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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Cementstahles.

Die Eisenstäbe müssen in jedem Falle etwas kürzer sein als die
Kiste, damit sie Platz finden, beim Erhitzen sich auszudehnen; Flach-
stäbe von rechteckigem Querschnitte, unter dem Hammer oder dem
Walzwerke ausgestreckt, eignen sich am besten zum Cementiren, da
der Kohlenstoff um so leichter und gleichmässiger den Stab durch-
dringt, je flacher sein Querschnitt ist. Die Stärke dieser Flachstäbe
pflegt 10--20 mm, ihre Breite 50--100 mm zu sein.

Ueber die erforderliche chemische Beschaffenheit des zu wählenden
Eisens ist schon oben das Erforderliche gesagt worden.

Als Cementirpulver dient gesiebte Holzkohle von Nuss- bis Erbsen-
grösse und darunter. Laubholzkohle cementirt kräftiger als Nadelholz-
kohle; des geringeren Preises wegen findet jedoch auch letztere eine
häufige Anwendung. Erfahrungsmässig verliert die Holzkohle bei der
Benutzung an cementirender Kraft, und es ist deshalb erforderlich, einen
ziemlich ansehnlichen Theil der benutzten Kohle jedesmal zurückzulassen
und durch frische zu ersetzen. Gewöhnlich mischt man 1 Theil alte Kohle
mit 2 Theilen frischer; oder man beseitigt die alte Kohle, nachdem sie
höchstens zweimal benutzt worden ist, ganz und ersetzt sie vollständig
durch frische. 1)

Zusätze zur Holzkohle, welche man früher als förderlich für die
Cementirung betrachtete, haben sich praktisch wenig bewährt und sind
deshalb ziemlich allgemein wieder ausser Anwendung gekommen. Hierher
gehören Alkalien oder deren Lösung in Wasser, mit welcher die Holz-
kohle getränkt wird, kohlensaurer Baryt, Knochenkohle, Blutlaugen-
salz u. a. m.; überhaupt Körper, welche die Entstehung von Cyaniden
befördern. Man schrieb früher der Bildung dieser Cyanide eine be-
sonders förderliche Wirkung auf die Cementirung des Eisens zu, nach-
dem man die Eigenschaft derselben, in hoher Temperatur kohlend auf
das Eisen einzuwirken, erkannt hatte (S. 233).

Auf den Boden der Kiste bringt man gewöhnlich eine Lage feinen
Sandes, Chamottemehles oder dergleichen, welche den Zweck hat, die
bei der Ausdehnung der Kiste etwa entstehenden Fugen zu decken
und den Eintritt der Luft zu hindern. Nun kommt die erste Lage
Holzkohlenpulver, etwa 60--80 mm hoch, auf diese eine Lage Eisen-
stäbe. Letztere müssen sorgfältig in die Kohle eingeklopft werden, so
dass sie überall dicht von derselben eingeschlossen sind, und dürfen
sich gegenseitig nicht berühren. Auf die Eisenstäbe kommt wieder eine
Schicht Holzkohlen, dann kommen wieder Eisenstäbe u. s. f.

Um eine Prüfung der Eisenstäbe während des Glühens zu ermög-
lichen, pflegt man in der einen Giebelwand der Kisten etwas unterhalb
des oberen Randes derselben eine auch in der Aussenwand des Ofens
sich fortsetzende Oeffnung anzubringen, aus welcher die Enden einiger
als Proben dienender Stäbe herausragen, so dass man diese heraus-

1) Ueber die Ursachen dieser Abnahme der Cementirungsfähigkeit der Holz-
kohle sind verschiedene Theorien aufgestellt worden. Es unterliegt indess keinem
Zweifel, dass die Ursache lediglich in der durch das Glühen herbeigeführten stärkeren
Verdichtung der Holzkohle zu suchen sei. Geübte Arbeiter können schon durch das
Gefühl der Finger frische Holzkohle von benutzter unterscheiden. Vergl. hierüber
die unter Literatur erwähnte Abhandlung von R. Mannesmann.
Die Darstellung des Cementstahles.

