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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
dung nicht dadurch hervorgerufen wird. Wie gross der Siliciumgehalt
sein kann, ohne dass Kohlenstoff graphitisch ausgeschieden wird, hängt
nach Früherem in erster Reihe von dem anwesenden Kohlenstoffgehalte
selbst ab. In einem mit Kohlenstoff gesättigten Roheisen genügt schon
ein sehr geringer Siliciumgehalt, jene Wirkung hervorzubringen; je
kohlenstoffärmer das Roheisen ist, desto mehr Silicium kann neben dem
Kohlenstoff anwesend sein, ohne Graphitbildung zu veranlassen.

Als dritter Körper tritt häufig das Mangan hinzu; und für die
Entstehung gewisser Sorten weissen Roheisens ist die Anwesenheit des-
selben sogar nothwendig. Mit dem Mangangehalte steigt, wie bekannt,
die Fähigkeit des Eisens, Kohlenstoff aufzunehmen und im gebundenen
Zustande zurückzuhalten. Aus diesem Grunde sind die manganreicheren
Sorten weissen Roheisens nicht allein durchschnittlich reicher an Kohlen-
stoff als die manganärmeren, sondern sie können auch, ohne sich in
graues Roheisen umzuwandeln, grössere Mengen Silicium als diese neben
derselben Menge Kohlenstoff enthalten.

Wie sich graues Roheisen durch Entziehung seines Siciliumgehaltes
in weisses umwandeln lässt, so wird umgekehrt weisses Roheisen zur
Graphitausscheidung veranlasst, also thatsächlich in graues Roheisen ver-
wandelt, wenn man ihm Silicium in ausreichender Menge zuführt. Dass
schon durch Glühen kohlenstoffhaltigen Eisens mit Kieselsäure Silicium
reducirt und vom Eisen aufgenommen werden könne, wurde schon auf
S. 241 erwähnt; leichter noch findet eine Anreicherung des Silicium-
gehaltes statt, wenn das Eisen im geschmolzenen Zustande mit kiesel-
säurehaltigen Körpern in Berührung bleibt. Da bei manganreichen Roh-
eisensorten nicht allein der Kohlenstoffgehalt, sondern noch kräftiger der
Mangangehalt des Eisens reducirend auf Kieselsäure einwirkt (vergl.
S. 241), so erklärt sich hieraus zur Genüge die Neigung solcher mangan-
und kohlenstoffreicher Roheisensorten, bei anhaltender starker Erhitzung
über ihren Schmelzpunkt hinaus sich in graues Roheisen umzuwandeln.
Der Mangangehalt verringert sich und der Siliciumgehalt wächst, zwei
Vorgänge, welche beide auf graphitische Ausscheidung des vorhandenen
Kohlenstoffs hinwirken.

Mitunter tritt der soeben besprochene Vorgang ein, während das
kurz zuvor dargestellte Roheisen noch im Hochofen verweilt. Nicht
immer mischt sich dann das siliciumhaltige manganärmere Roheisen mit
dem siliciumärmeren manganreicheren; solcherart kann es geschehen,
dass auf dem Querschnitte der erkalteten Masseln zwei vollständig ver-
schiedene, scharf von einander getrennte Roheisensorten erkennbar sind, zu
unterst weisses Roheisen, zu oberst das specifisch leichtere graue Roheisen.

Dieser, immerhin nicht gerade häufig auftretende Vorgang darf
nicht verwechselt werden mit jenem andern, wenn man ein zum Weiss-
werden geneigtes graues Roheisen in eiserne Formen giesst. Hier ent-
steht überall da, wo durch die Berührung mit der eisernen Gussform
rasche Abkühlung herbeigeführt wurde, eine Kruste weissen Roheisens,
welche nach den inneren Theilen des Querschnittes zu ganz allmählich
in graues Roheisen überzugehen pflegt.

