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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Flusseisens.
Hilfsmitteln zur Darstellung so grosser Mengen Bessemereisen ver-
sehen wären, doch vorläufig nur sehr ausnahmweise die lohnende Ver-
wendung dafür finden können.

Die Arbeiter einer Bessemerhütte bestehen aus den Schmelzern an
den Schmelzöfen nebst ihren Gehilfen, den Arbeitern zur Wartung der
Birnen, zur Bedienung der Giessgrube (Aufstellung der Gussformen,
Fortschaffen der Blöcke u. s. w.), zur Reparatur der Giesspfanne und
Birnen u. a. m. Beispielsweise beschäftigte ein westdeutsches Eisen-
werk im Jahre 1882 bei dem Betriebe zweier Birnen für den basi-
schen Process im Ganzen 84 Mann; hierunter befanden sich 16 Mann,
welche lediglich für den Betrieb und die Reparaturen der Schmelzöfen
bestimmt waren (einschliesslich vier Maurer), 5 Mann bei den Birnen,
18 Mann für die Bedienung der Giessgrube und die Entfernung der
Schlacken, 28 Mann zur Herstellung der Birnenfutter und Böden;
13 Mann zur Bedienung der Brennöfen für Kalkstein und Dolomit,
Mahlen des letzteren, u. s. f.

Auf den Kopf der in der Bessemerhütte beschäftigten Arbeiter
bezogen beziffert sich die Jahreserzeugung der amerikanischen Werke
auf etwa 555 t, diejenige der europäischen auf 420 t. 1) Die per t
gezahlten Löhne betragen bei verschiedenen Werken 3.5--8 M

Der Steinkohlenverbrauch für die Heizung der Dampfkessel pflegt
250--500 kg per t erzeugten Eisens zu betragen, abweichend vor-
nehmlich nach der Höhe der Gesammterzeugung an Eisen wie nach
der Construction der Dampfkessel und Dampfmaschinen.

Aus den Ausgaben für Roheisen, Brennstoff, Löhnen unter Hin-
zurechnung der Kosten für feuerfeste Materialien wie der sogenannten
Insgemeinkosten (S. 561) und beim basischen Processe der Kosten für
den Kalkzuschlag lassen sich die Selbstkosten des Bessemereisens zu-
sammenstellen. Jene Insgemeinkosten werden gewöhnlich annähernd
den Betrag der Löhne ausmachen. Vergleicht man die Kosten des
älteren (sauren) Bessemerprocesses mit denen des basischen, so ergiebt
sich, dass den höheren Kosten des für den erstgenannten Process
erforderlichen siliciumreichen und phosphorarmen Roheisens bei dem
basischen Processe gegenüberstehen die Mehrkosten für Kalk, für das
kostspieligere basische Futter, für den höheren Abbrand und für Löhne,
welche die Mehrarbeit für Einbringen des Kalkes, Beseitigung der
Schlacken u. s. w. verursacht. Im Ganzen pflegen diese Kosten 4--6 M
per t erzeugten Eisens zu betragen; hierzu kommt in der Jetztzeit die
Patentgebühr.

Je niedriger daher in einem Lande der Preis des phosphorreichen,
für den Thomasprocess geeigneten Roheisens im Vergleiche zu dem
des phosphorarmen Bessemerroheisens ist, desto triftiger ist die Ver-
anlassung zur Einführung des basischen Verfahrens.

1) Vergl. "Stahl und Eisen" 1882, S. 54.

Die Darstellung des Flusseisens.
Hilfsmitteln zur Darstellung so grosser Mengen Bessemereisen ver-
sehen wären, doch vorläufig nur sehr ausnahmweise die lohnende Ver-
wendung dafür finden können.

Die Arbeiter einer Bessemerhütte bestehen aus den Schmelzern an
den Schmelzöfen nebst ihren Gehilfen, den Arbeitern zur Wartung der
Birnen, zur Bedienung der Giessgrube (Aufstellung der Gussformen,
Fortschaffen der Blöcke u. s. w.), zur Reparatur der Giesspfanne und
Birnen u. a. m. Beispielsweise beschäftigte ein westdeutsches Eisen-
werk im Jahre 1882 bei dem Betriebe zweier Birnen für den basi-
schen Process im Ganzen 84 Mann; hierunter befanden sich 16 Mann,
welche lediglich für den Betrieb und die Reparaturen der Schmelzöfen
bestimmt waren (einschliesslich vier Maurer), 5 Mann bei den Birnen,
18 Mann für die Bedienung der Giessgrube und die Entfernung der
Schlacken, 28 Mann zur Herstellung der Birnenfutter und Böden;
13 Mann zur Bedienung der Brennöfen für Kalkstein und Dolomit,
Mahlen des letzteren, u. s. f.

Auf den Kopf der in der Bessemerhütte beschäftigten Arbeiter
bezogen beziffert sich die Jahreserzeugung der amerikanischen Werke
auf etwa 555 t, diejenige der europäischen auf 420 t. 1) Die per t
gezahlten Löhne betragen bei verschiedenen Werken 3.5—8 ℳ

Der Steinkohlenverbrauch für die Heizung der Dampfkessel pflegt
250—500 kg per t erzeugten Eisens zu betragen, abweichend vor-
nehmlich nach der Höhe der Gesammterzeugung an Eisen wie nach
der Construction der Dampfkessel und Dampfmaschinen.

