Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Form und der Bau des Hochofens.
stein des Ofens einschliesst. Ausserdem werden bei Oefen mit frei-
stehendem Schachte in dem oberen Theile des Fundaments prismatische
Mauerkörper aufgeführt oder Quader eingelassen, auf welchen mit Anker-
schrauben die zur Aufnahme der Tragsäulen oder Ständer bestimmten
gusseisernen Fussplatten befestigt werden.

Die Construction des Rauhgemäuers bei älteren, der Säulen, be-
ziehentlich Ständer nebst Tragkranz bei neueren Hochöfen
wurde
bereits oben besprochen. Auf den soeben besprochenen Fussplatten
werden die Säulen oder Ständer in irgend einer einfachen Weise be-
festigt, welche die genaue Stellung derselben sichert.

Die Schächte. Man benutzt zu ihrer Herstellung natürlich vor-
kommende feuerfeste Materialien (Quadersandsteine u. a.), häufiger
Chamottesteine, welche genau der Form des Schachtes entsprechend
gefertigt werden. Die Anwendung eisenoxydhaltigen Materials ist hier
mit grösster Vorsicht zu vermeiden, da die aufsteigenden kohlenoxyd-
reichen Gase sonst leicht Kohlenstoff ablagern (vergl. S. 230) und die
Steine schon in kurzer Zeit zum Zerfallen bringen können. 1)

Für die Benutzung zur Herstellung freistehender Schächte ohne
Blechmantel müssen die Steine fernerhin widerstandsfähig gegen die
Einflüsse der Atmosphärilien sein, eine Eigenschaft, welche nicht alle,
übrigens ausreichend feuerfesten, Chamottesteine besitzen. Glaubt man
in dieser Beziehung Befürchtungen hegen zu müssen, so überzieht man
den fertigen Schacht wohl mit einem Anstriche aus heissem Theer.

Von der Anwendung zweier concentrischer, durch eine Füllung
von einander getrennter Schächte, welche in früherer Zeit sowohl bei
Oefen mit als ohne Rauhgemäuer sehr gebräuchlich war, kommt man,
da sie in Wirklichkeit einen besonderen Nutzen nicht gewährt, mehr
und mehr ab.

Die Stärke der Schachtsteine (d. h. die Differenz zwischen dem
inneren und äusseren Radius des Hochofens) muss zum Theil von der
Höhe des Hochofens abhängig und in Rücksicht auf den Umstand be-
messen sein, dass die untersten Steinlagen das Gewicht des ganzen
Ofenschachtes tragen müssen, ohne der Gefahr der Zerdrückung aus-
gesetzt zu werden. Zweckmässig ist es deshalb, die Stärkeabmessungen
der Steine von unten aufwärts allmählich abnehmen zu lassen, wodurch
das Gewicht verringert und Material gespart wird. Bei mittelgrossen
Oefen (15--20 m Höhe) pflegt eine Stärke der Schachtsteine im Fusse
des Schachtes von 750--800 mm vollständig ausreichend zu sein, wäh-
rend an der Gicht 600 mm Stärke genügt.

Bei den meisten Schächten entspricht die Länge der einzelnen
Steine (in der Richtung des Ofenradius gemessen) der Stärke des

1) Ein Vorfall dieser Art, welchen Limbor mittheilt, ist folgender. Im Jahre
1875 wurde nach neunmonatlichem Betriebe ein Hochofen der Friedrich-Wilhelms-
hütte, dessen Schacht aus Garnkirksteinen hergestellt war, ausgeblasen. Es zeigte
sich, dass die Schachtsteine allen Zusammenhang verloren hatten und mit einer
schwarzen Substanz durchsetzt waren, welche neben 20 Theilen Eisenoxyd 24 Theile
Kohlenstoff enthielt. Die noch unbenutzten Steine enthielten 6.23 Proc. Eisenoxyd.
Vergl. Wochenschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1878, S. 259. Ein ähnlicher Fall wurde
von Pattinson auf den Tees-Iron-Works in Middlesborough beobachtet (Journal of
the Iron and Steel Inst. 1876).

