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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus VII.
fen -- derselben Angesicht soll nicht zu schan-
den werden.

Wir räsonniren immer, statt einfältig zu bitten.
Dringende Noth, und kindliche Zuversicht zu Gott, dem
Allgegenwärtigen und Allmächtigen, sollten alles räsonni-
ren, und zweifeln verschlingen und unmöglich machen.
Der Vater sollte dem Kinder sinn immer und immer
allein mit Ausschliessung alles andern gegenwärtig seyn.
Der Vater ist! Der Vater will! Der Vater hat!
Der Vater kann! Vater! Es ist Dir alles mög-
lich.
-- Wer etwas sucht, vergißt über dem Suchen
und unterm Suchen alles andere -- Er dringt durch al-
les durch mit seinen Blicken und Gedanken zu dem, was
er sucht. Neun und neunzig Schaafe, vergißt der
Hirt über dem Einen aus Hundert, das verlohren gieng,
und dem er nachgeht. So muß unser Bedürfniß, so
unser Gebeth, unser Gottsuchen seyn, wenn die Verheis-
sungen unsers Herrn uns angehen sollen. Dies drin-
gende anhaltende
des Bedürfnisses ist in allen Gleich-
nissen hervorstehend. -- Noch einmal also -- Bey ei-
nem dringenden aufliegenden Bedürfnisse mache den An-
fang -- und dann setze nicht aus. Hüpfe nicht von
Einem zum Andern. Hefte deine Seele auf Eines! Das
dringendste! Lege zu unterst eine feste Stufe, worauf du,
wenn du höher steigen willst, sicher fußen kannst.

Alle Bitten in der Welt, von wem und an wen
und für wen und was sie geschehen mögen, wenn es wahre
Bitten seyn sollen -- sind Ausdruck eines gefühlten, lä-
stigen Bedürfnisses und unserer Zuversicht, daß

der,

Matthäus VII.
fen — derſelben Angeſicht ſoll nicht zu ſchan-
den werden.

Wir räſonniren immer, ſtatt einfältig zu bitten.
Dringende Noth, und kindliche Zuverſicht zu Gott, dem
Allgegenwärtigen und Allmächtigen, ſollten alles räſonni-
ren, und zweifeln verſchlingen und unmöglich machen.
Der Vater ſollte dem Kinder ſinn immer und immer
allein mit Ausſchlieſſung alles andern gegenwärtig ſeyn.
Der Vater iſt! Der Vater will! Der Vater hat!
Der Vater kann! Vater! Es iſt Dir alles mög-
lich.
— Wer etwas ſucht, vergißt über dem Suchen
und unterm Suchen alles andere — Er dringt durch al-
les durch mit ſeinen Blicken und Gedanken zu dem, was
er ſucht. Neun und neunzig Schaafe, vergißt der
Hirt über dem Einen aus Hundert, das verlohren gieng,
und dem er nachgeht. So muß unſer Bedürfniß, ſo
unſer Gebeth, unſer Gottſuchen ſeyn, wenn die Verheiſ-
ſungen unſers Herrn uns angehen ſollen. Dies drin-
gende anhaltende
des Bedürfniſſes iſt in allen Gleich-
niſſen hervorſtehend. — Noch einmal alſo — Bey ei-
nem dringenden aufliegenden Bedürfniſſe mache den An-
fang — und dann ſetze nicht aus. Hüpfe nicht von
Einem zum Andern. Hefte deine Seele auf Eines! Das
dringendſte! Lege zu unterſt eine feſte Stufe, worauf du,
wenn du höher ſteigen willſt, ſicher fußen kannſt.

Alle Bitten in der Welt, von wem und an wen
und für wen und was ſie geſchehen mögen, wenn es wahre
Bitten ſeyn ſollen — ſind Ausdruck eines gefühlten, lä-
ſtigen Bedürfniſſes und unſerer Zuverſicht, daß

der,
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[48[68]/0076] Matthäus VII. fen — derſelben Angeſicht ſoll nicht zu ſchan- den werden. Wir räſonniren immer, ſtatt einfältig zu bitten. Dringende Noth, und kindliche Zuverſicht zu Gott, dem Allgegenwärtigen und Allmächtigen, ſollten alles räſonni- ren, und zweifeln verſchlingen und unmöglich machen. Der Vater ſollte dem Kinder ſinn immer und immer allein mit Ausſchlieſſung alles andern gegenwärtig ſeyn. Der Vater iſt! Der Vater will! Der Vater hat! Der Vater kann! Vater! Es iſt Dir alles mög- lich. — Wer etwas ſucht, vergißt über dem Suchen und unterm Suchen alles andere — Er dringt durch al- les durch mit ſeinen Blicken und Gedanken zu dem, was er ſucht. Neun und neunzig Schaafe, vergißt der Hirt über dem Einen aus Hundert, das verlohren gieng, und dem er nachgeht. So muß unſer Bedürfniß, ſo unſer Gebeth, unſer Gottſuchen ſeyn, wenn die Verheiſ- ſungen unſers Herrn uns angehen ſollen. Dies drin- gende anhaltende des Bedürfniſſes iſt in allen Gleich- niſſen hervorſtehend. — Noch einmal alſo — Bey ei- nem dringenden aufliegenden Bedürfniſſe mache den An- fang — und dann ſetze nicht aus. Hüpfe nicht von Einem zum Andern. Hefte deine Seele auf Eines! Das dringendſte! Lege zu unterſt eine feſte Stufe, worauf du, wenn du höher ſteigen willſt, ſicher fußen kannſt. Alle Bitten in der Welt, von wem und an wen und für wen und was ſie geſchehen mögen, wenn es wahre Bitten ſeyn ſollen — ſind Ausdruck eines gefühlten, lä- ſtigen Bedürfniſſes und unſerer Zuverſicht, daß der,

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 48[68]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/76>, abgerufen am 21.11.2024.