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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.
öffnung ist an der Welle ein abwärts gerichteter Hebel c befestigt,
welcher bis zur Thüröffnung hinabreicht und an welchen ein eiserner
Haken mit Hilfe einer kurzen Kette angeschlossen werden kann, deren
letztes Glied über das Ende des Hebels geschoben wird. Der in den
Ofen geschobene Haken erfasst den Block; dann wird die Welle in
Bewegung gesetzt, der Hebel schlägt nach aussen und zieht den Block
auf den vorgefahrenen Karren.

Bei ausreichender Länge des Herdes verlassen die Gase bereits in
so abgekühltem Zustande den Ofen, dass eine Benutzung derselben zur
Kesselfeuerung nicht mehr thunlich ist. Vor den Siemensöfen, mit
welchen sie diese Eigenthümlichkeit theilen, haben sie den Vortheil der
grösseren Einfachheit voraus, während ihr Brennstoffverbrauch kaum
ungünstiger ist. In Rollöfen mit directer Feuerung zum Erhitzen von
Blöcken für Eisenbahnschienen gebraucht man in Westfalen per 1000 kg
Blöcke etwa 190 kg Steinkohlen, wenn die Blöcke kalt, 100 kg Stein-
kohlen, wenn sie heiss eingesetzt wurden 1); amerikanische Siemensöfen
für den nämlichen Zweck gebrauchen nach Holley 2) 160--180 kg
Steinkohlen, englische nach Jordan 3) 170--215 kg.

Ein Ofen in den abgebildeten Abmessungen fasst 30 Blöcke für
je zwei Eisenbahnschienen und jeder warm eingesetzte Block verweilt
etwa 3 Stunden im Ofen.

Als ein Beispiel jener grossen Glühöfen, welche insbesondere zum
Wärmen der für Herstellung schwerer Schmiedestücke bestimmten Guss-
blöcke aus Tiegelgussstahl, Martin- oder Bessemereisen erforderlich sind,
möge der in Fig. 296--298 in 1/200 der wirklichen Grösse abgebildete
Ofen des Eisenwerkes Creusot dienen. 4) Vier solcher Oefen liefern die
Blöcke für den in Fig. 175 auf S. 694 abgebildeten 80 t Hammer, und
ihre Stellung gegen den Hammer ist aus der genannten Abbildung
zu ersehen.

Die Oefen sind mit Siemensfeuerung versehen. Die Anordnung
der Regeneratoren ist aus Fig. 298 ersichtlich. Das Gas tritt durch
fünf Kanäle a a . . in den Ofen; die Luft steigt aus den mittleren
Regeneratoren in ebenfalls fünf Kanälen b empor, um dann durch den
breiten Spalt c oberhalb des Gases in den Heizraum zu gelangen. Die
Feuerbrücken sind hoch, die Decke stark gewölbt. Feuerbrücken und
Bodenplatte sind durch hindurchgehende Luftkanäle kühl erhalten. Die
Einsatzthür besteht, wie bei anderen Oefen, aus einem Gusseisenrahmen
mit feuerfestem, aus Ziegeln hergestelltem Futter; wegen des bedeuten-
den Gewichtes dieser 3.7 m breiten, 2.5 m hohen Thür aber reicht jene
einfache Vorrichtung zum Aufziehen, wie sie bei kleineren Oefen üblich
ist -- Hebel mit Kette oder Kette mit Gegengewichten --, nicht mehr
aus. Wie Fig. 296 erkennen lässt, ist auf der Sohle des Schachtes,
in welchem der Fuss des Ofens steht, ein wagerechter hydraulischer

1) Nach F. Braune; vergl. Literatur.
2) Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 420.
3) Album du cours de metallurgie, texte, p. 153.
4) A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris.

Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.
öffnung ist an der Welle ein abwärts gerichteter Hebel c befestigt,
welcher bis zur Thüröffnung hinabreicht und an welchen ein eiserner
Haken mit Hilfe einer kurzen Kette angeschlossen werden kann, deren
letztes Glied über das Ende des Hebels geschoben wird. Der in den
Ofen geschobene Haken erfasst den Block; dann wird die Welle in
Bewegung gesetzt, der Hebel schlägt nach aussen und zieht den Block
auf den vorgefahrenen Karren.

Bei ausreichender Länge des Herdes verlassen die Gase bereits in
so abgekühltem Zustande den Ofen, dass eine Benutzung derselben zur
Kesselfeuerung nicht mehr thunlich ist. Vor den Siemensöfen, mit
welchen sie diese Eigenthümlichkeit theilen, haben sie den Vortheil der
grösseren Einfachheit voraus, während ihr Brennstoffverbrauch kaum
ungünstiger ist. In Rollöfen mit directer Feuerung zum Erhitzen von
Blöcken für Eisenbahnschienen gebraucht man in Westfalen per 1000 kg
Blöcke etwa 190 kg Steinkohlen, wenn die Blöcke kalt, 100 kg Stein-
kohlen, wenn sie heiss eingesetzt wurden 1); amerikanische Siemensöfen
für den nämlichen Zweck gebrauchen nach Holley 2) 160—180 kg
Steinkohlen, englische nach Jordan 3) 170—215 kg.

Ein Ofen in den abgebildeten Abmessungen fasst 30 Blöcke für
je zwei Eisenbahnschienen und jeder warm eingesetzte Block verweilt
etwa 3 Stunden im Ofen.

