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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenbetrieb.
schon früher vielfach besprochene bedeutende Mehrverbrauch an Wärme
bei directer Reduction wird naturgemäss um so schwieriger Deckung
durch Anwendung erhitzten Windes finden, je mehr der Bedarf an
Wind überhaupt sich ermässigt; dieser aber ist von der Menge der vor
den Formen verbrannten Kohlen abhängig.

Es lässt sich also mit Sicherheit behaupten, dass auch unter den
allergünstigsten Verhältnissen jener berechnete Bedarf an reiner Kohle
nicht erheblich unterschritten werden kann. Bei einem schwedischen
Hochofen fand Tamm 1) einen Verbrauch an reiner Kohle von 584 kg,
bei dem Vordernberger Hochofen, dessen Betriebsverhältnisse auf S. 488
besprochen wurden, betrug der Kohlenstoffverbrauch 629 kg, bei einem
grösseren Ofen (Nr. III) ebendaselbst sogar nur 536 kg. Diese Ergeb-
nisse dürften zu den günstigsten gehören, welche sich überhaupt er-
reichen lassen.

Der Hochofen erhält aber nicht reinen Kohlenstoff, sondern Brenn-
material, welches stets wasserhaltig ist, regelmässig Asche sowie kleinere
Mengen Wasserstoff, Kohlenwasserstoff u. s. w. enthält. Die im Schuppen
lagernde Holzkohle enthält kaum mehr als 80 Proc. festen Kohlenstoff
(S. 34); Holzkohlen, die im Freien der Einwirkung von Regen und
Schnee ausgesetzt waren, und aschenreiche Koks enthalten oft noch
erheblich weniger. Der erforderliche geringste Brennstoffbedarf zur
Darstellung von 1000 kg Roheisen im Hochofen wird demnach auch
unter den allergünstigsten Verhältnissen kaum erheblich weniger als
650 kg betragen können.

Aus den früheren Darlegungen über den Hochofenprocess, den
Wärmeverbrauch im Hochofen u. s. w. ergiebt sich, dass die Dar-
stellung gewöhnlichen Weisseisens unter allen Roheisensorten den ge-
ringsten Wärmeverbrauch erheischt, und dass der letztere mit dem
Siliciumgehalte wie mit dem Mangangehalte des Roheisens steigt. Bei
Verhüttung reicher Beschickungen oder leicht reducirbarer Erze wird
der Brennstoffverbrauch durchschnittlich niedriger sein, als bei Ver-
hüttung armer Beschickungen oder schwer reducirbarer Erze; bei grossen
Oefen und Anwendung hoch erhitzten Windes durchschnittlich niedriger
als bei kleineren Oefen und kälterem Winde.

Die Erfahrung lehrt auch, dass bei Anwendung von Holzkohlen
der Brennstoffverbrauch unter übrigens ähnlichen Verhältnissen niedriger
zu sein pflegt als bei Anwendung von Koks. Der Grund hierfür liegt
hauptsächlich in dem grösseren Aschengehalte der letzteren. Der Pro-
centgehalt an Kohlenstoff ist natürlich in einem aschenreichen Brenn-
stoffe geringer als in einem aschenarmen, und man gebraucht deshalb
von dem ersteren eine entsprechend grössere Menge, um dieselbe Menge
Kohlenoxyd zu erhalten, dieselbe Wärme zu entwickeln; die Asche
selbst aber bedarf, um geschmolzen (verschlackt) zu werden, einer ge-
wissen Wärmemenge, welche ebenfalls einen Mehraufwand von Brenn-
stoff erforderlich macht; und hierzu kommt noch der Umstand, dass
gerade die Koksasche gewöhnlich noch einer entsprechenden Menge
von Zuschlägen (Kalkstein) bedarf, um eine Schlacke von der erforder-
lichen Zusammensetzung zu liefern, wodurch also die Gesammtmenge

1) "Stahl und Eisen" 1883, S. 159 (Akerman).

