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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Darstellung des grauen Roheisens.
geht daher nur selten erheblich über 35 Proc. hinaus und beträgt mit-
unter weniger als 30 Proc.

Zwei Ursachen sind es vornehmlich, welche diese stark basische
Beschaffenheit der Schlacken beim Betriebe mit Koks nothwendig
machen. Zunächst wird die Bildungstemperatur der Schlacken dadurch
erhöht und somit die erste Bedingung zur Erzielung von Graueisen
erfüllt; zweitens wird der oft beträchtliche Schwefelgehalt der Koks
dadurch in die Schlacke geführt und für das Roheisen unschädlich
gemacht, ein Umstand, dessen schon früher öfter gedacht wurde.
Letzterer Zweck wird in besonders vollkommener Weise durch grossen
Kalkerdegehalt der Schlacken erreicht; weniger deutlich zeigt sich
dieser Erfolg, wenn die Kalkerde zum grossen Theile durch Magnesia
oder Thonerde ersetzt ist (vergl. S. 249).

Andrerseits erschweren die beiden zuletzt genannten Basen weniger
als die stark basische Kalkerde die erforderliche Reduction von Silicium;
und erfahrungsmässig pflegen thonerdereiche Erze besonders gut zur
Darstellung von Graueisen geeignet zu sein (z. B. die thonigen Sphäro-
siderite Clevelands und Schottlands), ein Umstand, welcher ebensowohl
durch jene weniger stark basische Beschaffenheit der Thonerde als
durch den Einfluss eines höheren Thonerdegehaltes auf die Schmelz-
temperatur der Schlacke seine Erklärung finden dürfte. Dennoch er-
fordern auch thonerdereiche Erze gewöhnlich einen bedeutenden Kalk-
steinzuschlag, weil die entstehenden Schlacken ohne denselben gar
nicht schmelzbar sein würden. Die unten mitgetheilten Analysen eng-
lischer Schlacken sind für einen derartigen Betrieb charakteristisch.

Wo aber kalkerdeärmere Schlacken gebildet werden, da darf in
Rücksicht auf die soeben besprochene Aufgabe der Kalkerde der Schwefel-
gehalt der Brennstoffe oder der Erze nicht sehr hoch sein, wenn nicht
ein schwefelreiches Roheisen entstehen soll; und bei dem Betriebe
mit schwefelarmen Koks findet man mitunter Schlacken, deren Zusam-
mensetzung nicht erheblich von derjenigen abweicht, welche die bei
Holzkohlenbetrieb gebildeten basischeren Schlacken besitzen. Im Uebri-
gen spielt auch die Temperatur des Gebläsewindes hierbei eine Rolle.
Je stärker derselbe erhitzt wird, desto basischer muss die Schlacke
sein, wenn die Entstehung eines allzu siliciumreichen Roheisens ver-
mieden werden soll; und umgekehrt muss auch der Wind um so
stärker erhitzt werden, je basischer die Schlacke ist, damit die zum
Schmelzen derselben erforderliche hohe Temperatur vor den Formen
erzeugt werde.

Andrerseits dürfte die Darstellung jener Siliciumeisenlegirungen,
welche auf S. 242 und 306 besprochen wurden, nur bei weniger basi-
scher Schlacke möglich sein und aus diesem Grunde die Anwendung
schwefelarmer Brennstoffe erfordern. Starke Verlangsamung des Schmelz-
ganges und reichliches Verhältniss des Brennstoffsatzes zum Erz sind
ebenfalls Bedingungen, deren Erfüllung für die Reduction reichlicher
Mengen Silicium nothwendig ist.

Darstellung des grauen Roheisens.
geht daher nur selten erheblich über 35 Proc. hinaus und beträgt mit-
unter weniger als 30 Proc.

Zwei Ursachen sind es vornehmlich, welche diese stark basische
Beschaffenheit der Schlacken beim Betriebe mit Koks nothwendig
machen. Zunächst wird die Bildungstemperatur der Schlacken dadurch
erhöht und somit die erste Bedingung zur Erzielung von Graueisen
erfüllt; zweitens wird der oft beträchtliche Schwefelgehalt der Koks
dadurch in die Schlacke geführt und für das Roheisen unschädlich
gemacht, ein Umstand, dessen schon früher öfter gedacht wurde.
Letzterer Zweck wird in besonders vollkommener Weise durch grossen
Kalkerdegehalt der Schlacken erreicht; weniger deutlich zeigt sich
dieser Erfolg, wenn die Kalkerde zum grossen Theile durch Magnesia
oder Thonerde ersetzt ist (vergl. S. 249).

Andrerseits erschweren die beiden zuletzt genannten Basen weniger
als die stark basische Kalkerde die erforderliche Reduction von Silicium;
und erfahrungsmässig pflegen thonerdereiche Erze besonders gut zur
Darstellung von Graueisen geeignet zu sein (z. B. die thonigen Sphäro-
siderite Clevelands und Schottlands), ein Umstand, welcher ebensowohl
durch jene weniger stark basische Beschaffenheit der Thonerde als
durch den Einfluss eines höheren Thonerdegehaltes auf die Schmelz-
temperatur der Schlacke seine Erklärung finden dürfte. Dennoch er-
fordern auch thonerdereiche Erze gewöhnlich einen bedeutenden Kalk-
steinzuschlag, weil die entstehenden Schlacken ohne denselben gar
nicht schmelzbar sein würden. Die unten mitgetheilten Analysen eng-
lischer Schlacken sind für einen derartigen Betrieb charakteristisch.

