Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
XXXVI. Fragment.

Die Stirn ist vortrefflich -- bemerke sie dir, edler, edle Menschen suchender Jüngling --
den Bogen von der aufstehenden Haarlocke an, bis zur rechten Augenbraune -- aber bemerke sie
scharf, daß du nicht zu rasch ähnlich nennest, was unähnlich ist. --

Und die Nase -- nicht idealische Erhabenheit, aber sicherlich voll Menschensinnes und edler
Festigkeit. -- Die Entfernung des Nasenläppchens vom Auge; die Nähe des Mundes an der Na-
se -- idealisch -- und Ausdruck der Erhabenheit!

Und im Munde, welche ruhige, reine, absichtlose Treuherzigkeit!

Verstand und Zuverlässigkeit im Kinne -- der Hals zu dick.

Das Haar, die trefflichen Locken, die, welche von dem Scheitel sich an dem linken Schlafe
herabwirft, ausgenommen -- nicht überlegt genug, doch auch nicht schlecht.

Aber die Hände -- o Vandyk -- deine Hände, wie voll tiefen Menschengefühles sind sie! --
Zartheit, Bestimmtheit, Kraft -- und die länglichte Gestalt derselben, wie passen sie zu einem
"langgebildeten Manne von menschenfreundlichem Ansehen."

[Abbildung]

Beschluß.
XXXVI. Fragment.

Die Stirn iſt vortrefflich — bemerke ſie dir, edler, edle Menſchen ſuchender Juͤngling —
den Bogen von der aufſtehenden Haarlocke an, bis zur rechten Augenbraune — aber bemerke ſie
ſcharf, daß du nicht zu raſch aͤhnlich nenneſt, was unaͤhnlich iſt. —

Und die Naſe — nicht idealiſche Erhabenheit, aber ſicherlich voll Menſchenſinnes und edler
Feſtigkeit. — Die Entfernung des Naſenlaͤppchens vom Auge; die Naͤhe des Mundes an der Na-
ſe — idealiſch — und Ausdruck der Erhabenheit!

Und im Munde, welche ruhige, reine, abſichtloſe Treuherzigkeit!

Verſtand und Zuverlaͤſſigkeit im Kinne — der Hals zu dick.

Das Haar, die trefflichen Locken, die, welche von dem Scheitel ſich an dem linken Schlafe
herabwirft, ausgenommen — nicht uͤberlegt genug, doch auch nicht ſchlecht.

Aber die Haͤnde — o Vandyk — deine Haͤnde, wie voll tiefen Menſchengefuͤhles ſind ſie! —
Zartheit, Beſtimmtheit, Kraft — und die laͤnglichte Geſtalt derſelben, wie paſſen ſie zu einem
„langgebildeten Manne von menſchenfreundlichem Anſehen.“

[Abbildung]

Beſchluß.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0516" n="288"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">XXXVI.</hi> Fragment.</hi> </hi> </fw><lb/>
            <p>Die Stirn i&#x017F;t vortrefflich &#x2014; bemerke &#x017F;ie dir, edler, edle Men&#x017F;chen &#x017F;uchender Ju&#x0364;ngling &#x2014;<lb/>
den Bogen von der auf&#x017F;tehenden Haarlocke an, bis zur rechten Augenbraune &#x2014; aber bemerke &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;charf, daß du nicht zu ra&#x017F;ch a&#x0364;hnlich nenne&#x017F;t, was una&#x0364;hnlich i&#x017F;t. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Und die Na&#x017F;e &#x2014; nicht ideali&#x017F;che Erhabenheit, aber &#x017F;icherlich voll Men&#x017F;chen&#x017F;innes und edler<lb/>
Fe&#x017F;tigkeit. &#x2014; Die Entfernung des Na&#x017F;enla&#x0364;ppchens vom Auge; die Na&#x0364;he des Mundes an der Na-<lb/>
&#x017F;e &#x2014; ideali&#x017F;ch &#x2014; und Ausdruck der Erhabenheit!</p><lb/>
            <p>Und im Munde, welche ruhige, reine, ab&#x017F;ichtlo&#x017F;e Treuherzigkeit!</p><lb/>
            <p>Ver&#x017F;tand und Zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit im Kinne &#x2014; der Hals zu dick.</p><lb/>
            <p>Das Haar, die trefflichen Locken, die, welche von dem Scheitel &#x017F;ich an dem linken Schlafe<lb/>
herabwirft, ausgenommen &#x2014; nicht u&#x0364;berlegt genug, doch auch nicht &#x017F;chlecht.</p><lb/>
            <p>Aber die Ha&#x0364;nde &#x2014; o <hi rendition="#fr">Vandyk</hi> &#x2014; deine Ha&#x0364;nde, wie voll tiefen Men&#x017F;chengefu&#x0364;hles &#x017F;ind &#x017F;ie! &#x2014;<lb/>
Zartheit, Be&#x017F;timmtheit, Kraft &#x2014; und die la&#x0364;nglichte Ge&#x017F;talt der&#x017F;elben, wie pa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie zu einem<lb/>
&#x201E;langgebildeten Manne von men&#x017F;chenfreundlichem An&#x017F;ehen.&#x201C;</p><lb/>
            <figure/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Be&#x017F;chluß.</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0516] XXXVI. Fragment. Die Stirn iſt vortrefflich — bemerke ſie dir, edler, edle Menſchen ſuchender Juͤngling — den Bogen von der aufſtehenden Haarlocke an, bis zur rechten Augenbraune — aber bemerke ſie ſcharf, daß du nicht zu raſch aͤhnlich nenneſt, was unaͤhnlich iſt. — Und die Naſe — nicht idealiſche Erhabenheit, aber ſicherlich voll Menſchenſinnes und edler Feſtigkeit. — Die Entfernung des Naſenlaͤppchens vom Auge; die Naͤhe des Mundes an der Na- ſe — idealiſch — und Ausdruck der Erhabenheit! Und im Munde, welche ruhige, reine, abſichtloſe Treuherzigkeit! Verſtand und Zuverlaͤſſigkeit im Kinne — der Hals zu dick. Das Haar, die trefflichen Locken, die, welche von dem Scheitel ſich an dem linken Schlafe herabwirft, ausgenommen — nicht uͤberlegt genug, doch auch nicht ſchlecht. Aber die Haͤnde — o Vandyk — deine Haͤnde, wie voll tiefen Menſchengefuͤhles ſind ſie! — Zartheit, Beſtimmtheit, Kraft — und die laͤnglichte Geſtalt derſelben, wie paſſen ſie zu einem „langgebildeten Manne von menſchenfreundlichem Anſehen.“ [Abbildung] Beſchluß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/516
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/516>, abgerufen am 25.11.2024.