Wenn der oben gegebenen Erklärung für den Begriff des weissen
Roheisens zufolge jenes Zerfallen des Kohlenstoffeisens, welchem das graue
Roheisen sein Entstehen verdankt, beim weissen Roheisen nicht oder

Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
dung nicht dadurch hervorgerufen wird. Wie gross der Siliciumgehalt
sein kann, ohne dass Kohlenstoff graphitisch ausgeschieden wird, hängt
nach Früherem in erster Reihe von dem anwesenden Kohlenstoffgehalte
selbst ab. In einem mit Kohlenstoff gesättigten Roheisen genügt schon
ein sehr geringer Siliciumgehalt, jene Wirkung hervorzubringen; je
kohlenstoffärmer das Roheisen ist, desto mehr Silicium kann neben dem
Kohlenstoff anwesend sein, ohne Graphitbildung zu veranlassen.

Als dritter Körper tritt häufig das Mangan hinzu; und für die
Entstehung gewisser Sorten weissen Roheisens ist die Anwesenheit des-
selben sogar nothwendig. Mit dem Mangangehalte steigt, wie bekannt,
die Fähigkeit des Eisens, Kohlenstoff aufzunehmen und im gebundenen
Zustande zurückzuhalten. Aus diesem Grunde sind die manganreicheren
Sorten weissen Roheisens nicht allein durchschnittlich reicher an Kohlen-
stoff als die manganärmeren, sondern sie können auch, ohne sich in
graues Roheisen umzuwandeln, grössere Mengen Silicium als diese neben
derselben Menge Kohlenstoff enthalten.

Wie sich graues Roheisen durch Entziehung seines Siciliumgehaltes
in weisses umwandeln lässt, so wird umgekehrt weisses Roheisen zur
Graphitausscheidung veranlasst, also thatsächlich in graues Roheisen ver-
wandelt, wenn man ihm Silicium in ausreichender Menge zuführt. Dass
schon durch Glühen kohlenstoffhaltigen Eisens mit Kieselsäure Silicium
reducirt und vom Eisen aufgenommen werden könne, wurde schon auf
S. 241 erwähnt; leichter noch findet eine Anreicherung des Silicium-
gehaltes statt, wenn das Eisen im geschmolzenen Zustande mit kiesel-
säurehaltigen Körpern in Berührung bleibt. Da bei manganreichen Roh-
eisensorten nicht allein der Kohlenstoffgehalt, sondern noch kräftiger der
Mangangehalt des Eisens reducirend auf Kieselsäure einwirkt (vergl.
S. 241), so erklärt sich hieraus zur Genüge die Neigung solcher mangan-
und kohlenstoffreicher Roheisensorten, bei anhaltender starker Erhitzung
über ihren Schmelzpunkt hinaus sich in graues Roheisen umzuwandeln.
Der Mangangehalt verringert sich und der Siliciumgehalt wächst, zwei
Vorgänge, welche beide auf graphitische Ausscheidung des vorhandenen
Kohlenstoffs hinwirken.

Mitunter tritt der soeben besprochene Vorgang ein, während das
kurz zuvor dargestellte Roheisen noch im Hochofen verweilt. Nicht
immer mischt sich dann das siliciumhaltige manganärmere Roheisen mit
dem siliciumärmeren manganreicheren; solcherart kann es geschehen,
dass auf dem Querschnitte der erkalteten Masseln zwei vollständig ver-
schiedene, scharf von einander getrennte Roheisensorten erkennbar sind, zu
unterst weisses Roheisen, zu oberst das specifisch leichtere graue Roheisen.

Dieser, immerhin nicht gerade häufig auftretende Vorgang darf
nicht verwechselt werden mit jenem andern, wenn man ein zum Weiss-
werden geneigtes graues Roheisen in eiserne Formen giesst. Hier ent-
steht überall da, wo durch die Berührung mit der eisernen Gussform
rasche Abkühlung herbeigeführt wurde, eine Kruste weissen Roheisens,
welche nach den inneren Theilen des Querschnittes zu ganz allmählich
in graues Roheisen überzugehen pflegt.

