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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Winderhitzer.
durchgeführt, welche innerhalb einer gemauerten Kammer -- eines
Ofens -- von aussen erhitzt werden; man kann sie als eiserne Wind-
erhitzer oder Röhrenapparate
bezeichnen.

Bei dem andern Systeme strömt der Wind abwechselnd durch
eine von zwei mit feuerfesten Steinen ausgesetzte Kammern, deren
andere geheizt wird, während die erste einen Theil der in ihr schon
zuvor aufgespeicherten Wärme zur Erhitzung des Windes abgiebt. Von
Zeit zu Zeit wird umgeschaltet, der Wind nimmt seinen Weg durch
die inzwischen geheizte Kammer, während die erste nunmehr aufs neue
geheizt wird. Die Einrichtung beruht also genau auf denselben Vor-
gängen wie die aller Siemensöfen (S. 116). Man kann diese Apparate
als steinerne oder Kammer-Winderhitzer bezeichnen; eine
andere sehr gebräuchliche, wenn auch logisch unrichtige Bezeichnung
ist Regenerativ-Winderhitzer.1)

Eiserne Apparate gestatten auf die Dauer kaum eine stärkere Er-
hitzung des Windes als 450°C., obschon man in neuen Apparaten
Temperaturen von über 550 Grad hervorbringen kann. Das Eisen ver-
liert aber um so rascher an Wärmeleitungsfähigkeit und wird über-
haupt um so rascher in "Brandeisen" (vergl. S. 282) umgewandelt,
bekommt Risse und Sprünge, je stärker es erhitzt wird. In steinernen
Apparaten dagegen lassen sich auch nach längerer Benutzung derselben
Windtemperaturen von 750 -- 800°C. hervorbringen. Wo also eine
solche hoch gesteigerte Erhitzung förderlich für den Hochofenprocess,
insbesondere für Darstellung bestimmter Roheisensorten ist, sind die
steinernen Apparate den eisernen entschieden vorzuziehen; aber sie
erfordern wegen der nothwendigen Wechsel eine unausgesetzte Wartung
und wegen der stattfindenden Ablagerung von Staub bei Anwendung
staubreicher Gase als Brennstoff eine öftere, schwieriger als bei letzteren
ausführbare Reinigung, sind also in ihrer Benutzung weniger bequem
als diese. Eine vergleichende Zusammenstellung der Anlagekosten eiser-
ner und steinerner Apparate ist am Schlusse der Besprechung der
Winderhitzung gegeben.


Die Erhitzung der Winderhitzungsapparate, sie mögen dem einen
oder andern Systeme angehören, geschieht fast regelmässig durch die
dem Ofen entzogenen Gichtgase; und erst seit man gelernt hatte, diese
Gasentziehung ohne Nachtheil für den Hochofenprocess zu bewirken,
konnte auch die Winderhitzung zu dem jetzigen Grade der Vollkom-
menheit sich ausbilden. Auf dem Eisenwerke Wasseralfingen, wo durch
die rastlosen Bestrebungen Faber du Faur's die Benutzung der Gicht-
gase und die Gasfeuerung überhaupt eine so wesentliche Förderung
erhielt, scheint auch zuerst die Verwendung der Gichtgase, beziehent-
der Gichtflamme, zur Heizung der Winderhitzer praktisch durchgeführt
worden zu sein, nachdem die von Neilson erbauten Apparate durch
gewöhnliche Rostfeuerung erhitzt worden waren.

Dass in Wirklichkeit die Menge der Gichtgase fast aller Hochöfen
vollständig ausreichend ist, nicht allein die Winderhitzer sondern auch

1) Vergl. die Erörterungen auf S. 116.

Die Winderhitzer.
durchgeführt, welche innerhalb einer gemauerten Kammer — eines
Ofens — von aussen erhitzt werden; man kann sie als eiserne Wind-
erhitzer oder Röhrenapparate
bezeichnen.

Bei dem andern Systeme strömt der Wind abwechselnd durch
eine von zwei mit feuerfesten Steinen ausgesetzte Kammern, deren
andere geheizt wird, während die erste einen Theil der in ihr schon
zuvor aufgespeicherten Wärme zur Erhitzung des Windes abgiebt. Von
Zeit zu Zeit wird umgeschaltet, der Wind nimmt seinen Weg durch
die inzwischen geheizte Kammer, während die erste nunmehr aufs neue
geheizt wird. Die Einrichtung beruht also genau auf denselben Vor-
gängen wie die aller Siemensöfen (S. 116). Man kann diese Apparate
als steinerne oder Kammer-Winderhitzer bezeichnen; eine
andere sehr gebräuchliche, wenn auch logisch unrichtige Bezeichnung
ist Regenerativ-Winderhitzer.1)

Eiserne Apparate gestatten auf die Dauer kaum eine stärkere Er-
hitzung des Windes als 450°C., obschon man in neuen Apparaten
Temperaturen von über 550 Grad hervorbringen kann. Das Eisen ver-
liert aber um so rascher an Wärmeleitungsfähigkeit und wird über-
haupt um so rascher in „Brandeisen“ (vergl. S. 282) umgewandelt,
bekommt Risse und Sprünge, je stärker es erhitzt wird. In steinernen
Apparaten dagegen lassen sich auch nach längerer Benutzung derselben
Windtemperaturen von 750 — 800°C. hervorbringen. Wo also eine
solche hoch gesteigerte Erhitzung förderlich für den Hochofenprocess,
insbesondere für Darstellung bestimmter Roheisensorten ist, sind die
steinernen Apparate den eisernen entschieden vorzuziehen; aber sie
erfordern wegen der nothwendigen Wechsel eine unausgesetzte Wartung
und wegen der stattfindenden Ablagerung von Staub bei Anwendung
staubreicher Gase als Brennstoff eine öftere, schwieriger als bei letzteren
ausführbare Reinigung, sind also in ihrer Benutzung weniger bequem
als diese. Eine vergleichende Zusammenstellung der Anlagekosten eiser-
ner und steinerner Apparate ist am Schlusse der Besprechung der
Winderhitzung gegeben.


