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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.

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XXVI. Fragment. Treue, feste Charakter

Welch ein sichtbarer Unterschied von den beyden vorhergehenden! -- Wer sieht da nicht
bald in der festen vordringenden Stirne, in der kecken, vollen Augbraune, in der Tiefe und Festigkeit
des Auges, den selbststehenden Mann -- so fest, und fester als der vorige, obgleich weniger hart und
beschnitten, obgleich mehr beugsam und leicht tretender? Sieht nicht den durchdringenden, ordnen-
den und urtheilenden Beobachter; in den kleinen Gebrochenheiten des äussersten Umrisses von der
Nasenwurzel an bis zur Unterlippe den feinen, cultivirbaren und cultivirten Denker? Jn der Mit-
tellinie des Mundes und in den Muskeln um Auge, Nase, Mund, welche Empfindsamkeit der
Natur, nicht der Kunst! Jm Ganzen, welche Stärke! Jm Haarwuchs, im Lockenfalle, welche Zu-
verlässigkeit und Kraft! Doch von diesem Manne werden wir vielleicht bey einer bessern Zeichnung
an einem andern Orte mehr reden -- Er sey hier nur Beyspiel fester, treuer Ergebenheit mit Kraft
und That.

Nachstehende Vignette -- sehr geschwächtes Bild der reinsten, festesten Treue und Erge-
benheit.

[Abbildung]
Dritte
XXVI. Fragment. Treue, feſte Charakter

Welch ein ſichtbarer Unterſchied von den beyden vorhergehenden! — Wer ſieht da nicht
bald in der feſten vordringenden Stirne, in der kecken, vollen Augbraune, in der Tiefe und Feſtigkeit
des Auges, den ſelbſtſtehenden Mann — ſo feſt, und feſter als der vorige, obgleich weniger hart und
beſchnitten, obgleich mehr beugſam und leicht tretender? Sieht nicht den durchdringenden, ordnen-
den und urtheilenden Beobachter; in den kleinen Gebrochenheiten des aͤuſſerſten Umriſſes von der
Naſenwurzel an bis zur Unterlippe den feinen, cultivirbaren und cultivirten Denker? Jn der Mit-
tellinie des Mundes und in den Muskeln um Auge, Naſe, Mund, welche Empfindſamkeit der
Natur, nicht der Kunſt! Jm Ganzen, welche Staͤrke! Jm Haarwuchs, im Lockenfalle, welche Zu-
verlaͤſſigkeit und Kraft! Doch von dieſem Manne werden wir vielleicht bey einer beſſern Zeichnung
an einem andern Orte mehr reden — Er ſey hier nur Beyſpiel feſter, treuer Ergebenheit mit Kraft
und That.

Nachſtehende Vignette — ſehr geſchwaͤchtes Bild der reinſten, feſteſten Treue und Erge-
benheit.

[Abbildung]
Dritte
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[214/0348] XXVI. Fragment. Treue, feſte Charakter Welch ein ſichtbarer Unterſchied von den beyden vorhergehenden! — Wer ſieht da nicht bald in der feſten vordringenden Stirne, in der kecken, vollen Augbraune, in der Tiefe und Feſtigkeit des Auges, den ſelbſtſtehenden Mann — ſo feſt, und feſter als der vorige, obgleich weniger hart und beſchnitten, obgleich mehr beugſam und leicht tretender? Sieht nicht den durchdringenden, ordnen- den und urtheilenden Beobachter; in den kleinen Gebrochenheiten des aͤuſſerſten Umriſſes von der Naſenwurzel an bis zur Unterlippe den feinen, cultivirbaren und cultivirten Denker? Jn der Mit- tellinie des Mundes und in den Muskeln um Auge, Naſe, Mund, welche Empfindſamkeit der Natur, nicht der Kunſt! Jm Ganzen, welche Staͤrke! Jm Haarwuchs, im Lockenfalle, welche Zu- verlaͤſſigkeit und Kraft! Doch von dieſem Manne werden wir vielleicht bey einer beſſern Zeichnung an einem andern Orte mehr reden — Er ſey hier nur Beyſpiel feſter, treuer Ergebenheit mit Kraft und That. Nachſtehende Vignette — ſehr geſchwaͤchtes Bild der reinſten, feſteſten Treue und Erge- benheit. [Abbildung] Dritte

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/348>, abgerufen am 10.05.2024.