Wenn der oben gegebenen Erklärung für den Begriff des weissen
Roheisens zufolge jenes Zerfallen des Kohlenstoffeisens, welchem das graue
Roheisen sein Entstehen verdankt, beim weissen Roheisen nicht oder

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[308/0354] Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane. dung nicht dadurch hervorgerufen wird. Wie gross der Siliciumgehalt sein kann, ohne dass Kohlenstoff graphitisch ausgeschieden wird, hängt nach Früherem in erster Reihe von dem anwesenden Kohlenstoffgehalte selbst ab. In einem mit Kohlenstoff gesättigten Roheisen genügt schon ein sehr geringer Siliciumgehalt, jene Wirkung hervorzubringen; je kohlenstoffärmer das Roheisen ist, desto mehr Silicium kann neben dem Kohlenstoff anwesend sein, ohne Graphitbildung zu veranlassen. Als dritter Körper tritt häufig das Mangan hinzu; und für die Entstehung gewisser Sorten weissen Roheisens ist die Anwesenheit des- selben sogar nothwendig. Mit dem Mangangehalte steigt, wie bekannt, die Fähigkeit des Eisens, Kohlenstoff aufzunehmen und im gebundenen Zustande zurückzuhalten. Aus diesem Grunde sind die manganreicheren Sorten weissen Roheisens nicht allein durchschnittlich reicher an Kohlen- stoff als die manganärmeren, sondern sie können auch, ohne sich in graues Roheisen umzuwandeln, grössere Mengen Silicium als diese neben derselben Menge Kohlenstoff enthalten. Wie sich graues Roheisen durch Entziehung seines Siciliumgehaltes in weisses umwandeln lässt, so wird umgekehrt weisses Roheisen zur Graphitausscheidung veranlasst, also thatsächlich in graues Roheisen ver- wandelt, wenn man ihm Silicium in ausreichender Menge zuführt. Dass schon durch Glühen kohlenstoffhaltigen Eisens mit Kieselsäure Silicium reducirt und vom Eisen aufgenommen werden könne, wurde schon auf S. 241 erwähnt; leichter noch findet eine Anreicherung des Silicium- gehaltes statt, wenn das Eisen im geschmolzenen Zustande mit kiesel- säurehaltigen Körpern in Berührung bleibt. Da bei manganreichen Roh- eisensorten nicht allein der Kohlenstoffgehalt, sondern noch kräftiger der Mangangehalt des Eisens reducirend auf Kieselsäure einwirkt (vergl. S. 241), so erklärt sich hieraus zur Genüge die Neigung solcher mangan- und kohlenstoffreicher Roheisensorten, bei anhaltender starker Erhitzung über ihren Schmelzpunkt hinaus sich in graues Roheisen umzuwandeln. Der Mangangehalt verringert sich und der Siliciumgehalt wächst, zwei Vorgänge, welche beide auf graphitische Ausscheidung des vorhandenen Kohlenstoffs hinwirken. Mitunter tritt der soeben besprochene Vorgang ein, während das kurz zuvor dargestellte Roheisen noch im Hochofen verweilt. Nicht immer mischt sich dann das siliciumhaltige manganärmere Roheisen mit dem siliciumärmeren manganreicheren; solcherart kann es geschehen, dass auf dem Querschnitte der erkalteten Masseln zwei vollständig ver- schiedene, scharf von einander getrennte Roheisensorten erkennbar sind, zu unterst weisses Roheisen, zu oberst das specifisch leichtere graue Roheisen. Dieser, immerhin nicht gerade häufig auftretende Vorgang darf nicht verwechselt werden mit jenem andern, wenn man ein zum Weiss- werden geneigtes graues Roheisen in eiserne Formen giesst. Hier ent- steht überall da, wo durch die Berührung mit der eisernen Gussform rasche Abkühlung herbeigeführt wurde, eine Kruste weissen Roheisens, welche nach den inneren Theilen des Querschnittes zu ganz allmählich in graues Roheisen überzugehen pflegt. Wenn der oben gegebenen Erklärung für den Begriff des weissen Roheisens zufolge jenes Zerfallen des Kohlenstoffeisens, welchem das graue Roheisen sein Entstehen verdankt, beim weissen Roheisen nicht oder

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/354>, abgerufen am 19.05.2024.