Wo aber kalkerdeärmere Schlacken gebildet werden, da darf in
Rücksicht auf die soeben besprochene Aufgabe der Kalkerde der Schwefel-
gehalt der Brennstoffe oder der Erze nicht sehr hoch sein, wenn nicht
ein schwefelreiches Roheisen entstehen soll; und bei dem Betriebe
mit schwefelarmen Koks findet man mitunter Schlacken, deren Zusam-
mensetzung nicht erheblich von derjenigen abweicht, welche die bei
Holzkohlenbetrieb gebildeten basischeren Schlacken besitzen. Im Uebri-
gen spielt auch die Temperatur des Gebläsewindes hierbei eine Rolle.
Je stärker derselbe erhitzt wird, desto basischer muss die Schlacke
sein, wenn die Entstehung eines allzu siliciumreichen Roheisens ver-
mieden werden soll; und umgekehrt muss auch der Wind um so
stärker erhitzt werden, je basischer die Schlacke ist, damit die zum
Schmelzen derselben erforderliche hohe Temperatur vor den Formen
erzeugt werde.

Andrerseits dürfte die Darstellung jener Siliciumeisenlegirungen,
welche auf S. 242 und 306 besprochen wurden, nur bei weniger basi-
scher Schlacke möglich sein und aus diesem Grunde die Anwendung
schwefelarmer Brennstoffe erfordern. Starke Verlangsamung des Schmelz-
ganges und reichliches Verhältniss des Brennstoffsatzes zum Erz sind
ebenfalls Bedingungen, deren Erfüllung für die Reduction reichlicher
Mengen Silicium nothwendig ist.

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[537/0597] Darstellung des grauen Roheisens. geht daher nur selten erheblich über 35 Proc. hinaus und beträgt mit- unter weniger als 30 Proc. Zwei Ursachen sind es vornehmlich, welche diese stark basische Beschaffenheit der Schlacken beim Betriebe mit Koks nothwendig machen. Zunächst wird die Bildungstemperatur der Schlacken dadurch erhöht und somit die erste Bedingung zur Erzielung von Graueisen erfüllt; zweitens wird der oft beträchtliche Schwefelgehalt der Koks dadurch in die Schlacke geführt und für das Roheisen unschädlich gemacht, ein Umstand, dessen schon früher öfter gedacht wurde. Letzterer Zweck wird in besonders vollkommener Weise durch grossen Kalkerdegehalt der Schlacken erreicht; weniger deutlich zeigt sich dieser Erfolg, wenn die Kalkerde zum grossen Theile durch Magnesia oder Thonerde ersetzt ist (vergl. S. 249). Andrerseits erschweren die beiden zuletzt genannten Basen weniger als die stark basische Kalkerde die erforderliche Reduction von Silicium; und erfahrungsmässig pflegen thonerdereiche Erze besonders gut zur Darstellung von Graueisen geeignet zu sein (z. B. die thonigen Sphäro- siderite Clevelands und Schottlands), ein Umstand, welcher ebensowohl durch jene weniger stark basische Beschaffenheit der Thonerde als durch den Einfluss eines höheren Thonerdegehaltes auf die Schmelz- temperatur der Schlacke seine Erklärung finden dürfte. Dennoch er- fordern auch thonerdereiche Erze gewöhnlich einen bedeutenden Kalk- steinzuschlag, weil die entstehenden Schlacken ohne denselben gar nicht schmelzbar sein würden. Die unten mitgetheilten Analysen eng- lischer Schlacken sind für einen derartigen Betrieb charakteristisch. Wo aber kalkerdeärmere Schlacken gebildet werden, da darf in Rücksicht auf die soeben besprochene Aufgabe der Kalkerde der Schwefel- gehalt der Brennstoffe oder der Erze nicht sehr hoch sein, wenn nicht ein schwefelreiches Roheisen entstehen soll; und bei dem Betriebe mit schwefelarmen Koks findet man mitunter Schlacken, deren Zusam- mensetzung nicht erheblich von derjenigen abweicht, welche die bei Holzkohlenbetrieb gebildeten basischeren Schlacken besitzen. Im Uebri- gen spielt auch die Temperatur des Gebläsewindes hierbei eine Rolle. Je stärker derselbe erhitzt wird, desto basischer muss die Schlacke sein, wenn die Entstehung eines allzu siliciumreichen Roheisens ver- mieden werden soll; und umgekehrt muss auch der Wind um so stärker erhitzt werden, je basischer die Schlacke ist, damit die zum Schmelzen derselben erforderliche hohe Temperatur vor den Formen erzeugt werde. Andrerseits dürfte die Darstellung jener Siliciumeisenlegirungen, welche auf S. 242 und 306 besprochen wurden, nur bei weniger basi- scher Schlacke möglich sein und aus diesem Grunde die Anwendung schwefelarmer Brennstoffe erfordern. Starke Verlangsamung des Schmelz- ganges und reichliches Verhältniss des Brennstoffsatzes zum Erz sind ebenfalls Bedingungen, deren Erfüllung für die Reduction reichlicher Mengen Silicium nothwendig ist.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/597>, abgerufen am 10.06.2024.