Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Abschnitt. X. Fragment. Genie.

Hier noch zwo Carrikaturen von Voltäre. Jn beyden ist Genius wetterleuchtender
Schalkheit; man bemerke aber den kleinen Unterschied in b von a, so wird man gleich gestehen müs-
sen -- hier ist noch mehr Kraft und Salz -- hier wird das wetterleuchten treffender
Blitz.

[Abbildung]

Noch etwas von dem Auge des Genies, das sich nicht wohl zeichnen läßt -- das aber nicht
allen Genieen gemein, wenigstens nicht an allen spürbar ist. Das ist nicht nur das Treffende, Bli-
tzende, das sich aus der Zeichnung des Auges ergeben mag -- sondern das Ausfließende, wenn ich
so sagen darf. Seys nun wirkliche Emanation, wie Licht aus Licht, oder seys nur Bewegung der
Materie des Elementes, die licht, magnetisch, elektrisch, oder wie sie will, heißt -- das Auge des
Genies, des gesalbten Gottes, scheint -- Ausflüsse zu haben, die auf andre Augen physisch und
unmittelbar wirken. -- Jch rede nicht von Ausflüssen, welche die Gestalt des geniglischen Menschen
haben sollen! So was träumte ich mir nie! Jch bestimme die Natur dieser Ausflüsse auf keine Weise.
Nur von einer Erfahrungssache rede ich, die beynahe zum Sprichworte geworden ist, von einer Erfah-
rungssache, die kein Mensch einen Augenblick bezweifeln kann, der einen Unterschied der Farben zu-

giebt.
Phys. Fragm. IV Versuch. M
I. Abſchnitt. X. Fragment. Genie.

Hier noch zwo Carrikaturen von Voltaͤre. Jn beyden iſt Genius wetterleuchtender
Schalkheit; man bemerke aber den kleinen Unterſchied in b von a, ſo wird man gleich geſtehen muͤſ-
ſen — hier iſt noch mehr Kraft und Salz — hier wird das wetterleuchten treffender
Blitz.

[Abbildung]

Noch etwas von dem Auge des Genies, das ſich nicht wohl zeichnen laͤßt — das aber nicht
allen Genieen gemein, wenigſtens nicht an allen ſpuͤrbar iſt. Das iſt nicht nur das Treffende, Bli-
tzende, das ſich aus der Zeichnung des Auges ergeben mag — ſondern das Ausfließende, wenn ich
ſo ſagen darf. Seys nun wirkliche Emanation, wie Licht aus Licht, oder ſeys nur Bewegung der
Materie des Elementes, die licht, magnetiſch, elektriſch, oder wie ſie will, heißt — das Auge des
Genies, des geſalbten Gottes, ſcheint — Ausfluͤſſe zu haben, die auf andre Augen phyſiſch und
unmittelbar wirken. — Jch rede nicht von Ausfluͤſſen, welche die Geſtalt des genigliſchen Menſchen
haben ſollen! So was traͤumte ich mir nie! Jch beſtimme die Natur dieſer Ausfluͤſſe auf keine Weiſe.
Nur von einer Erfahrungsſache rede ich, die beynahe zum Sprichworte geworden iſt, von einer Erfah-
rungsſache, die kein Menſch einen Augenblick bezweifeln kann, der einen Unterſchied der Farben zu-