Als ein Beispiel jener grossen Glühöfen, welche insbesondere zum
Wärmen der für Herstellung schwerer Schmiedestücke bestimmten Guss-
blöcke aus Tiegelgussstahl, Martin- oder Bessemereisen erforderlich sind,
möge der in Fig. 296—298 in 1/200 der wirklichen Grösse abgebildete
Ofen des Eisenwerkes Creusot dienen. 4) Vier solcher Oefen liefern die
Blöcke für den in Fig. 175 auf S. 694 abgebildeten 80 t Hammer, und
ihre Stellung gegen den Hammer ist aus der genannten Abbildung
zu ersehen.

Die Oefen sind mit Siemensfeuerung versehen. Die Anordnung
der Regeneratoren ist aus Fig. 298 ersichtlich. Das Gas tritt durch
fünf Kanäle a a . . in den Ofen; die Luft steigt aus den mittleren
Regeneratoren in ebenfalls fünf Kanälen b empor, um dann durch den
breiten Spalt c oberhalb des Gases in den Heizraum zu gelangen. Die
Feuerbrücken sind hoch, die Decke stark gewölbt. Feuerbrücken und
Bodenplatte sind durch hindurchgehende Luftkanäle kühl erhalten. Die
Einsatzthür besteht, wie bei anderen Oefen, aus einem Gusseisenrahmen
mit feuerfestem, aus Ziegeln hergestelltem Futter; wegen des bedeuten-
den Gewichtes dieser 3.7 m breiten, 2.5 m hohen Thür aber reicht jene
einfache Vorrichtung zum Aufziehen, wie sie bei kleineren Oefen üblich
ist — Hebel mit Kette oder Kette mit Gegengewichten —, nicht mehr
aus. Wie Fig. 296 erkennen lässt, ist auf der Sohle des Schachtes,
in welchem der Fuss des Ofens steht, ein wagerechter hydraulischer

1) Nach F. Braune; vergl. Literatur.
2) Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 420.
3) Album du cours de metallurgie, texte, p. 153.
4) A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris.
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[982/1070] Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens. öffnung ist an der Welle ein abwärts gerichteter Hebel c befestigt, welcher bis zur Thüröffnung hinabreicht und an welchen ein eiserner Haken mit Hilfe einer kurzen Kette angeschlossen werden kann, deren letztes Glied über das Ende des Hebels geschoben wird. Der in den Ofen geschobene Haken erfasst den Block; dann wird die Welle in Bewegung gesetzt, der Hebel schlägt nach aussen und zieht den Block auf den vorgefahrenen Karren. Bei ausreichender Länge des Herdes verlassen die Gase bereits in so abgekühltem Zustande den Ofen, dass eine Benutzung derselben zur Kesselfeuerung nicht mehr thunlich ist. Vor den Siemensöfen, mit welchen sie diese Eigenthümlichkeit theilen, haben sie den Vortheil der grösseren Einfachheit voraus, während ihr Brennstoffverbrauch kaum ungünstiger ist. In Rollöfen mit directer Feuerung zum Erhitzen von Blöcken für Eisenbahnschienen gebraucht man in Westfalen per 1000 kg Blöcke etwa 190 kg Steinkohlen, wenn die Blöcke kalt, 100 kg Stein- kohlen, wenn sie heiss eingesetzt wurden 1); amerikanische Siemensöfen für den nämlichen Zweck gebrauchen nach Holley 2) 160—180 kg Steinkohlen, englische nach Jordan 3) 170—215 kg. Ein Ofen in den abgebildeten Abmessungen fasst 30 Blöcke für je zwei Eisenbahnschienen und jeder warm eingesetzte Block verweilt etwa 3 Stunden im Ofen. Als ein Beispiel jener grossen Glühöfen, welche insbesondere zum Wärmen der für Herstellung schwerer Schmiedestücke bestimmten Guss- blöcke aus Tiegelgussstahl, Martin- oder Bessemereisen erforderlich sind, möge der in Fig. 296—298 in 1/200 der wirklichen Grösse abgebildete Ofen des Eisenwerkes Creusot dienen. 4) Vier solcher Oefen liefern die Blöcke für den in Fig. 175 auf S. 694 abgebildeten 80 t Hammer, und ihre Stellung gegen den Hammer ist aus der genannten Abbildung zu ersehen. Die Oefen sind mit Siemensfeuerung versehen. Die Anordnung der Regeneratoren ist aus Fig. 298 ersichtlich. Das Gas tritt durch fünf Kanäle a a . . in den Ofen; die Luft steigt aus den mittleren Regeneratoren in ebenfalls fünf Kanälen b empor, um dann durch den breiten Spalt c oberhalb des Gases in den Heizraum zu gelangen. Die Feuerbrücken sind hoch, die Decke stark gewölbt. Feuerbrücken und Bodenplatte sind durch hindurchgehende Luftkanäle kühl erhalten. Die Einsatzthür besteht, wie bei anderen Oefen, aus einem Gusseisenrahmen mit feuerfestem, aus Ziegeln hergestelltem Futter; wegen des bedeuten- den Gewichtes dieser 3.7 m breiten, 2.5 m hohen Thür aber reicht jene einfache Vorrichtung zum Aufziehen, wie sie bei kleineren Oefen üblich ist — Hebel mit Kette oder Kette mit Gegengewichten —, nicht mehr aus. Wie Fig. 296 erkennen lässt, ist auf der Sohle des Schachtes, in welchem der Fuss des Ofens steht, ein wagerechter hydraulischer 1) Nach F. Braune; vergl. Literatur. 2) Kerl, Grundriss der Eisenhüttenkunde, S. 420. 3) Album du cours de metallurgie, texte, p. 153. 4) A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 982. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1070>, abgerufen am 18.05.2024.