Der Hochofenbetrieb.
schon früher vielfach besprochene bedeutende Mehrverbrauch an Wärme
bei directer Reduction wird naturgemäss um so schwieriger Deckung
durch Anwendung erhitzten Windes finden, je mehr der Bedarf an
Wind überhaupt sich ermässigt; dieser aber ist von der Menge der vor
den Formen verbrannten Kohlen abhängig.

Es lässt sich also mit Sicherheit behaupten, dass auch unter den
allergünstigsten Verhältnissen jener berechnete Bedarf an reiner Kohle
nicht erheblich unterschritten werden kann. Bei einem schwedischen
Hochofen fand Tamm 1) einen Verbrauch an reiner Kohle von 584 kg,
bei dem Vordernberger Hochofen, dessen Betriebsverhältnisse auf S. 488
besprochen wurden, betrug der Kohlenstoffverbrauch 629 kg, bei einem
grösseren Ofen (Nr. III) ebendaselbst sogar nur 536 kg. Diese Ergeb-
nisse dürften zu den günstigsten gehören, welche sich überhaupt er-
reichen lassen.

Der Hochofen erhält aber nicht reinen Kohlenstoff, sondern Brenn-
material, welches stets wasserhaltig ist, regelmässig Asche sowie kleinere
Mengen Wasserstoff, Kohlenwasserstoff u. s. w. enthält. Die im Schuppen
lagernde Holzkohle enthält kaum mehr als 80 Proc. festen Kohlenstoff
(S. 34); Holzkohlen, die im Freien der Einwirkung von Regen und
Schnee ausgesetzt waren, und aschenreiche Koks enthalten oft noch
erheblich weniger. Der erforderliche geringste Brennstoffbedarf zur
Darstellung von 1000 kg Roheisen im Hochofen wird demnach auch
unter den allergünstigsten Verhältnissen kaum erheblich weniger als
650 kg betragen können.

Aus den früheren Darlegungen über den Hochofenprocess, den
Wärmeverbrauch im Hochofen u. s. w. ergiebt sich, dass die Dar-
stellung gewöhnlichen Weisseisens unter allen Roheisensorten den ge-
ringsten Wärmeverbrauch erheischt, und dass der letztere mit dem
Siliciumgehalte wie mit dem Mangangehalte des Roheisens steigt. Bei
Verhüttung reicher Beschickungen oder leicht reducirbarer Erze wird
der Brennstoffverbrauch durchschnittlich niedriger sein, als bei Ver-
hüttung armer Beschickungen oder schwer reducirbarer Erze; bei grossen
Oefen und Anwendung hoch erhitzten Windes durchschnittlich niedriger
als bei kleineren Oefen und kälterem Winde.

Die Erfahrung lehrt auch, dass bei Anwendung von Holzkohlen
der Brennstoffverbrauch unter übrigens ähnlichen Verhältnissen niedriger
zu sein pflegt als bei Anwendung von Koks. Der Grund hierfür liegt
hauptsächlich in dem grösseren Aschengehalte der letzteren. Der Pro-
centgehalt an Kohlenstoff ist natürlich in einem aschenreichen Brenn-
stoffe geringer als in einem aschenarmen, und man gebraucht deshalb
von dem ersteren eine entsprechend grössere Menge, um dieselbe Menge
Kohlenoxyd zu erhalten, dieselbe Wärme zu entwickeln; die Asche
selbst aber bedarf, um geschmolzen (verschlackt) zu werden, einer ge-
wissen Wärmemenge, welche ebenfalls einen Mehraufwand von Brenn-
stoff erforderlich macht; und hierzu kommt noch der Umstand, dass
gerade die Koksasche gewöhnlich noch einer entsprechenden Menge
von Zuschlägen (Kalkstein) bedarf, um eine Schlacke von der erforder-
lichen Zusammensetzung zu liefern, wodurch also die Gesammtmenge