giebt.
Phyſ. Fragm. IV Verſuch. M
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0117" n="89"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chnitt. <hi rendition="#aq">X.</hi> Fragment. Genie.</hi> </fw><lb/>
            <p>Hier noch zwo Carrikaturen von <hi rendition="#b">Volta&#x0364;re.</hi> Jn beyden i&#x017F;t Genius wetterleuchtender<lb/>
Schalkheit; man bemerke aber den kleinen Unter&#x017F;chied in <hi rendition="#aq">b</hi> von <hi rendition="#aq">a,</hi> &#x017F;o wird man gleich ge&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x2014; hier i&#x017F;t noch mehr Kraft und Salz &#x2014; hier wird das <hi rendition="#b">wetterleuchten treffender<lb/>
Blitz.</hi></p><lb/>
            <figure/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p>Noch etwas von dem Auge des Genies, das &#x017F;ich nicht wohl zeichnen la&#x0364;ßt &#x2014; das aber nicht<lb/>
allen Genieen gemein, wenig&#x017F;tens nicht an allen &#x017F;pu&#x0364;rbar i&#x017F;t. Das i&#x017F;t nicht nur das Treffende, Bli-<lb/>
tzende, das &#x017F;ich aus der Zeichnung des Auges ergeben mag &#x2014; &#x017F;ondern das <hi rendition="#b">Ausfließende,</hi> wenn ich<lb/>
&#x017F;o &#x017F;agen darf. Seys nun wirkliche Emanation, wie Licht aus Licht, oder &#x017F;eys nur Bewegung der<lb/>
Materie des Elementes, die licht, magneti&#x017F;ch, elektri&#x017F;ch, oder wie &#x017F;ie will, heißt &#x2014; das Auge des<lb/>
Genies, des <hi rendition="#b">ge&#x017F;albten Gottes,</hi> &#x017F;cheint &#x2014; Ausflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu haben, die auf andre Augen phy&#x017F;i&#x017F;ch und<lb/>
unmittelbar wirken. &#x2014; Jch rede nicht von Ausflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, welche die Ge&#x017F;talt des genigli&#x017F;chen Men&#x017F;chen<lb/>
haben &#x017F;ollen! So was tra&#x0364;umte ich mir nie! Jch be&#x017F;timme die Natur die&#x017F;er Ausflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e auf keine Wei&#x017F;e.<lb/>
Nur von einer Erfahrungs&#x017F;ache rede ich, die beynahe zum Sprichworte geworden i&#x017F;t, von einer Erfah-<lb/>
rungs&#x017F;ache, die kein Men&#x017F;ch einen Augenblick bezweifeln kann, der einen Unter&#x017F;chied der Farben zu-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Phy&#x017F;. Fragm.</hi><hi rendition="#aq">IV</hi><hi rendition="#fr">Ver&#x017F;uch.</hi> M</fw><fw place="bottom" type="catch">giebt.</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0117] I. Abſchnitt. X. Fragment. Genie. Hier noch zwo Carrikaturen von Voltaͤre. Jn beyden iſt Genius wetterleuchtender Schalkheit; man bemerke aber den kleinen Unterſchied in b von a, ſo wird man gleich geſtehen muͤſ- ſen — hier iſt noch mehr Kraft und Salz — hier wird das wetterleuchten treffender Blitz. [Abbildung] Noch etwas von dem Auge des Genies, das ſich nicht wohl zeichnen laͤßt — das aber nicht allen Genieen gemein, wenigſtens nicht an allen ſpuͤrbar iſt. Das iſt nicht nur das Treffende, Bli- tzende, das ſich aus der Zeichnung des Auges ergeben mag — ſondern das Ausfließende, wenn ich ſo ſagen darf. Seys nun wirkliche Emanation, wie Licht aus Licht, oder ſeys nur Bewegung der Materie des Elementes, die licht, magnetiſch, elektriſch, oder wie ſie will, heißt — das Auge des Genies, des geſalbten Gottes, ſcheint — Ausfluͤſſe zu haben, die auf andre Augen phyſiſch und unmittelbar wirken. — Jch rede nicht von Ausfluͤſſen, welche die Geſtalt des genigliſchen Menſchen haben ſollen! So was traͤumte ich mir nie! Jch beſtimme die Natur dieſer Ausfluͤſſe auf keine Weiſe. Nur von einer Erfahrungsſache rede ich, die beynahe zum Sprichworte geworden iſt, von einer Erfah- rungsſache, die kein Menſch einen Augenblick bezweifeln kann, der einen Unterſchied der Farben zu- giebt. Phyſ. Fragm. IV Verſuch. M

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/117
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/117>, abgerufen am 06.05.2024.