Aus den Ausgaben für Roheisen, Brennstoff, Löhnen unter Hin-
zurechnung der Kosten für feuerfeste Materialien wie der sogenannten
Insgemeinkosten (S. 561) und beim basischen Processe der Kosten für
den Kalkzuschlag lassen sich die Selbstkosten des Bessemereisens zu-
sammenstellen. Jene Insgemeinkosten werden gewöhnlich annähernd
den Betrag der Löhne ausmachen. Vergleicht man die Kosten des
älteren (sauren) Bessemerprocesses mit denen des basischen, so ergiebt
sich, dass den höheren Kosten des für den erstgenannten Process
erforderlichen siliciumreichen und phosphorarmen Roheisens bei dem
basischen Processe gegenüberstehen die Mehrkosten für Kalk, für das
kostspieligere basische Futter, für den höheren Abbrand und für Löhne,
welche die Mehrarbeit für Einbringen des Kalkes, Beseitigung der
Schlacken u. s. w. verursacht. Im Ganzen pflegen diese Kosten 4—6 ℳ
per t erzeugten Eisens zu betragen; hierzu kommt in der Jetztzeit die
Patentgebühr.

Je niedriger daher in einem Lande der Preis des phosphorreichen,
für den Thomasprocess geeigneten Roheisens im Vergleiche zu dem
des phosphorarmen Bessemerroheisens ist, desto triftiger ist die Ver-
anlassung zur Einführung des basischen Verfahrens.

1) Vergl. „Stahl und Eisen“ 1882, S. 54.
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[914/1002] Die Darstellung des Flusseisens. Hilfsmitteln zur Darstellung so grosser Mengen Bessemereisen ver- sehen wären, doch vorläufig nur sehr ausnahmweise die lohnende Ver- wendung dafür finden können. Die Arbeiter einer Bessemerhütte bestehen aus den Schmelzern an den Schmelzöfen nebst ihren Gehilfen, den Arbeitern zur Wartung der Birnen, zur Bedienung der Giessgrube (Aufstellung der Gussformen, Fortschaffen der Blöcke u. s. w.), zur Reparatur der Giesspfanne und Birnen u. a. m. Beispielsweise beschäftigte ein westdeutsches Eisen- werk im Jahre 1882 bei dem Betriebe zweier Birnen für den basi- schen Process im Ganzen 84 Mann; hierunter befanden sich 16 Mann, welche lediglich für den Betrieb und die Reparaturen der Schmelzöfen bestimmt waren (einschliesslich vier Maurer), 5 Mann bei den Birnen, 18 Mann für die Bedienung der Giessgrube und die Entfernung der Schlacken, 28 Mann zur Herstellung der Birnenfutter und Böden; 13 Mann zur Bedienung der Brennöfen für Kalkstein und Dolomit, Mahlen des letzteren, u. s. f. Auf den Kopf der in der Bessemerhütte beschäftigten Arbeiter bezogen beziffert sich die Jahreserzeugung der amerikanischen Werke auf etwa 555 t, diejenige der europäischen auf 420 t. 1) Die per t gezahlten Löhne betragen bei verschiedenen Werken 3.5—8 ℳ Der Steinkohlenverbrauch für die Heizung der Dampfkessel pflegt 250—500 kg per t erzeugten Eisens zu betragen, abweichend vor- nehmlich nach der Höhe der Gesammterzeugung an Eisen wie nach der Construction der Dampfkessel und Dampfmaschinen. Aus den Ausgaben für Roheisen, Brennstoff, Löhnen unter Hin- zurechnung der Kosten für feuerfeste Materialien wie der sogenannten Insgemeinkosten (S. 561) und beim basischen Processe der Kosten für den Kalkzuschlag lassen sich die Selbstkosten des Bessemereisens zu- sammenstellen. Jene Insgemeinkosten werden gewöhnlich annähernd den Betrag der Löhne ausmachen. Vergleicht man die Kosten des älteren (sauren) Bessemerprocesses mit denen des basischen, so ergiebt sich, dass den höheren Kosten des für den erstgenannten Process erforderlichen siliciumreichen und phosphorarmen Roheisens bei dem basischen Processe gegenüberstehen die Mehrkosten für Kalk, für das kostspieligere basische Futter, für den höheren Abbrand und für Löhne, welche die Mehrarbeit für Einbringen des Kalkes, Beseitigung der Schlacken u. s. w. verursacht. Im Ganzen pflegen diese Kosten 4—6 ℳ per t erzeugten Eisens zu betragen; hierzu kommt in der Jetztzeit die Patentgebühr. Je niedriger daher in einem Lande der Preis des phosphorreichen, für den Thomasprocess geeigneten Roheisens im Vergleiche zu dem des phosphorarmen Bessemerroheisens ist, desto triftiger ist die Ver- anlassung zur Einführung des basischen Verfahrens. 1) Vergl. „Stahl und Eisen“ 1882, S. 54.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 914. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1002>, abgerufen am 21.11.2024.