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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das Anblasen des Hochofens.
angewendete Verfahren des Anblasens verläuft im Wesentlichen folgen-
dermaassen.

In das Gestell und den unteren Theil der Rast bis ungefähr zur
Mitte oder bei sehr hohen Rasten bis zu einem Drittel der Höhe der-
selben bringt man trockenes Holz (Scheite), welches den Zweck hat,
später eine rasche Entzündung der Koks zu bewirken, darüber eine
grössere Lage Koks. Die hierfür zweckmässigerweise zu verwendende
Menge Koks wird man bemessen können, wenn man für je 100 cbm
Rauminhalt des ganzen Ofens 4000 kg Koks rechnet. Bei grossen Oefen
wird das Verhältniss etwas knapper genommen werden können, bei
kleinen empfiehlt sich ein etwas reichlicheres Verhältniss. Den Koks
aber schlägt man eine ihrem Aschengehalte entsprechende Menge Kalk-
stein zu, damit aus jener Asche eine leichtflüssige Schlacke gebildet
werde. Nur hierdurch ist es begreiflicherweise möglich, das Rost-
schlagen zu umgehen. Auf 1 Thl. Koksasche kann man 1.5 Thl. Kalk-
stein rechnen. Nun kommen einige Koksgichten, deren Grösse der-
jenigen bei vollem Betriebe gleich sein kann und auf jede Koksgicht
wiederum Kalkstein, zugleich aber auch eine gewisse Menge Hochofen-
schlacke. Die Menge der Schlacke und des Kalksteines kann dem
Gewichte der Koks annähernd gleich sein; ist die Schlacke an und für
sich schon sehr kalkerdereich und der Aschengehalt der Koks nicht
sehr beträchtlich, so kann auch der Kalksteinzuschlag nunmehr ganz
in Wegfall kommen und Schlacke an dessen Stelle treten. Die schmel-
zende Schlacke nimmt vermöge ihrer ziemlich beträchtlichen specifischen
Wärme 1) eine entsprechend grosse Wärmemenge auf, führt dieselbe
nach unten, bereitet in solcher Weise den Herd des Ofens vor und
bildet für das später nachfolgende Roheisen ein an Wärme reiches Bad,
welches dasselbe vor Abkühlung und Erstarrung schützt.

Auf die Gichten mit Schlackenzusatz folgen nun schwache Erz-
gichten, zuerst gewöhnlich 5--6 Gichten mit ungefähr ein Drittel des
Erzsatzes, welcher bei vollem Betriebe gegeben wird, nebst Hochofen-
schlacke; dann ebensoviel Gichten mit dem halben Satze; u. s. f. In
dieser Weise wird der Hochofen ganz oder bis nahe zum Rande gefüllt.

Damit aber der Ofen nicht durch allzu dichte Lagerung der ein-
gefüllten Materialien beim Anblasen ersticke, dürfen dieselben nicht,
wie es bei der älteren Methode des Anblasens geschehen konnte, von
oben her mit der Schaufel eingeworfen werden, sondern man muss sie
in Körben an einem Seile von oben herunter befördern und dann be-
hutsam und gleichmässig ausbreiten. Die Gichtverschlüsse müssen zu
diesem Zwecke entfernt werden, und ein über der Gicht aufgestellter
Haspel dient zweckmässigerweise zum Hinunterlassen der gefüllten
Körbe.

Wenn der Ofen in dieser Weise gefüllt ist, setzt man die im Ge-
stell etwa noch fehlenden Steine ein, prüft, ob alle Theile sich in gutem
Zustande befinden, leitet das Kühlwasser zu den Formen und sonstigen
gekühlten Theilen und bringt durch das Stichloch Feuer in den Herd.
Die Formen bleiben einstweilen geschlossen (durch Thonkugeln oder

1) Schinz fand dieselbe bei 1250° = 0.29, die des Roheisens nur ungefähr
halb so gross (Documente, betreffend den Hochofen S. 33 und 34).

