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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.
auch wiederum gewisse charakteristische Eigenthümlichkeiten in der Ein-
richtung der Oefen eines ganzen Bezirkes erkennen, welche eben durch
jene verschiedenen Ansprüche begründet sind.

So z. B. bilden in Cleveland und Südwales thonige Sphäro-
siderite den Hauptreichthum an Eisenerz. Sie bedürfen, um leicht-
reducirbar zu werden, einer oxydirenden Röstung; da sie mit Koks
oder Steinkohlen verhüttet werden, ihr durchschnittlicher Schwefelgehalt
überhaupt nicht sehr hoch ist, die Aufgabe der vollständigen Ent-
schweflung also geringere Wichtigkeit besitzt, braucht die Temperatur
nicht jenes höchste Maass zu erreichen, wie es für den letztgenannten
Zweck des Röstens erforderlich sein würde; aber der massenhafte Ver-
brauch an jenen Erzen stellt erhöhte Ansprüche an die Leistungsfähig-
keit der Oefen. Daher zeichnen sich die Oefen jener Bezirke meistens
durch bedeutende Grösse aus, welche eine entsprechend grosse Leistung
mit sich bringt; als Brennstoffe dienen grösstentheils die billig zu
erlangenden Steinkohlen, da Gasröstung hier wenig Vortheil bringen
würde.

Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse, wo kiesige Magnet-
eisenerze mit Holzkohlen verhüttet werden sollen, also nicht allein
Höheroxydation dieser schwerreducirbaren Erze sondern auch möglichst
vollständige Entschweflung unerlässlich ist. In dieser Beziehung bieten
die Verhältnisse Schwedens ein besonders anschauliches Bild. Für die
Lösung jener Aufgabe ist nicht allein starke Oxydationswirkung, sondern
auch sehr hohe Temperatur bis zur Sinterung der Erze erforderlich;
hier also ist Gasheizung der Röstöfen vorwiegend am Platze. Schweden,
dessen Eisenhüttenleute von jeher ihre besondere Aufmerksamkeit der
Ausbildung des Röstverfahrens zugewendet haben, ist die Heimath der
Gasröstöfen wie der diesen nahestehenden Röstöfen mit Rostfeuerung
ausserhalb des Schachtes. Von hier aus wurden diese Constructionen
nach anderen Gegenden verpflanzt, wo ähnliche Verhältnisse obwalteten
(Nordamerika, Ungarn, Ural); aber eine Röstung der Erze in dem Um-
fange wie in Schweden findet in kaum einem anderen Lande statt.

In den österreichischen Alpenländern sind es vorwiegend Spathe,
die, um mit Holzkohlen verhüttet zu werden, zum Rösten gelangen.
Ein Theil dieser Erze ist ziemlich schwefelfrei und es bedarf nur einer
Zersetzung und Höheroxydation des Carbonates; andere, wie die zu
Mariazell und Neuberg verhütteten Erze, sind stark mit Kiesen durch-
wachsen und bedürfen der Entschweflung; jene hohe Temperatur aber,
wie sie für die dichten Magneteisenerze Schwedens behufs der voll-
ständigen Entschweflung erforderlich ist, würde die Spatheisensteine
vollständig verschlacken und ist um so eher entbehrlich, als diese Erze
bei ihrer Zersetzung ohnehin eine mürbe, poröse Beschaffenheit an-
nehmen, welche auch das Innere derselben der Einwirkung der Gase
leichter zugänglich macht. Einzelne Erze zerfallen sogar vollständig
beim Rösten, behindern dadurch den Luftzug im Ofen und erfordern
deshalb Oefen von geringer Höhe. Die Röstofenconstructionen der
alpinen Eisenwerke sind daher ziemlich mannigfaltig. Reichliche und
auf eine grössere Fläche vertheilte Luftzuführung, durch welche theils
eine kräftige Oxydationswirkung hervorgerufen, theils eine übermässige
locale Temperatursteigerung im Ofen verhindert wird, ist fast allen der-

Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung.
auch wiederum gewisse charakteristische Eigenthümlichkeiten in der Ein-
richtung der Oefen eines ganzen Bezirkes erkennen, welche eben durch
jene verschiedenen Ansprüche begründet sind.

