Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.Gelehrte, Denker. Jm tiefen durchschauenden, ergreifenden, verwandelnden Blick -- in der Kraft der Au- "Insatiable, de voir & de connoitre par-tout, ou il passe, Descartes interroge la Man verzeihe mir die Weitläuftigkeit dieser Stelle. Sie verdient hier Raum -- und sie ten M m 2
Gelehrte, Denker. Jm tiefen durchſchauenden, ergreifenden, verwandelnden Blick — in der Kraft der Au- „Inſatiable, de voir & de connoitre par-tout, où il paſſe, Deſcartes interroge la Man verzeihe mir die Weitlaͤuftigkeit dieſer Stelle. Sie verdient hier Raum — und ſie ten M m 2
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Gelehrte, Denker.
Jm tiefen durchſchauenden, ergreifenden, verwandelnden Blick — in der Kraft der Au-
genbraunen — im Umriſſe des Augknochens — im eckigten Graͤnzumriſſe des Geſichtes — in der
breiten knorpeligen Naſe, in den unbeſchreiblich ſanften, feuerreichen, geiſtvollen Lippen — —
Wer? wer ſieht nicht dieſe Fuͤlle von Feuer, elaſtiſcher Thaͤtigkeit, gemeinnuͤtziger Guͤte — Genie
voller Empfindſamkeit — Peindrang des Genies?
„Inſatiable, de voir & de connoitre par-tout, où il paſſe, Deſcartes interroge la
„verité. Il la demande à tous les lieux, qu’il parcourt. Il la pourſuit de païs en païs.
„Il avoit l’art de s’approprier tant d’idées acquiſes dans ſes voyages, par des medita-
„tions, qui dans Deſcartes s’étoient tournés en habitude. Elles le ſuivoient par tout; dans
„les voyages, dans les camps, dans les occupations les plus tumultueuſes. Il avoit
„toujours un azile prêt, ou ſon ame ſe retiroit au beſoin. Cétoit là, qu’il appelloit ſes
„idées. Elles accouroient en foule. La meditation les faiſoit naitre. L’eſprit géomé-
„trique venoit les enchainer ..... Cétoit la, que ſon ame ſe repoſoit de l’inquiétude,
„qui la tourmentoit partout ailleurs. Mais dégouté bientot de ſpeculations abſtraites, le
„deſir de ſe rapprocher des hommes, le rentrainoit à l’étude de la nature. Il ſe livroit à
„toutes les ſciences.“
Man verzeihe mir die Weitlaͤuftigkeit dieſer Stelle. Sie verdient hier Raum — und ſie
iſt zu unſerm Zwecke wichtig. Selten findet ſich dieſes ſo auffallende Gemiſch des geometriſchen und
des menſchenfreundlich thaͤtigen Geiſtes. Carteſius — iſt einer der abgezogenſten, aber zugleich
der thaͤtigſten Denker. So ſehnſuͤchtig nach Stille; ſo unvermoͤgend, die Ruhe der Einſamkeit
lange zu genießen — ſo hochfliegend in Wirbeln von Welten — ſo ſich verlierend, hingebend in
die gemeinnuͤtzigſten Geſchaͤffte. Wie ſelten dieſe Seelen — und wie offen dieſes Gemiſche von
Charakter in dem Geſichte des Carteſius! Es iſt ſchwer, alles Einzelne heraus zu heben; aber
nicht ſchwer, es im Ganzen zu bemerken. Jm Auge iſt z. E. erſtaunliche Leidenſchaft und Unruhe;
die hoͤchſte Thaͤtigkeit in dieſer Form der Naſe. Die Entfernung der Augenbraunen von den Au-
gen — zeigt mehr fliegendes, als ruhig fortdringendes Genie. Der Mann kann nicht ruhig, nicht
unthaͤtig, nicht einſam ſeyn. So viel Jmagination bey ſo viel Verſtand und ſo viel Kraft ſo ſel-
ten
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