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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.
3--4 solcher Oefen gleichzeitig im Betriebe sein müssen. Benutzt man
Siemensöfen mit Herdlängen von etwa 6.5 m bei 3--3.25 m Breite, so
würden, da ein solcher Ofen täglich 80--100 t Blöcke erhitzt, ebenfalls
3--4 derselben erforderlich sein.

Noch grösser freilich kann die Leistung eines Schienenwalzwerkes
ausfallen, wenn die Blöcke, wie es oben beschrieben wurde, in
einem besonderen Blockwalzwerke verdichtet und dabei schon auf
schwächere Abmessungen verdünnt werden, ehe sie zum Schienenwalz-
werke gelangen.

Die grossartigsten Leistungen in dieser Beziehung weisen nord-
amerikanische Walzwerke auf. So z. B. lieferten die Edgar Thomson
Steel Works im Jahre 1880 im Ganzen etwa 100000 t Schienen; in
einzelnen Wochen dagegen betrug die Leistung 2500 t, mitunter 2800 t
oder 11300 Stück. 1) Man giesst Blöcke für 4--6 Schienen, befördert
dieselben durch eine Locomotive nach den fünf mit Siemensfeuerung
versehenen Glühöfen des Blockwalzwerkes, dann nach dem Verlassen
des letzteren sofort nach den Glühöfen des Schienenwalzwerkes, welches
als Triowalzwerk eingerichtet ist.

Hinter dem Fertigwalzengerüste des Schienenwalzwerkes pflegt in
dem Fussboden des Arbeitsraumes ein Rollbahn angebracht zu sein,
bestehend aus einer Anzahl paralleler, ziemlich breiter eiserner Rollen,
deren Oberkante ein wenig über den Fussboden emporragt. Sie hat
den Zweck, eine rasche Beförderung der glühenden Schienen nach den
in der Nähe des Walzwerkes angeordneten Kreissägen zu ermöglichen,
welche zum Abschneiden der Enden und Zertheilen der in mehrfachen
Längen gewalzten Schienen in einfache bestimmt sind. In grossen
Walzwerken pflegen die Rollen mit Hilfe von Getrieben und einer
Ein- und Ausrückvorrichtung in selbstthätige Drehung versetzt zu
werden, so dass die Schienen durch die Rollen selbst an ihren Be-
stimmungsort befördert werden. Durch zwei Kreissägeblätter auf gemein-
schaftlicher Welle, deren Abstand von einander gemäss der vorge-
schriebenen Länge der Schiene verstellbar ist, erfolgt gleichzeitig das
Abschneiden an beiden Seiten.

Nach dem Abschneiden werden die Schienen auf dem sogenannten
Warmlager 2) der Abkühlung überlassen, dann mit Hilfe einfacher
Pressen gerade gerichtet, schliesslich an beiden Endflächen parallel zur
Achse gefräst und mit gebohrten Laschenlöchern versehen. Es sind
dieses Arbeiten, welche vollständig in das Gebiet der mechanischen
Technologie fallen und deshalb eine eingehendere Besprechung hier
nicht finden können. 3) Man pflegt die gesammten hierher gehörigen
Arbeiten mit dem Namen Ajustage oder Adjustirung der Schienen

1) Glaser's Annalen Bd. IX, S. 178.
2) Eine aus parallelen, freiliegenden Eisenbalken oder alten Schienen gebildete
Unterlage.
3) Die verschiedenen Werkzeugmaschinen zum Fräsen, Bohren u. s. w. sind
in meinem Lehrbuche der mechanisch-metallurgischen Technologie (Braunschweig
1879) ausführlich besprochen.

Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.
3—4 solcher Oefen gleichzeitig im Betriebe sein müssen. Benutzt man
Siemensöfen mit Herdlängen von etwa 6.5 m bei 3—3.25 m Breite, so
würden, da ein solcher Ofen täglich 80—100 t Blöcke erhitzt, ebenfalls
3—4 derselben erforderlich sein.

Noch grösser freilich kann die Leistung eines Schienenwalzwerkes
ausfallen, wenn die Blöcke, wie es oben beschrieben wurde, in
einem besonderen Blockwalzwerke verdichtet und dabei schon auf
schwächere Abmessungen verdünnt werden, ehe sie zum Schienenwalz-
werke gelangen.

Die grossartigsten Leistungen in dieser Beziehung weisen nord-
amerikanische Walzwerke auf. So z. B. lieferten die Edgar Thomson
Steel Works im Jahre 1880 im Ganzen etwa 100000 t Schienen; in
einzelnen Wochen dagegen betrug die Leistung 2500 t, mitunter 2800 t
oder 11300 Stück. 1) Man giesst Blöcke für 4—6 Schienen, befördert
dieselben durch eine Locomotive nach den fünf mit Siemensfeuerung
versehenen Glühöfen des Blockwalzwerkes, dann nach dem Verlassen
des letzteren sofort nach den Glühöfen des Schienenwalzwerkes, welches
als Triowalzwerk eingerichtet ist.