Die Form und der Bau des Hochofens.
stein des Ofens einschliesst. Ausserdem werden bei Oefen mit frei-
stehendem Schachte in dem oberen Theile des Fundaments prismatische
Mauerkörper aufgeführt oder Quader eingelassen, auf welchen mit Anker-
schrauben die zur Aufnahme der Tragsäulen oder Ständer bestimmten
gusseisernen Fussplatten befestigt werden.

Die Construction des Rauhgemäuers bei älteren, der Säulen, be-
ziehentlich Ständer nebst Tragkranz bei neueren Hochöfen
wurde
bereits oben besprochen. Auf den soeben besprochenen Fussplatten
werden die Säulen oder Ständer in irgend einer einfachen Weise be-
festigt, welche die genaue Stellung derselben sichert.

Die Schächte. Man benutzt zu ihrer Herstellung natürlich vor-
kommende feuerfeste Materialien (Quadersandsteine u. a.), häufiger
Chamottesteine, welche genau der Form des Schachtes entsprechend
gefertigt werden. Die Anwendung eisenoxydhaltigen Materials ist hier
mit grösster Vorsicht zu vermeiden, da die aufsteigenden kohlenoxyd-
reichen Gase sonst leicht Kohlenstoff ablagern (vergl. S. 230) und die
Steine schon in kurzer Zeit zum Zerfallen bringen können. 1)

Für die Benutzung zur Herstellung freistehender Schächte ohne
Blechmantel müssen die Steine fernerhin widerstandsfähig gegen die
Einflüsse der Atmosphärilien sein, eine Eigenschaft, welche nicht alle,
übrigens ausreichend feuerfesten, Chamottesteine besitzen. Glaubt man
in dieser Beziehung Befürchtungen hegen zu müssen, so überzieht man
den fertigen Schacht wohl mit einem Anstriche aus heissem Theer.

Von der Anwendung zweier concentrischer, durch eine Füllung
von einander getrennter Schächte, welche in früherer Zeit sowohl bei
Oefen mit als ohne Rauhgemäuer sehr gebräuchlich war, kommt man,
da sie in Wirklichkeit einen besonderen Nutzen nicht gewährt, mehr
und mehr ab.

Die Stärke der Schachtsteine (d. h. die Differenz zwischen dem
inneren und äusseren Radius des Hochofens) muss zum Theil von der
Höhe des Hochofens abhängig und in Rücksicht auf den Umstand be-
messen sein, dass die untersten Steinlagen das Gewicht des ganzen
Ofenschachtes tragen müssen, ohne der Gefahr der Zerdrückung aus-
gesetzt zu werden. Zweckmässig ist es deshalb, die Stärkeabmessungen
der Steine von unten aufwärts allmählich abnehmen zu lassen, wodurch
das Gewicht verringert und Material gespart wird. Bei mittelgrossen
Oefen (15—20 m Höhe) pflegt eine Stärke der Schachtsteine im Fusse
des Schachtes von 750—800 mm vollständig ausreichend zu sein, wäh-
rend an der Gicht 600 mm Stärke genügt.

Bei den meisten Schächten entspricht die Länge der einzelnen
Steine (in der Richtung des Ofenradius gemessen) der Stärke des