Die Eisenstäbe müssen in jedem Falle etwas kürzer sein als die
Kiste, damit sie Platz finden, beim Erhitzen sich auszudehnen; Flach-
stäbe von rechteckigem Querschnitte, unter dem Hammer oder dem
Walzwerke ausgestreckt, eignen sich am besten zum Cementiren, da
der Kohlenstoff um so leichter und gleichmässiger den Stab durch-
dringt, je flacher sein Querschnitt ist. Die Stärke dieser Flachstäbe
pflegt 10—20 mm, ihre Breite 50—100 mm zu sein.

Ueber die erforderliche chemische Beschaffenheit des zu wählenden
Eisens ist schon oben das Erforderliche gesagt worden.

Als Cementirpulver dient gesiebte Holzkohle von Nuss- bis Erbsen-
grösse und darunter. Laubholzkohle cementirt kräftiger als Nadelholz-
kohle; des geringeren Preises wegen findet jedoch auch letztere eine
häufige Anwendung. Erfahrungsmässig verliert die Holzkohle bei der
Benutzung an cementirender Kraft, und es ist deshalb erforderlich, einen
ziemlich ansehnlichen Theil der benutzten Kohle jedesmal zurückzulassen
und durch frische zu ersetzen. Gewöhnlich mischt man 1 Theil alte Kohle
mit 2 Theilen frischer; oder man beseitigt die alte Kohle, nachdem sie
höchstens zweimal benutzt worden ist, ganz und ersetzt sie vollständig
durch frische. 1)

Zusätze zur Holzkohle, welche man früher als förderlich für die
Cementirung betrachtete, haben sich praktisch wenig bewährt und sind
deshalb ziemlich allgemein wieder ausser Anwendung gekommen. Hierher
gehören Alkalien oder deren Lösung in Wasser, mit welcher die Holz-
kohle getränkt wird, kohlensaurer Baryt, Knochenkohle, Blutlaugen-
salz u. a. m.; überhaupt Körper, welche die Entstehung von Cyaniden
befördern. Man schrieb früher der Bildung dieser Cyanide eine be-
sonders förderliche Wirkung auf die Cementirung des Eisens zu, nach-
dem man die Eigenschaft derselben, in hoher Temperatur kohlend auf
das Eisen einzuwirken, erkannt hatte (S. 233).

Auf den Boden der Kiste bringt man gewöhnlich eine Lage feinen
Sandes, Chamottemehles oder dergleichen, welche den Zweck hat, die
bei der Ausdehnung der Kiste etwa entstehenden Fugen zu decken
und den Eintritt der Luft zu hindern. Nun kommt die erste Lage
Holzkohlenpulver, etwa 60—80 mm hoch, auf diese eine Lage Eisen-
stäbe. Letztere müssen sorgfältig in die Kohle eingeklopft werden, so
dass sie überall dicht von derselben eingeschlossen sind, und dürfen
sich gegenseitig nicht berühren. Auf die Eisenstäbe kommt wieder eine
Schicht Holzkohlen, dann kommen wieder Eisenstäbe u. s. f.

Um eine Prüfung der Eisenstäbe während des Glühens zu ermög-
lichen, pflegt man in der einen Giebelwand der Kisten etwas unterhalb
des oberen Randes derselben eine auch in der Aussenwand des Ofens
sich fortsetzende Oeffnung anzubringen, aus welcher die Enden einiger
als Proben dienender Stäbe herausragen, so dass man diese heraus-