Das Anblasen des Hochofens.
angewendete Verfahren des Anblasens verläuft im Wesentlichen folgen-
dermaassen.

In das Gestell und den unteren Theil der Rast bis ungefähr zur
Mitte oder bei sehr hohen Rasten bis zu einem Drittel der Höhe der-
selben bringt man trockenes Holz (Scheite), welches den Zweck hat,
später eine rasche Entzündung der Koks zu bewirken, darüber eine
grössere Lage Koks. Die hierfür zweckmässigerweise zu verwendende
Menge Koks wird man bemessen können, wenn man für je 100 cbm
Rauminhalt des ganzen Ofens 4000 kg Koks rechnet. Bei grossen Oefen
wird das Verhältniss etwas knapper genommen werden können, bei
kleinen empfiehlt sich ein etwas reichlicheres Verhältniss. Den Koks
aber schlägt man eine ihrem Aschengehalte entsprechende Menge Kalk-
stein zu, damit aus jener Asche eine leichtflüssige Schlacke gebildet
werde. Nur hierdurch ist es begreiflicherweise möglich, das Rost-
schlagen zu umgehen. Auf 1 Thl. Koksasche kann man 1.5 Thl. Kalk-
stein rechnen. Nun kommen einige Koksgichten, deren Grösse der-
jenigen bei vollem Betriebe gleich sein kann und auf jede Koksgicht
wiederum Kalkstein, zugleich aber auch eine gewisse Menge Hochofen-
schlacke. Die Menge der Schlacke und des Kalksteines kann dem
Gewichte der Koks annähernd gleich sein; ist die Schlacke an und für
sich schon sehr kalkerdereich und der Aschengehalt der Koks nicht
sehr beträchtlich, so kann auch der Kalksteinzuschlag nunmehr ganz
in Wegfall kommen und Schlacke an dessen Stelle treten. Die schmel-
zende Schlacke nimmt vermöge ihrer ziemlich beträchtlichen specifischen
Wärme 1) eine entsprechend grosse Wärmemenge auf, führt dieselbe
nach unten, bereitet in solcher Weise den Herd des Ofens vor und
bildet für das später nachfolgende Roheisen ein an Wärme reiches Bad,
welches dasselbe vor Abkühlung und Erstarrung schützt.

Auf die Gichten mit Schlackenzusatz folgen nun schwache Erz-
gichten, zuerst gewöhnlich 5—6 Gichten mit ungefähr ein Drittel des
Erzsatzes, welcher bei vollem Betriebe gegeben wird, nebst Hochofen-
schlacke; dann ebensoviel Gichten mit dem halben Satze; u. s. f. In
dieser Weise wird der Hochofen ganz oder bis nahe zum Rande gefüllt.

Damit aber der Ofen nicht durch allzu dichte Lagerung der ein-
gefüllten Materialien beim Anblasen ersticke, dürfen dieselben nicht,
wie es bei der älteren Methode des Anblasens geschehen konnte, von
oben her mit der Schaufel eingeworfen werden, sondern man muss sie
in Körben an einem Seile von oben herunter befördern und dann be-
hutsam und gleichmässig ausbreiten. Die Gichtverschlüsse müssen zu
diesem Zwecke entfernt werden, und ein über der Gicht aufgestellter
Haspel dient zweckmässigerweise zum Hinunterlassen der gefüllten
Körbe.

