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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Oefen und feuerfesten Materialien.
vor, sondern stets in chemischer Verbindung mit Kieselsäure als "Thon").
Die reinen Körper würden nicht die erforderliche Haltbarkeit besitzen,
sie würden reissen, springen, in Pulver zerfallen.

Durch diesen Gehalt an Nebenbestandtheilen kann nun allerdings,
indem dadurch die Gelegenheit zur Entstehung chemischer, in niedrigerer
Temperatur schmelzender Verbindungen gegeben ist, die Feuerfestigkeit
des betreffenden Körpers mehr oder weniger beeinträchtigt werden.
Kieselsäure kann sich mit Thonerde, Kalkerde, Magnesia u. s. w. zu
schmelzbaren Silikaten vereinigen; Eisenoxyd und Kalkerde liefern
ebenfalls, unter gewissen Verhältnissen zusammengebracht, eine schmelz-
bare Verbindung; u. s. f.

Die Schmelztemperatur solcher gemengten Körper ist nach der
Zusammensetzung des Gemenges verschieden; sie liegt im Allgemeinen
um so höher, je mehr der eine der im Gemische befindlichen, an und
für sich unschmelzbaren, Körper seiner Menge nach vorwiegt und sinkt,
wenn der Gehalt des zweiten Körpers steigt und sich dem des erstern
nähert. Die Schmelztemperatur pflegt bedeutend erniedrigt
zu werden, wenn neben jenen zwei Körpern ein dritter
oder vierter in das Gemenge eintritt
.

Ein Gemenge von reinem Quarz mit Eisenoxyd, Kalkerde, Mag-
nesia bleibt unschmelzbar, so lange nur einer dieser letzteren Körper
zugegen ist, selbst wenn die Menge desselben bis 10 Proc. beträgt; es
wird sofort schmelzbar, wenn ein Theil desselben durch Thonerde ersetzt
wird. Ein im reinen Zustande fast unschmelzbares Thonerdesilikat
wird schmelzbar, wenn Magnesia, Kalk, Eisen, Alkalien u. s. w. hinzu-
treten; u. s. f.

Es folgt hieraus, dass, obschon die Anwesenheit zweier verschiedener
Körper, eines Haupt- und eines Nebenbestandtheiles, in den feuerfesten
Materialien aus den angeführten Gründen gewöhnlich unerlässlich ist,
doch die zufällige Anwesenheit dritter Körper, welche mit jenen
chemische Verbindungen einzugehen fähig sind, auch bei kleinen Mengen
derselben höchst nachtheilig auf die Feuerbeständigkeit einwirkt, und
man um so mehr Bedacht nehmen muss, nur solche Materialien zu
verwenden, welche möglichst frei von solchen zufälligen Beimengungen
sind, einer je höheren Temperatur das betreffende Material ausgesetzt
werden soll.

Glücklicherweise wird der nachtheilige Einfluss der gleichzeitigen
Anwesenheit zweier oder mehr verschiedenartiger Körper auf die Feuer-
beständigkeit eines Materials durch den Umstand etwas abgemindert,
dass in sehr vielen Fällen diejenige Temperatur, bei der aus
einem Gemenge eine schmelzbare Verbindung entsteht,
nicht unerheblich höher liegt als die Schmelztemperatur
der bereits fertigen Verbindung
. Man wird also in solchen
Fällen Gemenge von zwei Körpern Temperaturen ohne Gefahr der
Schmelzung aussetzen können, welche sie nicht ertragen würden, wenn
sie sich unter den nämlichen Gewichtsverhältnissen bereits in chemi-
scher Vereinigung befunden hätten.

Die Oefen und feuerfesten Materialien.
vor, sondern stets in chemischer Verbindung mit Kieselsäure als „Thon“).
Die reinen Körper würden nicht die erforderliche Haltbarkeit besitzen,
sie würden reissen, springen, in Pulver zerfallen.

Durch diesen Gehalt an Nebenbestandtheilen kann nun allerdings,
indem dadurch die Gelegenheit zur Entstehung chemischer, in niedrigerer
Temperatur schmelzender Verbindungen gegeben ist, die Feuerfestigkeit
des betreffenden Körpers mehr oder weniger beeinträchtigt werden.
Kieselsäure kann sich mit Thonerde, Kalkerde, Magnesia u. s. w. zu
schmelzbaren Silikaten vereinigen; Eisenoxyd und Kalkerde liefern
ebenfalls, unter gewissen Verhältnissen zusammengebracht, eine schmelz-
bare Verbindung; u. s. f.

Die Schmelztemperatur solcher gemengten Körper ist nach der
Zusammensetzung des Gemenges verschieden; sie liegt im Allgemeinen
um so höher, je mehr der eine der im Gemische befindlichen, an und
für sich unschmelzbaren, Körper seiner Menge nach vorwiegt und sinkt,
wenn der Gehalt des zweiten Körpers steigt und sich dem des erstern
nähert. Die Schmelztemperatur pflegt bedeutend erniedrigt
zu werden, wenn neben jenen zwei Körpern ein dritter
oder vierter in das Gemenge eintritt
.