Die Erhitzung der Winderhitzungsapparate, sie mögen dem einen
oder andern Systeme angehören, geschieht fast regelmässig durch die
dem Ofen entzogenen Gichtgase; und erst seit man gelernt hatte, diese
Gasentziehung ohne Nachtheil für den Hochofenprocess zu bewirken,
konnte auch die Winderhitzung zu dem jetzigen Grade der Vollkom-
menheit sich ausbilden. Auf dem Eisenwerke Wasseralfingen, wo durch
die rastlosen Bestrebungen Faber du Faur’s die Benutzung der Gicht-
gase und die Gasfeuerung überhaupt eine so wesentliche Förderung
erhielt, scheint auch zuerst die Verwendung der Gichtgase, beziehent-
der Gichtflamme, zur Heizung der Winderhitzer praktisch durchgeführt
worden zu sein, nachdem die von Neilson erbauten Apparate durch
gewöhnliche Rostfeuerung erhitzt worden waren.

Dass in Wirklichkeit die Menge der Gichtgase fast aller Hochöfen
vollständig ausreichend ist, nicht allein die Winderhitzer sondern auch

1) Vergl. die Erörterungen auf S. 116.
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[405/0459] Die Winderhitzer. durchgeführt, welche innerhalb einer gemauerten Kammer — eines Ofens — von aussen erhitzt werden; man kann sie als eiserne Wind- erhitzer oder Röhrenapparate bezeichnen. Bei dem andern Systeme strömt der Wind abwechselnd durch eine von zwei mit feuerfesten Steinen ausgesetzte Kammern, deren andere geheizt wird, während die erste einen Theil der in ihr schon zuvor aufgespeicherten Wärme zur Erhitzung des Windes abgiebt. Von Zeit zu Zeit wird umgeschaltet, der Wind nimmt seinen Weg durch die inzwischen geheizte Kammer, während die erste nunmehr aufs neue geheizt wird. Die Einrichtung beruht also genau auf denselben Vor- gängen wie die aller Siemensöfen (S. 116). Man kann diese Apparate als steinerne oder Kammer-Winderhitzer bezeichnen; eine andere sehr gebräuchliche, wenn auch logisch unrichtige Bezeichnung ist Regenerativ-Winderhitzer. 1) Eiserne Apparate gestatten auf die Dauer kaum eine stärkere Er- hitzung des Windes als 450°C., obschon man in neuen Apparaten Temperaturen von über 550 Grad hervorbringen kann. Das Eisen ver- liert aber um so rascher an Wärmeleitungsfähigkeit und wird über- haupt um so rascher in „Brandeisen“ (vergl. S. 282) umgewandelt, bekommt Risse und Sprünge, je stärker es erhitzt wird. In steinernen Apparaten dagegen lassen sich auch nach längerer Benutzung derselben Windtemperaturen von 750 — 800°C. hervorbringen. Wo also eine solche hoch gesteigerte Erhitzung förderlich für den Hochofenprocess, insbesondere für Darstellung bestimmter Roheisensorten ist, sind die steinernen Apparate den eisernen entschieden vorzuziehen; aber sie erfordern wegen der nothwendigen Wechsel eine unausgesetzte Wartung und wegen der stattfindenden Ablagerung von Staub bei Anwendung staubreicher Gase als Brennstoff eine öftere, schwieriger als bei letzteren ausführbare Reinigung, sind also in ihrer Benutzung weniger bequem als diese. Eine vergleichende Zusammenstellung der Anlagekosten eiser- ner und steinerner Apparate ist am Schlusse der Besprechung der Winderhitzung gegeben. Die Erhitzung der Winderhitzungsapparate, sie mögen dem einen oder andern Systeme angehören, geschieht fast regelmässig durch die dem Ofen entzogenen Gichtgase; und erst seit man gelernt hatte, diese Gasentziehung ohne Nachtheil für den Hochofenprocess zu bewirken, konnte auch die Winderhitzung zu dem jetzigen Grade der Vollkom- menheit sich ausbilden. Auf dem Eisenwerke Wasseralfingen, wo durch die rastlosen Bestrebungen Faber du Faur’s die Benutzung der Gicht- gase und die Gasfeuerung überhaupt eine so wesentliche Förderung erhielt, scheint auch zuerst die Verwendung der Gichtgase, beziehent- der Gichtflamme, zur Heizung der Winderhitzer praktisch durchgeführt worden zu sein, nachdem die von Neilson erbauten Apparate durch gewöhnliche Rostfeuerung erhitzt worden waren. Dass in Wirklichkeit die Menge der Gichtgase fast aller Hochöfen vollständig ausreichend ist, nicht allein die Winderhitzer sondern auch 1) Vergl. die Erörterungen auf S. 116.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/459>, abgerufen am 17.06.2024.