Wenn der Ofen in dieser Weise gefüllt ist, setzt man die im Ge-
stell etwa noch fehlenden Steine ein, prüft, ob alle Theile sich in gutem
Zustande befinden, leitet das Kühlwasser zu den Formen und sonstigen
gekühlten Theilen und bringt durch das Stichloch Feuer in den Herd.
Die Formen bleiben einstweilen geschlossen (durch Thonkugeln oder

1) Schinz fand dieselbe bei 1250° = 0.29, die des Roheisens nur ungefähr
halb so gross (Documente, betreffend den Hochofen S. 33 und 34).
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[507/0567] Das Anblasen des Hochofens. angewendete Verfahren des Anblasens verläuft im Wesentlichen folgen- dermaassen. In das Gestell und den unteren Theil der Rast bis ungefähr zur Mitte oder bei sehr hohen Rasten bis zu einem Drittel der Höhe der- selben bringt man trockenes Holz (Scheite), welches den Zweck hat, später eine rasche Entzündung der Koks zu bewirken, darüber eine grössere Lage Koks. Die hierfür zweckmässigerweise zu verwendende Menge Koks wird man bemessen können, wenn man für je 100 cbm Rauminhalt des ganzen Ofens 4000 kg Koks rechnet. Bei grossen Oefen wird das Verhältniss etwas knapper genommen werden können, bei kleinen empfiehlt sich ein etwas reichlicheres Verhältniss. Den Koks aber schlägt man eine ihrem Aschengehalte entsprechende Menge Kalk- stein zu, damit aus jener Asche eine leichtflüssige Schlacke gebildet werde. Nur hierdurch ist es begreiflicherweise möglich, das Rost- schlagen zu umgehen. Auf 1 Thl. Koksasche kann man 1.5 Thl. Kalk- stein rechnen. Nun kommen einige Koksgichten, deren Grösse der- jenigen bei vollem Betriebe gleich sein kann und auf jede Koksgicht wiederum Kalkstein, zugleich aber auch eine gewisse Menge Hochofen- schlacke. Die Menge der Schlacke und des Kalksteines kann dem Gewichte der Koks annähernd gleich sein; ist die Schlacke an und für sich schon sehr kalkerdereich und der Aschengehalt der Koks nicht sehr beträchtlich, so kann auch der Kalksteinzuschlag nunmehr ganz in Wegfall kommen und Schlacke an dessen Stelle treten. Die schmel- zende Schlacke nimmt vermöge ihrer ziemlich beträchtlichen specifischen Wärme 1) eine entsprechend grosse Wärmemenge auf, führt dieselbe nach unten, bereitet in solcher Weise den Herd des Ofens vor und bildet für das später nachfolgende Roheisen ein an Wärme reiches Bad, welches dasselbe vor Abkühlung und Erstarrung schützt. Auf die Gichten mit Schlackenzusatz folgen nun schwache Erz- gichten, zuerst gewöhnlich 5—6 Gichten mit ungefähr ein Drittel des Erzsatzes, welcher bei vollem Betriebe gegeben wird, nebst Hochofen- schlacke; dann ebensoviel Gichten mit dem halben Satze; u. s. f. In dieser Weise wird der Hochofen ganz oder bis nahe zum Rande gefüllt. Damit aber der Ofen nicht durch allzu dichte Lagerung der ein- gefüllten Materialien beim Anblasen ersticke, dürfen dieselben nicht, wie es bei der älteren Methode des Anblasens geschehen konnte, von oben her mit der Schaufel eingeworfen werden, sondern man muss sie in Körben an einem Seile von oben herunter befördern und dann be- hutsam und gleichmässig ausbreiten. Die Gichtverschlüsse müssen zu diesem Zwecke entfernt werden, und ein über der Gicht aufgestellter Haspel dient zweckmässigerweise zum Hinunterlassen der gefüllten Körbe. Wenn der Ofen in dieser Weise gefüllt ist, setzt man die im Ge- stell etwa noch fehlenden Steine ein, prüft, ob alle Theile sich in gutem Zustande befinden, leitet das Kühlwasser zu den Formen und sonstigen gekühlten Theilen und bringt durch das Stichloch Feuer in den Herd. Die Formen bleiben einstweilen geschlossen (durch Thonkugeln oder 1) Schinz fand dieselbe bei 1250° = 0.29, die des Roheisens nur ungefähr halb so gross (Documente, betreffend den Hochofen S. 33 und 34).

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/567>, abgerufen am 11.06.2024.