1) Ein Vorfall dieser Art, welchen Limbor mittheilt, ist folgender. Im Jahre
1875 wurde nach neunmonatlichem Betriebe ein Hochofen der Friedrich-Wilhelms-
hütte, dessen Schacht aus Garnkirksteinen hergestellt war, ausgeblasen. Es zeigte
sich, dass die Schachtsteine allen Zusammenhang verloren hatten und mit einer
schwarzen Substanz durchsetzt waren, welche neben 20 Theilen Eisenoxyd 24 Theile
Kohlenstoff enthielt. Die noch unbenutzten Steine enthielten 6.23 Proc. Eisenoxyd.
Vergl. Wochenschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1878, S. 259. Ein ähnlicher Fall wurde
von Pattinson auf den Tees-Iron-Works in Middlesborough beobachtet (Journal of
the Iron and Steel Inst. 1876).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0403" n="349"/><fw place="top" type="header">Die Form und der Bau des Hochofens.</fw><lb/>
stein des Ofens einschliesst. Ausserdem werden bei Oefen mit frei-<lb/>
stehendem Schachte in dem oberen Theile des Fundaments prismatische<lb/>
Mauerkörper aufgeführt oder Quader eingelassen, auf welchen mit Anker-<lb/>
schrauben die zur Aufnahme der Tragsäulen oder Ständer bestimmten<lb/>
gusseisernen Fussplatten befestigt werden.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#b">Die Construction des Rauhgemäuers bei älteren, der Säulen, be-<lb/>
ziehentlich Ständer nebst Tragkranz bei neueren Hochöfen</hi> wurde<lb/>
bereits oben besprochen. Auf den soeben besprochenen Fussplatten<lb/>
werden die Säulen oder Ständer in irgend einer einfachen Weise be-<lb/>
festigt, welche die genaue Stellung derselben sichert.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#b">Die Schächte</hi>. Man benutzt zu ihrer Herstellung natürlich vor-<lb/>
kommende feuerfeste Materialien (Quadersandsteine u. a.), häufiger<lb/>
Chamottesteine, welche genau der Form des Schachtes entsprechend<lb/>
gefertigt werden. Die Anwendung eisenoxydhaltigen Materials ist hier<lb/>
mit grösster Vorsicht zu vermeiden, da die aufsteigenden kohlenoxyd-<lb/>
reichen Gase sonst leicht Kohlenstoff ablagern (vergl. S. 230) und die<lb/>
Steine schon in kurzer Zeit zum Zerfallen bringen können. <note place="foot" n="1)">Ein Vorfall dieser Art, welchen <hi rendition="#g">Limbor</hi> mittheilt, ist folgender. Im Jahre<lb/>
1875 wurde nach neunmonatlichem Betriebe ein Hochofen der Friedrich-Wilhelms-<lb/>
hütte, dessen Schacht aus Garnkirksteinen hergestellt war, ausgeblasen. Es zeigte<lb/>
sich, dass die Schachtsteine allen Zusammenhang verloren hatten und mit einer<lb/>
schwarzen Substanz durchsetzt waren, welche neben 20 Theilen Eisenoxyd 24 Theile<lb/>
Kohlenstoff enthielt. Die noch unbenutzten Steine enthielten 6.23 Proc. Eisenoxyd.<lb/>
Vergl. Wochenschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1878, S. 259. Ein ähnlicher Fall wurde<lb/>
von <hi rendition="#g">Pattinson</hi> auf den Tees-Iron-Works in Middlesborough beobachtet (Journal of<lb/>
the Iron and Steel Inst. 1876).</note></p><lb/>
                <p>Für die Benutzung zur Herstellung freistehender Schächte ohne<lb/>
Blechmantel müssen die Steine fernerhin widerstandsfähig gegen die<lb/>
Einflüsse der Atmosphärilien sein, eine Eigenschaft, welche nicht alle,<lb/>
übrigens ausreichend feuerfesten, Chamottesteine besitzen. Glaubt man<lb/>
in dieser Beziehung Befürchtungen hegen zu müssen, so überzieht man<lb/>
den fertigen Schacht wohl mit einem Anstriche aus heissem Theer.</p><lb/>
                <p>Von der Anwendung zweier concentrischer, durch eine Füllung<lb/>
von einander getrennter Schächte, welche in früherer Zeit sowohl bei<lb/>
Oefen mit als ohne Rauhgemäuer sehr gebräuchlich war, kommt man,<lb/>
da sie in Wirklichkeit einen besonderen Nutzen nicht gewährt, mehr<lb/>
und mehr ab.</p><lb/>
                <p>Die Stärke der Schachtsteine (d. h. die Differenz zwischen dem<lb/>
inneren und äusseren Radius des Hochofens) muss zum Theil von der<lb/>
Höhe des Hochofens abhängig und in Rücksicht auf den Umstand be-<lb/>
messen sein, dass die untersten Steinlagen das Gewicht des ganzen<lb/>
Ofenschachtes tragen müssen, ohne der Gefahr der Zerdrückung aus-<lb/>
