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Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778.

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Seegen war unsere Seele bereitet, und unser Leicht-
sinn hat ihn verschmähet, oder unser Muthwille hat
ihn gar schändlich verworfen. Herr, Herr alles
was wir überdenken, überzeuget uns, daß deine Güte
über uns kein Ende hat; treibet uns an, zu bekennen:
wir sind zu gering aller Barmherzigkeit und Treue,
die du an uns erwiesen.

Gott! wir loben dich. Gott! wir danken dir.
Von Herzen danken wir dir, daß du so viel Gutes
an uns gethan hast. Unrein ist unser Dank, den
wir dir bringen. Denn wir sind Sünder und ha-
ben auch im vergangenen Jahre oft deine Rechte, die
uns zu unwandelbarer Heiligkeit weisen, verlassen.
Ach vergieb uns, daß wir gesündiget haben und
laß die verdiente Strafe der Abweichung nicht auf
unsern Seelen bleiben. Auch Schwachheit, Ueber-
eilung und Leichtsinn entschuldiget uns nicht vor dei-
nem Angesichte; denn du bist rein und kannst ganz
und gar an keiner Abweichung Gefallen haben.
Nimm weg von uns die Last jeder Uebertretung.
Rein, ohne alle Sünde und Befleckung ist der, der
unser Mittler ist; um seinetwillen schone unser, und
sey uns gnädig.

O Gott! was soll der thun, dem sein eigen Ge-
wissen Muthwillen und Vorsatz bey der Menge sei-
ner Sünden vorwirft; der es sich selbsten nicht ver-
bergen kann, daß er deinen Willen gewußt, und
doch freventlich nicht gethan; den sein eigen Herz
verdammet, weil er durch keine Warnungen sich
vom Wege der Uebertretung zurück ziehen lassen;
weil er die Gnade, die ihm nahe war, über böse
Lüste und Verführungen zu siegen, nicht gebrau-
chet. Ach! was soll er thun, der lose Verächter?
Keinem unter uns, den dieses Frevels seine Herze
bestrafet, entziehe deine Erbarmung. Ach lieber
Herr! du großer und schrecklicher Gott, der du

Bund

Seegen war unſere Seele bereitet, und unſer Leicht-
ſinn hat ihn verſchmähet, oder unſer Muthwille hat
ihn gar ſchändlich verworfen. Herr, Herr alles
was wir überdenken, überzeuget uns, daß deine Güte
über uns kein Ende hat; treibet uns an, zu bekennen:
wir ſind zu gering aller Barmherzigkeit und Treue,
die du an uns erwieſen.

Gott! wir loben dich. Gott! wir danken dir.
Von Herzen danken wir dir, daß du ſo viel Gutes
an uns gethan haſt. Unrein iſt unſer Dank, den
wir dir bringen. Denn wir ſind Sünder und ha-
ben auch im vergangenen Jahre oft deine Rechte, die
uns zu unwandelbarer Heiligkeit weiſen, verlaſſen.
Ach vergieb uns, daß wir geſündiget haben und
laß die verdiente Strafe der Abweichung nicht auf
unſern Seelen bleiben. Auch Schwachheit, Ueber-
eilung und Leichtſinn entſchuldiget uns nicht vor dei-
nem Angeſichte; denn du biſt rein und kannſt ganz
und gar an keiner Abweichung Gefallen haben.
Nimm weg von uns die Laſt jeder Uebertretung.
Rein, ohne alle Sünde und Befleckung iſt der, der
unſer Mittler iſt; um ſeinetwillen ſchone unſer, und
ſey uns gnädig.

O Gott! was ſoll der thun, dem ſein eigen Ge-
wiſſen Muthwillen und Vorſatz bey der Menge ſei-
ner Sünden vorwirft; der es ſich ſelbſten nicht ver-
bergen kann, daß er deinen Willen gewußt, und
doch freventlich nicht gethan; den ſein eigen Herz
verdammet, weil er durch keine Warnungen ſich
vom Wege der Uebertretung zurück ziehen laſſen;
weil er die Gnade, die ihm nahe war, über böſe
Lüſte und Verführungen zu ſiegen, nicht gebrau-
chet. Ach! was ſoll er thun, der loſe Verächter?
Keinem unter uns, den dieſes Frevels ſeine Herze
beſtrafet, entziehe deine Erbarmung. Ach lieber
Herr! du großer und ſchrecklicher Gott, der du

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[92/0094] Seegen war unſere Seele bereitet, und unſer Leicht- ſinn hat ihn verſchmähet, oder unſer Muthwille hat ihn gar ſchändlich verworfen. Herr, Herr alles was wir überdenken, überzeuget uns, daß deine Güte über uns kein Ende hat; treibet uns an, zu bekennen: wir ſind zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die du an uns erwieſen. Gott! wir loben dich. Gott! wir danken dir. Von Herzen danken wir dir, daß du ſo viel Gutes an uns gethan haſt. Unrein iſt unſer Dank, den wir dir bringen. Denn wir ſind Sünder und ha- ben auch im vergangenen Jahre oft deine Rechte, die uns zu unwandelbarer Heiligkeit weiſen, verlaſſen. Ach vergieb uns, daß wir geſündiget haben und laß die verdiente Strafe der Abweichung nicht auf unſern Seelen bleiben. Auch Schwachheit, Ueber- eilung und Leichtſinn entſchuldiget uns nicht vor dei- nem Angeſichte; denn du biſt rein und kannſt ganz und gar an keiner Abweichung Gefallen haben. Nimm weg von uns die Laſt jeder Uebertretung. Rein, ohne alle Sünde und Befleckung iſt der, der unſer Mittler iſt; um ſeinetwillen ſchone unſer, und ſey uns gnädig. O Gott! was ſoll der thun, dem ſein eigen Ge- wiſſen Muthwillen und Vorſatz bey der Menge ſei- ner Sünden vorwirft; der es ſich ſelbſten nicht ver- bergen kann, daß er deinen Willen gewußt, und doch freventlich nicht gethan; den ſein eigen Herz verdammet, weil er durch keine Warnungen ſich vom Wege der Uebertretung zurück ziehen laſſen; weil er die Gnade, die ihm nahe war, über böſe Lüſte und Verführungen zu ſiegen, nicht gebrau- chet. Ach! was ſoll er thun, der loſe Verächter? Keinem unter uns, den dieſes Frevels ſeine Herze beſtrafet, entziehe deine Erbarmung. Ach lieber Herr! du großer und ſchrecklicher Gott, der du Bund

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_sammlung_1778/94>, abgerufen am 14.06.2024.