So z. B. bilden in Cleveland und Südwales thonige Sphäro-
siderite den Hauptreichthum an Eisenerz. Sie bedürfen, um leicht-
reducirbar zu werden, einer oxydirenden Röstung; da sie mit Koks
oder Steinkohlen verhüttet werden, ihr durchschnittlicher Schwefelgehalt
überhaupt nicht sehr hoch ist, die Aufgabe der vollständigen Ent-
schweflung also geringere Wichtigkeit besitzt, braucht die Temperatur
nicht jenes höchste Maass zu erreichen, wie es für den letztgenannten
Zweck des Röstens erforderlich sein würde; aber der massenhafte Ver-
brauch an jenen Erzen stellt erhöhte Ansprüche an die Leistungsfähig-
keit der Oefen. Daher zeichnen sich die Oefen jener Bezirke meistens
durch bedeutende Grösse aus, welche eine entsprechend grosse Leistung
mit sich bringt; als Brennstoffe dienen grösstentheils die billig zu
erlangenden Steinkohlen, da Gasröstung hier wenig Vortheil bringen
würde.

Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse, wo kiesige Magnet-
eisenerze mit Holzkohlen verhüttet werden sollen, also nicht allein
Höheroxydation dieser schwerreducirbaren Erze sondern auch möglichst
vollständige Entschweflung unerlässlich ist. In dieser Beziehung bieten
die Verhältnisse Schwedens ein besonders anschauliches Bild. Für die
Lösung jener Aufgabe ist nicht allein starke Oxydationswirkung, sondern
auch sehr hohe Temperatur bis zur Sinterung der Erze erforderlich;
hier also ist Gasheizung der Röstöfen vorwiegend am Platze. Schweden,
dessen Eisenhüttenleute von jeher ihre besondere Aufmerksamkeit der
Ausbildung des Röstverfahrens zugewendet haben, ist die Heimath der
Gasröstöfen wie der diesen nahestehenden Röstöfen mit Rostfeuerung
ausserhalb des Schachtes. Von hier aus wurden diese Constructionen
nach anderen Gegenden verpflanzt, wo ähnliche Verhältnisse obwalteten
(Nordamerika, Ungarn, Ural); aber eine Röstung der Erze in dem Um-
fange wie in Schweden findet in kaum einem anderen Lande statt.

In den österreichischen Alpenländern sind es vorwiegend Spathe,
die, um mit Holzkohlen verhüttet zu werden, zum Rösten gelangen.
Ein Theil dieser Erze ist ziemlich schwefelfrei und es bedarf nur einer
Zersetzung und Höheroxydation des Carbonates; andere, wie die zu
Mariazell und Neuberg verhütteten Erze, sind stark mit Kiesen durch-
wachsen und bedürfen der Entschweflung; jene hohe Temperatur aber,
wie sie für die dichten Magneteisenerze Schwedens behufs der voll-
ständigen Entschweflung erforderlich ist, würde die Spatheisensteine
vollständig verschlacken und ist um so eher entbehrlich, als diese Erze
bei ihrer Zersetzung ohnehin eine mürbe, poröse Beschaffenheit an-
nehmen, welche auch das Innere derselben der Einwirkung der Gase
leichter zugänglich macht. Einzelne Erze zerfallen sogar vollständig
beim Rösten, behindern dadurch den Luftzug im Ofen und erfordern
deshalb Oefen von geringer Höhe. Die Röstofenconstructionen der
alpinen Eisenwerke sind daher ziemlich mannigfaltig. Reichliche und
auf eine grössere Fläche vertheilte Luftzuführung, durch welche theils
eine kräftige Oxydationswirkung hervorgerufen, theils eine übermässige
locale Temperatursteigerung im Ofen verhindert wird, ist fast allen der-

