Von diesem einfachen Mittel wird z. B. in den Eisengiessereien täglich ein ausgiebiger Gebrauch gemacht. Für die meisten Gusswaaren ist ein mässig graphitreiches und wegen seines Graphitgehaltes durch schneidende Werkzeuge (Meissel, Drehstahl u. s. w.) leicht bearbeit- bares Roheisen erforderlich. Da der Graphitgehalt nur bei einem ge- wissen Siliciumgehalte bestehen kann, dieser aber beim Umschmelzen sich zu verringern pflegt, so wird das Roheisen beim Umschmelzen auch graphitärmer, und ein Material, welches an und für sich gut brauchbar für einen bestimmten Zweck wäre, würde an Brauchbarkeit verlieren, wenn es zuvor umgeschmolzen werden müsste. Ein mehrmals wiederholtes Umschmelzen würde schliesslich eine Umwandlung des grauen Roheisens in weisses, silicium- und kohlenstoffarmes Eisen her- beiführen. Man schmilzt also ein an Silicium um so viel reicheres Roheisen ein, als dem Siliciumverluste beim Umschmelzen entspricht. Nun aber ist man vielfach gezwungen, auch ein siliciumärmeres Material, insbesondere ein schon umgeschmolzenes Roheisen -- Abfälle in der Giesserei, Ausschussgussstücke und dergleichen -- mit aufzuarbeiten; und gerade für diesen Fall gelangt nun der Werth jenes früher be- sprochenen silicium- und graphitreichen Roheisens Nr. I (S. 305) zur Geltung, durch dessen Zusatz der fehlende Siliciumgehalt wieder gedeckt wird, und welches deshalb ein unentbehrliches Material in allen den Eisengiessereien bildet, wo man das Roheisen in eigenen Schmelzöfen umschmelzt.
Ebenso wie in der Giesserei verfährt man beim Umschmelzen des Roheisens für andere Processe, bei denen eine bestimmte Zusammen- setzung des geschmolzenen Materials erforderlich ist (Bessemerprocess).
Das Maass der Aenderungen, welche das Roheisen beim Um- schmelzen erfährt, d. h. die Gesammtmenge der ausscheidenden Bestand- theile, hängt von der Einrichtung des Schmelzofens, der Beschaffen- heit des Brennstoffs, der Zeitdauer des Schmelzens ab; die Reihenfolge aber, in welcher die Körper austreten, ist theils durch die Zusammen- setzung des verwendeten Roheisens, theils durch die Temperatur beim Umschmelzen, theils auch durch die Beschaffenheit der Ofenbaumate- rialien, sowie etwa absichtlich zugesetzter schlackenbildender Körper bedingt.
In je grösseren Mengen ein Bestandtheil im Roheisen gegenwärtig ist, desto leichter wird er, auch wenn er an und für sich schwieriger oxydirbar sein sollte als mancher andere anwesende Bestandtheil, von der Oxydationswirkung betroffen; je unbedeutender seine Menge, je stärker verdünnt er also im Roheisen zugegen ist, desto stärker wird er durch die übrigen Bestandtheile geschützt. Hieraus erklärt es sich z. B., dass von dem Eisengehalte des Roheisens beim Umschmelzen stets ein gewisser Theil oxydirt wird, lange bevor die anwesenden leichter oxydirbaren Körper -- Mangan, Silicium, Kohle -- vollständig ausgeschieden sind. Bei einem manganreichen Roheisen dagegen (Spiegel- eisen, Eisenmangan) wird vorzugsweise der ohnehin leicht oxydirbare Mangangehalt von der Oxydationswirkung des Umschmelzens getroffen, Silicium, Kohle und andere Bestandtheile werden dadurch geschützt werden; ja, es kann geschehen, dass bei geringem Siliciumgehalte des Roheisens noch Silicium aus kieselsäurehaltigen Ofenwänden oder kiesel-
Allgemeines.