1) Ueber die Ursachen dieser Abnahme der Cementirungsfähigkeit der Holz-
kohle sind verschiedene Theorien aufgestellt worden. Es unterliegt indess keinem
Zweifel, dass die Ursache lediglich in der durch das Glühen herbeigeführten stärkeren
Verdichtung der Holzkohle zu suchen sei. Geübte Arbeiter können schon durch das
Gefühl der Finger frische Holzkohle von benutzter unterscheiden. Vergl. hierüber
die unter Literatur erwähnte Abhandlung von R. Mannesmann.
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[950/1038] Die Darstellung des Cementstahles. Die Eisenstäbe müssen in jedem Falle etwas kürzer sein als die Kiste, damit sie Platz finden, beim Erhitzen sich auszudehnen; Flach- stäbe von rechteckigem Querschnitte, unter dem Hammer oder dem Walzwerke ausgestreckt, eignen sich am besten zum Cementiren, da der Kohlenstoff um so leichter und gleichmässiger den Stab durch- dringt, je flacher sein Querschnitt ist. Die Stärke dieser Flachstäbe pflegt 10—20 mm, ihre Breite 50—100 mm zu sein. Ueber die erforderliche chemische Beschaffenheit des zu wählenden Eisens ist schon oben das Erforderliche gesagt worden. Als Cementirpulver dient gesiebte Holzkohle von Nuss- bis Erbsen- grösse und darunter. Laubholzkohle cementirt kräftiger als Nadelholz- kohle; des geringeren Preises wegen findet jedoch auch letztere eine häufige Anwendung. Erfahrungsmässig verliert die Holzkohle bei der Benutzung an cementirender Kraft, und es ist deshalb erforderlich, einen ziemlich ansehnlichen Theil der benutzten Kohle jedesmal zurückzulassen und durch frische zu ersetzen. Gewöhnlich mischt man 1 Theil alte Kohle mit 2 Theilen frischer; oder man beseitigt die alte Kohle, nachdem sie höchstens zweimal benutzt worden ist, ganz und ersetzt sie vollständig durch frische. 1) Zusätze zur Holzkohle, welche man früher als förderlich für die Cementirung betrachtete, haben sich praktisch wenig bewährt und sind deshalb ziemlich allgemein wieder ausser Anwendung gekommen. Hierher gehören Alkalien oder deren Lösung in Wasser, mit welcher die Holz- kohle getränkt wird, kohlensaurer Baryt, Knochenkohle, Blutlaugen- salz u. a. m.; überhaupt Körper, welche die Entstehung von Cyaniden befördern. Man schrieb früher der Bildung dieser Cyanide eine be- sonders förderliche Wirkung auf die Cementirung des Eisens zu, nach- dem man die Eigenschaft derselben, in hoher Temperatur kohlend auf das Eisen einzuwirken, erkannt hatte (S. 233). Auf den Boden der Kiste bringt man gewöhnlich eine Lage feinen Sandes, Chamottemehles oder dergleichen, welche den Zweck hat, die bei der Ausdehnung der Kiste etwa entstehenden Fugen zu decken und den Eintritt der Luft zu hindern. Nun kommt die erste Lage Holzkohlenpulver, etwa 60—80 mm hoch, auf diese eine Lage Eisen- stäbe. Letztere müssen sorgfältig in die Kohle eingeklopft werden, so dass sie überall dicht von derselben eingeschlossen sind, und dürfen sich gegenseitig nicht berühren. Auf die Eisenstäbe kommt wieder eine Schicht Holzkohlen, dann kommen wieder Eisenstäbe u. s. f. Um eine Prüfung der Eisenstäbe während des Glühens zu ermög- lichen, pflegt man in der einen Giebelwand der Kisten etwas unterhalb des oberen Randes derselben eine auch in der Aussenwand des Ofens sich fortsetzende Oeffnung anzubringen, aus welcher die Enden einiger als Proben dienender Stäbe herausragen, so dass man diese heraus- 1) Ueber die Ursachen dieser Abnahme der Cementirungsfähigkeit der Holz- kohle sind verschiedene Theorien aufgestellt worden. Es unterliegt indess keinem Zweifel, dass die Ursache lediglich in der durch das Glühen herbeigeführten stärkeren Verdichtung der Holzkohle zu suchen sei. Geübte Arbeiter können schon durch das Gefühl der Finger frische Holzkohle von benutzter unterscheiden. Vergl. hierüber die unter Literatur erwähnte Abhandlung von R. Mannesmann.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 950. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1038>, abgerufen am 04.12.2024.