Ein Gemenge von reinem Quarz mit Eisenoxyd, Kalkerde, Mag-
nesia bleibt unschmelzbar, so lange nur einer dieser letzteren Körper
zugegen ist, selbst wenn die Menge desselben bis 10 Proc. beträgt; es
wird sofort schmelzbar, wenn ein Theil desselben durch Thonerde ersetzt
wird. Ein im reinen Zustande fast unschmelzbares Thonerdesilikat
wird schmelzbar, wenn Magnesia, Kalk, Eisen, Alkalien u. s. w. hinzu-
treten; u. s. f.

Es folgt hieraus, dass, obschon die Anwesenheit zweier verschiedener
Körper, eines Haupt- und eines Nebenbestandtheiles, in den feuerfesten
Materialien aus den angeführten Gründen gewöhnlich unerlässlich ist,
doch die zufällige Anwesenheit dritter Körper, welche mit jenen
chemische Verbindungen einzugehen fähig sind, auch bei kleinen Mengen
derselben höchst nachtheilig auf die Feuerbeständigkeit einwirkt, und
man um so mehr Bedacht nehmen muss, nur solche Materialien zu
verwenden, welche möglichst frei von solchen zufälligen Beimengungen
sind, einer je höheren Temperatur das betreffende Material ausgesetzt
werden soll.

Glücklicherweise wird der nachtheilige Einfluss der gleichzeitigen
Anwesenheit zweier oder mehr verschiedenartiger Körper auf die Feuer-
beständigkeit eines Materials durch den Umstand etwas abgemindert,
dass in sehr vielen Fällen diejenige Temperatur, bei der aus
einem Gemenge eine schmelzbare Verbindung entsteht,
nicht unerheblich höher liegt als die Schmelztemperatur
der bereits fertigen Verbindung
. Man wird also in solchen
Fällen Gemenge von zwei Körpern Temperaturen ohne Gefahr der
Schmelzung aussetzen können, welche sie nicht ertragen würden, wenn
sie sich unter den nämlichen Gewichtsverhältnissen bereits in chemi-
scher Vereinigung befunden hätten.

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[136/0176] Die Oefen und feuerfesten Materialien. vor, sondern stets in chemischer Verbindung mit Kieselsäure als „Thon“). Die reinen Körper würden nicht die erforderliche Haltbarkeit besitzen, sie würden reissen, springen, in Pulver zerfallen. Durch diesen Gehalt an Nebenbestandtheilen kann nun allerdings, indem dadurch die Gelegenheit zur Entstehung chemischer, in niedrigerer Temperatur schmelzender Verbindungen gegeben ist, die Feuerfestigkeit des betreffenden Körpers mehr oder weniger beeinträchtigt werden. Kieselsäure kann sich mit Thonerde, Kalkerde, Magnesia u. s. w. zu schmelzbaren Silikaten vereinigen; Eisenoxyd und Kalkerde liefern ebenfalls, unter gewissen Verhältnissen zusammengebracht, eine schmelz- bare Verbindung; u. s. f. Die Schmelztemperatur solcher gemengten Körper ist nach der Zusammensetzung des Gemenges verschieden; sie liegt im Allgemeinen um so höher, je mehr der eine der im Gemische befindlichen, an und für sich unschmelzbaren, Körper seiner Menge nach vorwiegt und sinkt, wenn der Gehalt des zweiten Körpers steigt und sich dem des erstern nähert. Die Schmelztemperatur pflegt bedeutend erniedrigt zu werden, wenn neben jenen zwei Körpern ein dritter oder vierter in das Gemenge eintritt. Ein Gemenge von reinem Quarz mit Eisenoxyd, Kalkerde, Mag- nesia bleibt unschmelzbar, so lange nur einer dieser letzteren Körper zugegen ist, selbst wenn die Menge desselben bis 10 Proc. beträgt; es wird sofort schmelzbar, wenn ein Theil desselben durch Thonerde ersetzt wird. Ein im reinen Zustande fast unschmelzbares Thonerdesilikat wird schmelzbar, wenn Magnesia, Kalk, Eisen, Alkalien u. s. w. hinzu- treten; u. s. f. Es folgt hieraus, dass, obschon die Anwesenheit zweier verschiedener Körper, eines Haupt- und eines Nebenbestandtheiles, in den feuerfesten Materialien aus den angeführten Gründen gewöhnlich unerlässlich ist, doch die zufällige Anwesenheit dritter Körper, welche mit jenen chemische Verbindungen einzugehen fähig sind, auch bei kleinen Mengen derselben höchst nachtheilig auf die Feuerbeständigkeit einwirkt, und man um so mehr Bedacht nehmen muss, nur solche Materialien zu verwenden, welche möglichst frei von solchen zufälligen Beimengungen sind, einer je höheren Temperatur das betreffende Material ausgesetzt werden soll. Glücklicherweise wird der nachtheilige Einfluss der gleichzeitigen Anwesenheit zweier oder mehr verschiedenartiger Körper auf die Feuer- beständigkeit eines Materials durch den Umstand etwas abgemindert, dass in sehr vielen Fällen diejenige Temperatur, bei der aus einem Gemenge eine schmelzbare Verbindung entsteht, nicht unerheblich höher liegt als die Schmelztemperatur der bereits fertigen Verbindung. Man wird also in solchen Fällen Gemenge von zwei Körpern Temperaturen ohne Gefahr der Schmelzung aussetzen können, welche sie nicht ertragen würden, wenn sie sich unter den nämlichen Gewichtsverhältnissen bereits in chemi- scher Vereinigung befunden hätten.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/176>, abgerufen am 18.05.2024.