Von diesem einfachen Mittel wird z. B. in den Eisengiessereien täglich ein ausgiebiger Gebrauch gemacht. Für die meisten Gusswaaren ist ein mässig graphitreiches und wegen seines Graphitgehaltes durch schneidende Werkzeuge (Meissel, Drehstahl u. s. w.) leicht bearbeit- bares Roheisen erforderlich. Da der Graphitgehalt nur bei einem ge- wissen Siliciumgehalte bestehen kann, dieser aber beim Umschmelzen sich zu verringern pflegt, so wird das Roheisen beim Umschmelzen auch graphitärmer, und ein Material, welches an und für sich gut brauchbar für einen bestimmten Zweck wäre, würde an Brauchbarkeit verlieren, wenn es zuvor umgeschmolzen werden müsste. Ein mehrmals wiederholtes Umschmelzen würde schliesslich eine Umwandlung des grauen Roheisens in weisses, silicium- und kohlenstoffarmes Eisen her- beiführen. Man schmilzt also ein an Silicium um so viel reicheres Roheisen ein, als dem Siliciumverluste beim Umschmelzen entspricht. Nun aber ist man vielfach gezwungen, auch ein siliciumärmeres Material, insbesondere ein schon umgeschmolzenes Roheisen — Abfälle in der Giesserei, Ausschussgussstücke und dergleichen — mit aufzuarbeiten; und gerade für diesen Fall gelangt nun der Werth jenes früher be- sprochenen silicium- und graphitreichen Roheisens Nr. I (S. 305) zur Geltung, durch dessen Zusatz der fehlende Siliciumgehalt wieder gedeckt wird, und welches deshalb ein unentbehrliches Material in allen den Eisengiessereien bildet, wo man das Roheisen in eigenen Schmelzöfen umschmelzt.
Ebenso wie in der Giesserei verfährt man beim Umschmelzen des Roheisens für andere Processe, bei denen eine bestimmte Zusammen- setzung des geschmolzenen Materials erforderlich ist (Bessemerprocess).
Das Maass der Aenderungen, welche das Roheisen beim Um- schmelzen erfährt, d. h. die Gesammtmenge der ausscheidenden Bestand- theile, hängt von der Einrichtung des Schmelzofens, der Beschaffen- heit des Brennstoffs, der Zeitdauer des Schmelzens ab; die Reihenfolge aber, in welcher die Körper austreten, ist theils durch die Zusammen- setzung des verwendeten Roheisens, theils durch die Temperatur beim Umschmelzen, theils auch durch die Beschaffenheit der Ofenbaumate- rialien, sowie etwa absichtlich zugesetzter schlackenbildender Körper bedingt.
In je grösseren Mengen ein Bestandtheil im Roheisen gegenwärtig ist, desto leichter wird er, auch wenn er an und für sich schwieriger oxydirbar sein sollte als mancher andere anwesende Bestandtheil, von der Oxydationswirkung betroffen; je unbedeutender seine Menge, je stärker verdünnt er also im Roheisen zugegen ist, desto stärker wird er durch die übrigen Bestandtheile geschützt. Hieraus erklärt es sich z. B., dass von dem Eisengehalte des Roheisens beim Umschmelzen stets ein gewisser Theil oxydirt wird, lange bevor die anwesenden leichter oxydirbaren Körper — Mangan, Silicium, Kohle — vollständig ausgeschieden sind. Bei einem manganreichen Roheisen dagegen (Spiegel- eisen, Eisenmangan) wird vorzugsweise der ohnehin leicht oxydirbare Mangangehalt von der Oxydationswirkung des Umschmelzens getroffen, Silicium, Kohle und andere Bestandtheile werden dadurch geschützt werden; ja, es kann geschehen, dass bei geringem Siliciumgehalte des Roheisens noch Silicium aus kieselsäurehaltigen Ofenwänden oder kiesel-
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Allgemeines.