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[198/0238] Die Erze nebst Zuschlägen und ihre Vorbereitung für die Verhüttung. auch wiederum gewisse charakteristische Eigenthümlichkeiten in der Ein- richtung der Oefen eines ganzen Bezirkes erkennen, welche eben durch jene verschiedenen Ansprüche begründet sind. So z. B. bilden in Cleveland und Südwales thonige Sphäro- siderite den Hauptreichthum an Eisenerz. Sie bedürfen, um leicht- reducirbar zu werden, einer oxydirenden Röstung; da sie mit Koks oder Steinkohlen verhüttet werden, ihr durchschnittlicher Schwefelgehalt überhaupt nicht sehr hoch ist, die Aufgabe der vollständigen Ent- schweflung also geringere Wichtigkeit besitzt, braucht die Temperatur nicht jenes höchste Maass zu erreichen, wie es für den letztgenannten Zweck des Röstens erforderlich sein würde; aber der massenhafte Ver- brauch an jenen Erzen stellt erhöhte Ansprüche an die Leistungsfähig- keit der Oefen. Daher zeichnen sich die Oefen jener Bezirke meistens durch bedeutende Grösse aus, welche eine entsprechend grosse Leistung mit sich bringt; als Brennstoffe dienen grösstentheils die billig zu erlangenden Steinkohlen, da Gasröstung hier wenig Vortheil bringen würde. Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse, wo kiesige Magnet- eisenerze mit Holzkohlen verhüttet werden sollen, also nicht allein Höheroxydation dieser schwerreducirbaren Erze sondern auch möglichst vollständige Entschweflung unerlässlich ist. In dieser Beziehung bieten die Verhältnisse Schwedens ein besonders anschauliches Bild. Für die Lösung jener Aufgabe ist nicht allein starke Oxydationswirkung, sondern auch sehr hohe Temperatur bis zur Sinterung der Erze erforderlich; hier also ist Gasheizung der Röstöfen vorwiegend am Platze. Schweden, dessen Eisenhüttenleute von jeher ihre besondere Aufmerksamkeit der Ausbildung des Röstverfahrens zugewendet haben, ist die Heimath der Gasröstöfen wie der diesen nahestehenden Röstöfen mit Rostfeuerung ausserhalb des Schachtes. Von hier aus wurden diese Constructionen nach anderen Gegenden verpflanzt, wo ähnliche Verhältnisse obwalteten (Nordamerika, Ungarn, Ural); aber eine Röstung der Erze in dem Um- fange wie in Schweden findet in kaum einem anderen Lande statt. In den österreichischen Alpenländern sind es vorwiegend Spathe, die, um mit Holzkohlen verhüttet zu werden, zum Rösten gelangen. Ein Theil dieser Erze ist ziemlich schwefelfrei und es bedarf nur einer Zersetzung und Höheroxydation des Carbonates; andere, wie die zu Mariazell und Neuberg verhütteten Erze, sind stark mit Kiesen durch- wachsen und bedürfen der Entschweflung; jene hohe Temperatur aber, wie sie für die dichten Magneteisenerze Schwedens behufs der voll- ständigen Entschweflung erforderlich ist, würde die Spatheisensteine vollständig verschlacken und ist um so eher entbehrlich, als diese Erze bei ihrer Zersetzung ohnehin eine mürbe, poröse Beschaffenheit an- nehmen, welche auch das Innere derselben der Einwirkung der Gase leichter zugänglich macht. Einzelne Erze zerfallen sogar vollständig beim Rösten, behindern dadurch den Luftzug im Ofen und erfordern deshalb Oefen von geringer Höhe. Die Röstofenconstructionen der alpinen Eisenwerke sind daher ziemlich mannigfaltig. Reichliche und auf eine grössere Fläche vertheilte Luftzuführung, durch welche theils eine kräftige Oxydationswirkung hervorgerufen, theils eine übermässige locale Temperatursteigerung im Ofen verhindert wird, ist fast allen der-

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/238>, abgerufen am 07.05.2024.