Ausführung seiner Idee. Das Bedürfniss für die Benutzung derselben lag noch nicht vor. Der Bedarf an schmiedbarem Eisen überhaupt war nicht bedeutend; Schmiedestücke von grösseren Abmessungen, wie sie der Maschinenbau der Jetztzeit verlangt, waren nicht erforderlich. Die schon seit lange benutzten Wasserhämmer ge- nügten vollkommen allen Ansprüchen der damaligen Zeit, waren billiger in der Anlage und erforderten nicht den Brennstoffaufwand zur Er- zeugung des Dampfes.
Erst sechzig Jahre später, im Jahre 1842, wurden ziemlich gleich- zeitig auf zwei weit von einander entlegenen Eisenwerken, dem Eisen- werke Creusot in Frankreich und der Königin-Marienhütte in Sachsen, die ersten beiden Dampfhämmer gebaut, beide nach einer Construction des Ingenieur Nasmyth zu Patricoft bei Manchester.
Inzwischen aber hatte die Lage der Eisenindustrie sich wesentlich geändert. Der Bedarf an schmiedbarem Eisen war seit Einführung der Eisenbahnen ausserordentlich gestiegen, die Eisenwerke waren mächtig vergrössert worden, und eben infolge dieser Vergrösserungen war die Dampfkraft mehr und mehr an die Stelle der früher ausschliesslich benutzten Wasserkraft für den Betrieb der erforderlichen Maschinen getreten; der mehr und mehr aufblühende Maschinenbau aber stellte auch hinsichtlich der Grösse der aus den Eisenwerken hervorgehenden Schmiedestücke Ansprüche, die nur durch kräftiger wirkende Hämmer als bisher erfüllt werden konnten. So dehnte sich die Anwendung der Dampfhämmer rasch aus, und jedes neue Jahrzehnt brachte Verbesse- rungen in der Einrichtung derselben.
Bei den verschiedenen Dampfhämmern erfolgt das Niederfallen des Bäres entweder lediglich infolge der Schwere, nachdem man dem unter dem Kolben befindlichen, zum Anheben benutzten Dampfe Auslass ins Freie verschafft hat, und solche Hämmer heissen einfachwirkende; oder man lässt, nachdem umgesteuert wurde, auch frischen Dampf über den Kolben treten, um das Niederfallen zu beschleunigen, die Schlag- wirkung zu verstärken, die Hubzeit abzukürzen, und nennt die Häm- mer der letzteren Art doppeltwirkende oder Hämmer mit Unter- und Oberdampf. Je grösser nun bei einem doppeltwirkenden Hammer die freie Cylinderfläche oberhalb des Dampfkolbens ist, desto grösser wird die Beschleunigung beim Niedergange sein, desto geringer kann also für eine geforderte theoretische Schlagwirkung das Gewicht des Bäres und die Hubhöhe ausfallen; je geringer aber die Hubhöhe und je grösser die Beschleunigung des Hammerbäres ist, desto zahl-
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[685/0753]
Dampfhämmer.
desselben besitzt das ansehnliche Gewicht von 622 t (vergl. unten die
Abbildung desselben in Fig. 175 auf S. 693). Lange Zeit hindurch war
ein schon in früheren Jahrzehnten von Fr. Krupp in Essen gebauter
Hammer von 50 t bei 3 m Hubhöhe der grösste der Erde.
Schon James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, nahm im
Jahre 1784 ein Patent auf die Construction eines Dampfhammers; aber
er erlebte nicht die Ausführung seiner Idee. Das Bedürfniss für die
Benutzung derselben lag noch nicht vor. Der Bedarf an schmiedbarem
Eisen überhaupt war nicht bedeutend; Schmiedestücke von grösseren
Abmessungen, wie sie der Maschinenbau der Jetztzeit verlangt, waren
nicht erforderlich. Die schon seit lange benutzten Wasserhämmer ge-
nügten vollkommen allen Ansprüchen der damaligen Zeit, waren billiger
in der Anlage und erforderten nicht den Brennstoffaufwand zur Er-
zeugung des Dampfes.
Erst sechzig Jahre später, im Jahre 1842, wurden ziemlich gleich-
zeitig auf zwei weit von einander entlegenen Eisenwerken, dem Eisen-
werke Creusot in Frankreich und der Königin-Marienhütte in Sachsen,
die ersten beiden Dampfhämmer gebaut, beide nach einer Construction
des Ingenieur Nasmyth zu Patricoft bei Manchester.
Inzwischen aber hatte die Lage der Eisenindustrie sich wesentlich
geändert. Der Bedarf an schmiedbarem Eisen war seit Einführung der
Eisenbahnen ausserordentlich gestiegen, die Eisenwerke waren mächtig
vergrössert worden, und eben infolge dieser Vergrösserungen war die
Dampfkraft mehr und mehr an die Stelle der früher ausschliesslich
benutzten Wasserkraft für den Betrieb der erforderlichen Maschinen
getreten; der mehr und mehr aufblühende Maschinenbau aber stellte
auch hinsichtlich der Grösse der aus den Eisenwerken hervorgehenden
Schmiedestücke Ansprüche, die nur durch kräftiger wirkende Hämmer
als bisher erfüllt werden konnten. So dehnte sich die Anwendung der
Dampfhämmer rasch aus, und jedes neue Jahrzehnt brachte Verbesse-
rungen in der Einrichtung derselben.
Bei den verschiedenen Dampfhämmern erfolgt das Niederfallen des
Bäres entweder lediglich infolge der Schwere, nachdem man dem unter
dem Kolben befindlichen, zum Anheben benutzten Dampfe Auslass ins
Freie verschafft hat, und solche Hämmer heissen einfachwirkende;
oder man lässt, nachdem umgesteuert wurde, auch frischen Dampf über
den Kolben treten, um das Niederfallen zu beschleunigen, die Schlag-
wirkung zu verstärken, die Hubzeit abzukürzen, und nennt die Häm-
mer der letzteren Art doppeltwirkende oder Hämmer mit Unter-
und Oberdampf. Je grösser nun bei einem doppeltwirkenden
Hammer die freie Cylinderfläche oberhalb des Dampfkolbens ist, desto
grösser wird die Beschleunigung beim Niedergange sein, desto geringer
kann also für eine geforderte theoretische Schlagwirkung das Gewicht
des Bäres und die Hubhöhe ausfallen; je geringer aber die Hubhöhe
und je grösser die Beschleunigung des Hammerbäres ist, desto zahl-
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/753>, abgerufen am 24.11.2024.
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