gesetzt zu werden. Zweckmässig ist es deshalb, die Stärkeabmessungen<lb/>
der Steine von unten aufwärts allmählich abnehmen zu lassen, wodurch<lb/>
das Gewicht verringert und Material gespart wird. Bei mittelgrossen<lb/>
Oefen (15&#x2014;20 m Höhe) pflegt eine Stärke der Schachtsteine im Fusse<lb/>
des Schachtes von 750&#x2014;800 mm vollständig ausreichend zu sein, wäh-<lb/>
rend an der Gicht 600 mm Stärke genügt.</p><lb/>
                <p>Bei den meisten Schächten entspricht die Länge der einzelnen<lb/>
Steine (in der Richtung des Ofenradius gemessen) der Stärke des<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0403] Die Form und der Bau des Hochofens. stein des Ofens einschliesst. Ausserdem werden bei Oefen mit frei- stehendem Schachte in dem oberen Theile des Fundaments prismatische Mauerkörper aufgeführt oder Quader eingelassen, auf welchen mit Anker- schrauben die zur Aufnahme der Tragsäulen oder Ständer bestimmten gusseisernen Fussplatten befestigt werden. Die Construction des Rauhgemäuers bei älteren, der Säulen, be- ziehentlich Ständer nebst Tragkranz bei neueren Hochöfen wurde bereits oben besprochen. Auf den soeben besprochenen Fussplatten werden die Säulen oder Ständer in irgend einer einfachen Weise be- festigt, welche die genaue Stellung derselben sichert. Die Schächte. Man benutzt zu ihrer Herstellung natürlich vor- kommende feuerfeste Materialien (Quadersandsteine u. a.), häufiger Chamottesteine, welche genau der Form des Schachtes entsprechend gefertigt werden. Die Anwendung eisenoxydhaltigen Materials ist hier mit grösster Vorsicht zu vermeiden, da die aufsteigenden kohlenoxyd- reichen Gase sonst leicht Kohlenstoff ablagern (vergl. S. 230) und die Steine schon in kurzer Zeit zum Zerfallen bringen können. 1) Für die Benutzung zur Herstellung freistehender Schächte ohne Blechmantel müssen die Steine fernerhin widerstandsfähig gegen die Einflüsse der Atmosphärilien sein, eine Eigenschaft, welche nicht alle, übrigens ausreichend feuerfesten, Chamottesteine besitzen. Glaubt man in dieser Beziehung Befürchtungen hegen zu müssen, so überzieht man den fertigen Schacht wohl mit einem Anstriche aus heissem Theer. Von der Anwendung zweier concentrischer, durch eine Füllung von einander getrennter Schächte, welche in früherer Zeit sowohl bei Oefen mit als ohne Rauhgemäuer sehr gebräuchlich war, kommt man, da sie in Wirklichkeit einen besonderen Nutzen nicht gewährt, mehr und mehr ab. Die Stärke der Schachtsteine (d. h. die Differenz zwischen dem inneren und äusseren Radius des Hochofens) muss zum Theil von der Höhe des Hochofens abhängig und in Rücksicht auf den Umstand be- messen sein, dass die untersten Steinlagen das Gewicht des ganzen Ofenschachtes tragen müssen, ohne der Gefahr der Zerdrückung aus- gesetzt zu werden. Zweckmässig ist es deshalb, die Stärkeabmessungen der Steine von unten aufwärts allmählich abnehmen zu lassen, wodurch das Gewicht verringert und Material gespart wird. Bei mittelgrossen Oefen (15—20 m Höhe) pflegt eine Stärke der Schachtsteine im Fusse des Schachtes von 750—800 mm vollständig ausreichend zu sein, wäh- rend an der Gicht 600 mm Stärke genügt. Bei den meisten Schächten entspricht die Länge der einzelnen Steine (in der Richtung des Ofenradius gemessen) der Stärke des 1) Ein Vorfall dieser Art, welchen Limbor mittheilt, ist folgender. Im Jahre 1875 wurde nach neunmonatlichem Betriebe ein Hochofen der Friedrich-Wilhelms- hütte, dessen Schacht aus Garnkirksteinen hergestellt war, ausgeblasen. Es zeigte sich, dass die Schachtsteine allen Zusammenhang verloren hatten und mit einer schwarzen Substanz durchsetzt waren, welche neben 20 Theilen Eisenoxyd 24 Theile Kohlenstoff enthielt. Die noch unbenutzten Steine enthielten 6.23 Proc. Eisenoxyd. Vergl. Wochenschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1878, S. 259. Ein ähnlicher Fall wurde von Pattinson auf den Tees-Iron-Works in Middlesborough beobachtet (Journal of the Iron and Steel Inst. 1876).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/403
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/403>, abgerufen am 19.05.2024.