Von diesem einfachen Mittel wird z. B. in den Eisengiessereien
täglich ein ausgiebiger Gebrauch gemacht. Für die meisten Gusswaaren
ist ein mässig graphitreiches und wegen seines Graphitgehaltes durch
schneidende Werkzeuge (Meissel, Drehstahl u. s. w.) leicht bearbeit-
bares Roheisen erforderlich. Da der Graphitgehalt nur bei einem ge-
wissen Siliciumgehalte bestehen kann, dieser aber beim Umschmelzen
sich zu verringern pflegt, so wird das Roheisen beim Umschmelzen
auch graphitärmer, und ein Material, welches an und für sich gut
brauchbar für einen bestimmten Zweck wäre, würde an Brauchbarkeit
verlieren, wenn es zuvor umgeschmolzen werden müsste. Ein mehrmals
wiederholtes Umschmelzen würde schliesslich eine Umwandlung des
grauen Roheisens in weisses, silicium- und kohlenstoffarmes Eisen her-
beiführen. Man schmilzt also ein an Silicium um so viel reicheres
Roheisen ein, als dem Siliciumverluste beim Umschmelzen entspricht.
Nun aber ist man vielfach gezwungen, auch ein siliciumärmeres Material,
insbesondere ein schon umgeschmolzenes Roheisen — Abfälle in der
Giesserei, Ausschussgussstücke und dergleichen — mit aufzuarbeiten;
und gerade für diesen Fall gelangt nun der Werth jenes früher be-
sprochenen silicium- und graphitreichen Roheisens Nr. I (S. 305) zur
Geltung, durch dessen Zusatz der fehlende Siliciumgehalt wieder gedeckt
wird, und welches deshalb ein unentbehrliches Material in allen den
Eisengiessereien bildet, wo man das Roheisen in eigenen Schmelzöfen
umschmelzt.
Ebenso wie in der Giesserei verfährt man beim Umschmelzen des
Roheisens für andere Processe, bei denen eine bestimmte Zusammen-
setzung des geschmolzenen Materials erforderlich ist (Bessemerprocess).
Das Maass der Aenderungen, welche das Roheisen beim Um-
schmelzen erfährt, d. h. die Gesammtmenge der ausscheidenden Bestand-
theile, hängt von der Einrichtung des Schmelzofens, der Beschaffen-
heit des Brennstoffs, der Zeitdauer des Schmelzens ab; die Reihenfolge
aber, in welcher die Körper austreten, ist theils durch die Zusammen-
setzung des verwendeten Roheisens, theils durch die Temperatur beim
Umschmelzen, theils auch durch die Beschaffenheit der Ofenbaumate-
rialien, sowie etwa absichtlich zugesetzter schlackenbildender Körper
bedingt.
In je grösseren Mengen ein Bestandtheil im Roheisen gegenwärtig
ist, desto leichter wird er, auch wenn er an und für sich schwieriger
oxydirbar sein sollte als mancher andere anwesende Bestandtheil, von
der Oxydationswirkung betroffen; je unbedeutender seine Menge, je
stärker verdünnt er also im Roheisen zugegen ist, desto stärker wird
er durch die übrigen Bestandtheile geschützt. Hieraus erklärt es sich
z. B., dass von dem Eisengehalte des Roheisens beim Umschmelzen
stets ein gewisser Theil oxydirt wird, lange bevor die anwesenden
leichter oxydirbaren Körper — Mangan, Silicium, Kohle — vollständig
ausgeschieden sind. Bei einem manganreichen Roheisen dagegen (Spiegel-
eisen, Eisenmangan) wird vorzugsweise der ohnehin leicht oxydirbare
Mangangehalt von der Oxydationswirkung des Umschmelzens getroffen,
Silicium, Kohle und andere Bestandtheile werden dadurch geschützt
werden; ja, es kann geschehen, dass bei geringem Siliciumgehalte des
Roheisens noch Silicium aus kieselsäurehaltigen Ofenwänden oder kiesel-
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/659>, abgerufen am 31.01.2025.
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