1) „Stahl und Eisen“ 1883, S. 159 (Åkerman).
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[558/0618] Der Hochofenbetrieb. schon früher vielfach besprochene bedeutende Mehrverbrauch an Wärme bei directer Reduction wird naturgemäss um so schwieriger Deckung durch Anwendung erhitzten Windes finden, je mehr der Bedarf an Wind überhaupt sich ermässigt; dieser aber ist von der Menge der vor den Formen verbrannten Kohlen abhängig. Es lässt sich also mit Sicherheit behaupten, dass auch unter den allergünstigsten Verhältnissen jener berechnete Bedarf an reiner Kohle nicht erheblich unterschritten werden kann. Bei einem schwedischen Hochofen fand Tamm 1) einen Verbrauch an reiner Kohle von 584 kg, bei dem Vordernberger Hochofen, dessen Betriebsverhältnisse auf S. 488 besprochen wurden, betrug der Kohlenstoffverbrauch 629 kg, bei einem grösseren Ofen (Nr. III) ebendaselbst sogar nur 536 kg. Diese Ergeb- nisse dürften zu den günstigsten gehören, welche sich überhaupt er- reichen lassen. Der Hochofen erhält aber nicht reinen Kohlenstoff, sondern Brenn- material, welches stets wasserhaltig ist, regelmässig Asche sowie kleinere Mengen Wasserstoff, Kohlenwasserstoff u. s. w. enthält. Die im Schuppen lagernde Holzkohle enthält kaum mehr als 80 Proc. festen Kohlenstoff (S. 34); Holzkohlen, die im Freien der Einwirkung von Regen und Schnee ausgesetzt waren, und aschenreiche Koks enthalten oft noch erheblich weniger. Der erforderliche geringste Brennstoffbedarf zur Darstellung von 1000 kg Roheisen im Hochofen wird demnach auch unter den allergünstigsten Verhältnissen kaum erheblich weniger als 650 kg betragen können. Aus den früheren Darlegungen über den Hochofenprocess, den Wärmeverbrauch im Hochofen u. s. w. ergiebt sich, dass die Dar- stellung gewöhnlichen Weisseisens unter allen Roheisensorten den ge- ringsten Wärmeverbrauch erheischt, und dass der letztere mit dem Siliciumgehalte wie mit dem Mangangehalte des Roheisens steigt. Bei Verhüttung reicher Beschickungen oder leicht reducirbarer Erze wird der Brennstoffverbrauch durchschnittlich niedriger sein, als bei Ver- hüttung armer Beschickungen oder schwer reducirbarer Erze; bei grossen Oefen und Anwendung hoch erhitzten Windes durchschnittlich niedriger als bei kleineren Oefen und kälterem Winde. Die Erfahrung lehrt auch, dass bei Anwendung von Holzkohlen der Brennstoffverbrauch unter übrigens ähnlichen Verhältnissen niedriger zu sein pflegt als bei Anwendung von Koks. Der Grund hierfür liegt hauptsächlich in dem grösseren Aschengehalte der letzteren. Der Pro- centgehalt an Kohlenstoff ist natürlich in einem aschenreichen Brenn- stoffe geringer als in einem aschenarmen, und man gebraucht deshalb von dem ersteren eine entsprechend grössere Menge, um dieselbe Menge Kohlenoxyd zu erhalten, dieselbe Wärme zu entwickeln; die Asche selbst aber bedarf, um geschmolzen (verschlackt) zu werden, einer ge- wissen Wärmemenge, welche ebenfalls einen Mehraufwand von Brenn- stoff erforderlich macht; und hierzu kommt noch der Umstand, dass gerade die Koksasche gewöhnlich noch einer entsprechenden Menge von Zuschlägen (Kalkstein) bedarf, um eine Schlacke von der erforder- lichen Zusammensetzung zu liefern, wodurch also die Gesammtmenge 1) „Stahl und Eisen“ 1883, S. 159 (Åkerman).

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/618>, abgerufen am 23.11.2024.