Hinter dem Fertigwalzengerüste des Schienenwalzwerkes pflegt in
dem Fussboden des Arbeitsraumes ein Rollbahn angebracht zu sein,
bestehend aus einer Anzahl paralleler, ziemlich breiter eiserner Rollen,
deren Oberkante ein wenig über den Fussboden emporragt. Sie hat
den Zweck, eine rasche Beförderung der glühenden Schienen nach den
in der Nähe des Walzwerkes angeordneten Kreissägen zu ermöglichen,
welche zum Abschneiden der Enden und Zertheilen der in mehrfachen
Längen gewalzten Schienen in einfache bestimmt sind. In grossen
Walzwerken pflegen die Rollen mit Hilfe von Getrieben und einer
Ein- und Ausrückvorrichtung in selbstthätige Drehung versetzt zu
werden, so dass die Schienen durch die Rollen selbst an ihren Be-
stimmungsort befördert werden. Durch zwei Kreissägeblätter auf gemein-
schaftlicher Welle, deren Abstand von einander gemäss der vorge-
schriebenen Länge der Schiene verstellbar ist, erfolgt gleichzeitig das
Abschneiden an beiden Seiten.

Nach dem Abschneiden werden die Schienen auf dem sogenannten
Warmlager 2) der Abkühlung überlassen, dann mit Hilfe einfacher
Pressen gerade gerichtet, schliesslich an beiden Endflächen parallel zur
Achse gefräst und mit gebohrten Laschenlöchern versehen. Es sind
dieses Arbeiten, welche vollständig in das Gebiet der mechanischen
Technologie fallen und deshalb eine eingehendere Besprechung hier
nicht finden können. 3) Man pflegt die gesammten hierher gehörigen
Arbeiten mit dem Namen Ajustage oder Adjustirung der Schienen

1) Glaser’s Annalen Bd. IX, S. 178.
2) Eine aus parallelen, freiliegenden Eisenbalken oder alten Schienen gebildete
Unterlage.
3) Die verschiedenen Werkzeugmaschinen zum Fräsen, Bohren u. s. w. sind
in meinem Lehrbuche der mechanisch-metallurgischen Technologie (Braunschweig
1879) ausführlich besprochen.
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[994/1084] Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens. 3—4 solcher Oefen gleichzeitig im Betriebe sein müssen. Benutzt man Siemensöfen mit Herdlängen von etwa 6.5 m bei 3—3.25 m Breite, so würden, da ein solcher Ofen täglich 80—100 t Blöcke erhitzt, ebenfalls 3—4 derselben erforderlich sein. Noch grösser freilich kann die Leistung eines Schienenwalzwerkes ausfallen, wenn die Blöcke, wie es oben beschrieben wurde, in einem besonderen Blockwalzwerke verdichtet und dabei schon auf schwächere Abmessungen verdünnt werden, ehe sie zum Schienenwalz- werke gelangen. Die grossartigsten Leistungen in dieser Beziehung weisen nord- amerikanische Walzwerke auf. So z. B. lieferten die Edgar Thomson Steel Works im Jahre 1880 im Ganzen etwa 100000 t Schienen; in einzelnen Wochen dagegen betrug die Leistung 2500 t, mitunter 2800 t oder 11300 Stück. 1) Man giesst Blöcke für 4—6 Schienen, befördert dieselben durch eine Locomotive nach den fünf mit Siemensfeuerung versehenen Glühöfen des Blockwalzwerkes, dann nach dem Verlassen des letzteren sofort nach den Glühöfen des Schienenwalzwerkes, welches als Triowalzwerk eingerichtet ist. Hinter dem Fertigwalzengerüste des Schienenwalzwerkes pflegt in dem Fussboden des Arbeitsraumes ein Rollbahn angebracht zu sein, bestehend aus einer Anzahl paralleler, ziemlich breiter eiserner Rollen, deren Oberkante ein wenig über den Fussboden emporragt. Sie hat den Zweck, eine rasche Beförderung der glühenden Schienen nach den in der Nähe des Walzwerkes angeordneten Kreissägen zu ermöglichen, welche zum Abschneiden der Enden und Zertheilen der in mehrfachen Längen gewalzten Schienen in einfache bestimmt sind. In grossen Walzwerken pflegen die Rollen mit Hilfe von Getrieben und einer Ein- und Ausrückvorrichtung in selbstthätige Drehung versetzt zu werden, so dass die Schienen durch die Rollen selbst an ihren Be- stimmungsort befördert werden. Durch zwei Kreissägeblätter auf gemein- schaftlicher Welle, deren Abstand von einander gemäss der vorge- schriebenen Länge der Schiene verstellbar ist, erfolgt gleichzeitig das Abschneiden an beiden Seiten. Nach dem Abschneiden werden die Schienen auf dem sogenannten Warmlager 2) der Abkühlung überlassen, dann mit Hilfe einfacher Pressen gerade gerichtet, schliesslich an beiden Endflächen parallel zur Achse gefräst und mit gebohrten Laschenlöchern versehen. Es sind dieses Arbeiten, welche vollständig in das Gebiet der mechanischen Technologie fallen und deshalb eine eingehendere Besprechung hier nicht finden können. 3) Man pflegt die gesammten hierher gehörigen Arbeiten mit dem Namen Ajustage oder Adjustirung der Schienen 1) Glaser’s Annalen Bd. IX, S. 178. 2) Eine aus parallelen, freiliegenden Eisenbalken oder alten Schienen gebildete Unterlage. 3) Die verschiedenen Werkzeugmaschinen zum Fräsen, Bohren u. s. w. sind in meinem Lehrbuche der mechanisch-metallurgischen Technologie (Braunschweig 1879) ausführlich besprochen.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 994. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1084>, abgerufen am 18.05.2024.